Urteilskopf

121 V 240

37. Auszug aus dem Urteil vom 28. Dezember 1995 i.S. T. gegen Ausgleichskasse Luzern und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 240

BGE 121 V 240 S. 240

Aus den Erwägungen:

3. c) aa) Aufgrund der Akten steht fest, dass die Ausgleichskasse an der 1. (wie übrigens später auch an der 2.) Gläubigerversammlung vom 2. Juni 1992 nicht teilgenommen hat. Daraus folgt, dass die Ausgleichskasse darüber, was sich an der 1. Gläubigerversammlung vom 2. Juni 1992 abspielte, keine tatsächliche Kenntnis hatte. Auf eine solche kommt es aber im Rahmen von Art. 82 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVV nach ständiger Rechtsprechung nicht an, vielmehr auf die zumutbare Schadenskenntnis (vgl. NUSSBAUMER, Die Ausgleichskasse als Partei im Schadenersatzprozess nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG; in: ZAK 1991 S. 383 ff. und 433 ff., insbesondere S. 389). Der Aspekt der zumutbaren Schadenskenntnis fällt hier folglich mit der Frage zusammen, ob es der Ausgleichskasse als Gläubigerin zumutbar gewesen wäre, einen Vertreter an die 1. Gläubigerversammlung vom 2. Juni 1992 zu schicken. Diese Frage ist zu bejahen. Wiewohl im allgemeinen keine Verpflichtung für die Gläubiger besteht, an den Gläubigerversammlungen im Rahmen des Konkursverfahrens zu erscheinen, handelt es sich hiebei doch um Obliegenheiten, deren richtige Erfüllung für die Wahrung privat- oder öffentlichrechtlicher Ansprüche, welche sie gegen den Konkursiten erheben, von Bedeutung sein kann. Hinzu kommt, dass die Ausgleichskasse als Gläubigerin des Schadenersatzanspruchs nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG verpflichtet ist, diesen rechtzeitig durch Verfügung geltend zu machen. Deshalb wird der Ausgleichskasse nach der Rechtsprechung insbesondere zugemutet, dass sie den Gang des Konkursverfahrens verfolgt und von der Auflegung des Kollokationsplans und des Inventars Kenntnis nimmt (BGE 116 V 75 Erw. 3b).
BGE 121 V 240 S. 241

Bei beiden Schritten handelt es sich um Etappen des Konkursverfahrens, welche öffentlich angekündigt werden (Art. 232
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 232 - 1 Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.423
1    Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.423
2    Die Bekanntmachung enthält:
1  die Bezeichnung des Schuldners und seines Wohnortes sowie des Zeitpunktes der Konkurseröffnung;
2  die Aufforderung an die Gläubiger des Schuldners und an alle, die Ansprüche auf die in seinem Besitz befindlichen Vermögensstücke haben, ihre Forderungen oder Ansprüche samt Beweismitteln (Schuldscheine, Buchauszüge usw.) innert einem Monat nach der Bekanntmachung dem Konkursamt einzugeben;
3  die Aufforderung an die Schuldner des Konkursiten, sich innert der gleichen Frist beim Konkursamt zu melden, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 2 StGB426);
4  die Aufforderung an Personen, die Sachen des Schuldners als Pfandgläubiger oder aus anderen Gründen besitzen, diese Sachen innert der gleichen Frist dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 3 StGB) und darauf, dass das Vorzugsrecht erlischt, wenn die Meldung ungerechtfertigt unterbleibt;
5  die Einladung zu einer ersten Gläubigerversammlung, die spätestens 20 Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung stattfinden muss und der auch Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie Gewährspflichtige beiwohnen können;
6  den Hinweis, dass für Beteiligte, die im Ausland wohnen, das Konkursamt als Zustellungsort gilt, solange sie nicht einen anderen Zustellungsort in der Schweiz bezeichnen.
und 249
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 249 - 1 Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
1    Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
2    Die Konkursverwaltung macht die Auflage444 öffentlich bekannt.
3    Jedem Gläubiger, dessen Forderung ganz oder teilweise abgewiesen worden ist oder welcher nicht den beanspruchten Rang erhalten hat, wird die Auflage des Kollokationsplanes und die Abweisung seiner Forderung besonders angezeigt.
SchKG). Es ist daher folgerichtig, wenn sich die Ausgleichskasse im Rahmen derjenigen Konkurse ihrer angeschlossenen Arbeitgeberinnen, in denen Gläubigerversammlungen durchgeführt werden, vertreten lässt (vgl. auch AHI 1995 S. 163 f. Erw. 4c). Unter diesem Gesichtspunkt ist die zumutbare Schadenskenntnis der Ausgleichskasse am 2. Juni 1992 ohne weiteres zu bejahen. bb) Es fragt sich aber, ob der Schadenseintritt im Sinne der Rechtsprechung (BGE 113 V 257 f. Erw. 3c, BGE 109 V 92 Erw. 9, je mit Hinweisen) am 2. Juni 1992 für die Ausgleichskasse, wenn sie an der 1. Gläubigerversammlung teilgenommen hätte, objektiv erkennbar gewesen wäre. Diesbezüglich ergibt sich aus den Protokollen über die beiden Gläubigerversammlungen im Vergleich, - dass gemäss dem als provisorisch bezeichneten Status vom 2. Juni 1992 die Zweitklass-Gläubiger im günstigsten Fall noch eine ganz geringfügige Befriedigung ihrer Forderungen zu erwarten hatten; - wogegen sich die Situation aufgrund des Kollokationsplanes vom 21. September 1992 dahingehend verbesserte, dass die Zweitklass-Gläubiger wegen der bedeutend herabgesetzten Erstklassforderungen wieder eher mit einer Dividende rechnen konnten, was die 2. Gläubigerversammlung am 11. November 1992 zur Kenntnis zu nehmen hatte. Eine volle Deckung der eingegebenen Beitragsforderung war weder im Zeitpunkt der 1. noch in jenem der 2. Gläubigerversammlung zu erwarten, mithin ein Teilschaden im Grundsatz objektiv eingetreten und ersichtlich. Damit stellt sich als nächstes die Frage, ob für die ausnahmsweise Vorverlagerung des Zeitpunktes der zumutbaren Schadenskenntnis vor die Öffentlichmachung von Kollokationsplan/Inventar feststehen muss, dass die Ausgleichskasse vollumfänglich zu Verlust kommen wird, oder ob es genügt, wenn dies nur teilweise der Fall sein wird. Dazu hat das Eidg. Versicherungsgericht in dem von der kantonalen Rekursinstanz erwähnten Urteil B. vom 18. September 1992 (ZAK 1992 S. 479 Erw. 3b) folgendes ausgeführt: "Die Praxis, wonach die Kenntnis des Schadens in der Regel mit der Auflage des Kollokationsplanes gegeben ist, beinhaltet aber auch keine feste Grenze in dem Sinne, dass eine Kenntnis des Schadens jedenfalls nicht vor Auflage des Kollokationsplanes und des Inventars gegeben sein kann. Wie das Bundesgericht in Zusammenhang mit der Verjährung von
BGE 121 V 240 S. 242

Ansprüchen aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit gemäss Art. 760
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 760 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und während deren Durchführung still.652
1    Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und während deren Durchführung still.652
2    Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.
OR (wo die den Lauf der fünfjährigen Verjährungsfrist auslösende Kenntnis des Schadens in der Regel angenommen wird, wenn der Kollokationsplan und das Inventar zur Einsicht aufgelegt werden) entschieden hat, kann der Gläubiger unter besondern Umständen die für die Geltendmachung des Anspruchs erforderliche Kenntnis des Schadens schon früher erlangen, so beispielsweise wenn er aufgrund von Äusserungen der Konkursverwaltung anlässlich von Gläubigerversammlungen vernimmt, dass seine Forderungen auf jeden Fall ungedeckt bleiben. Das Gericht stellte allerdings fest, dass es sich im Hinblick auf die Interessen der geschädigten Gläubiger verbiete, einen solchen früheren Beginn der Verjährungsfrist leichthin anzunehmen (BGE 116 II 158 ff.). Diese Erwägungen haben in gleicher Weise bei der Verwirkung von Schadenersatzforderungen der Ausgleichskassen gemäss Art. 82 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVV zu gelten. Auch im Rahmen dieser Bestimmung kann ausnahmsweise bereits vor Auflegung des Kollokationsplanes eine im Sinne der Rechtsprechung ausreichende Kenntnis des Schadens bestehen, welche die Verwirkungsfrist in Gang setzt. Soweit mit der Feststellung in BGE 116 V 77, wonach für den Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens grundsätzlich auf die Auflegung des Kollokationsplanes abzustellen sei und das Eidgenössische Versicherungsgericht eine Vorverlegung dieses Zeitpunktes stets abgelehnt habe, etwas anderes gesagt wurde, kann daran nicht festgehalten werden." Diese Erwägungen lassen offen, ob ein Totalausfall verlangt wird oder aber ob für die zumutbare Kenntnis ein Teilschaden genügt. Bloss fallerledigend hat das Eidg. Versicherungsgericht in diesem Entscheid darauf abgestellt, dass die Ausgleichskasse vor der Auflegung des Kollokationsplanes habe erwarten müssen, mit ihrer Beitragsforderung gänzlich zu Verlust zu kommen (ZAK 1992 S. 482 Erw. 4b letzter Absatz: "... spätestens aber im Oktober 1989 nicht mehr annehmen, dass ihre Forderungen gedeckt seien. Vielmehr musste sie ernstlich damit rechnen, dass sie im Konkurs der V. SA mit ihrer Beitragsforderung gänzlich zu Verlust kommen werde, weshalb sie im Sinne der Rechtsprechung Kenntnis vom Eintritt des Schadens hatte"). Im bereits erwähnten Urteil H. vom 1. Februar 1995 hat es das Eidg. Versicherungsgericht für die zumutbare Kenntnis des Schadens in einem Fall, wo ein versuchter Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung bei der Nachlassbehörde keine Zustimmung fand (Art. 306
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 306 - 1 Die Bestätigung des Nachlassvertrages wird an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1    Die Bestätigung des Nachlassvertrages wird an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1  Der Wert der angebotenen Leistungen muss im richtigen Verhältnis zu den Möglichkeiten des Schuldners stehen; bei deren Beurteilung kann das Nachlassgericht auch Anwartschaften des Schuldners berücksichtigen.
2  Die vollständige Befriedigung der angemeldeten privilegierten Gläubiger sowie die Erfüllung der während der Stundung mit Zustimmung des Sachwalters eingegangenen Verbindlichkeiten müssen hinlänglich sichergestellt sein, soweit nicht einzelne Gläubiger ausdrücklich auf die Sicherstellung ihrer Forderung verzichten; Artikel 305 Absatz 3 gilt sinngemäss.
3  Bei einem ordentlichen Nachlassvertrag (Art. 314 Abs. 1) müssen die Anteilsinhaber einen angemessenen Sanierungsbeitrag leisten.
2    Das Nachlassgericht kann eine ungenügende Regelung auf Antrag oder von Amtes wegen ergänzen.
SchKG), indessen genügen lassen, wenn die Ausgleichskasse durch Beizug des öffentlich bekanntgemachten Entscheides der Nachlassbehörde (Art. 308 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 308 - 1 Der Entscheid über den Nachlassvertrag wird, sobald er vollstreckbar ist:
1    Der Entscheid über den Nachlassvertrag wird, sobald er vollstreckbar ist:
a  unverzüglich dem Betreibungs-, dem Konkurs- und dem Grundbuchamt und, sofern der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist, unverzüglich auch dem Handelsregisteramt mitgeteilt;
b  öffentlich bekanntgemacht.
2    Mit der Vollstreckbarkeit des Entscheids fallen die Wirkungen der Stundung dahin.
SchKG) hätte in Erfahrung bringen können, dass ihre Forderung durch die Dividende, die sie im Konkurs erwarten durfte, sehr wahrscheinlich nicht voll gedeckt sein würde (AHI 1995 S. 164 Erw. 4d); somit erachtete das Gericht schon die
BGE 121 V 240 S. 243

zumutbare Kenntnis eines Teilschadens für ausreichend. Dies hat - im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz - auch für den vorliegenden Fall zu gelten. Denn es sind keine Gründe ersichtlich, die es rechtfertigen würden, bei der ausnahmsweisen Vorlegung des Zeitpunktes der zumutbaren Schadenskenntnis vor die Auflage des Kollokationsplans, an den Schaden selbst masslich strengere Anforderungen zu stellen, als dies im Regelfall nach konstanter Rechtsprechung (vgl. BGE 113 V 182 ff. Erw. 3a und b) getan wird. d) Nach dem Gesagten hatte die Ausgleichskasse am 2. Juni 1992 zumutbare Schadenskenntnis. Dies führt dazu, dass die einjährige Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVV an diesem Datum ausgelöst worden ist. Die Schadenersatzverfügung vom 22. Juni 1993 erweist sich deshalb, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, als verspätet.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 121 V 240
Datum : 28. Dezember 1995
Publiziert : 31. Dezember 1995
Quelle : Bundesgericht
Status : 121 V 240
Sachgebiet : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Gegenstand : Art. 52 AHVG, Art. 82 Abs. 1 AHVV. Zur zumutbaren Schadenskenntnis der Ausgleichskasse im Zeitpunkt der 1. Gläubigerversammlung.


Gesetzesregister
AHVG: 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVV: 82
OR: 760
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 760 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und während deren Durchführung still.652
1    Der Anspruch auf Schadenersatz gegen die nach den vorstehenden Bestimmungen verantwortlichen Personen verjährt in drei Jahren von dem Tag an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und während deren Durchführung still.652
2    Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.
SchKG: 232 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 232 - 1 Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.423
1    Das Konkursamt macht die Eröffnung des Konkurses öffentlich bekannt, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder im summarischen Verfahren durchgeführt wird.423
2    Die Bekanntmachung enthält:
1  die Bezeichnung des Schuldners und seines Wohnortes sowie des Zeitpunktes der Konkurseröffnung;
2  die Aufforderung an die Gläubiger des Schuldners und an alle, die Ansprüche auf die in seinem Besitz befindlichen Vermögensstücke haben, ihre Forderungen oder Ansprüche samt Beweismitteln (Schuldscheine, Buchauszüge usw.) innert einem Monat nach der Bekanntmachung dem Konkursamt einzugeben;
3  die Aufforderung an die Schuldner des Konkursiten, sich innert der gleichen Frist beim Konkursamt zu melden, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 2 StGB426);
4  die Aufforderung an Personen, die Sachen des Schuldners als Pfandgläubiger oder aus anderen Gründen besitzen, diese Sachen innert der gleichen Frist dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen, sowie den Hinweis auf die Straffolge bei Unterlassung (Art. 324 Ziff. 3 StGB) und darauf, dass das Vorzugsrecht erlischt, wenn die Meldung ungerechtfertigt unterbleibt;
5  die Einladung zu einer ersten Gläubigerversammlung, die spätestens 20 Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung stattfinden muss und der auch Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie Gewährspflichtige beiwohnen können;
6  den Hinweis, dass für Beteiligte, die im Ausland wohnen, das Konkursamt als Zustellungsort gilt, solange sie nicht einen anderen Zustellungsort in der Schweiz bezeichnen.
249 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 249 - 1 Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
1    Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
2    Die Konkursverwaltung macht die Auflage444 öffentlich bekannt.
3    Jedem Gläubiger, dessen Forderung ganz oder teilweise abgewiesen worden ist oder welcher nicht den beanspruchten Rang erhalten hat, wird die Auflage des Kollokationsplanes und die Abweisung seiner Forderung besonders angezeigt.
306 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 306 - 1 Die Bestätigung des Nachlassvertrages wird an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1    Die Bestätigung des Nachlassvertrages wird an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1  Der Wert der angebotenen Leistungen muss im richtigen Verhältnis zu den Möglichkeiten des Schuldners stehen; bei deren Beurteilung kann das Nachlassgericht auch Anwartschaften des Schuldners berücksichtigen.
2  Die vollständige Befriedigung der angemeldeten privilegierten Gläubiger sowie die Erfüllung der während der Stundung mit Zustimmung des Sachwalters eingegangenen Verbindlichkeiten müssen hinlänglich sichergestellt sein, soweit nicht einzelne Gläubiger ausdrücklich auf die Sicherstellung ihrer Forderung verzichten; Artikel 305 Absatz 3 gilt sinngemäss.
3  Bei einem ordentlichen Nachlassvertrag (Art. 314 Abs. 1) müssen die Anteilsinhaber einen angemessenen Sanierungsbeitrag leisten.
2    Das Nachlassgericht kann eine ungenügende Regelung auf Antrag oder von Amtes wegen ergänzen.
308
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 308 - 1 Der Entscheid über den Nachlassvertrag wird, sobald er vollstreckbar ist:
1    Der Entscheid über den Nachlassvertrag wird, sobald er vollstreckbar ist:
a  unverzüglich dem Betreibungs-, dem Konkurs- und dem Grundbuchamt und, sofern der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist, unverzüglich auch dem Handelsregisteramt mitgeteilt;
b  öffentlich bekanntgemacht.
2    Mit der Vollstreckbarkeit des Entscheids fallen die Wirkungen der Stundung dahin.
BGE Register
109-V-86 • 113-V-180 • 113-V-256 • 116-II-158 • 116-V-72 • 121-V-240
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kenntnis • kollokationsplan • schaden • 1995 • inventar • teilschaden • beitragsforderung • konkursverfahren • frage • vorinstanz • entscheid • verwirkung • eidgenössisches versicherungsgericht • stichtag • bewilligung oder genehmigung • gerichts- und verwaltungspraxis • veröffentlichung • planauflage • eintritt des schadens • stelle
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AHI
1995 S.163 • 1995 S.164