S. 86 / Nr. 25 Familienrecht (d)

BGE 67 II 86

25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1941 i.S.
Helfenstein gegen Muff und Konsorten.

Regeste:
Verwaltungsbeiratschaft für eine verheiratete, unter Güterverbindung stehende
Frau. Die Rechte des Ehemannes bleiben gewahrt. Abgrenzung dieser Rechte
gegenüber den Obliegenheiten des Beirates. Art. 194 ff ., 395 Abs. 2 ZGB.
Mise sous conseil légal d'une femme mariée et vivant sous le régime de l'union
des biens. Les droits du mari restent sauvegardés. Délimitation de ces droits
par rapport aux attributions du conseil légal. Art. 194 et suivants, 395 al. 2
CC.
Inabilitazione della moglie che vive sotto il regime dell'unione dei beni. I
diritti del marito restano salvaguardati. Delimitazione di questi diritti di
fronte alle attribuzioni dell'assistente. Art. 194 e seg., 395 cp. 2 CC.

Darin, dass die Anordnung einer Beiratschaft zwecklos geworden sei zufolge der
von ihr eingegangenen Ehe, kann der Rekurrentin nicht beigepflichtet werden.
Das Bundesgericht hat bereits ausgesprochen, dass auch eine verheiratete Frau
unter gegebenen Voraussetzungen nach Art. 369 ff . ZGB entmündigt werden müsse
(BGE 50 II 438). Ebensowenig wird eine im übrigen gegenüber der betreffenden
Frau notwendige Beiratschaft überflüssig wegen der Rechte und Pflichten des
Ehemannes. Die (hier in Frage stehende) Verwaltungsbeiratschaft besteht nach
Art. 395 Abs. 2 ZGB nicht nur in der Besorgung der gewöhnlichen Verwaltung des
Vermögens, die nach den Regeln des ordentlichen Güterstandes bezüglich des
eingebrachten Frauengutes freilich dem Ehemann obliegt (Art. 200 ZGB);
vielmehr ist der unter solcher Beiratschaft stehenden Person noch um so mehr
die eigentliche Verfügung über die Vermögenssubstanz entzogen,

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abgesehen von den durch die Beiratschaft nicht betroffenen Erträgnissen (BGE
56 II 243). Das hat gleichfalls Bedeutung für eine verheiratete, speziell auch
eine unter Güterverbindung stehende Frau. Ist diese unfähig, allfällige
Verfügungen über die Substanz ihres Vermögens selber zu treffen, so ist sie
auch durch die ihr vorbehaltene Zustimmung zu derartigen Verfügungen des
Ehemannes (Art. 202) nicht hinreichend geschützt, sondern muss vor den Folgen
ihrer eigenen Einsichtslosigkeit oder Unüberlegtheit eben durch einen Beirat
bewahrt werden, der an ihrer Stelle über die Zustimmung zu solchen Verfügungen
zu entscheiden hat, allenfalls unter Mitwirkung vormundschaftlicher Behörden
entsprechend Art. 421 ff . ZGB. Ferner kommt die einer verheirateten Frau
bestellte Verwaltungsbeiratschaft zur Geltung bei den Willenserklärungen,
welche die Ehefrau selbständig abzugeben hat, also namentlich bei Verfügungen
über Sondergut (Art. 192/242), bei Vertretung der ehelichen Gemeinschaft (Art.
200 Abs. 3, Art. 203) und bei den von der Frau unter Vorbehalt der Zustimmung
des Mannes vorzunehmenden Rechtshandlungen (204), soweit die beiden letztern
Fälle sich auf die Substanz des Frauengutes beziehen. Wo das Gesetz
gemeinsames Handeln beider Ehegatten oder die Zustimmung des einen zur
Verfügung des andern verlangt (vgl. auch Art. 217 für die Gütergemeinschaft),
kann nicht etwa einfach der Ehemann als Vertreter der Ehefrau gelten; soll
doch in den betreffenden Fällen nicht er allein verfügen. Vormundschaftliche
Massnahmen gegenüber der Ehefrau lassen anderseits die dem Ehemann als solchem
zustehenden Rechte wie auch die ihm obliegenden Pflichten unberührt, wie in
BGE 50 II 439 Erw. 3 bereits für den Fall einer Entmündigung ausgesprochen
wurde. Bestehen Zweifel an der Tauglichkeit des Ehemannes selbst zur
Verwaltung des Vermögens, so kommen vormundschaftliche Massnahmen ihm
gegenüber in Frage, allenfalls neben solchen gegen die Ehefrau.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 67 II 86
Date : 31. Dezember 1941
Published : 25. September 1941
Source : Bundesgericht
Status : 67 II 86
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Verwaltungsbeiratschaft für eine verheiratete, unter Güterverbindung stehende Frau. Die Rechte des...


Legislation register
ZGB: 194  200  369  395  421
BGE-register
50-II-436 • 56-II-239 • 67-II-86
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