S. 30 / Nr. 5 Obligationenrecht (d)

BGE 54 II 30

5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Februar 1928 i.S. Spörri
& Weber gegen Heim.


Seite: 30
Regeste:
Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR: Die unverzügliche Verzichtserklärung im Sinne von Art. 107 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.

OR ist grundsätzlich auch in den Fällen des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR erforderlich.

Laut Bestätigungsschreiben vom 15. April 1925 verkaufte die Klägerin, Firma
Spörri & Weber, dem Beklagten Heim 200 Stück Baumwollstoffe, lieferbar zum
Teil im April/Mai, zum Teil im Juni, eventuell Juli 1925, «zahlbar 2% Skonto,
30 Tage dato Faktura, Bankpapier». Am 22. und 23. April 1925 fakturierte sie
ihm eine Teillieferung von 80 Stück, die bezogen, aber erst am 3. September
1925 bezahlt wurden.
Inzwischen hatte die Klägerin dem Beklagten am 9. Juli 1925 weitere 100 Stock
mit 6695 Fr. 55 Cts. als zu seiner Verfügung stehend fakturiert, wobei sie die
Lieferung von der vorgängigen Begleichung der längst fälligen Fakturen vom
22./23. April 1925 abhängig machte. Mit Schreiben vom 10. August 1925 stellte
sie sodann fest, dass die Kaufpreisforderung für diese zweite Lieferungsrate
nunmehr ebenfalls verfallen sei und verlangte Zahlung der 6695 Fr. 55 Cts. bis
11. August 1925 mit dem Bemerken, dass sie die 100 Stück sofort nach Eingang
dieses Betrages instruktionsgemäss versenden werde. Der Beklagte verweigerte
die Zahlung.
Mit Zuschrift vom 10. September 1925 teilte ihm die Klägerin unter Bezugnahme
auf eine ihr anlässlich der Sühneverhandlung vor Friedensrichteramt Zürich (8.
September 1925) in Aussicht gestellte dreitägige Frist zur freien Übergabe der
Ware mit, dass sie eine Fristansetzung auf keinen Fall anerkennen könnte.
Gleichzeitig erklärte sie sich bereit, die fakturierte Ware Zug um Zug gegen
Bezahlung bei der Firma Gebr. Frey in Wollerau zu übergeben.
Eine am 5. Oktober 1925 von der Firma Spörri & Weber beim Handelsgericht des
Kantons Zürich angehobene

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Klage auf Zahlung von 6695 Fr. 55 Cts. nebst 6% Zins seit 9. August 1925 ist
letztinstanzlich vom Bundesgericht am 29. März 1926 wegen mangelnder
Erfüllungsbereitschaft der vorleistungspflichtigen Klägerin abgewiesen worden
(vgl. BGE 52 II 139 ff.).
Gestützt auf dieses Urteil fakturierte die Klägerin die 100 Stück
Baumwollstoffe dem Beklagten am 7. April 1926 nochmals, mit dem Beifügen, dass
sie ihm dieselben bei der Firma Gebr. Frey in Wollerau zur Verfügung halte.
Der Beklagte verweigerte jedoch die Abnahme der Ware, in dem er sich auf den
Standpunkt stellte, dass er vom Vertrage längst zurückgetreten sei.
Die daraufhin von der Firma Spörri & Weber erneut gegen Heim angehobene Klage
auf Bezahlung von 6695 Fr. nebst 6% Zins seit 7. Mai 1927 wies das
Handelsgericht des Kantons Zürich am 10. Oktober 1927 ab.
Das Bundesgericht hat dieses Urteil bestätigt.
Aus den Erwägungen:
Die Ansetzung einer Nachfrist seitens des Beklagten war nach Art. 108 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.

OR entbehrlich, nachdem die Klägerin in ihrem Schreiben vom 10. September 1925
bestimmt erklärt hatte, dass sie die Erfüllung in der von Heim verlangten
Weise (Vorleistung) auch auf eine Fristansetzung hin verweigern würde. Wenn
aber der Beklagte auf die nachträgliche Leistung verzichten wollte, so war er
verpflichtet, der im Verzuge befindlichen Klägerin gegenüber eine dahingehende
Erklärung abzugeben. Denn Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR stellt eine Ausnahme von Art. 107
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR
lediglich inbezug auf das Erfordernis der Fristansetzung dar, indem es dieser
Massnahme bei Zutreffen der in Ziff. 1-3 umschriebenen Voraussetzungen nicht
bedarf. Im übrigen aber gilt die in Art. 107 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR vorgesehene allgemeine
Regelung der Rechte des vertragstreuen Gläubigers gegenüber dem säumigen
Schuldner auch im Rahmen des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR. Wie nach erfolglosem Ablauf der
Nachfrist, so steht dem Gläubiger auch in den Fällen des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR das
dreifache

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Wahlrecht zu, von dessen Ausübung im Sinne des Verzichtes auf die
Realerfüllung er hier wie dort dem Schuldner Kenntnis zu geben hat (vgl. OSER,
N. I und BECKER, N. I zu Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR; v. TUHR, OR 548). Ausnahmsweise kann ihm
diese Erklärung allerdings erlassen werden, insbesondere, wenn seiner
Entschliessung mangels einer Wahlmöglichkeit praktisch keine Bedeutung
zukommt. So hat das Bundesgericht die Verzichtserklärung als unnötig angesehen
und die aus deren Mangel gegen die Schadenersatzklage nach Art. 107
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR
hergeleitete formelle Einrede als gegen Treu und Glauben verstossend
zurückgewiesen in einem Falle, wo der Verkäufer durch sein Verhalten
(endgültige Erfüllungsverweigerung) dem Käufer die Ausübung des Wahlrechts
verunmöglicht hatte (BGE 48 II 224 f.). Ein derartiger Tatbestand liegt aber
hier nicht vor, da die Klägerin die Lieferung nicht schlechthin verweigert
hat.
Die Frage, ob der Gläubiger den Verzicht auf die nachträgliche Leistung im
Falle des Art. 108 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR sofort nach Eintritt des Verzuges zu erklären
habe, bezw. sobald ihm erkennbar wird, dass eine Nachfristansetzung unnütz
wäre, oder ob ihm die Ausübung dieses Gestaltungsrechts während der ganzen
Dauer des Schuldnerverzuges freistehe, hat die Vorinstanz in letzterem Sinne
entschieden, im wesentlichen mit folgender Begründung: Die unverzügliche
Verzichtserklärung werde in Art. 107 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR erst nach Ablauf der Nachfrist
verlangt, die der Gläubiger während des Schuldnerverzuges beliebig ansetzen
könne, ohne dass er durch sein Zuwarten in seinem Wahlrecht beeinträchtigt
werde. Mangels eines Anfangstermines (Fristablauf), auf den in Art. 107
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR
direkt Bezug genommen sei, gehe es daher nicht an, für den Rücktritt ohne
Fristansetzung nach Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR eine Pflicht zur unverzüglichen Erklärung,
durch deren Verzögerung das Recht dazu verwirkt wäre, aus Art. 107 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR
herzuleiten; dies umsoweniger, als dadurch an den

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Gläubiger im Falle des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR strengere Anforderungen gestellt würden als
im Falle des Art. 107
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR.
Gegen diese Auffassung spricht schon das oben über das Verhältnis dieser
beiden Artikel Ausgeführte. Richtig ist freilich, dass das Gesetz es in das
Belieben des Gläubigers stellt, wann er dem im Leistungsverzuge befindlichen
Schuldner eine Nachfrist ansetzen will. Art. 107 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
OR verlangt lediglich,
dass der Verzicht auf die Realleistung unverzüglich nach Fristablauf erklärt
werde. Der Gläubiger kann mithin den Zeitpunkt, in welchem er seine
Entscheidung hierüber treffen muss, während der Verzugsdauer frei bestimmen.
Eine Schranke ist ihm nur insofern gezogen, als er die Fristansetzung nicht
wider Treu und Glauben hinausschieben darf, indem ihm solchenfalls die Einrede
der illoyal verspäteten Geltendmachung der Verzugsfolgen entgegengehalten
werden kann (vgl. STAUB, Komm. Anh. zu § 374 DHGB, Anm. 98 und 147).
Während aber die Fristansetzung in erster Linie den Interessen des Gläubigers
zu dienen bestimmt ist, indem sie ihm Klarheit darüber verschaffen soll, ob
erfüllt werde oder nicht, bezweckt das Gesetz mit dem Erfordernis der
Unverzüglichkeit der Verzichtserklärung den Schatz des säumigen Schuldners: es
will damit die Spekulation auf dessen Kosten durch den Gläubiger nach Ablauf
der Nachfrist verhindern. Der Schuldner soll wissen, woran er ist, ob er noch
liefern muss oder nicht. Will der Gläubiger auf die nachträgliche Leistung
verzichten, so hat er ihm diese Absicht sofort klar und deutlich zu erkennen
zu geben. Das gleiche muss aber auch gelten, wenn der Schuldner nach Eintritt
des Verzuges dem Gläubiger auf irgend eine Weise bestimmt kundgetan hat, dass
er nicht erfüllen könne oder wolle, und infolgedessen die gerade auf eine
Abklärung der Verhältnisse nach dieser Richtung abzielende Fristansetzung
entbehrlich wird. Es widerspräche der ratio legis, wenn der vertragstreue Teil
in einem solchen Falle

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die Verzichtserklärung während der Dauer des Verzuges beliebig hinausschieben
dürfte.
Eine feste Regel, wann die Erklärung als «unverzüglich» erfolgt zu betrachten
sei, lässt sich der Natur der Sache nach nicht aufstellen. Die Entscheidung
hierüber ist vielmehr nach den Verumständungen des Einzelfalles zu treffen.
Dabei ist beim Tatbestande des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
, Ziff. 1 OR schon deshalb kein
strenger Masstab anzulegen, weil nicht von einem zeitlich genau fixierten
Vorgang, wie ihn der Fristablauf darstellt, ausgegangen werden kann, sondern
der Zeitpunkt für die fristlose Wahlausübung auf Grund des Verhaltens des
Schuldners ermittelt werden muss.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 II 30
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 07. Februar 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 II 30
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Art. 108 OR: Die unverzügliche Verzichtserklärung im Sinne von Art. 107 Abs. 2 OR ist grundsätzlich...


Gesetzesregister
OR: 107 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 107 - 1 Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
1    Wenn sich ein Schuldner bei zweiseitigen Verträgen im Verzuge befindet, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusetzen oder durch die zuständige Behörde ansetzen zu lassen.
2    Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt, so kann der Gläubiger immer noch auf Erfüllung nebst Schadenersatz wegen Verspätung klagen, statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung entstandenen Schadens verlangen oder vom Vertrage zurücktreten.
108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
BGE Register
48-II-220 • 52-II-137 • 54-II-30
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • schuldner • verzug • wille • bundesgericht • lieferung • dauer • frist • verhalten • handelsgericht • treu und glauben • treffen • zins • schuldnerverzug • vertragstreue • entscheid • voraussetzung • fälligkeit • begründung des entscheids • fristerstreckung
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