450 Erbrecht. N° '?0;

des Obergerichtes des Kantons Solothurn vom 28. Februar 1924 in Ziffer 4
seines Dispositivs dahin abgeändert, dass die Forderung des Beklagten und
Widerklägers für Pflege und Wartung des Friedrich Moser abgewiesen wird.

70. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. November 1924 i. S. Dommann
gegen Bomann.

Herabsetzungsklage, Ausschlagung:

Die Vermutung der Ausschlagung gemäss Art. 566 Abs. 2 ZGB wird durch
das Begehren des Erben um amtliche Liquidation beseitigt (Erw. 2).

Frage der Legitimation des Erben, welcher die amtliche Liquidation
verlangt hat, zur Herabsetzungsklage gegen einen ausschlagenden
(Mit-)Erben (Erw. 2).

Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zweck
der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat ; Kriterien,
besonders wenn das übrige Vermögen zur Ausrichtung des Pflichtteils noch
hingereicht haben Würde (Eventualdolus) (Erw. 3). -

Berechnung der Pflichtteile bei Ausschlagung eines (Mit-) Erben (Erw. 4).

ZGB Art. 470 f., 475, 522 ff., besonders 527 Ziff. 4, 535, 537 Abs. 2,
566 ff., besonders 566 Abs. 2 und 570 Abs. 2, 593 ff.

A.Die Parteien sind die einzigen Kinder der Frau Anna Dommann
geb. Blättler. Diese verkaufte durch öffentlich beurkundeten und alsdann
am 5. Juli 1916 gefertigten Vertrag vom 21., ergänzt am 30. Juni 1916 ihre
zwischen der Maihofstrasse in Luzern und dem Rotsee gelegene Liegenschaft
Kleinbruchtal, welche damals mit Hypotheken im Kapitalbetrag von 68,171
Fr. 43 cts. belastet war, um 70,000 Fr. an die Beklagte unter folgenden
wesentlichen Klauseln:

3. Die Verkäuferin behält sich auf Lebenszeit das Nutzniessungsrecht
...... an der Liegenschaft vor; sie bezieht alle Einkünfte und Erträgnisse
der Liegenschaft (ordentliche und ausserordentliche) mit Aus -

&breeht. N° 70. 451 _

nahme der Erträgnisse aus der Ausbeutung des Kieslagers. Die Verkäuferin
trägt die Lasten (Zinse, Grundsteuern nat.).

4. Die Käuferin übernimmt die Verpflichtung, die Hälfte ihres Gewinnes,
den sie aus der gekauften Liegenschaft je erzielt, ihrem Bruder Herrn
Jos. Dommann zuzuwenden, sei es Erlös aus Verkauf von Parzellen oder
aus einem Gesamtverkauie. Dabei wird aber ausdrücklich festgestellt,
dass die Käuferin dadurch in ihrer Verfügungsfreiheit bezüglich der
Liegenschaft in keiner Weise beeinträchtigt sein soll. H. Jos. Dommann
hat kein Recht, bezüglich der Verwaltung und der Art der Verwendung der
Liegenschaft Forderungen zu stellen, dagegen verspricht die Käuferin,
nach Treu und Glauben zu handeln. H. Jos. Dommann hat auch nicht das
Recht, zu fordern, dass die Käuferin Verkäufe vornehme oder unterlasse
...... Die Käuferin erklärt auch, keine Hypotheken zu errichten, ohne
dem Herrn Jos. Dommann die Hälfte des Betrages auszuhändigen.

5. Im Falle des Verkaufes der Liegenschaft durch die Käuferin vor
dem Ableben der Verkäuferin soll letzterer die Nutzniessung am ganzen
Nettcerlös auf Lebenszeit zustehen und die Teilung des Gewinnes zwischen
der ' Käuferin und Herrn Josef Dommann erst nach dem . Tode der Frau
Dommann stattfinden. :

6. Wenn H. Jos. Dommann in irgend einer Weise gegen die Käuferin klagend
wegen dieses Kaufgeschäftes auitlitt, so fällt ihre Verpflichtung zu
seinen Gunsten dahin.

(Nachtrag.) Wenn die Kàuferin bei Lebzeiten der Verkäuferin Hypotheken
errichten lässt, so hat die Verkäuferin an denselben Nutzniessungsrecht
und steht dem Herrn Josef Dommann an diesen Hypotheken kein Anteil zu,
solange die Verkäuferin lebt.

Witwe Dommann Blättler starb am 25. September 1921, nachdem sie infolge
von missglückten ValutaSpekulationen ihr ganzes übriges Vermögen verloren

452 Erbrecht. N ° 70.

hatte. Die Beklagte schlug die Erbschaft aus; der Kläger verlangte
deren amtliche Liquidation, welche wegen Überschuldung konkursmässig im
summarischen Verfahren erfolgte.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Feststellung, dass der
erwähnte Liegenschaftskaufvertrag der Herabsetzung unterliege, und
Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung des Betrages, um welchen sein
Pflichtteil verletzt wurde, d. h. 97,000 Fr., mindestens aber 50,000_Fr.
(Ein weiteres, eventuelles Begehren ist vor Bundesgericht nicht mehr
streitig.)

B. Durch Urteil vom 2. Mai 1924 hat das Obergericht des Kantons Luzern
die Klage dem Grunde nach zugesprochen und die Beklagte zur Bezahlung
von 24,750 Fr. an den Kläger verurteilt.

C. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das
Bundesgericht eingelegt, die Beklagte mit dem Antrag auf Abweisung der
Klage ; der Kläger mit dem Antrag, es sei der Betrag, um welchen sein
Pflichtteil verletzt wurde, auf 49,500 Fr. festzusetzen und die Beklagte
zur Bezahlung dieses Betrages zu verurteilen.

Das Bundesgericht zieht. in Erwägung : 1....-........ ...........
2. Zutreffend hat die Vorinstanz auch die Einrede

der mangelnden Aktivlegitimation des Klägers zurückgewiesen, welche die
Beklagte daraus herzuleiten versucht, dass der Kläger nicht mehr als
Erbe angesehen werden könne, nachdem er die amtliche Liquidation der
Erbschaft verlangt habe. In dieser Beziehung ist zunächst festzustellen,
dass, wenn die Vermutung der Ausschlagung gemäss Art. 566 Abs. 2 ZGB
auch begründet gewesen sein sollte, der Kläger sie durch jenes Begehren
jedenfalls beseitigt hat. Richtig ist nun zwar, dass der Erbe durch
das Begehren um amtliche Erbschaftsliquidation sich der Haftung für die
ErbschaftsfErbrecht. N° 70. 453

schulden zu entschlagen vermag und von der Befugnis zur Verwaltung der
Erbschaft und zur Verfügung über die Erbschaftsaktiven ausgeschlossen
wird. Allein aus diesen gesetzlich angeordneten Beschränkungen darf nicht
weitergehend auf den gänzlichen Verlust der Erbenqualität geschlossen
werden. Insbesondere dürfte nicht angenommen werden, die Gläubiger
vermöchten durch ein Begehren um amtliche Erbschaftsliquidation
gemäss Artsi594 ZGB die Erben aus ihrer Rechtsstellung als solcher
zu verdrängen ; die Wirkungen der amtlichen Liquidation sind aber vom
Gesetz nicht anders geordnet, je nachdem das Begehren von Erben oder von
Erbschaftsgläubigem ausgegangen ist. Auch gehört der Herabsetzungsanspruch
nicht etwa zu den Erbschaftsaktiven, bezüglich welcher dem Erben infolge
der amtlichen Liquidation die Verfügungsbefugnis entzogen wird, sondern
er ist ein dem Erben persönlich zustehendes Recht. Dagegen liesse
sich freilich fragen, ob im Falle der amtlichen Erbschaftsliquidation
die Geltendmachung von Herabsetzungsansprüchen nicht zu versagen
sei, insoweit sie mit Ansprüchen der Gläubiger in Kollision geraten
könnten. Doch hat dieses Bedenken auf den vorliegenden Fall keinen
Bezug, weil der Zeitraum zwischen dem beanstandeten Liegenschaftsverkauf
und dem Tod der Erblasserin mehr als fünf Jahre beträgt, weshalb die
Erbschaftsgläubiger die Beklagte nicht mehr belangen können, weder aus
Art. 579 ZGB, noch mit der konkursrechtlichen Anfechtungsklage (Art. 292
SchKG). Die weitere Frage, ob der Kläger das Ergebnis der Geltendmachung
seines Herabsetzungsansprnches zur Liquidation abliefern müsse, steht
vorliegend nicht zur Entscheidung. Wird sie verneint, so hat dies zwar
zur Folge, dass, während die Erbschaftsgläubiger nicht voll befriedigt
werden, der Kläger als Erbe seiner Mutter Werte aus deren Vermögen erhält,
sofern sich seine Klage als begründet erweist; indessen erscheint dieses
Ergebnis nicht weniger billig, als wenn die, Beklagte allein im

454 Erbrecht. N° 50.

Genuss der ihr unter Verletzung des Pflichtteils ihres Bruders
gemachten Zuwendung bleiben würde, nachdem es den Gläubiger-n ja ohnehin
verschlossen ist, darauf zu greifen.

3. Die Vorinstanz hat den streitigen Liegenschaitsverkauf als Entäusserung
von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung
der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat (Art. 527 Ziff. 4 ZGB)
angesehen. Diese Subsumtion kann nur dann als zutreffend anerkannt
werden, wenn der Wert der Liegenschaft zur Zeit des Vertrag-schädigen
den festgesetzten Kaufpreis erheblich ihrerstieg und dies der Mutter
der Parteien zum Bewusstsein gekommen war. Über diese Punkte hat
sich die Vorinstanz nicht ausgesprochen. lndessen ergibt sich aus dem
Gutachten Müller-Labhart, welchem die Vorinstanz im allgemeinen den
Vorzug vor der Oberexpertise gegeben hat wogegen die Beklagte nicht
mit der Aktenwidrigkeitsrüge aufzukommen vermag , dass der damalige
Wert der Liegenschaft auf 105, 000 Fr. zu veranschlagen ist, obwohl der
Ertragswert 80,000 Fr. nicht erreichte, und zwar mit Rücksicht darauf,
dass sie als an der Peripherie der Stadt Luzern gelegen in absehbarer
Zeit mindestens teilweise als Bauland verwertet werden könne. Angesichts
der günstigen Lage der Liegenschaft konnte der Erblasserin unmöglich
verborgen bleiben, dass diese Verwertungsmöglichkeit ihrer Liegenschaft
einen den gegenwärtigen Ertragswert übersteigende-n Wert verschaffte,
mochte auch gerade in jenem Zeitpunkt ein Stillstand der Bautätigkeit
eingetreten sein. In der Tat hat die Erblasser-in denn auch mit einem
Mehrerlös gerechnet, wie aus der Anordnung in Ziff. 4 des Kaufvertrages
geschlossen werden darf, dass die Beklagte den Verkaufsgewinn seinerzeit
mit dem Kläger zu teilen habe, und übrigens schon aus einer im Jahre 1909
zwischen der Erblasserin und ihren Kindern vereinbarten Zusicherung ,
laut welcher in erster Linie die pax-zel-

Erbrecht. N° 70. 455

ienweise Veräusserung der Liegenschaft in Aussicht genommen worden war

Anderseits scheint jener Subsumtion der Umstand entgegenzustehen. dass
die Erblasserin zur Zeit des Vertragsschlusses noch weiteres erhebliches
Vermögen an Wertschriften besass, welches zur Ausrichtung des Pflichtteils
an den Kläger hingereicht haben würde. Über dieses weitere Vermögen hat
die Vorinstanz ausgeführt: In einer vom 12. November 1917 datierten
Bestätigung erklärt die Erhlasserin, dass der Verkauf ihrer Gülten
auf ihr eigenes Verlangen zur Ausführung gelangt sei ...... Hienach
sah die Erblasserin schon kurze Zeit nach dem Liegenschaftsverkauf
den Verlust ihres Mobiliarvermögens voraus oder begann doch mit
diesem Verlust zu rechnen. Entweder waren also damals Verluste schon
in hohem Grade eingetreten, woraus ge. folgert werden müsste, dass
sie schon-vorher verlustreiche Valutageschäfte getätigt habe, oder
aber sie hat von Anfang an in wohlüberlegter Weise die Folgen einer
allfälligen Fehlspekulation nach Möglichkeit von sich und ihrer Tochter
abzuwenden versucht ...... Rechnete aber die Erblasserin schon zur
Zeit des Liegenschafteverkaufes damit, ihr fahrendes Vermögen in den
in Aussicht genommenen Spekulationen ganz oder teilweise verlieren zu
müssen, so ...... Hiebei handelt es sich um Annahmen tatsächlicher Natur,
die ungeachtet der heute vorgebrachten Bestreitung für das Bundesgericht
verbindlich sind, zumal eine Aktenwidrigkeit nicht gerügt wird, und dies
mit Recht. Die Vorinstanz hat daraus den Schluss auf eine mindestens
eventuelle Absicht der Umgehung der Verfügungsbeschränkung seitens der
Erblasserin zu Ungunsten des Klägers gezogen, für den Fall nämlich,
dass sie ihr übriges Vermögen bei den bereits unternommenen oder doch in
Aussicht genommenen Valutaspekulationen verlieren werde. Die ,Auffassung,
dass schon eine eventuelle Absicht genügt, um eine unentgeltliche
Vermögensver-

456 Erbrecht. N° 70.

äusserung unter Art. 527 Ziff. 4 ZGB zu subsumieren, ist als zutreffend
zu erachten, und ferner ist der Vorinstanz auch darin beizustimmen, dass
die von ihr angeführten Momente : einmal das von ihr für das Bundesgericht
verbindlich festgestellte geSpannte Verhältnis zwischen Sohn und Mutter,
auf deren Seite sich die Tochter stellte, und sodann die besonderen
Vertragsklauseln, den Schluss auf eine derartige eventuelle Absicht der
Umgehung der Verfügungsbeschränkung bei der Erblasserin zu rechtfertigen
vermögen. Da nämlich die durch den Kauf stipulierte Vermögensverschiebung
auf den Tod der Verkäuferin hinausgeschoben wurde, lässt sich ein
anderer Zweck desselben als die Umgehung der Verfügungsbeschränkung
kaum denken, es wäre denn die Gläubigerbenachteiligung die jedoch
durch den Verkauf an beide Kinder zusammen ebensogut hätte erzielt
werden können. Demgegenüber vermag die Beklagte nicht mit dem Hinweis
aufzukommen, dass die Erblasserin ihr die Pflicht auferle'gte, den
Mehrerlös mit dem Kläger zu teilen. Abgesehen davon, dass die Erblasserin
durch die Strafklausel für den Fall gerichtlicher Geltendmachung es in
das Belieben der Beklagten gestellt hat, diese Pflicht zu erfüllen oder
nicht, und dass der Beklagten auch andere Mittel zur Verfügung stehen
würden, 2. B. Simulation oder ungebührliche Verzögerung des Verkaufes,
um dem Kläger seinen Hälfteanteil vorzuenthalten oder' mindestens zu
schmälern, worauf die Vorinstanz zutreffend hingewiesen hat, ist es
dem Erblasser überhaupt versagt, den Pflichtteilsanspruch der Erben
derartigen Befristungen und Bedingungen zu unterwerfen.

4. Unterliegt sonach die Veräusserung der Liegenschaft Kleinbruchtal
an die Beklagte der Herabsetzungsklage, insoweit die Beklagte nicht
ein Entgelt dafür entrichtet hat, so ist nach Art. 475 und 537 Abs. 2
ZGB ihr Wert zur Zeit des Todes der Erblasserin zum Nachlassvermögen
hinzu'zurechnen, unter Abzug des imErbrecht. N° 70. . 45? .

wesentlichen durch Grundpfandschuldenübernahme getilgten Kaufpreises
von 70,000 Fr. Für die Bestimmung jenes Wertes ist nach dem bereits
Ausgefühiten ohne weiteres die Schätzung laut dem von der Vorinstanz
bevorzugten Gutachten masgebend. Und zwar ist dieses Gutachten dahin
zu verstehen, dass sich der Preis von 136,000 Fr. netto erzielen lassen
könnte, unter Überwälzung der Handänderungssteuer und einer allfälligen
MälderproviSion auf den Käufer. Ebensowenig rechtfertigt sich ein Abzug
für die von der Beklagten anfällig zu bezahlende Wertzuwachsüeuer, da
diese nicht den Wert der Erbschaft vermindert ; dabei bleibt die Frage
offen, ob die Beklagte seinerzeit vom Kläger anteilsmässigen Ersatz
verlangen kann, wenn sie die Steuer wirklich bezahlen muss und auch ihr
Betrag feststeht.

Indessen kann der Kläger die Herabsetzung nur insoweit beanspruchen, als
sie zur Beseitigung der Verletzung seines Pflichtteils erforderlich ist,
welcher drei Vierteile . seines gesetzlichen Erbanspruchs beträgt; dabei
fällt , als Nachlass, von welchem dieser Erbanspruch zu berechnen ist,
einfach der Wert der Liegenschaft Kleinbruchtal unter Abzug des von der
Beklagten bezahlten Kaufpreises in Betracht, weil die Nachlassliquidation
nichts für die Erben abgeworfen hat, während anderseits. die Liegenschaft
oder deren Mehrwert auch nicht etwa für die Tilgung von Erbschaftsschulden
in Anspruch genommen werden kann. Nach der Auffassung der ersten Instanz
geht der gesetzliche Erhan8pmch des Klägers wegen der Ausschlagung
der Beklagten auf diesen ganzen Nachlass, nach der Auffassung der
Vorinstanz dagegen nur auf die Hälfte, weil die Ausschlagung mit dem
stillschweigenden, aber dem Kläger erkennbaren Vorbehalt geschehen sei,
dass dadurch keine Besserstellung des Klägers erfolge. Diese Begründung
der Vorinstanz steht mit Art. 570 Abs. 2 ZGB in Widerspruch, wonach die
Ausschlagung vorbehaltlos geschehen muss; dagegen ist ihrer Entscheidung
im Ergebnis beizustimmen. Es liesse

458 ' Erbrecht. N° 70. sich nämlich nicht rechtfertigen, den
ausschlagenden

Erben, welchem der Erblasser zu Lebzeiten Zuwendungen gemacht hat,
schlechter zu stellen als den Erben, welcher mit Rücksicht auf derartige
Zuwendungen noch zu Lebzeiten des Erblassers Erbverzicht geleistet
hat. Für den Fall des Erbverzichts aber bestimmt Art. 535 ZGB zunächst,
dass die Herabsetzung nur insoweit verlangt werden kann, als die dem
verz'iChtenden Erben gemachten Leistungen den verfügbaren Teil der
Erbschaft übersteigen, der vorliegend einen Viertel beträgt, und sodann,
dass die Verfügung jedoch nur für den Betrag der Herabsetzung unterliegt,
um den sie den Pflichtteil des Verzichtenden übersteigt. Der Pflichtteil
des Verzichtenden kann nun nicht anders ermittelt werden, als dass dieser
schon bei der Berechnung der gesetzlichen Erbansprîiche mitgezählt wird ;
dadurch werden aber notwendigerweise die gesetzlichen Erbansprüche und
damit auch die Pflichtteile der (übrigen) Erben reduziert, mindestens
. mit Wirkung für die Herabsetzungsklage gegen den Ver.'zichtenden. Die
analoge Anwendung jener Vorschrift führt somit zur Bezifferung des
Pflichtteils des Klägers auf 38 von 66,000 Fr; = 24,750 Fr., zu deren
Bezahlung die Beklagte zu verurteilen ist, weil sie den Betrag ihrer
auch heute noch vorhandenen Bereicherung darstellt (Art. 528 ZGB).

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Beide Berufungen werden abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Luzern vom 16. Juni 1924 bestätigt.

Erbrecht. N° 71. 459.

71. uma der II. Mädwa vom 11. Dezember 1924 i. S. Hartmann-Rey gegen
Rey-Widmer.

Bäuerliches Erbrecht: Streit um die Zuweisung des landwirtschaftlichen
Gewerbes

des Erblassers zum Ertragswert zwischen Witwe und Tochter (aus erster
Ehe), welche beide es zum Selbstbetrieb übernehmen möchten und hiefür
in gleicher Weise geeignet erscheinen. Unzulässigkeit der Veräusserung;
Zuweisung an die Tochter, auch-wenn dadurch die durch Verfügung von
Todes wegen begünstigte Witwe benachteiligt

wird {Erw. 1). Verhältnis des Anspruchs der Tochter auf Zuweisung zu
der der Witwe vermachten Nutzniessung bezw. Wohnrecht

(Erw. 2). ZGB Art. 473 , 620 f., 777.

A. _ Die Beklagte ist die Witwe des am 3. April 1922 verstorbenen Johannes
Rey, Eigentümers des landwirtschaftlichen Heimwesens Heuhof in Scherz,
der ausserdem als Erben zwei Kinder aus erster Ehe hinterliess, nämlich
die Klägerin und einen Sohn, welcher den Monteurberuf betreibt. Vor der
zweiten Verheiratung hatte Rey am 15. März 1903 einen Ehevertrag mit
der Beklagten abgeschlossen mit folgenden wesentlichen Bestimmungen :

Johannes Rey entzieht seinen Kindern erster Ehe die Verwaltung und
Nutzniessung am väterlichen Vermögen bis zum Todestag ihrer zukünftigen
Stiefmutter Elise Widmer, Johann Friedrichs.

Der zukünftigen Ehefrau Elise Widmer, Johann Friedrichs, soll das
lebenslängliche Verwaltungsund Nutzniessungsrecht am ganzen Vermögen
des Ehe-

mannes Johannes Rey zukommen... Am 16. Mai 1919 sodann hatte Rey ein
Testament

errichtet mit folgenden wesentlichen Bestimmungen: verfiige ich
letztwillig, dass meine Ehefrau Elise Rey nach meinem Ableben mit dem
ihr nach Gesetz zukommende-n Erbanspruch Zeit ihres Lebens ein un-
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 50 II 450
Data : 28. febbraio 1924
Pubblicato : 31. dicembre 1925
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 50 II 450
Ramo giuridico : DTF - Diritto civile
Oggetto : 450 Erbrecht. N° '?0; des Obergerichtes des Kantons Solothurn vom 28. Februar 1924


Registro di legislazione
CC: 473  475  527  528  535  537  566  570  579
LEF: 292
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
convenuto • erede • autorità inferiore • porzione legittima • valore • de cujus • diritto successorio • tribunale federale • liquidazione d'officio • azione di riduzione • vedova • matrimonio • quesito • casale • decesso • prezzo d'acquisto • madre • valore del reddito • sentenza di condanna • a vita
... Tutti