106 Ia 206
39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. November 1980 i.S. Stadt Zürich gegen Messmer und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Gemeindeautonomie; zürcherisches Gesetz betreffend das Markt- und Hausierwesen vom 17. Juni 1894 (MHG): Bewilligungspflicht für den Betrieb einer "Peep-Show".
- Autonomie der Zürcher Gemeinden hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang sie die Ausübung der unter § 8 lit. e MHG fallenden Gewerbearten auf ihrem Gebiet gestatten wollen (E. 2).
- Verletzung dieser Autonomie, indem die kantonale Instanz in unhaltbarer Auslegung des MHG annahm, der Betrieb einer "Peep-Show" sei keine patentpflichtige Schaustellung im Sinne des § 8 lit. e MHG (E. 4, 5).
Regeste (fr):
- Autonomie communale; loi zurichoise concernant le marché et le colportage du 17 juin 1894; l'exploitation d'un "Peep-Show" est soumise à autorisation.
- La question de savoir si et dans quelle mesure les communes zurichoises veulent autoriser l'exercice d'une activité professionnelle prévue par le § 8 lettre e de la loi relève de leur autonomie (consid. 2).
- Il y a violation de cette autonomie lorsque l'autorité cantonale admet, par une interprétation insoutenable de la loi, que l'exploitation d'un "Peep-Show" ne constitue pas une représentation soumise à patente selon le § 8 lettre e de la loi (consid. 4 et 5).
Regesto (it):
- Autonomia comunale; legge zurighese concernente i mercati e il commercio ambulante, del 17 giugno 1894; l'esercizio di un "Peep-Show" soggiace ad autorizzazione.
- Autonomia dei comuni zurighesi circa la questione se e in quale misura essi intendono autorizzare l'esercizio di un'attività professionale prevista dal § 8 lett. e della legge (consid. 2).
- Tale autonomia è violata ove l'autorità comunale, interpretando in modo insostenibile la legge, ritenga che l'esercizio di un "Peep-Show" non costituisce una rappresentazione soggetta a patente ai sensi del § 8 lett. e della legge (consid. 4, 5).
Sachverhalt ab Seite 206
BGE 106 Ia 206 S. 206
Am 6. September 1977 stellte Ernst Messmer bei der Gewerbepolizei der Stadt Zürich das Gesuch, es sei ihm zu bewilligen in seinem Spielsalon "Derby" an der Langstrasse 190 in Zürich eine Anzahl Spielautomaten zu entfernen und an deren Stelle eine Einrichtung für eine sogenannte "Peep-Show" anzubringen.
BGE 106 Ia 206 S. 207
Unter "Peep-Show" wird die Zurschaustellung einer nackten Frau auf einer sich drehenden Bühne verstanden, wobei sich die Betrachter in rundum angebrachten Einzelkabinen befinden und durch Einwurf eines Frankenstücks jeweils für eine bestimmte Zeit freien Blick auf die Bühne erhalten (sogenannter "Stützli-Sex"). Der Polizeivorstand der Stadt Zürich verweigerte die Bewilligung mit Verfügung vom 10. November 1977. Messmer wandte sich daraufhin zunächst mit einer Einsprache an den Stadtrat von Zürich, hernach mit einem Rekurs an das Statthalteramt des Bezirks Zürich und schliesslich mit einem weiteren Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Alle drei Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Gegen den Entscheid des Regierungsrates reichte Ernst Messmer Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ein. Dieses hiess die Beschwerde am 6. Dezember 1979 im Sinne der Erwägungen gut und hob die Entscheide sämtlicher Vorinstanzen auf. Es vertrat die Ansicht, der Betrieb einer "Peep-Show" gehöre nicht zu den nach dem zürcherischen Gesetz betreffend das Markt- und Hausierwesen vom 17. Juni 1894 (MHG) patentpflichtigen gewerblichen Betätigungen, so dass die Statuierung einer Bewilligungspflicht unter den gegebenen Umständen die durch Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
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1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
Die Stadt Zürich führt gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Stadtgemeinde Zürich leitet ihren Anspruch auf Autonomie aus § 8 lit. e in Verbindung mit § 14 Abs. 1 MHG ab. Gemäss § 8 lit. e MHG ist die Produktion von Schaustellungen, von gewerblichen oder künstlerischen Leistungen, bei denen ein höheres wissenschaftliches oder Kunstinteresse nicht obwaltet, als patentpflichtiger Hausierverkehr zu behandeln. Zuständig zur Erteilung des Hausierpatentes ist die kantonale Polizeidirektion. Die Befugnisse der Gemeinden auf diesem Gebiet sind in § 14 MHG umschrieben, dessen erster Absatz wie folgt lautet: "Der Inhaber eines Patentes für die in § 8 lit. e-h angeführten Gewerbe hat dasselbe in jeder Gemeinde, in welcher er seinen Beruf ausüben
BGE 106 Ia 206 S. 208
will, durch die Ortspolizeibehörde unter Angabe der Zeit, während welcher er diesen Beruf in der betreffenden Gemeinde auszuüben gedenkt, visieren zu lassen. Im Falle von § 8 lit. e kann die Ortspolizeibehörde die Bewilligung für die Ausübung in der Gemeinde verweigern."
Der Wortlaut dieser Bestimmung räumt der Gemeinde ein zwar pflichtgemäss auszuübendes, jedoch im übrigen grundsätzlich freies Ermessen hinsichtlich der Frage ein, ob und in welchem Umfange sie die Ausübung der unter § 8 lit. e MHG fallenden Gewerbearten gestatten will. Es steht ihr somit auf diesem Gebiet zweifellos eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit zu, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes genügt, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren auf ihre Autonomie zu berufen (BGE 104 Ia 126 E. 2b, BGE 103 Ia 196 und 474 ff. mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht glaubt allerdings, die Autonomie der Stadt Zürich sei im vorliegenden Falle aus einem besonderen Grunde zu verneinen, nämlich deshalb, weil der Entscheid ausschliesslich von der Auslegung einer Norm des kantonalen Gesetzesrechtes abhänge, also von einer Frage, hinsichtlich welcher der Gemein de keine selbständige Entscheidungsbefugnis zustehe. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang einzig, dass die höchste kantonale Instanz der Stadtgemeinde Zürich verwehrt hat, von ihrer Entscheidungsbefugnis gemäss § 14 Abs. 1 MHG Gebrauch zu machen. Sie hat damit in die Autonomie der Gemeinde eingegriffen. Ob dies auf Grund kommunalen, kantonalen oder gar eidgenössischen Rechtes geschehen sei, ist nach der erwähnten Rechtsprechung nicht erheblich (BGE 104 Ia 127, 103 Ia 474 ff.)
3. a) Die Feststellung, dass das Verwaltungsgericht durch den angefochtenen Entscheid in den Autonomiebereich der Stadtgemeinde Zürich eingegriffen habe, bedeutet noch nicht, dass dieser Eingriff ungerechtfertigt gewesen sei. Wie es sich damit verhalte, ist im folgenden zu prüfen. Die Überprüfung des verwaltungsgerichtlichen Entscheides durch das Bundesgericht erfolgt unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür, soweit nicht die Verletzung spezieller Normen des eidgenössischen oder kantonalen Verfassungsrechtes in Frage steht (BGE 104 Ia 45 und die bereits zitierten Urteile). b) Im angefochtenen Entscheid beruft sich das Verwaltungsgericht sowohl auf kantonales als auch auf eidgenössisches
BGE 106 Ia 206 S. 209
Recht. Es legt dar, dass und aus welchen Gründen eine Veranstaltung wie die sogenannte "Peep-Show" nicht unter die Bestimmung von § 8 lit. e MHG falle; es stellt aber auch fest, dass die Ausdehnung der Patentpflicht gemäss MHG auf Veranstaltungen dieser Art gegen die durch Art. 31
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1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
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1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
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1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
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1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
4. a) Die §§ 7 und 8 des MHG lauten:
b) Patentpflichtiger Hausierverkehr
§ 7. Zur Ausübung des Hausiergewerbes ist, abgesehen von dem in § 5 aufgeführten Hausierverkehr, eine Bewilligung
(Patent) der Justiz- und Polizeidirektion erforderlich.
§ 8. Als patentpflichtiger Hausierverkehr ist zu behandeln:
a) das Feilbieten von Waren durch Umherführen und Umhertragen in den
BGE 106 Ia 206 S. 210
Strassen und den Häusern;
b) das Kolportieren von Büchern, Zeitschriften und Bildern;
c) der gewerbsmässige, im Umherziehen betriebene Ankauf oder Eintausch von Lumpen, Knochen, Fellen, Hörnern, Klauen, Borsten, altem Eisen, alten Kleidern, Glas, Weinstein und dergleichen;
d) der Betrieb eines Handwerkes im Umherziehen
(Kesselflicken, Scherenschleifen, Sägenfeilen, Strohflechten, Sieb- und Korbmachen, Glasen und dergleichen);
e) die Produktion von Schaustellungen,
von gewerblichen oder künstlerischen Leistungen, bei denen ein höheres wissenschaftliches oder Kunstinteresse nicht obwaltet (Menagerien, Panoramas, Bildergalerien, Karussells, Schauspieler, Sänger, Musikanten, Kunstreiter, Seiltänzer, Taschenspieler, usw.);
f) (aufgehoben durch § 10 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb im Handels- und Gewerbebetrieb vom 29. Januar 1911);
g) die durch einen Gantbeamten vollzogene öffentliche
Versteigerung von Handelswaren aus freier Hand;
h) das vorübergehende
Feilbieten eines Warenlagers in fester Verkaufsstelle, wenn der Inhaber weder am Orte wohnt noch daselbst eine gewerbliche Niederlassung hat (Wanderlager); zur Marktzeit gilt ein derartiges Ausbieten als Marktverkehr (§ 2).
Das Verwaltungsgericht erklärt, das Anbieten von persönlichen Leistungen - gewerblicher, musikalischer, schauspielerischer Art usw. - könne nur dann unter den Begriff "Hausierverkehr" fallen, wenn die Tätigkeit im Umherziehen ausgeübt werde; stationäre Betriebe seien vom Gesetz nicht erfasst. Für stationäre Betriebe brauche es somit keine Bewilligung. Es ist einzuräumen, dass nach dem Sprachgebrauch Schaustellungen nicht zum Hausiergewerbe gehören. Jemand hausiert, wenn er umherzieht, meist von Haus zu Haus geht und seine Waren anbietet. Auch Zirkusleute, die von Ort zu Ort ziehen, hausieren nicht, aber es ist unbestritten, dass sie nach dem MHG eine Bewilligung brauchen. Das zeigt bereits, dass das MHG unter den Hausierverkehr auch gewisse Tätigkeiten subsumiert, die an sich nicht als Hausieren bezeichnet werden. b) Das Verwaltungsgericht trägt dem Umstand zu wenig Rechnung, dass in § 8 MHG deutlich unterschieden wird zwischen Tätigkeiten, die nur unter das Gesetz fallen, wenn sie im Umherziehen, ambulant, ausgeübt werden, und Tätigkeiten, die dem Gesetz unterworfen sind, auch wenn sie in einem stationären Betrieb ausgeübt werden. In lit. a-d wird genau gesagt, dass die hier genannten Tätigkeiten vom Gesetz nur erfasst sind, wenn sie ambulant ausgeübt werden ("Umherführen und Umhertragen", "Kolportieren", "Umherziehen"). In den lit. e-h dagegen wird nichts von Umherziehen oder ähnlichem gesagt, und bei logischer Auslegung des Gesetzes muss daraus
BGE 106 Ia 206 S. 211
der Schluss gezogen werden, dass die in lit. e-h genannten Tätigkeiten dem Gesetz auch dann unterworfen sind, wenn sie nicht ambulant, sondern stationär ausgeübt werden. Das spricht bereits dafür, dass das Verwaltungsgericht das Gesetz falsch ausgelegt hat und dass entgegen seiner Ansicht für Schaustellungen auch dann eine Bewilligung nötig ist, wenn sie in einem stationären Betrieb produziert werden, wobei natürlich stets vorausgesetzt ist, dass kein "höheres wissenschaftliches oder Kunstinteresse" obwaltet. c) Die Unrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen These, von § 8 MHG seien nur Tätigkeiten erfasst, die im Umherziehen ausgeübt werden, ergibt sich vollends daraus, dass in diesem Paragraphen auch Tätigkeiten erwähnt sind, die überhaupt nur stationär ausgeübt werden. Dazu gehört nicht nur die öffentliche Versteigerung von Handelswaren aus freier Hand durch den Gantbeamten (lit. g), sondern nach der inzwischen aufgehobenen lit. f auch der freiwillige Ausverkauf in stationären Verkaufsbetrieben, wenn derselbe nicht wegen gänzlicher Geschäftsaufgabe stattfindet (sog. Sonderverkäufe). Hinzu kommt der Fall der lit. h, in welchem ein Warenlager in fester Verkaufsstelle feilgeboten wird (sog. Wanderlager). Die These, dass sich § 8 MHG nur auf ambulante Tätigkeiten beziehen könne, steht demnach mit dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung im Widerspruch.
5. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann die rechtsanwendende Behörde vom klaren Gesetzeswortlaut nur dann ohne Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 106 Ia 206 S. 212
Genehmigung der Verordnung der Meinung war, § 8 lit. e MHG gelte auch für Schaustellungen in stationären Betrieben, nämlich in Kino-Theatern. Das wird bestätigt durch die Hinweise auf das MHG in den beleuchtenden Berichten zum kantonalen Filmgesetz von 1963 und zum heute geltenden Filmgesetz von 1971. Wenn Kinovorführungen unter § 8 lit. e MHG fallen, scheint es klar zu sein, dass für "Peep-Shows" das gleiche gilt. b) Es mag ferner darauf hingewiesen werden, dass das Verwaltungsgericht in einem Urteil vom 13. Oktober 1971 selber annahm, das Aufstellen von Spielapparaten sei eine patentpflichtige Schaustellung im Sinne des § 8 lit. e MHG, mit andern Worten: Auch ein stationärer Betrieb könne eine Schaustellung im Sinne der zitierten Gesetzesvorschrift sein (Rechenschaftsbericht des Verwaltungsgerichts 1972 Nr. 63). Mit dem angefochtenen Entscheid hat es seine eigene Praxis geändert. Das Bundesgericht hat, freilich nur bei Prüfung unter dem Gesichtswinkel des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 106 Ia 206 S. 213
d) Ein Argument scheint freilich für die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu sprechen, doch erweist es sich nicht als stichhaltig. Nach § 10 Abs. 1 MHG wird das Patent nur für eine Person erteilt und ausschliesslich auf deren Namen ausgestellt. Das Verwaltungsgericht meint, wenn § 8 lit. e MHG auch für "Peep-Shows" in stationären Betrieben gelte, hätte das zur Folge, dass jede Frau, die in der "Peep-Show" auftritt, ein Patent haben müsste, was nicht sinnvoll wäre. Man kann aber sehr wohl annehmen, dass bei stationären Betrieben in analoger Anwendung des § 10 Abs. 2 MHG das Patent auf den Namen des Betriebsinhabers auszustellen ist, wie das offenbar in der Praxis seit Jahrzehnten stets getan wurde. Es bestehen demnach keine triftigen Gründe für die Annahme, der Wortlaut des § 8 MHG, wonach auch Tätigkeiten, die stationär ausgeübt werden, dem Gesetz unterworfen sind, gebe nicht den wahren Sinn der Bestimmung wieder. Vielmehr scheint es, dass die verwaltungsgerichtliche Auslegung offensichtlich nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht. Nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts könnte z.B. jeder Kinobesitzer im Kanton Zürich vor dem Filmprogramm auf der Bühne eine Stripteaseshow oder eine ähnliche Schau vorführen, ohne dass es dafür einer Bewilligung bedürfte. Irgendwo im Kanton könnten Peep-Show-Betriebe eröffnet werden, und zwar ganz nach Gutfinden des Betriebsinhabers, da ja keine Bewilligungspflicht besteht. Das kann klarerweise nicht der Sinn des MHG sein. Es dürfte wohl kaum einen Schweizer Kanton geben, in welchem man ganz frei und ohne jede Bewilligungspflicht ein Striplokal eröffnen oder eine "Peep-Show" zeigen kann. Indem das Verwaltungsgericht ohne triftige Gründe entgegen dem klaren Wortlaut des § 8 MHG annahm, das MHG erfasse "keine ortsgebundenen Darbietungen", so dass für den Betrieb einer "Peep-Show" keine Bewilligung erforderlich sei, hat es das genannte Gesetz in unhaltbarer Weise ausgelegt. Es liegt somit ein ungerechtfertigter Eingriff in die Autonomie der Stadtgemeinde Zürich vor, weshalb die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. Das Verwaltungsgericht hat das Gesuch des Beschwerdegegners materiell zu prüfen und zu entscheiden, ob die untern Instanzen die Bewilligung zu Recht versagt haben oder nicht.