104 II 99
18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. März 1978 i.S. Grawehr gegen Sahli
Regeste (de):
- Grundstückkauf, rechtsmissbräuchliche Anrufung eines Formmangels; Art. 216
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 216 - 1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
1 Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung. 2 Vorverträge sowie Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.76 3 Vorkaufsverträge, die den Kaufpreis nicht zum voraus bestimmen, sind in schriftlicher Form gültig.77 SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. 2 Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. - Unbeachtlichkeit des Formmangels wegen rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung (E. 2b, 3). Rechtsmissbräuchliche Anrufung der Formnichtigkeit, wenn der formnichtige Vertrag zur Hauptsache erfüllt wurde? (Verdeutlichung der Rechtsprechung; E. 3). Weitere Umstände, die auf Rechtsmissbrauch schliessen lassen (E. 4).
Regeste (fr):
- Vente immobilière, vice de forme invoqué contrairement aux règles de la bonne foi; art. 216 CO, art. 2 CC.
- Vice de forme sans effet, parce que celui qui l'invoque abuse de son droit (consid. 2b, 3). Cette condition est-elle réalisée lorsque le contrat nul pour vice de forme a été exécuté pour l'essentiel? (Eclaircissement de la jurisprudence; consid. 3.) Autres circonstances permettant d'admettre l'existence d'un abus de droit (consid. 4).
Regesto (it):
- Compravendita immobiliare, vizio di forma invocato in modo contrario alle regole della buona fede; art. 216 CO, art. 2 CC.
- Vizio di forma privo di effetti perché colui che l'invoca abusa del proprio diritto (consid. 2b, 3). Tale condizione è realizzata allorquando il contratto nullo per vizio di forma sia stato eseguito in misura essenziale? (precisazione della giurisprudenza) (consid. 3). Circostanze ulteriori che consentono di ammettere l'esistenza di un abuso di diritto (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 100
BGE 104 II 99 S. 100
A.- Mit öffentlich beurkundetem Vorvertrag vom 21. September 1971 verpflichtete sich Hans Grawehr, dem Ernst Sahli mehrere sich in der Gemeinde Bottighofen befindliche Parzellen landwirtschaftlich genutzten Landes im Halte von ungefähr 870 Aren samt Scheune und Schopf zu einem Preise von Fr. 720'000.- zu verkaufen. Auf diesen Parzellen liess Sahli im Jahre 1972 verschiedene Neubauten errichten; im November 1972 waren die meisten davon, namentlich das Wohnhaus, fertiggestellt. Am 3. November 1972 wurde der Kaufvertrag öffentlich beurkundet und die Handänderung im Grundbuch eingetragen. Sahli bezahlte den in den öffentlich beurkundeten Verträgen festgehaltenen Kaufpreis von Fr. 720'000.-, weigerte sich aber, dem Grawehr eine weitere, mündlich versprochene Zahlung von Fr. 100'000.- auszurichten.
B.- Im Januar 1974 erhob Grawehr beim Bezirksgericht Kreuzlingen gegen Sahli Klage, mit der er verlangte, dass die Nichtigkeit der beiden öffentlich beurkundeten Verträge festzustellen sei; ferner "sei die gestützt auf den Kaufvertrag vom 3. November 1972 vorgenommene Grundbucheintragung im Grundbuch Bottighofen zu löschen und das Eigentum an den Grundstücken Parz.-:Nrn. und E.Bl. 363, 367 und 439 auf den Kläger zurückzuübertragen". Ein Zwischenentscheid des Bezirksgerichts wurde vom Obergericht des Kantons Thurgau am 28. September 1976 aufgehoben. Jenes wies hierauf die Klage mit Urteil vom 6. April 1977 ab, was vom Obergericht auf Appellation des Klägers hin am 20. September 1977 bestätigt wurde.
C.- Gegen das obergerichtliche Erkenntnis hat der Kläger die Berufung erklärt, mit der er Gutheissung seiner Klagebegehren verlangt. Der Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung an.
BGE 104 II 99 S. 101
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. a) Das Obergericht stellt fest, "dass die Parteien eine Schwarzzahlung von Fr. 100'000.- vereinbarten und dem Grundbuchamt bewusst fälschlich einen um diesen Betrag zu niedrigen Kaufpreis angaben, dass ferner der Beklagte in der Folge die Zahlung dieses Schwarzgeldes verweigerte". In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung folgert es daraus die Nichtigkeit der beiden öffentlich beurkundeten Verträge wegen Formmangels (vgl. BGE 98 II 316 E. 2 mit Hinweisen). Die Anrufung dieses Formmangels durch den Kläger erachtet es hingegen als rechtsmissbräuchlich, weshalb es die Klage abweist.
b) Formnichtigkeit ist im Verhältnis unter den Parteien unbeachtlich und die Berufung darauf ist unstatthaft, wenn sie gegen Treu und Glauben verstösst und daher einen offenbaren Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
3. Ob ein Rechtsmissbrauch vorliege, der die Berufung auf Formnichtigkeit eines Kaufvertrages verbietet, hat der Richter nicht in Anwendung von starren Regeln zu entscheiden, sondern unter Würdigung aller Umstände des konkreten Falles (BGE 93 II 104, BGE 92 II 325 E. 3, BGE 90 II 156 E. 2, BGE 86 II 232 E. 6 mit Hinweisen). Dabei kommt der erfolgten freiwilligen Erfüllung des Kaufvertrages durch die Parteien besondere Bedeutung zu. Sie schliesst zwar nicht notwendigerweise aus, dass die Nichtigkeit des Vertrages dennoch berücksichtigt werde, lässt die Anrufung des Formmangels aber doch als rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn nicht die Würdigung aller übrigen Umstände,
BGE 104 II 99 S. 102
namentlich das Verhalten der Parteien bei und nach Vertragsschluss, eindeutig zum gegenteiligen Schluss führt (BGE 98 II 316 E. 2, BGE 93 II 105 E. 1, BGE 92 II 325 E. 3, BGE 90 II 157 E. 2a, BGE 72 II 43 E. 3). Unter der freiwilligen Vertragserfüllung wird nach jüngerer Begriffsumschreibung in der Judikatur die Herstellung der Vermögenslage verstanden, die dem wirklichen, vom verurkundeten abweichenden Parteiwillen entspricht (BGE 84 II 376 E. 2b, BGE 78 II 228 E. 2). Hievon geht auch das Obergericht aus, um zu erklären, die dem wirklichen Parteiwillen gemässe Vermögenslage sei vorliegend mangels Leistung der Schwarzzahlung nicht gegeben, der Vertrag daher nicht vollständig erfüllt. Soweit die Berufung die nämliche Anschauung verficht, stösst sie offene Türen ein. Indessen erhebt sich die Frage, Ob unter solcher Voraussetzung für eine Wertung anderer, auf Rechtsmissbrauch weisender Umstände überhaupt noch Raum sei. a) In der Lehre scheint das überwiegend verneint zu werden. DESCHENAUX (in: Schweizerisches Privatrecht, Band II, S. 193), der die Entwicklung der Rechtsprechung verzeichnet, vertritt die Auffassung, dass der Richter kaum zögern werde, sich an die Formstrenge zu halten, solange der mangelhafte Vertrag nicht erfüllt sei. Unter Hinweis auf BGE 68 II 236 E. III hebt er hervor, dass Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 103
greift er aber auf die in BGE 53 II 166 verwendete Formel der Erfüllung "in der Hauptsache" zurück und stimmt den durch dieses Urteil "erschlossenen erweiterten Anwendungsmöglichkeiten" zu (N. 476 und 488 zu Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 657 - 1 Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
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1 | Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
2 | Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 657 - 1 Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
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1 | Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung. |
2 | Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 104
ebenso festgehalten, wie an der Anerkennung ihrer Unbeachtlichkeit, wo es Treu und Glauben verlangen. Für die Beurteilung des Parteiverhaltens unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs hat sie ferner stets die Bindung an starre Regeln abgelehnt und die Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung von Rechtsempfinden, Rechtsethik und Rechtssicherheit beansprucht (vgl. BGE 92 II 325 E. 3, 86 II 401). Die freiwillige und irrtumsfreie Vertragserfüllung wertete sie dabei als wichtigen, wenn auch nicht allein ausschlaggebenden Grund. Von dieser Praxis ist nicht abzugehen. Bewusst kasuistisch, wie CAVIN bescheinigt, ist sie auf die Vielfalt möglicher Sachverhalte und deren Erfassung ausgerichtet. d) Ein Wandel immerhin ist insofern eingetreten, als in den beiden genannten Entscheiden (BGE 84 II 376 E. 2b, BGE 78 II 228 E. 2) das Erfordernis der Erfüllung des Vertrages im wesentlichen oder in der Hauptsache ersetzt wurde durch jenes der vollständigen Erfüllung, d.h. der Herstellung der dem wirklichen Parteiwillen entsprechenden Vermögenslage, also einschliesslich der Zahlung eines allfälligen Schwarzgeldes. Als zwingend erscheint diese Änderung jedoch nicht. Zwar kann im gegenteiligen Fall, wo ein formnichtiger Vertrag gänzlich unerfüllt bleibt, die Berufung auf Rechtsmissbrauch nicht Erfolg haben, weil sonst aus Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 105
MERZ, dass "nach richtiger Betrachtung" schon die Erfüllung in der Hauptsache den Formmangel "heile" (ZBJV 110/1974, S. 69). Das kann freilich als bestimmende Regel nach der geltenden Rechtsprechung auch dann nicht anerkannt werden, wenn die Erfüllung in der Hauptsache als erheblicher Umstand berücksichtigt wird. Letzteres aber ist angebracht, mag es auch die Wiedererwägung einer jüngeren zugunsten einer älteren Praxis bedeuten; liegt doch diese eher als jene auf der unverändert gebliebenen Grundlinie der freien Würdigung aller Umstände, und kann als ein solcher die Erfüllung in der Hauptsache unter den Gesichtspunkten sowohl des widersprüchlichen Verhaltens wie des Formzweckes beachtlich sein.
4. Alsdann ist davon auszugehen, dass vorliegend der verurkundete Kaufvertrag beidseitig erfüllt wurde, der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen ist und allein die Schwarzzahlung aussteht. Auf den dissimulierten Vertrag bezogen ergibt das die vollständige Erfüllung seitens des Klägers und die Erfüllung in der Hauptsache seitens des Beklagten. Zu prüfen bleibt, welche weiteren Umstände hinzukommen, und ob sie zusammen mit den Erfüllungsgegebenheiten die Geltendmachung des Formmangels als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen.
a) Beweiswürdigend und anhand eigenen Vorbringens des Beklagten hält das Obergericht fest, dass das Schwarzzahlungsversprechen zwar auf Vorschlag des Beklagten, jedoch unter sofortiger Zustimmung des Klägers und in dessen alleinigem Interesse vereinbart wurde. Nach dem Vertrag habe ausschliesslich der Kläger die Handänderungskosten zu tragen gehabt; dank dem geringeren verurkundeten Kaufpreis habe er zudem auch Grundstückgewinnsteuern einsparen können. Beide Parteien hätten um die Unerlaubtheit ihres Vorgehens gewusst. Aber der Kläger habe den Formmangel zum eigenen Vorteil, um Öffentliche Abgaben zu umgehen, herbeigeführt. Anders als in den Fällen der BGE 90 II 157 und BGE 87 II 31, sei er allein gebühren- und steuerpflichtig gewesen. Die Parteibefragung habe keinen Anhalt dafür erbracht, dass der Beklagte deswegen, weil der Kläger mit Steuern und Gebühren besser wegkomme, von ihm noch Kaufpreiskonzessionen erwirkt oder zu erwirken gehofft habe. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Art und binden das Bundesgericht (Art. 63 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 106
die Berufung nicht ein. Abweichende Tatsachenbehauptungen sind daher unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 107
für Investitionen nicht - in einem gewissen Gegensatz zu BGE 86 II 405 - um ihrer selbst willen, sondern ausdrücklich "unter diesen speziellen Umständen", d.h. namentlich der Tatsache, dass der Kläger im Bewusstsein der Widerrechtlichkeit der Schwarzzahlungsabrede mit entsprechendem Risiko die Bauinvestitionen des Beklagten vor dem Eigentumsübergang zugelassen hat. Solche Betrachtungsweise ist nicht zu beanstanden (vgl. BGE 92 II 326). c) Missbrauch sieht das Obergericht auch darin, dass es dem Kläger vorab darum gehe, vom Beklagten die nur mündlich vereinbarte Zahlung von zusätzlichen Fr. 100'000.- nachträglich doch noch erhältlich zu machen. Es verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Kläger in der erstinstanzlichen Replik ausführen liess: "Der Kläger will eigentlich nur die versprochene Geldleistung, d.h. die Fr. 100'000.- nebst Ersatz des ihm entstandenen Schadens...". Solches Bestreben ist in der Tat durch den Zweck der Form nicht gedeckt. Wer mit der Geltendmachung eines Formmangels die Leistung einer unterbliebenen Schwarzzahlung zu betreiben sucht, missbraucht das Recht. Dass der Kläger mit seinen Begehren noch andere Ziele verfolgte, wie er vor Bundesgericht - ohne sie zu nennen - geltend macht, ist belanglos. d) Letztlich erörtert und verneint das Obergericht die Frage, ob dem Beklagten ein missbräuchliches Verhalten von etwa gleicher Schwere wie jenes des Klägers anzulasten und ihm deshalb die Einrede aus Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 104 II 99 S. 108
Rechtszustand unter den dargelegten Umständen sein Bewenden haben. Dieses Ergebnis deckt sich zudem mit der für die ungerechtfertigte Bereicherung geltenden, aber grundsätzlich allgemeine Beachtung heischenden Regel des Art. 66
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 66 - Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurückgefordert werden. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 20. September 1977 bestätigt.