S. 13 / Nr. 5 Erbrecht (d)

BGE 67 II 13

5. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Februar 1941 i.S. M.D. gegen P.U. und
M.U.


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Regeste:
Erbrecht, Anfechtung der letztwilligen Verfügung wegen Willensmangels, Art.
469 , 519 ZGB.
- Anfechtung der unter psychischem Zwang (Hörigkeit des Testators)
entstandenen Verfügung
- Anfechtung der letztwilligen Verfügung wegen Irrtums des Testators mit Bezug
auf die Beweggründe. Voraussetzungen dafür.
Droit successoral. Demande tendante à l'annulation d'une disposition à cause
de mort pour vice du consentement. Art. 469, 519 CC.
- Action intentée en raison du fait que le testateur aurait agi sous l'empire
d'une contrainte morale (attachement servile).
- Action intentée en raison de l'erreur sur les motifs dans laquelle le
testateur se serait trouvé.
Diritto successorio. Azione volta ad ottenere l'annullamento di una
disposizione a causa di morte a motivo di vizi del consenso. Art. 469 e 519
CC.
- Azione promossa pel fatto che il testatore avrebbe agito sotto una pressione
morale (affezione servile).
- Azione promossa per l'errore sui motivi, nel quale il testatore si sarebbe
trovato.

(Aus dem Talbestand:)
A. ­ Der am 7. Januar 1938 in Zürich verstorbene J.U. hatte in seiner
öffentlichen letztwilligen Verfügung vom 27. März 1937 über die Verteilung
seines Nachlasses auf seine drei Töchter bestimmt, dass er diese Erben von
jeder Ausgleichspflicht befreie und vom Vermögen je 6/16 den Töchtern P.U. und
Frau M.U. zuweise, der Tochter Frau M.D. hingegen nur den Rest von 4/16, was
ihrem gesetzlichen Pflichtteil entsprach.
Diese Erbin erhob Klage gegen ihre beiden Schwestern, indem sie die
Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung geltend machte. Sie behauptete, der
Erblasser habe sich unter dem Einfluss von Irrtum, arglistiger Täuschung,
Drohung und Zwang befunden, als er sie mit seiner

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Verfügung zum Vorteil ihrer Geschwister zurückgesetzt habe. Er sei seiner
Freundin Frau G. hörig gewesen und habe sich in allen seinen wichtigen
Handlungen nach dem Willen dieser Frau gerichtet, die ihn auch durch unwahre
und täuschende Angaben gegen sie, die Klägerin, aufgehetzt und dadurch zu dem
sie benachteiligenden Testament veranlasst habe. Sollte er sie aber auf den
Pflichtteil zurückgesetzt haben in der Meinung, dass sie als Pächterin des ihm
gehörenden Wirtschaftsbetriebes ein für die Zukunft gesichertes Einkommen
finden werde, so hätte er sich auch hierüber im Irrtum befunden, da sie durch
dieses Unternehmen in der Folge ohne ihre Schuld ruiniert worden sei.
B. ­ Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Klage in Bestätigung des
Entscheides des Bezirksgerichtes Zürich abgewiesen, ebenso das Bundesgericht,
an das die Klägerin die Berufung eingereicht hatte,
u.a. mit folgender Begründung:
Die Klägerin beruft sich auf alle in Art. 469 Abs. 1 ZGB angeführten
Anfechtungsgründe, nämlich auf Irrtum, arglistige Täuschung, Drohung und
Zwang. Was sie nach den Feststellungen der Vorinstanz in tatsächlicher
Hinsicht vorgebracht hat, ist aber, sei es bewiesen oder nicht, von vornherein
ungeeignet, den Tatbestand einer durch Drohung oder Zwang beeinflussten
Testamentserrichtung zu erfüllen. Es fehlt jede Angabe darüber, unter welchen
Umständen und mit welchem Nachteil der Testator für den Fall einer
anderslautenden Verfügung widerrechtlich bedroht worden sei. Die Klägerin
scheint vielmehr behaupten zu wollen, dass der Testator von einem Zwang
psychischer Art beherrscht gewesen sei, weil er sich in einem an Hörigkeit
grenzenden Verhältnis zur Frau G. befunden und allgemein unter deren Einfluss
gestanden habe. Selbst wenn dies richtig wäre, würde es zur Annahme eines für
die Testamentsanfechtung genügenden Zwanges aber nicht ausreichen. Der
Testator müsste sich in der

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Unmöglichkeit befunden haben, den auf ihn einwirkenden Beeinflussungen mit
eigenen Überlegungen zu begegnen und seinen eigenen Willen zu bilden und zur
Geltung zu bringen. Da die Verfügung in der Form der öffentlichen Urkunde
errichtet wurde, in welcher vom Urkundsbeamten die ausdrückliche eigene
Willenserklärung des Testators verurkundet und von den Zeugen bescheinigt
wurde, dass der Erblasser sich nach ihrer Wahrnehmung im Zustande der
Verfügungsfähigkeit befunden habe (Art. 499 -501 ZGB), müsste die Klägerin
zunächst die Richtigkeit dieser Urkunde durch Gegenbeweis widerlegt haben
(Art. 9 ZGB). Davon ist aber nicht die Rede.
Was die übrigen Anfechtungsgründe des Irrtums und der absichtlichen Täuschung
anbelangt, glaubt die Klägerin, ihrer Substanzierungspflicht genügt zu haben,
weil im Erbrecht, im Unterschied zur Geltendmachung von Willensmängeln bei
Verkehrsgeschäften, jeder beliebig geartete Irrtumstatbestand genüge. Richtig
ist, dass der Irrtum kein wesentlicher im Sinne von Art. 24 OR zu sein
braucht. Er muss nicht, wie nach Art. 24 Ziff. 4 OR, einen bestimmten, eine
notwendige Grundlage des Geschäftes bildenden Sachverhalt betreffen, sondern
kann sich auch auf einen blossen Beweggrund und demgemäss sowohl auf
gegenwärtige Umstände wie erst in der Zukunft erwartete Ereignisse beziehen.
Doch folgt schon aus dem Begriff des Beweggrundes, dass die unrichtige
Vorstellung des Erblassers eine Annahme oder Erwartung betreffen muss, die für
ihn bestimmend und ausschlaggebend war. Er muss, wie Art. 469 ZGB ausdrücklich
bestimmt, seine Verfügung «unter dem Einfluss» des Irrtums errichtet haben,
und es muss demgemäss dargetan sein, dass er ohne diese irrtümliche Anschauung
eine andere oder keine Verfügung getroffen hätte. [Folgen Ausführungen
darüber, dass dieser Nachweis nach den Feststellungen des kantonalen Richters
nicht erbracht sei.]
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 67 II 13
Date : 31 décembre 1941
Publié : 12 février 1941
Source : Tribunal fédéral
Statut : 67 II 13
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Erbrecht, Anfechtung der letztwilligen Verfügung wegen Willensmangels, Art. 469, 519 ZGB.-...


Répertoire des lois
CC: 9  469  499  501  519
CO: 24
Répertoire ATF
67-II-13
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
erreur • de cujus • exactitude • droit des successions • avantage • effet • hameau • volonté • réserve successorale • mobile • décision • testament • état de fait • frères et soeurs • entreprise • preuve • motivation de la demande • déclaration • autorisation ou approbation • attestation
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