Urteilskopf

110 II 396

76. Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Dezember 1984 i.S. X. gegen Z. und Justizdirektion des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 396

BGE 110 II 396 S. 396

Erwägungen:

1. X. war Verwaltungsratspräsident mit Einzelunterschrift der M. AG, die im März 1984 nach Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven im Handelsregister gelöscht wurde. Er führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung der Justizdirektion des Kantons Zürich, die ihn am 25. Oktober 1984 aufgefordert hat, die Gesellschaft innert zehn Tagen zur Wiedereintragung im Handelsregister anzumelden. Der Aufforderung lag ein Gesuch der Frau Z. zugrunde, die als Gesellschaftsgläubigerin behauptete, dass die M. AG zur Zeit der Konkurseinstellung noch über ein unverwertetes Aktivum, nämlich sechs Keramikmaschinen in Deutschland, verfügt habe. Die Gläubigerin beharrte auf ihrer Forderung, die sie beim Bezirksgericht Uster eingeklagt habe. Sie machte ferner gegen den Verwaltungsratspräsidenten der Gesellschaft Verantwortlichkeitsansprüche wegen mittelbarer Schädigung geltend. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Gesuch der Frau Z. um Wiedereintragung der M. AG abzuweisen.
2. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Gläubiger, der die Wiedereintragung einer Aktiengesellschaft verlangt, die
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Voraussetzungen dafür und den Bestand seiner Forderung bloss glaubhaft zu machen, weil es nicht Sache der Registerbehörden, sondern des Richters ist, darüber endgültig zu entscheiden. Würde den Registerbehörden eine solche Befugnis eingeräumt, so könnten sie dem Gläubiger einen Prozess gegen die Gesellschaft verwehren; anders verhält es sich nur, wenn der Gläubiger seine Ansprüche auf einem anderen, ihm ebenfalls zumutbaren Wege durchsetzen kann. Dasselbe gilt für die Verteilung von Gesellschaftsaktiven. Auch hier dürfen die Registerbehörden bloss abklären, ob offensichtlich kein Vermögen mehr vorhanden ist (BGE 100 Ib 37 E. 1 mit Hinweisen).
Die angefochtene Verfügung geht von dieser Rechtsprechung aus, die entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keineswegs "auf ein nichtkonkursmässiges Liquidationsverfahren" zu beschränken ist. Warum dies der Fall sein sollte, ist nicht zu ersehen und versucht der Beschwerdeführer auch mit keinem Wort darzutun. An der Ausgangslage ändert auch nichts, dass die erwähnten Keramikmaschinen heute kein unverteiltes Aktivum der M. AG mehr darstellen, wie die Justizdirektion zugunsten des Beschwerdeführers angenommen hat. Die Gesuchstellerin machte neben ihrer Forderung auch Verantwortlichkeitsansprüche im Sinne von Art. 755 ff . OR geltend. Fragen kann sich daher nur, ob sie sich unbekümmert darum, dass das Konkursverfahren bereits eingestellt worden ist, noch auf Art. 756 Abs. 2
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
OR berufen kann. Das ist zu bejahen. Art. 230
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
SchKG schweigt sich darüber zwar aus, und Art. 269
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
SchKG, der die Frage regelt, wie nach Abschluss des Konkursverfahrens entdeckte Vermögenswerte des Schuldners zu verteilen sind, beruht auf anderen Voraussetzungen und ist daher nicht unmittelbar anwendbar, auch sinngemäss nicht. Rechtsprechung und Lehre anerkennen indes, dass der Konkursrichter auf seinen Entscheid zurückkommen kann, wenn nach Einstellung des Verfahrens neues Vermögen des Schuldners entdeckt oder noch Ansprüche angemeldet werden (BGE 102 III 84 E. 5 und 87 III 78 mit Zitaten; ferner BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 744). Darf die Gesuchstellerin aber auf einem Ersatzanspruch aus Art. 755 OR beharren und sich den Anspruch gemäss Art. 756 Abs. 2
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
OR von der Konkursverwaltung abtreten lassen, so kann der Beschwerdeführer im Ernst nicht behaupten, ihre Verantwortlichkeitsansprüche seien aus materiellrechtlichen Gründen offensichtlich nicht
BGE 110 II 396 S. 398

mehr durchsetzbar; jedenfalls ist es nicht Sache der Registerbehörden, darüber endgültig zu befinden (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. September 1984 i.S. Commerzbank AG c. Baumgartner E. 2c).
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 110 II 396
Datum : 10. Dezember 1984
Publiziert : 31. Dezember 1985
Quelle : Bundesgericht
Status : 110 II 396
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Handelsregister. Ist eine Aktiengesellschaft nach Einstellung des Konkurses mangels Aktiven im Handelsregister gelöscht


Gesetzesregister
HRegV: 57 
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 57 - 1 Wird das Aktienkapital herabgesetzt und gleichzeitig mindestens auf den bisherigen Betrag erhöht und wird der Betrag der geleisteten Einlage nicht herabgesetzt, so müssen dem Handelsregisteramt mit der Anmeldung zur Eintragung folgende Belege eingereicht werden:110
1    Wird das Aktienkapital herabgesetzt und gleichzeitig mindestens auf den bisherigen Betrag erhöht und wird der Betrag der geleisteten Einlage nicht herabgesetzt, so müssen dem Handelsregisteramt mit der Anmeldung zur Eintragung folgende Belege eingereicht werden:110
a  die öffentliche Urkunde über den Beschluss der Generalversammlung;
b  die für eine ordentliche Kapitalerhöhung erforderlichen Belege;
c  die Statuten, falls sie geändert werden.
2    Ins Handelsregister müssen eingetragen werden:
a  die Tatsache, dass das Aktienkapital herabgesetzt und gleichzeitig wieder erhöht wurde;
b  der Betrag, auf den das Aktienkapital herabgesetzt wird;
c  die Angabe, ob die Herabsetzung durch Reduktion des Nennwerts oder durch Vernichtung von Aktien erfolgt;
d  falls das Aktienkapital über den bisherigen Betrag erhöht wurde: der neue Betrag;
e  Anzahl, Nennwert und Art der Aktien nach der Kapitalerhöhung;
f  der neue Betrag der geleisteten Einlagen;
g  gegebenenfalls die Stimmrechtsaktien;
h  im Fall von Vorzugsaktien: die damit verbundenen Vorrechte;
i  gegebenenfalls die Beschränkung der Übertragbarkeit der Aktien;
j  falls die Statuten geändert wurden: deren neues Datum.
3    Wird das Aktienkapital zum Zwecke der Sanierung auf null herabgesetzt und anschliessend wieder erhöht, so muss im Handelsregister die Vernichtung der bisher ausgegebenen Aktien eingetragen werden.
4    Bestehen anlässlich der Kapitalerhöhung Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder besondere Vorteile, so gelten die Artikel 43 Absatz 3 und 45 Absatz 2 sinngemäss. Erfolgt die Wiedererhöhung des Aktienkapitals durch Umwandlung von frei verwendbarem Eigenkapital, so finden die Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe d und 48 Absatz 1 Buchstabe i Anwendung.111
58
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
OR: 755  756
SchKG: 230  269
BGE Register
100-IB-37 • 102-III-78 • 110-II-396 • 87-III-72
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
wiedereintragung • aktiengesellschaft • einstellung des konkursverfahrens mangels aktiven • frage • schuldner • konkursverfahren • entscheid • zitat • bundesgericht • einzelunterschrift • weiler • einstellung des verfahrens • tag • konkursverwaltung • deutschland • wille