111 II 195
41. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Mai 1985 i.S. X. AG gegen Y. (Berufung)
Regeste (de):
- Rückabwicklung eines zweiseitigen Vertrages bei Unverbindlichkeit; Konsequenzen einer nach den Bestimmungen betreffend den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland nichtigen Übertragung von Inhaberschuldbriefen.
- 1. Die gegenseitig empfangenen Leistungen sind "Zug um Zug" zurückzuerstatten. Für die gerichtliche Durchsetzung hat dies grundsätzlich zur Folge, dass in einem ersten Urteil sowohl über den klägerischen Rechtsanspruch wie auch über die vom Kläger zu erbringende Gegenleistung endgültig zu befinden ist (bedingtes Leistungsurteil) und dass alsdann in einem zweiten Entscheid zu beurteilen ist, ob der Kläger die ihm auferlegte Leistung erbracht oder wenigstens in der Weise sichergestellt habe, dass sie dem Beklagten auf seine Leistung hin notwendigerweise zukommen muss (Erw. 3).
- 2. Wurde die Übertragung von Inhaberschuldbriefen zur Sicherung eines Darlehens nach Massgabe der Bestimmungen betreffend den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland für nichtig erklärt, darf der angerufene Richter die für die Rückabwicklung erforderlichen Entscheide nicht aussetzen mit der Begründung, es sei das Ergebnis eines Wiederherstellungsverfahrens gemäss Art. 22 BewB abzuwarten (Erw. 4 und 6).
Regeste (fr):
- Remise en l'état par suite de la nullité d'un contrat bilatéral; conséquences de la cession nulle, en vertu des dispositions concernant l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger, de cédules hypothécaires au porteur.
- 1. Les prestations reçues réciproquement doivent être restituées "trait pour trait". En ce qui concerne la procédure devant les tribunaux, cela a en principe pour conséquence que, dans un premier jugement, il faut se prononcer définitivement aussi bien sur la prétention du demandeur que sur la contre-prestation qu'il doit fournir (condamnation conditionnelle) et qu'ensuite, dans un second jugement, il faut juger si le demandeur a fourni la prestation qui lui a été imposée ou si il l'a du moins garantie de telle manière qu'elle doive nécessairement échoir au défendeur dès qu'il se sera exécuté (consid. 3).
- 2. Si la cession de cédules hypothécaires au porteur en garantie d'un prêt a été déclarée nulle en raison des dispositions concernant l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger, le juge saisi ne peut pas suspendre les décisions nécessaires à la remise en l'état par le motif qu'il faut attendre le résultat d'une procédure en rétablissement de l'état de droit primitif conformément à l'art. 22 AFAIE (consid. 4 et 6).
Regesto (it):
- Svolgimento del meccanismo restitutorio in seguito a nullità di un contratto bilaterale; conseguenze della nullità, in virtù delle disposizioni sull'acquisto di fondi da parte di persone all'estero, del trasferimento di cartelle ipotecarie al portatore.
- 1. Le prestazioni ricevute reciprocamente devono essere restituite simultaneamente. Per quanto concerne la procedura giudiziaria, ciò ha, di regola, come conseguenza che, in un primo giudizio, va statuito definitivamente sia sulla pretesa dell'attore che sulla controprestazione a suo carico (sentenza di condanna condizionale), e in seguito, in un secondo giudizio, va deciso se l'attore ha fornito la prestazione impostagli o l'ha per lo meno garantita in modo che pervenga necessariamente al convenuto al momento in cui questi effettui la propria prestazione (consid. 3).
- 2. Ove il trasferimento di cartelle ipotecarie al portatore a garanzia di un mutuo sia stato dichiarato nullo in base alle disposizioni sull'acquisto di fondi da parte di persone all'estero, il giudice adito non può sospendere le decisioni necessarie allo svolgimento del meccanismo restitutorio per il motivo che occorre attendere l'esito di una procedura di ripristino dello stato di diritto anteriore ai sensi dell'art. 22 DAFE (consid. 4 e 6).
Sachverhalt ab Seite 197
BGE 111 II 195 S. 197
Die X. AG hat gegen Y. einen Prozess auf Anerkennung der von ihr in Betreibung gesetzten Forderung eingeleitet. Gleichzeitig verlangte sie, es sei festzustellen, dass ihr ein Pfandrecht an drei auf einem Grundstück des Beklagten errichteten Inhaberschuldbriefen zustehe. Der Beklagte widersetzte sich der Klage und beantragte widerklageweise, die Klägerin sei zur Herausgabe der erwähnten Pfandtitel zu verpflichten. Während der Rechtshängigkeit des Verfahrens vor Bezirksgericht wurde gerichtlich festgestellt, dass die Übertragung der Inhaberschuldbriefe vom Beklagten auf die Klägerin nach Massgabe der Bestimmungen betreffend den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland nichtig sei. Bereits vor Einleitung der Klage waren die Grundpfandtitel durch Verfügung der kantonalen Volkswirtschaftsdirektion gestützt auf den Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewB) mit einer Sperre belegt worden. Das Bezirksgericht wies sowohl die Haupt- als auch die Widerklage ab. In teilweiser Gutheissung der Berufungen der beiden Parteien entschied das kantonale Obergericht im wesentlichen, dass die Hauptklage mit Bezug auf das Forderungsbegehren zur Zeit und hinsichtlich der übrigen Anträge endgültig abgewiesen werde und dass auf die Widerklage nicht eingetreten werde. Die von beiden Parteien erhobenen Berufungen heisst das Bundesgericht teilweise gut; es weist die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Der Verknüpfung und Abhängigkeit der gegenseitigen Leistungen beim zweiseitigen Rechtsgeschäft ist auch im Falle der Rückabwicklung zufolge Unverbindlichkeit Rechnung zu tragen; es gilt mit anderen Worten die Verpflichtung der Parteien zur Rückerstattung der empfangenen Leistungen "Zug um Zug" im Sinne von Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
BGE 111 II 195 S. 198
einem zweiten Entscheid bleibt jedoch alsdann darüber zu befinden, ob der Kläger die ihm richterlich auferlegte Leistung schon erbracht oder aber in der Weise sichergestellt habe, dass sie dem Beklagten auf seine Leistung hin notwendigerweise zukommen muss (vgl. BGE 94 II 269 f. E. c; BGE 79 II 279). Eine andere Lösung, nämlich die "Abweisung der Klage zur Zeit", hat das Bundesgericht in BGE 94 II 269 E. b nur für den Fall zur Diskussion gestellt, dass die "Zug um Zug" zu erbringende Leistung schon im Zeitpunkt der ersten Klage vom Kläger gar nicht bestritten ist. Im vorliegenden Fall, wo die Klägerin sich der Widerklage des Beklagten auf Herausgabe der Pfandtitel widersetzt, war diese Voraussetzung indessen von vornherein nicht erfüllt. Nach dem Gesagten ist dem kantonalen Sachrichter von Bundesrechts wegen die Möglichkeit genommen, von einer Festlegung von Leistung und Gegenleistung abzusehen und die Klage ohne Erlass eines bedingten Leistungsurteils einfach abzuweisen bzw. zur Zeit abzuweisen. Freilich ist die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung in der Lehre nicht unangefochten geblieben (vgl. KUMMER, in: ZBJV 106/1970, S. 125 ff., und ZBJV 115/1979, S. 314 f.; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 2. Bd., S. 61; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 277); sie hat jedoch überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. WEBER, N. 222 ff. zu Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
4. a) Das Obergericht gelangte zur Ansicht, dass es auf jeden Fall in Anbetracht der besonderen Umstände, wie sie hier vorlägen, angezeigt sei, die Klage zur Zeit abzuweisen. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass ein suspensiv bedingtes Leistungsurteil zwar zwischen den Parteien Recht schaffen würde, dass es jedoch insoweit ins Leere ginge, als öffentliches Recht entgegenstehe. Die vom Beklagten herausverlangten (von der Klägerin inzwischen offenbar weiterbegebenen) Schuldbriefe seien von der kantonalen Volkswirtschaftsdirektion beschlagnahmt worden und es sei höchst
BGE 111 II 195 S. 199
ungewiss, ob die Klägerin je wieder in die Lage kommen werde, dem Beklagten deren Rückgabe anbieten zu können. Entscheidend sei aber, dass zur Zeit eine Klage auf Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes gemäss BewB und allenfalls die Versteigerung der Titel im Vordergrund stehe; ein solches Verfahren solle nicht durch ein bedingtes Leistungsurteil zwischen den Parteien präjudiziert werden. Es sei vor allem nicht Sache des Richters, im vorliegenden Prozess zu entscheiden, ob die dem Erwerber zustehenden "Gestehungskosten" gemäss Art. 22 Abs. 1bis
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
BGE 111 II 195 S. 200
zu wahren. Namentlich können allfällige unrechtmässige Vermögensvorteile unabhängig von einem Verfahren nach Art. 22 BewB zuhanden des Kantons eingezogen werden (vgl. Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |
d) Die Auffassung des Obergerichts, die Klage könne zur Zeit abgewiesen werden, ohne dass über den Bestand der klägerischen Ansprüche abschliessend zu befinden wäre, verstösst nach dem Gesagten gegen Bundesrecht. In diesem Punkt ist die Sache deshalb unter entsprechender Gutheissung der klägerischen Berufung zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, zumal sich aus den Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht etwa ergibt, dass der Gesamtheit der klägerischen Ansprüche von vornherein die Verjährung entgegenstehe. Das Obergericht hat die Frage der Verjährung letztlich vielmehr offengelassen. Für einen Teil der Zuwendungen, aus denen die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten ableitet, nahm die Vorinstanz zwar an, der Eintritt der Verjährung sei wohl eher zu verneinen. Für andere wiederum hat sie die Frage allerdings bejaht. Indessen liess sie offen, ob die Klägerin gegenüber einem Herausgabebegehren des Beklagten hinsichtlich der drei Pfandtitel verjährte Bereicherungsansprüche einredeweise geltend machen oder allenfalls ein Retentionsrecht an den Titeln gemäss Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
6. Auf die Widerklage, mit welcher der Beklagte von der Klägerin die unbeschwerte Herausgabe der drei umstrittenen Inhaberschuldbriefe
BGE 111 II 195 S. 201
verlangt hatte, ist das Obergericht nicht eingetreten. Zur Begründung verweist es auf die behördlich angeordnete Beschlagnahme der drei Grundpfandtitel. Gegenstand der Widerklage ist die von der Klägerin gestützt auf Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat. |