S. 310 / Nr. 46 Post, Telegraph und Telephon (d)

BGE 61 I 310

46. Urteil vom 4. Juli 1935 i. S. A. Welti-Furrer A.-G. gegen eidg. Post- und
Eisenbahndepartement.

Postkonzession B:
Regeste:
1. Bei der Entscheidung darüber, ob die Konzession für regelmässige
Autofahrten nach Bedarf (Postkonzession B) als Konzession B 1 (Rundfahrten)
oder B 2 (Reisefahrten) zu erteilen ist, darf die Postverwaltung
berücksichtigen, ob der beabsichtigte Verkehr eine Konkurrenzierung
bestehender konzessionierter Transportunternehmungen bedeutet.
2. Trifft dies zu, so darf sie die Konzession B 1 verweigern und an deren
Stelle die mit höheren Grundgebühren und besonderen Zuschlagsgebühren
belastete Konzession B 2 erteilen.

A. - Die Beschwerdeführerin, die in Zürich eine Transportunternehmung
betreibt, hat im Winter 1933/34 an Sonntagen Autocarfahrten für Sportler von
Zürich nach Engelberg ausgeführt (Abfahrt Zürich 6 Uhr, Ankunft Engelberg 9
Uhr, Abfahrt Engelberg 18 Uhr, Ankunft Zürich 21 Uhr).
Sie kam dafür am 5. Februar 1934 um eine Postkonzession B 1 (Rundfahrten) ein.
Das Postkursinspektorat verweigerte diese Konzession, erteilte dagegen eine
Konzession B 2 (Reisefahrten), forderte die entsprechende Konzessionsgebühr
und wies die Konzessionärin darauf hin, dass

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daneben die Zuschlagsgebühren für jede Fahrt gemäss § 9 Abs. 2 BRB vom 19.
März 1929 über die Erteilung von Konzessionen für regelmässige Autofahrten
nach Bedarf (Postkonzession B) zu entrichten seien. Der Konzessionsakt wurde
der Beschwerdeführerin am 27. Februar zugestellt, nachdem die
Konzessionsgrundgebühr bezahlt worden war.
B. - Über die Frage, ob eine Konzession B 1 oder B 2 in Frage komme und
besonders, ob die für B 2 vorgesehenen Konzessionszuschlagsgebühren zu
entrichten seien, wurde weiter korrespondiert. Durch Entscheid des
eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartementes vom 27. Dezember 1934 wurde
die Beschwerdeführerin, die die von ihr geforderte Zuschlagsgebühr bestritten
hatte, verpflichtet, der Postverwaltung für 708 beförderte Reisende eine
(erheblich ermässigte) Zuschlagsgebühr von 807 Fr. 10 Cts. zu entrichten...
Die Fahrten, um die es sich handle, seien ihrem Wesen nach Reisefahrten, bei
denen es auf die Ortsveränderung ankomme. Auch sei eine Konkurrenzierung der
die nämlichen Strecken bedienenden Bahn- und Schiffsunternehmungen gegeben,
weshalb die Gebühr geschuldet sei. Übrigens sei dem Begehren der
Konzessionärin um Ermässigung der Gebühr weitgehend Rechnung getragen worden.
C. - Mit rechtzeitig erhobener Beschwerde an das Bundesgericht wird Aufhebung
dieses Entscheides beantragt, unter Kostenfolge. Die Autocarfahrten der
Beschwerdeführerin seien dadurch als Rundfahrten (Postkonzession B 1) im Sinne
der bundesrätlichen Verordnung gekennzeichnet, dass die Reisenden an den
Ausgangspunkt zurückbefördert wurden. Die Verwaltungsbehörde versuche sie als
Reisefahrten (Postkonzession B 2) zu charakterisieren, indem sie weitere, in
der Verordnung nicht aufgestellte Merkmale heranziehe, was unzulässig sei. Der
Gewerbetreibende müsse sich darauf verlassen können, dass die Verordnungen
genau nach ihrem Wortlaut ausgelegt werden. Auch die weitere Voraussetzung für
die Erhebung

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der Zuschlagsgebühr, eine Konkurrenzierung der Bundesbahnen durch die in Frage
stehenden Autocarfahrten, treffe nicht zu. Die Fahrpreise, ursprünglich 15
Fr., später 10 Fr., seien höher als die Kosten eines Sportbilletes
Zürich-Engelberg (9 Fr. 85 Cts.), die Fahrten würden nicht regelmässig,
sondern nur bei besonders günstigen Sportverhältnissen, «also nicht
planmässig», ausgeführt. Wenn dadurch auch eine gewisse Konkurrenzierung der
die gleichen Strecken bedienenden konzessionierten Transportanstalten nicht zu
leugnen sei, so sei der Verkehrsentzug durch die Autocarfahrten doch nicht so
empfindlich, dass sich die Erhebung von Zuschlagsgebühren rechtfertige, die
eine weitere Erschwerung des Verkehrs mit Autobussen und eine Einschränkung
der Freiheit dieses Verkehrszweiges bedeuteten.
D. - Das Post- und Eisenbahndepartement beantragt Abweisung der Beschwerde
unter Kostenfolge. Es verweist auf die Begründung des angefochtenen
Entscheides und fügt bei: Aus dem Zwecke einer Monopolisierung der
gewerbsmässigen Reisendenbeförderung und einer Ordnung, die es dem
pflichtmässigen Ermessen der Konzessionsbehörde überlasse, eine Konzession zu
erteilen oder zu verweigern, folge, dass die Behörde auch in der Gestaltung
der Konzessionsbedingungen frei sei und diese besonders den Verhältnissen des
einzelnen Falles anpassen dürfe. Konzessionsvorschriften des Bundesrates
enthielten nur Regeln für die typischen Fälle; das Ermessen der
Konzessionsbehörde werde dadurch nicht ausgeschaltet. Das gelte auch für die
Erteilung der Konzession B. Es liege auf der Hand, dass die
Konzessionsvorschriften nicht fortwährend den sich rasch ändernden
Verhältnissen im Autotransportgewerbe angepasst werden können. Hier habe die
Praxis der Verwaltung von Fall zu Fall für die neuen Bedürfnisse und Sachlagen
das richtige Recht zu schaffen.
Die Einreihung der Wintersportfahrten unter die zuschlagsgebührenpflichtige
Konzession B 2 entspreche dem Sinn der Verordnung des Bundesrates, die

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Zuschlagsgebühren für Inhaber der Konzession B 1 nicht vorgesehen habe, weil
bei Erlass der Verordnung eine Konkurrenzierung anderer konzessionierter
Transportunternehmungen durch Rundfahrten im Sinne der Verordnung überhaupt
nicht in Frage gekommen sei. Die Entwicklung habe nun auch Transporte
gebracht, bei denen die Reisenden an den Ausgangspunkt zurückkehren, die aber
gleichwohl eine empfindliche Konkurrenz für Bahn und Post bedeuten. Es wäre
unrichtig, diese Fahrten den Zuschlagsgebühren nicht zu unterwerfen. Dass sie
die Bahn konkurrenziere, habe die Beschwerdeführerin selbst zugegeben.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Konzession B 2 (für
Reisefahrten). Als solche unterliegt sie den Zuschlagsgebühren nach § 9 Abs. 2
des BRB vom 19. März 1929 über die Erteilung von Konzessionen für regelmässige
Autofahrten nach Bedarf (Postkonzession B), sofern die befahrene Linie zu
bestehenden Post- und Bahnlinien in Konkurrenz tritt. Die Beschwerdeführerin
bestreitet nicht nur das Vorliegen dieser Voraussetzung, sondern auch die
Charakterisierung ihrer Fahrten als Reisefahrten.
2.- Das im Postregal inbegriffene Monopol für die Beförderung von Reisenden
mit regelmässigen Fahrten (Art. 1 lit. a PVG) und das darauf beruhende Recht
der Postverwaltung, den gewerbemässigen Betrieb eines solchen Verkehrs zu
konzessionieren (Art. 3 Abs. 1 PVG), haben Grund und Rechtfertigung in der
Notwendigkeit, die Personenbeförderung zu angemessenen Bedingungen im ganzen
Gebiete der Eidgenossenschaft sicherzustellen. Die Postverwaltung als
Inhaberin des Monopols kann solche Konzessionen verweigern, wenn die
Interessen der Allgemeinheit dies als wünschbar erscheinen lassen. Sie kann
auch die Konzession, wenn sie sie erteilt, so gestalten, dass diesen
Interessen nach Möglichkeit Rechnung getragen wird.

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Dies gilt auch bei Konzessionen für regelmässige Autofahrten nach Bedarf
(Postkonzession B), die nach der bundesrätlichen Vollziehungsverordnung
erteilt werden als Konzessionen B 1 (Rundfahrten) und als Konzessionen B 2
(Reisefahrten). Da die Verwaltung es in der Hand hat, eine Konzession zu
verweigern, die die Existenz einer bestehenden konzessionierten Unternehmung
gefährden oder deren Betrieb erheblich konkurrenzieren würde, muss ihr auch
das Recht zugestanden werden, bei Erteilung einer Konzession von den beiden
Konzessionsarten B 1 und B 2 diejenige auszuwählen, die dem einzuführenden
Verkehr und den Verhältnissen am besten gerecht wird. Dabei darf sie
berücksichtigen, dass die Konzession B 2 nicht nur höhern Grundgebühren
unterworfen, sondern ausserdem noch mit Zuschlagsgebühren belastet ist, wenn
sie mit bestehenden konzessionierten Transportunternehmungen in Konkurrenz
tritt. Diese Gebührengestaltung ist bestimmt, den Ausgleich herzustellen
dafür, dass die Fahrten nach Konzession B nur ausgeführt werden, wenn eine
genügende Teilnehmerzahl gesichert ist, während die bestehenden Unternehmungen
verpflichtet sind, den Betrieb ohne Rücksicht auf die Rentabilität der
einzelnen Fahrten aufrecht zu erhalten und fahrplanmässig abzuwickeln. In
Fällen, in denen eine solche Konkurrenzierung eintritt, darf die Verwaltung
die Konzession B 1 verweigern und die Konzession B 2 erteilen als diejenige,
die der Sachlage am besten gerecht wird und besonders dem Interesse der
Allgemeinheit Rechnung trägt, den Fortbestand von Transportunternehmungen mit
durchgehendem Betrieb zu sichern. Anderseits haben Inhaber der Konzession B 2
die Möglichkeit, Reisende nur für Teilstrecken anzunehmen. Unzulässig wäre es
dagegen, ein Gesuch um Erteilung einer Konzession B 1 nur deshalb abzuweisen,
weil für diese Konzession weniger und niedrigere Gebühren zu entrichten sind.
Über die Erteilung und Verweigerung von Konzessionen muss nach sachlichen
Gesichtspunkten entschieden werden.

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3.- Die Verwaltung hat mit Recht angenommen, dass die Erteilung der Konzession
B 2 im Falle der Beschwerdeführerin sich sachlich rechtfertige. Massgebend ist
vor allem die Feststellung, dass die gewerbsmässige Ausführung von Autofahrten
für Sportler auf der Strecke Zürich-Engelberg eine Konkurrenz für die
bestehenden konzessionierten Transportunternehmungen mit Jahresbetrieb
bedeutet. Eine derartige Konkurrenz lässt sich ernstlich nicht bestreiten. Sie
liegt in der Natur der Sache. Die Beschwerdeführerin gibt sie im Grunde auch
zu. Die Einwendungen, die sie in dieser Beziehung erhebt, sind nicht
stichhaltig.
Die Tatsache, dass die für ihre Kurse festgesetzten Fahrpreise etwas höher
sind, als die Sportbillete III. Klasse Zürich-Engelberg, schliesst die
Konkurrenzierung der Bahnfahrten schon deshalb nicht aus, weil das Publikum
einen gewissen Überpreis im Hinblick auf die Vorzüge der Autokurse gegenüber
den bestehenden Transportunternehmungen (durchgehende Fahrt, kürzere Fahrzeit)
gerne in Kauf nehmen wird. Übrigens hat die Beschwerdeführerin, den Fahrpreis
nachträglich auf einen Betrag herabgesetzt der der billigsten Bahntaxe,
derjenigen der Sportbillete III. Klasse, praktisch gleichkommt. Dass daneben
auf den gleichen Strecken auch andere Taxen bestehen, dürfte bei einer
Vergleichung der Fahrpreise nicht ganz ausser Acht gelassen werden. Es kommt
aber nach der Verordnung nicht auf die mögliche Konkurrenzierung durch die
Fahrpreise an, sondern auf die Befahrung der nämlichen Linien, die Verbindung
von Orten, zwischen denen Post- oder Bahntransporte bereits bestehen.
Dass die Autokursfahrten nicht regelmässig, sondern nur bei günstigen
Verhältnissen ausgeführt werden, ist ein Umstand, der die Zuschlagsgebühren
begründet. Es kommt darin zum Ausdruck, dass die Beschwerdeführerin die Last,
die den konzessionierten Transportunternehmungen obliegt (Obligatorium), nicht
übernimmt, sondern sich auf die Durchführung der Kurse beschränkt, wenn eine
genügende Teilnehmerzahl die Rentabilität der Fahrt sichert.

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Sie entzieht die Reisenden der Bahn gerade dann, wenn diese in einer starken
Besetzung ihrer Züge einen gewissen Ausgleich für die unrentabeln
Pflichtfahrten nach Konzession erzielen könnte. Darauf, dass die von der Bahn
organisierten Sportzüge glänzend rentieren, wie die Beschwerdeführerin
behauptet, kommt es nicht an, sondern darauf, dass der Bahn gerade dann, wenn
sie eine Entschädigung für ihre sonstigen Lasten finden könnte, ein Teil der
mutmasslichen Reisenden entzogen wird. Es ist denn auch nicht zutreffend, dass
durch die Zuschlagsgebühren «eine weitere Erschwerung für den Autobus
geschaffen» wird. Vielmehr handelt es sich lediglich um einen gewissen
Ausgleich für die Konkurrenz, die der Bahn und den übrigen bestehenden, mit
Pflichten im Interesse der Öffentlichkeit beschwerten Transportunternehmungen,
aus Transporten erwächst, die unter besonders günstigen Voraussetzungen,
nämlich nur dann ausgeführt werden, wenn eine genügende Teilnehmerzahl
gesichert ist.
4.- Dass die Beschwerdeführerin für ihre Fahrten Zürich-Engelberg
zuschlagsgebührenpflichtig ist, kann deshalb nicht zweifelhaft sein. Sie ist
übrigens von der Verwaltung auf diese Pflicht von Anfang an unmittelbar nach
Einreichung des Konzessionsgesuches aufmerksam gemacht worden. Sie hatte
demnach die Möglichkeit, bei der Festsetzung der Transporttaxen diesen
Gebühren Rechnung zu tragen.
Die Gebührenberechnung ist ihrem Betrage nach nicht bestritten. Sie ist nicht
zu erörtern. Es ist deshalb auch nicht zu untersuchen, ob es zulässig war, die
Gebühren anders als nach dem in der Verordnung des Bundesrates vorgesehenen
Ansätze zu bestimmen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 61 I 310
Datum : 01. Januar 1935
Publiziert : 04. Juli 1935
Quelle : Bundesgericht
Status : 61 I 310
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : 1. Bei der Entscheidung darüber, ob die Konzession für regelmässige Autofahrten nach Bedarf...


Gesetzesregister
PVG: 1  3
BGE Register
61-I-310
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
uhr • frage • weiler • bundesrat • bundesgericht • sportler • ermessen • berechnung • richtigkeit • entscheid • unternehmung • bedürfnis • begründung des entscheids • lohnklasse • verkehr • ptt • eidgenossenschaft • einwendung • sonntag • treffen
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