Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I
A-2163/2007
{T 0/2}

Urteil vom 30. Oktober 2008

Besetzung
Richter Daniel Riedo (Vorsitz), Richterin Salome Zimmermann, Richter Michael Beusch,
Gerichtsschreiber Urban Broger.

Parteien
A._______ GmbH, Deutschland,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV),
Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,
Vorinstanz.

Gegenstand
Verrechnungssteuer; Rückerstattung; DBA.

Sachverhalt:

A.
Die in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts gegründete C._______ GmbH mit Sitz X._______ (Schweiz) bezweckt gemäss Handelsregistereintrag den Vertrieb von und den Handel mit Waagen. Tatsächlich dient die Gesellschaft der Vermögensverwaltung. Entsprechend weisen die Bilanzen der letzten Jahre als grösstes Aktivum ein Wertschriftendepot bei der Bank D._______ aus.

B.
In den Jahren 1996 bis 2002 waren die Geschwister und deutschen Staatsangehörigen E._______ und F._______ einzige Gesellschafter der C._______ GmbH. Der Anteil von F._______ betrug CHF 150'000.-- und damit 75% des Stammkapitals. Der Anteil ihres Bruders E._______ belief sich auf CHF 50'000.-- (25%).

C.
Im Zuge erbrechtlicher Auseinandersetzungen erwarb E._______ den Stammanteil seiner Schwester hinzu, wofür er gemäss öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 9. Januar 2002 den Betrag von EUR 1'145'294.-- zahlte. Als Übertragungsstichtag vereinbarten die Parteien den 15. Januar 2002.

In einem vorgängig am 7. Januar 2002 mit der deutschen B._______ GmbH geschlossenen Vertrag hatte sich E._______ dazu verpflichtet, den von seiner Schwester F._______ zu erwerbenden Stammanteil unverzüglich auf die B._______ GmbH zu übertragen. Der Kauf sollte demnach «in einer Art Treuhandschaft» erfolgen. E._______ hatte die B._______ GmbH kurz zuvor als eine auf Vorrat gegründete (Vorratsgesellschaft) erworben.

D.
In der Folge beschloss eine Gesellschafterversammlung der B._______ GmbH die Firmaänderung von B._______ in A._______ GmbH sowie eine Sitzverlegung innerhalb Deutschlands. Am Stammkapital der nunmehr als A._______ GmbH im deutschen Handelsregister eingetragenen Gesellschaft in der Höhe von total EUR 25'000.-- sind E._______ (mit EUR 13'000.--) und seine Tochter T._______ (mit EUR 12'000.--) beteiligt.

E.
Die A._______ GmbH führte am 29. April 2002 eine Gesellschafterversammlung durch. § 2 des darüber abgefassten und öffentlich beurkundeten Protokolls hält fest, E._______ trete der A._______ GmbH mit Wirkung per 1. Januar 2002 seinen 25%-Stammanteil an der schweizerischen C._______ GmbH ab. Gemäss § 3 des Protokolls erhielten die Erschienenen - gemeint waren E._______ und T._______ - als Gegenleistung für die «kostenfreie Einbringung der übertragenen Beteiligung» je einen neuen Stammanteil an der A._______ GmbH im Nennwert von EUR 2'500.--.

F.
Die schweizerische C._______ GmbH beschloss sodann am 22. Juli 2002 bzw. 23. Juni 2004 Bruttodividendenausschüttungen in der Höhe von CHF 307'919.42 für das Jahr 2001 und CHF 552'682.00 für das Jahr 2003. Deren Fälligkeit wurde auf den 1. August 2002 bzw. auf den 24. Juni 2004 festgesetzt. Das Geld floss unter Abzug der Verrechnungssteuern im Umfang von 35% direkt an die deutsche A._______ GmbH. Für das Geschäftsjahr 2002 erfolgte keine Ausschüttung.

G.
Mit Anträgen vom 16. April 2004 und 14. Juli 2004 verlangte die A._______ GmbH bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) um Rückerstattung der Verrechnungssteuern. Die ESTV holte in der Folge weitere Auskünfte und Beweismittel ein.

H.
Mit Verfügung vom 14. Februar 2006 wies die ESTV beide Anträge auf Rückerstattung ab. Die A._______ GmbH sei in Deutschland bei ihren Steuerberatern domiziliert. In der Bilanz per 31. Dezember 2003 werde ihre Beteiligung an der C._______ GmbH mit EUR 1'198'591.30 aufgeführt; andere Beteiligungen habe die A._______ GmbH nicht in den Büchern. Das Fremdkapital bilde sich aus Verbindlichkeiten gegenüber E._______ (EUR 318'534.70) und dessen Schwester F._______ (EUR 902'223.65). Das Total im Betrag von EUR 1'220'758.35 entspreche dem für die beiden Stammanteile an der C._______ GmbH bezahlten Kaufpreis. Von der C._______ GmbH ausgeschüttete und an die A._______ GmbH geflossene Dividenden dienten der Abzahlung dieser Schulden. Für F._______ habe die Möglichkeit bestanden, sich ihren Anteil als Dividende auszahlen zu lassen, womit der Schweiz eine residuale Verrechnungssteuer im Umfang von 15% verblieben wäre. Da F._______ der A._______ GmbH ein Darlehen in der Höhe des für ihren Stammanteil an der C._______ GmbH verlangten Verkaufspreises gewährt habe, sei der Erlös ohne Abgabe der Verrechnungssteuer realisiert worden. Dasselbe gelte bezüglich des 25%-Anteils, welchen die A._______ GmbH von E._______ übernommen habe. Zudem beschäftige die A._______ GmbH weder Angestellte noch unterhalte sie Büroräumlichkeiten.

Die ESTV kam zum Schluss, dass die A._______ GmbH keine echte wirtschaftliche Tätigkeit ausübe und vorwiegend zum Zwecke der Inanspruchnahme der Abkommensvorteile von Art. 10 Abs. 3 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland (DBA-D; SR 0.672.913.62) eingesetzt worden sei.

I.
Auf Einsprache hin bestätigte die ESTV ihre Verfügung mit Entscheid vom 19. Februar 2007. Sie begründete dies wie folgt:
I.a Um Vertragsvorteile aus dem DBA-D geltend zu machen, sei die Ansässigkeit im Vertragsstaat verlangt. Gemäss Art. 4 Abs. 11 DBA-D gelte eine Person in Bezug auf Einkünfte und Vermögenswerte als nichtansässig, wenn diese nicht ihr, sondern einer anderen Person zuzurechnen seien. E._______ sei zwar nach wie vor als alleiniger Gesellschafter der C._______ GmbH im schweizerischen Handelsregister eingetragen, doch sei es die A._______ GmbH, die die Anteile seit 2002 in ihren Jahresrechnungen führe. Diese verbuche auch die Erträge. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei der A._______ GmbH um eine vorgeschobene Person handle. Ihre Ansässigkeit sei zu bejahen. Damit bestehe grundsätzlich Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuern.
I.b Mit Blick auf die tatsächliche Gestaltung der Rechtsverhältnisse und das Vorgehen der Beteiligten kam die ESTV hingegen zum Schluss, dass eine Steuerumgehung vorliege, was eine Rückerstattung der Verrechnungssteuern gleichwohl ausschliesse. Bezüglich der hierfür einschlägigen Normen differenzierte die ESTV zwischen der Lage vor und jener nach der auf den 24. März 2003 in Kraft getretenen Änderung des Art. 23 DBA-D:

Vor dem 24. März 2003 sei die Frage der Steuerumgehung im DBA-D nicht geregelt gewesen, doch hätte bereits damals eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Abkommensvorteile keinen Schutz erfahren. Das erhelle aus Art. 26 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (Vertragsrechtskonvention, VRK, SR 0.111). Die dort verlangte Auslegung nach Treu und Glauben gebiete, dass der Sinn und Zweck der Regelungen eine Rolle spiele. Eine solche Auslegung umfasse auch die Missbrauchsabwehr. Folglich sei die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Steuerumgehung einschlägig. Mit der Änderung von Art. 23 Abs. 1 DBA-D beurteile sich die Frage der Steuerumgehung nunmehr ausdrücklich nach den innerstaatlichen, vorliegend also den schweizerischen Rechtsvorschriften und damit nach Art. 21 Abs. 2 VStG, welcher eine Rückerstattung bei Vorliegen einer Steuerumgehung ausdrücklich ausschliesse.

Zusammenfassend sei die Frage der Steuerumgehung sowohl bezüglich der Dividendenzahlung für das Jahr 2001 wie jener für 2003 nach den innerstaatlichen, vom Bundesgericht entwickelten Kriterien zu beurteilen. In beiden Fällen sei eine Steuerumgehung zu bejahen.
I.c Aus den Akten gehe zudem hervor, dass F._______ wegen den zu erwartenden Steuerfolgen Bedenken gehegt habe. Substantielle Ausschüttungen aus der schweizerischen C._______ GmbH seien erst nach dem Dazwischenschalten der in Deutschland domizilierten und wirtschaftlich inaktiven A._______ GmbH erfolgt. Denn diese sei grundsätzlich berechtigt erschienen, die volle Rückerstattung der Verrechnungssteuern geltend zu machen. Weiter falle die zeitliche Nähe zwischen dem Erwerb der A._______ GmbH, der Übertragung der Beteiligungen und der Vornahme der Ausschüttungen auf.

J.
Gegen den Einspracheentscheid der ESTV lässt die A._______ GmbH mit Eingabe vom 21. März 2007 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht führen und folgende Rechtsbegehren stellen:

Der Einspracheentscheid der ESTV sei aufzuheben; der Beschwerdeführerin seien die Verrechnungssteuern gemäss Formular 85 Nr. 685374 (vom 16. April 2004) in der Höhe von CHF 107'771.00 sowie gemäss Formular 85 Nr. 685373 (vom 14. Juli 2004) in der Höhe von CHF 193'439.00 zurückzuerstatten unter «o/e Kostenfolge» für das vorliegende und das vorinstanzliche Verfahren zulasten der ESTV.

Zur Begründung dessen lässt die A._______ GmbH im Wesentlichen vortragen, was folgt:
J.a Es treffe zu, dass die C._______ GmbH ihre Vertriebstätigkeit Ende der Sechzigerjahre eingestellt habe. Nach dem Tod von G._______, dem Vater von E._______ und F._______, im Jahre 1989 hätten dessen Erben E._______ und F._______ 25% bzw. 75% am Stammkapital der C._______ GmbH gehalten. Man habe die Schweiz als steuerlich günstigen Standort genutzt und tue dies nach wie vor. Die Funktion der C._______ GmbH sei im Rahmen der gesamten C-Gruppe mit einem Kapitalanlagefonds vergleichbar. Bis auf die zu beurteilenden zwei Jahre, in welchen ein ausserordentlicher Finanzierungsbedarf der A._______ GmbH bestanden habe, seien nie Dividenden ausgeschüttet worden.
J.b Ende der Neunzigerjahre sei zwischen E._______ und dessen Schwester F._______ eine auf persönlicher und rechtlicher Ebene äusserst komplexe Auseinandersetzung erfolgt. Schliesslich habe F._______ der A._______ GmbH über E._______, der ihr Treuhänder der A._______ gewirkt habe, ihre 75%-Beteiligung an der C._______ GmbH verkauft.

Ein Kauf hätte die finanziellen Möglichkeiten von E._______ überstiegen. Die Annahme der ESTV, E._______ habe den 75%-Anteil selber gekauft, sei deshalb falsch. Richtig sei, dass es aufgrund der Treuhand zwischen ihm und der A._______ GmbH keiner Übertragung mehr bedurft habe.
J.c Bei der in der Bilanz der A._______ GmbH aufgeführten Verbindlichkeit gegenüber F._______ handle es sich nicht um ein Darlehen, sondern um die gestundete, restliche Kaufpreisforderung für den Stammanteil, die mittlerweile getilgt sei.
J.d Die Kapitalerhöhung der A._______ GmbH von EUR 25'000.-- auf EUR 30'000.-- sei durch Einbringen der 25%-Beteilung E._______s erfolgt, um eine Vergünstigung nach § 20 des deutschen Umwandlungssteuergesetzes zu nutzen. Dabei müssten die in der Beteiligung enthaltenen stillen Reserven nicht aufgelöst und folglich nicht versteuert werden. Auch E._______ habe - entgegen der Ansicht der ESTV - keine Kaufpreisforderung gegen die A._______ GmbH.
J.e Sowohl für E._______ wie auch für seine Tochter T._______ hätten sodann wesentliche Gründe vorgelegen, die Beteiligung an der C._______ GmbH nicht im Privatvermögen zu halten. Die Übertragung der Anteile sei Teil einer langfristigen unternehmerischen Strategie und Nachfolgeplanung. Es handele sich um eine vorweggenommene Teilungsanordnung für den Erbfall, welche in dieser Form aufgrund des deutschen Erbschaftssteuerrechts steuerlich begünstigt werde.
J.f E._______ und seiner in erster Ehe geschiedenen Tochter T._______ sei es ein Anliegen gewesen, die Beteiligung am Vermögen der C._______ GmbH in ihrem privaten Umfeld so wenig wie möglich in Erscheinung treten zu lassen.
J.g Aufgrund der negativen Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit seiner Schwester habe E._______ zudem verhindern wollen, dass beispielsweise im Falle einer erneuten Scheidung seiner Tochter oder aufgrund eines Zerwürfnisses mit ihr unmittelbare Auswirkungen auf die C._______ GmbH entstünden und Beteiligungen an Drittpersonen verkauft oder übertragen werden könnten.
J.h Ein weiterer Grund für das Einbringen in die A._______ GmbH habe darin bestanden, dass man eine faktische Abschirmung gegenüber Ansprüchen von Gläubigern der C-Gruppe GmbH auf Leistung von Garantien und anderen Sicherheiten habe erreichen wollen.
J.i Bezüglich der Frage des anwendbaren Rechts stellt sich die A._______ GmbH auf den Standpunkt, Art. 21 Abs. 2 VStG könne nicht direkt Anwendung finden. Sofern die ESTV auf das Erfordernis der wirtschaftlichen Begründetheit abstelle, verkenne sie die Entwicklung in der europäischen Rechtsprechung.
Auch in der Schweiz bestehe die Tendenz, bei reinen Beteiligungsgesellschaften nicht per se von einem Abkommensmissbrauch auszugehen. Die ESTV habe den vorliegenden Sachverhalt ausschliesslich und zu Unrecht anhand der innerstaatlichen Rechtsprechung zur Steuerumgehung im Zusammenhang mit dem Verrechnungssteuergesetz geprüft und es dabei unterlassen, die Frage des Abkommensmissbrauchs durch Auslegung von Sinn und Zweck des DBA unter Beizug der Materialien zu prüfen.
J.j Das gemäss der ESTV zulässige Alternativverhalten habe sich nicht umsetzen lassen. Eine vorgängige Ausschüttung mit dem einzigen Zweck, die finanzielle Auseinandersetzung zwischen den Geschwistern zu ermöglichen, sei aus einkommenssteuerlichen Gründen schädlich gewesen. F._______ habe ein solches Vorgehen aus steuerlichen Überlegungen abgelehnt und die nach deutschem Steuerrecht begünstigte Anteilsveräusserung gewählt.

K.
Die ESTV beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 13. Juli 2007, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen.

L.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird, soweit entscheidwesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021; vgl. Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32] und Art. 4 der Verordnung des Bundesrates vom 30. April 2003 zum schweizerisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen [DBA-D-V; SR 672.913.610]).

1.2 Weil vorliegend keine Ausnahme des Art. 32 VGG einschlägig ist und die ESTV eine Vorinstanz im Sinne von Art. 33 VGG bildet, ist auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten.

1.3 Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bestimmt sich gemäss Art. 37 VGG grundsätzlich nach dem VwVG. Laut Art. 49 VwVG kann die Beschwerdeführerin die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige bzw. unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit des angefochtenen Entscheides rügen.

1.4 Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest. An die von den Parteien oder der Vorinstanz vorgebrachten Begründungen ist es nicht gebunden (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann eine Beschwerde aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (vgl. BVGE 2007/41 E. 2; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 1.54 und 3.197).

1.5 Die Beschwerdeführerin hat weitere Beweise anerboten, darunter E._______ als Zeuge bzw. Auskunftsperson. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann das Beweisverfahren geschlossen werden, wenn die noch im Raum stehenden Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind, etwa weil ihnen die Beweiseignung an sich abgeht oder - gerade umgekehrt - die betreffende Tatsache aus den Akten bereits genügend ersichtlich ist (anstelle vieler: BGE 131 I 153 E. 3 mit Hinweisen; vgl. Moser/ Beusch/Kneubühler, a.a.O., Rz. 3.144 mit weiteren Hinweisen).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet aufgrund der ihm vorliegenden Beweise den Sachverhalt für genügend geklärt. Auf die Erhebung weiterer Beweise ist zu verzichten.

2.
2.1 Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Art. 132 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101] und Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer [Verrechnungssteuergesetz, VStG, SR 642.21]).

2.2 Die Verrechnungssteuer wird nach Massgabe des Verrechnungssteuergesetzes zurückerstattet (Art. 1 Abs. 2 VStG). Sie stellt grundsätzlich nur für inländische Defraudanten eine endgültige Belastung dar. Weiter belastet sie Ausländer endgültig; hier bildet die Verrechnungssteuer ein Entgelt für Vorteile, welche die Schweiz den ausländischen Kapitalanlagen durch ihre stabilen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse bietet (Botschaft des Bundesrates vom 18. Oktober 1963 betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, BBl 1963 II 953, 954).

2.3 Gegenstand der Verrechnungssteuer sind unter anderem die Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Anteile an einer GmbH (Art. 4 Abs. 1 Bst. b VStG). Steuerpflichtig ist der Schuldner der steuerbaren Leistung (Art. 10 Abs. 1 VStG). Die steuerbare Leistung ist bei der Auszahlung, Überweisung, Gutschrift oder Verrechnung ohne Rücksicht auf die Person des Gläubigers um den Steuerbetrag zu kürzen, bei Kapitalerträgen um 35% (Art. 13 Abs. 1 Bst. a in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 VStG).

3.
Gemäss Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG hat ein nach Art. 22 bis 28 VStG Berechtigter Anspruch auf Rückerstattung der ihm vom Schuldner abgezogenen Verrechnungssteuer, wenn er bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes besass. Gegenstand einer Nutzung sind Sachen oder nutzbare Rechte, die Früchte, in der Regel zeitlich wiederkehrende Erzeugnisse oder Erträge, abwerfen (W. Robert Pfund/Bernhard Zwahlen, Die Eidgenössische Verrechnungssteuer, II. Teil, Basel 1985, Rz. 2.26 mit Hinweisen).

3.1 Eine derartige Nutzung hat zuallererst der Eigentümer der Sache, der in den Schranken der Rechtsordnung nach Belieben über sie verfügen kann. Ihm steht von Gesetzes wegen das Eigentum an den natürlichen Früchten der Sache zu (Art. 641 ff . des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 [ZGB; SR 210]). Eine derartige Nutzung haben sodann auch diejenigen Personen, denen die Sache nach Zivilrecht (Gesetz, Vertrag) oder nach öffentlichem Recht zusteht oder an die die Sache vom Eigentümer übertragen worden ist (Pfund/Zwahlen, a.a.O., Rz. 2.26 mit Hinweisen).

3.2 Die Eidgenössische Steuerrekurskommission (SRK) als Vorgängerorganisation des Bundesverwaltungsgerichts hat sich im Entscheid 2005-097 vom 3. Oktober 2006 (E. 2c.cc) ausführlich zum Begriff «Recht zur Nutzung» geäussert. Das Bundesgericht hat den Entscheid mit Urteil 2A.660/2006 vom 8. Juni 2007 zwar aufgehoben, jedoch nur hinsichtlich der Frage, ob im konkreten Fall eine Steuerumgehung vorlag, was das Bundesgericht - anders als die SRK - bejahte.

3.3 Das Recht zur Nutzung eines zinstragenden Guthabens hat nach ständiger Rechtsprechung der SRK, von der abzuweichen das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlass sieht, derjenige, der darüber ausschliesslich und effektiv verfügungsberechtigt ist. Das ist die Person, die umfassenden Anspruch auf jeden möglichen Nutzen hat, welcher der Vermögenswert in irgendeiner Form abwirft. Das im Rahmen der Verrechnungssteuer relevante Nutzungsrecht darf weder bloss vorgegeben noch lediglich von vorübergehender Dauer sein (Entscheid der SRK [2005-097] vom 3. Oktober 2006 E. 2c.cc mit Hinweisen). Nach dieser Rechtsprechung enthält Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG mit der Umschreibung «Recht zur Nutzung» nicht einen zivilrechtlichen, sondern einen wirtschaftlichen Anknüpfungspunkt, und er ist demzufolge in wirtschaftlicher Betrachtungsweise auszulegen (Entscheid der SRK [2005-097] vom 3. Oktober 2006 E. 2c.cc; Entscheid der SRK vom 19. Februar 2001, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 65.112 E. 2b.bb; Entscheid der SRK vom 9. August 2005, veröffentlicht in VPB 70.11 E. 2b.bb je mit Hinweisen).

4.
Während einerseits eine Rückerstattung nur an den effektiv Nutzungsberechtigten in Frage kommt, ist sie nach Art. 21 Abs. 2 VStG auch in all jenen Fällen ausgeschlossen, in denen sie zu einer Steuerumgehung führen würde.

4.1 Eine Steuerumgehung wird nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung angenommen, wenn (a) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich (insolite), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, wenn zudem (b) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, und wenn (c) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von der Steuerbehörde hingenommen würde. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. anstelle vieler: Urteil des Bundesgerichts 2A.660/2006 vom 8. Juni 2007 E. 5.1 mit Hinweisen).

4.2 Sind die Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt, so ist der Besteuerung diejenige Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den erstrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen (Urteil des Bundesgerichts 2A.660/2006 vom 8. Juni 2007 E. 5.1). Nach der bundesgerichtlichen Konzeption greift mit anderen Worten eine Sachverhaltsfiktion im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise Platz (vgl. dazu ausführlich Peter Locher, Rechtsmissbrauchsüberlegungen im Recht der direkten Steuern der Schweiz, Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 75 S. 680 mit Hinweisen; Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Auflage, Zürich 2002, S. 32).

4.3 In der Lehre wird die Meinung vertreten, dass wegen der in Art. 21 Abs. 2 VStG ausdrücklich vorbehaltenen Steuerumgehung für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise als Auslegungshilfe im Rahmen von Art. 21 Abs. 1 VStG nicht nur kein Bedürfnis, sondern auch kein Raum bestehe (Pfund/Zwahlen, a.a.O., Rz. 2.25 in fine). Entscheidend sei allerdings, was unter «wirtschaftlicher Betrachtungsweise» verstanden werde (Pfund/Zwahlen, a.a.O., Rz. 2.25).

4.4 Ob eine Steuernorm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten vorliegt, ist eine Auslegungsfrage. Die Lehre unterscheidet zwischen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Rahmen der Sachverhaltsbeurteilung und jener als Auslegungsgesichtspunkt (Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 31, insbesondere Fussnote 12). Die Frage der Steuerumgehung stelle sich vor allem bei der zivilrechtlichen Anknüpfung. Wenn ohnehin die wirtschaftlichen Gegebenheiten massgebend wären, bräuchte es gar kein Instrument, das dies noch speziell ermögliche (Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 35). Komme man jedoch zum Schluss, das privatrechtliche Kleid sei massgebend, dürfe davon in zwei Fällen abgewichen werden, nämlich im Falle der - oben dargestellten - Steuerumgehung und bei Vorliegen eines Scheingeschäftes (Blumenstein/ Locher, a.a.O., S. 33 mit Hinweisen).

4.5 Ein Scheingeschäft (oder simuliertes Rechtsgeschäft) liegt vor, wenn sich beide Parteien darüber einig sind, dass die gegenseitigen Willenserklärungen keine entsprechenden Rechtswirkungen haben sollen, weil sie entweder ein Vertragsverhältnis vortäuschen oder mit dem Scheingeschäft einen wirklich beabsichtigten Vertrag verdecken wollen (vgl. BGE 112 II 337 E. 4 mit Hinweisen; BGE 97 II 201 E. 5; Wolfgang Wiegand, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 4. Aufl., Basel/Bern/Zürich 2007, N. 50 ff. zu Art.18 OR; Salome Zimmermann, Repetitorium zum Schweizerischen Obligationenrecht, 1. Teil: Art. 1-183, 10. Aufl., Bern 2006, S. 73). Bei einem simulierten Rechtsgeschäft ist die Diskrepanz zwischen Wortlaut und Wille gewollt, um einen Dritten - zum Beispiel die Steuerbehörde oder einen möglichen Kreditgeber - zu täuschen (Peter Gauch/Walter R. Schluep/Jürg Schmid/Susan Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 9. Aufl., Zürich 2008, Rz. 1013). Ein simulierter Vertrag ist unwirksam.

4.6 Allerdings hat der Gesetzgeber in Art. 21 Abs. 2 VStG die Steuerumgehung ausdrücklich vorbehalten. Daraus könnte nun durchaus der Schluss gezogen werden, dass unter Art. 21 Abs. 1 VStG eine rein zivilrechtliche Betrachtungsweise verlangt sei oder aber, dass Art. 21 Abs. 1 VStG eine wirtschaftliche Betrachtungsweise verlangt, die nur soweit führt, dass für Art. 21 Abs. 2 VStG noch Raum bleibt (vgl. Maja Bauer-Balmelli, in: Martin Zweifel/Peter Athanas/Maja Bauer-Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht II/2, Basel 2005 [hiernach: Kommentar VStG], N. 53 f. zu Art. 21 VStG mit Hinweisen). Wie die Lehre zu Recht festhält, kommt es letztlich darauf an, wie weit die wirtschaftliche Betrachtungsweise im konkreten Fall reicht. So darf gemäss Locher über die Existenz einer juristischen Person nur im Falle eines Rechtsmissbrauchs bzw. bei willkürlichem Vorgehen hinweggesehen werden; nach Auffassung des genannten Autors müssten hierfür die Voraussetzungen des Durchgriffs erfüllt sein. Die Befugnis, wirtschaftlich betrachten zu dürfen, genüge nicht (Locher, a.a.O., ASA 75 S. 693 mit Hinweisen).

4.7 Dieses Ergebnis entspricht der Praxis der SRK. Danach liegt die Grenzziehung zwischen dem Steuerumgehungsvorbehalt und der Aberkennung des Anspruchskriteriums «Recht zur Nutzung» letztlich beim missbräuchlichen Vorgehen (Entscheid der SRK [2005-097] vom 3. Oktober 2006 E. 2c.dd und 2c.ee mit Hinweisen; vgl. auch Maja Bauer-Balmelli, Der Sicherungszweck der Verrechnungssteuer. Unter besonderer Berücksichtigung der Erträge aus Beteiligungen, Zürich 2001 [hiernach: Sicherungszweck], S. 163). Massgebend zur Auslegung des Begriffs «Recht zur Nutzung» ist die so verstandene wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. oben Punkt 3.3).

5.
Während ein Inländer die auf Erträgen aus beweglichem Kapitalvermögen erhobene Verrechnungssteuer zurückfordern kann, wenn er bei deren Fälligkeit das Recht zur Nutzung hatte und die Rückerstattung nicht zu einer Steuerumgehung führt (vgl. oben Punkt 3 und 4), gelten für ausländische Leistungsempfänger teilweise andere Voraussetzungen. Einen Anspruch auf teilweise oder vollständige Entlastung haben sie nur dann, wenn ein zwischen der Schweiz und dem entsprechenden Ansässigkeitsstaat abgeschlossenes Doppelbesteuerungsabkommen dies vorsieht (Bauer-Balmelli, Kommentar VStG, N. 55 zu Art. 21 VStG mit Hinweisen; Bauer-Balmelli, Sicherungszweck, S. 167 ff.). Die Schweiz verfolgt als Kapitalexportstaat die Politik, im Zusammenhang mit Kapitalerträgen die Besteuerungsbefugnis des Quellenstaates möglichst einzuschränken (René Matteotti, «Treaty Shopping» und seine Grenzen in der schweizerischen Rechtsprechung, in: Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht [zsis] vom 24. Oktober 2008, Zürich 2008 [hiernach: Treaty Shopping 2008], Ziff. I [Einleitung]). Abkommen mit Drittstaaten kamen zustande, weil sich die Vertragsparteien auf der Basis des Prinzips der Reziprozität gegenseitig bereit erklärten, auf einen Teil des nach internem Recht steuerbaren Einkommens und Vermögens zu Gunsten der anderen Vertragspartei zu verzichten (Matteotti, Treaty Shopping 2008, Ziff. IV/2; René Matteotti, Die Verweigerung der Entlastung von der Verrechnungssteuer wegen Treaty Shoppings [hiernach: Treaty Shopping 2007], ASA 75 S. 794).

5.1 So legt Art. 10 Abs. 1 DBA-D fest, dass Dividenden, die eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft an eine in Deutschland ansässige Person bezahlt, in Deutschland besteuert werden können (und vice versa). Gemäss Art. 10 Abs. 2 DBA-D können solche Dividenden jedoch auch in der Schweiz besteuert werden, wobei die schweizerische Steuer - und im umgekehrten Fall die deutsche - gewisse Prozentsätze nicht überschreiten darf. Bei Dividendenzahlungen einer schweizerischen GmbH an eine natürliche Person in Deutschland beträgt dieser Satz 15% (Art. 10 Abs. 2 Bst. c DBA-D).

5.2 Handelt es sich beim Empfänger in Deutschland um eine Gesellschaft, die unmittelbar über mindestens 20% am Kapital der ausschüttenden schweizerischen Gesellschaft verfügt, können die Erträge in der Schweiz nicht besteuert werden (Art. 10 Abs. 3 DBA-D). Diese Besserstellung qualifizierender Beteiligungen fand mit Art. II des Revisionsprotokolls zum DBA-D vom 12. März 2002 Eingang ins Doppelbesteuerungsrecht. Die Änderung wurde von der Bundesversammlung am 9. Dezember 2002 genehmigt und steht seit 24. März 2003 in Kraft (SR 0.672.913.623). Damit wird im schweizerisch-deutschen Konzernverhältnis die gleiche Entlastung gewährt, wie sie gemäss der sogenannten Mutter-Tochter-Richtlinie von den EU-Staaten verlangt wird (vgl. die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten, Abl. 1990, L 225/6-9; Botschaft des Bundesrates vom 8. Mai 2002 über ein Protokoll zur Änderung des DBA-D, BBl 2002 4287, 4288; vgl. auch ab 1. Juli 2005 Art. 15 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind [Zinsbesteuerungsabkommen, ZBstA; SR 0.641.926.81]).

5.3 Gleichzeitig mit der Aufhebung der residualen Steuer für qualifizierende Beteiligungen vereinbarten die Schweiz und Deutschland eine Neufassung des Art. 23 DBA-D. Demnach ist das DBA-D «nicht so auszulegen, als hindere es einen Vertragsstaat, seine innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung anzuwenden». Laut Botschaft hat die Vergangenheit gezeigt, dass die in aArt. 23 DBA-D (AS 1972 3093) festgelegten Kriterien zur Bestimmung der Frage, ob ein Abkommensmissbrauch vorliege, zu starr gewesen und auch Sachverhalte darunter subsumiert worden seien, die klarerweise keine Missbrauchsmerkmale aufgewiesen hätten (Botschaft des Bundesrates vom 8. Mai 2002 über ein Protokoll zur Änderung des DBA-D, BBl 2002 4287, 4291).

6.
Während die neueren von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen das Konzept des Nutzungsberechtigten aufnehmen, hat das DBA-D mit Art. 4 Abs. 11 eine davon abweichende Konzeption (vgl. Georg Lutz, Abkommensmissbrauch, Massnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs von Doppelbesteuerungsabkommen, Zürich 2005, S. 22 ff. und S. 107). Art. 4 Abs. 11 DBA-D sieht nämlich vor, dass eine Person in Bezug auf Einkünfte nicht als ansässig gilt - und als Folge davon nicht in den Genuss der Abkommensvorteile kommt -, wenn die Einkünfte nicht ihr, sondern einer anderen Person zuzurechnen sind.

6.1 Gemäss Lutz (a.a.O., S. 25) entspricht diese Konzeption, die im Übrigen auch in den DBA mit Belgien, Frankreich und Italien enthalten ist, inhaltlich dem Konzept des Nutzungsberechtigten (oben Punkt 3). Nach dem Willen der Vertragsstaaten sollen auch hier nur die wirklich Berechtigten und nicht die vorgeschobenen Personen in den Genuss der Abkommensvorteile gelangen.

6.2 An anderer Stelle und in Anlehnung an das für reine Binnensachverhalte vorgesehene Konzept (oben Punkt 3 und 4) wird postuliert, auch im internationalen Kontext einerseits das Anspruchskriterium «beneficial owner» und andererseits - ergänzend - den Missbrauchsvorbehalt zu verwenden (Maja Bauer-Balmelli, Die Steuerumgehung im Verrechnungssteuerrecht, in: IFF Forum für Steuerrecht [FStR] 2002, S. 176). Gemäss der zitierten Autorin ergäbe dies die Möglichkeit, den letztlich unscharf abgegrenzten Missbrauchsvorbehalt nur noch ausnahmsweise bemühen zu müssen. Unscharf sei die Abgrenzung insbesondere dann, wenn (im DBA) eine explizite Bestimmung dazu fehle. Dieses Vorgehen sei angebracht, obwohl das Kriterium des «beneficial owner» historisch zwecks Missbrauchsverhinderung Eingang in die DBA gefunden habe.

6.3 Wassermeyer hält Art. 4 Abs. 11 DBA-D ohnehin für in seinem gedanklichen Ansatz verfehlt (Franz Wassermeyer in: Hans Flick/Franz Wassermeyer/Michael Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Kommentar, Köln 2006, N. 228 ff. zu Art. 4 DBA-D). Die Vorschrift vermenge unzulässigerweise die Begriffe «Ansässigsein» und «Zurechnung von Einkünften und Vermögenswerten».

Die Zurechnung von Einkünften und Vermögenswerten sei logischerweise stets vor der Abkommensberechtigung zu prüfen und richte sich gemäss Art. 3 Abs. 2 DBA-D nach dem innerstaatlichen Recht des jeweiligen Anwenderstaates. Dieses bestimme, welche Person die Einkünfte erziele bzw. welcher Person das Vermögen zuzurechnen sei. Letztlich spreche kein vernünftiger Grund dafür, dass das DBA-D von diesem allgemeinen Grundsatz abweichen sollte. Gemäss übereinstimmender Auslegung durch die Vertragsstaaten soll Art. 4 Abs. 11 DBA-D den im internationalen Steuerrecht anerkannten Grundsatz bestätigen, dass das Abkommen nur vom wirklich Berechtigten, nicht aber von einer vorgeschobenen Person in Anspruch genommen werden könne. Die Bestimmungen des innerstaatlichen Steuerrechts der Vertragsstaaten über die Zurechnung von Einkünften und Vermögenswerten aber soll vom DBA-D unberührt bleiben (Wassermeyer, a.a.O., N. 232 zu Art. 4 DBA-D mit Hinweisen).

7.
Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass im Anwendungsbereich des DBA-D genau wie im innerstaatlichen Recht zuerst die Frage zu klären ist, wem das Recht zur Nutzung zusteht. Art. 3 Abs. 2 DBA-D hat folgenden Wortlaut: «Bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.» Der Begriff des Rechts zur Nutzung bzw. des Nutzungsberechtigten ist demnach zwar vertragsautonom auszulegen, orientiert sich allerdings gemäss der Praxis der SRK, von welcher abzuweichen das Bundesverwaltungsgericht keinen Anlass sieht, an der Rechtsprechung zu Art. 21 Abs. 1 Bst. a VStG bzw. am innerstaatlichen Recht (vgl. dazu ausführlich den Entscheid der SRK [2003-159] vom 3. März 2005 E. 3.d.aa; vgl. auch Alberto Lissi, Steuerfolgen von Gewinnausschüttungen schweizerischer Kapitalgesellschaften im internationalen Konzernverhältnis, Zürich 2007, S. 176 und 189; sodann Matteotti, Treaty Shopping 2008, Ziff. II/2.1 und Matteotti, Treaty Shopping 2007, S. 779 f.). Erst in einem zweiten Schritt ist allenfalls zu prüfen, ob eine Steuerumgehung vorliegt. Die Steuerumgehung beurteilt sich nunmehr aufgrund der Änderung des Art. 23 Abs. 1 DBA-D (in der ab 24. März 2003 gültigen Fassung) nach innerstaatlichem Recht.

8.
Zu klären bleibt die rechtliche Lage vor Inkrafttreten der genannten Änderung, das heisst vor dem 24. März 2003.

8.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann bei der Auslegung und Anwendung eines DBA prinzipiell auf die sich aus der Vertragsrechtskonvention (VRK) ergebenden Grundsätze abgestellt werden. Gemäss Art. 26 VRK bindet ein Abkommen die Vertragsparteien und ist von ihnen nach Treu und Glauben zu erfüllen (Urteil des Bundesgerichts 2A.239/2005 vom 28. November 2005 E. 3.4.1 mit Hinweisen). Jeder Vertragsstaat kann vom anderen erwarten, dass er in Beachtung dieser Grundsätze handelt. Davon umfasst ist auch die Missbrauchsabwehr, denn das Rechtsmissbrauchsverbot gilt als Teilgehalt des Grundsatzes von Treu und Glauben (Urteil des Bundesgerichts 2A.239/2005 vom 28. November 2005 E. 3.4.3 mit Hinweisen).

Für die Frage, in welchen Fällen ein Abkommensmissbrauch anzunehmen ist, zieht das Bundesgericht die Kommentierungen zu den OECD-Musterabkommen als Interpretationshilfen heran (Urteil des Bundesgerichts 2A.239/2005 vom 28. November 2005 E. 3.4 und 3.6 mit Hinweisen). Der so verstandene Abkommensmissbrauch hat einen praktisch identischen Anwendungsbereich wie der Steuerumgehungsvorbehalt im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. zum Umfang des Abkommensmissbrauchs: Urteil des Bundesgerichts 2A.239/2005 vom 28. November 2005 E. 3.6 mit Hinweisen). Es geht in beiden Fällen darum, dem steuerrechtlichen Rechtsmissbrauch beizukommen und eine unechte Lücke im Steuergesetz oder im DBA zu füllen (zum steuerrechtlichen Rechtsmissbrauch vgl. Locher, a.a.O., S. 696).

8.2 Daran ändert nichts, dass der bis zum 24. März 2003 gültige aArt. 23 DBA-D detaillierte Regelungen zur Bekämpfung der internationalen Steuerumgehung enthielt. Es handelte sich dabei gerade nicht um eine allgemeine Missbrauchsregelung im Sinne einer Generalklausel, sondern um eine - nicht abschliessende - Auflistung bestimmter Fallgruppen (Wassermeyer, a.a.O., N. 1 ff. zu aArt. 23 DBA-D mit Hinweisen). Da sich der Anwendungsbereich dieser Fallgruppen wie oben unter Punkt 5.3 dargestellt als zu weitgehend erwies, erfolgte mit der Änderung von Art. 23 Abs. 1 DBA-D eine Reduktion auf einen Wortlaut, laut welchem nunmehr die innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Verhinderung der Steuerumgehung anzuwenden seien (Botschaft des Bundesrates vom 8. Mai 2002 über ein Protokoll zur Änderung des DBA-D, BBl 2002 4287, 4291).

8.3 Der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach sich ein allgemeiner Missbrauchsvorbehalt aus der VRK bzw. aus den Kommentierungen zu den OECD-Musterabkommen ergibt, ist in der Lehre teils heftige Kritik erwachsen (vgl. Markus Reich/Robert Waldburger, Rechtsprechung im Jahr 2005 [1. Teil], in: FStR 2006, S. 232 ff.; René Matteotti, Treaty Shopping 2008, Ziff. II/3 und IV/1 mit Hinweisen; Stefan Oesterhelt/Maurus Winzap, Abkommensmissbrauch. Dänemark-Entscheid zum Treaty-Shopping, in: Der Schweizer Treuhänder [ST] 2006, S. 774 ff.; für das Bestehen eines allgemeinen Missbrauchsvorbehaltes im Abkommensrecht auch Lissi, a.a.O., S. 250). Oesterhelt/Winzap erachten das in Art. 2 Abs. 2 ZGB normierte Rechtsmissbrauchsverbot für einschlägig.

9.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das Handelsregister E._______ als einzigen Gesellschafter der schweizerischen C._______ GmbH ausweist. Er ist formell Eigentümer des einzigen Stammanteils der C._______ GmbH. Ein allfälliges Recht der deutschen A._______ GmbH zur Nutzung dieses Stammanteiles ergäbe sich damit einzig aufgrund einer Treuhand zwischen E._______ und der A._______ GmbH.

10.
Wie dargestellt, orientiert sich die Frage, wem das Recht zur Nutzung zusteht, vorliegendenfalls nach innerstaatlichem und damit schweizerischem Recht (oben Punkt 7). Das im Rahmen der Verrechnungssteuer relevante Nutzungsrecht darf demnach weder bloss vorgegeben noch lediglich von vorübergehender Dauer sein. Gemäss Rechtsprechung ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu entscheiden, wem dieses Recht zusteht (oben Punkt 3.3 und 4.7).

10.1 Die Beschwerdeführerin lässt vortragen, E._______ habe mit der gewählten Konstruktion verhindern wollen, dass bei einem allfälligen Zerwürfnis mit seiner Tochter keine Dritten an das Vermögen der C._______ GmbH gelangen können. Das lässt erkennen, dass - sollte sich der Fall eines familiären Streites aktualisieren - E._______ die Stammanteile auf seine Person will zurücknehmen können. Die Beschwerdeführerin bringt damit zweifelsfrei zum Ausdruck, dass es an einer ernsthaften und dauernden Übertragung fehlt. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann deshalb das Recht zur Nutzung nicht der Beschwerdeführerin zustehen.

10.2 Das Gleiche erhellt aus der Aussage der Beschwerdeführerin, mit dem Vorgehen eine faktische Abschirmwirkung gegenüber Ansprüchen von Gläubigern der C-Gruppe GmbH auf Leistung von Garantien und anderen Sicherheiten erzielen zu wollen. Laut den Ausführungen der Beschwerdeführerin sähen sich mit dem Unternehmen Verbundene, wenn auch nicht persönlich haftbare Gesellschafter erfahrungsgemäss solchen Ansprüchen ausgesetzt.

Führt man diese Argumentation konsequent zu Ende, muss es sich beim Vermögen, das in der A._______ GmbH deponiert wurde, um solches handeln, an dem tatsächlich einzig E._______ ein Recht zur Nutzung beansprucht und zusteht. Handelte sich mit anderen Worten nicht um Vermögen, an dem E._______ das Recht zur Nutzung zustünde, wäre eine Abschirmung vor Gläubigern der C-Gruppe GmbH weder nötig noch sinnvoll. Der Beschwerdeführerin fehlte es demnach nicht nur an der formellen Eigentümerstellung, sondern es fehlte auch an einem effektiven Recht zur Nutzung.

11.
Für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens spielt es im Übrigen keine Rolle, ob mit dem Begriff «Recht zur Nutzung» in Fortführung der Rechtsprechung der SRK an wirtschaftlichen Gegebenheiten angeknüpft wird oder ob einzig die zivilrechtliche Gestaltung ausschlaggebend sein soll. Aus dem dargelegten Vorgehen der Beschwerdeführerin A._______ GmbH erhellt nämlich, dass die Treuhand zwischen ihr und E._______ nicht ernstlich gewollt ist; sie ist vielmehr simuliert und wäre damit bereits nach zivilrechtlichen Kriterien unbeachtlich.

12.
Selbst wenn die Simulation verneint und damit die Rechtsgestaltung der Parteien zivilrechtlich akzeptiert würde, wäre im vorliegenden Fall eine Steuerumgehung zu bejahen, da das Vorgehen der Beschwerdeführerin - wie von der Vorinstanz korrekt dargelegt (vgl. hiervor Bst. H und I) - ganz offensichtlich einzig dem Zweck diente, in der Schweiz Steuern zu sparen, das Vorgehen auch zu einer effektiven Ersparnis führte und den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint. Die Beschwerdeführerin legt selber dar, die Funktion der C._______ GmbH sei im Rahmen der gesamten C-Gruppe mit einem Kapitalanlagefonds vergleichbar. Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb es als nötig erschien, das Wertschriftendepot bei der Bank D._______ aus anderen als rein steuerrechtlichen Gründen über zwei wirtschaftlich inaktive Gesellschaften zu halten, konnte die Beschwerdeführerin jedoch nicht beibringen.

Dass die Vorinstanz die Frage der Steuerumgehung auch bezüglich der sich vor dem 24. März 2003 ereigneten Dividendenzahlung des Jahres 2001 nach den Kriterien des Bundesgerichts beurteilt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Wie unter Punkt 8.2 und 8.3 dargestellt, kommt es in der Essenz und für den vorliegenden Fall nämlich nicht darauf an, ob das Verbot des (steuerrechtlichen) Rechtsmissbrauch aus einem DBA, der VRK oder dem innerstaatlichem Recht (Art. 2 Abs. 2 ZGB) abgeleitet wird.

13.
Ausgangsgemäss ist die Beschwerde abzuweisen. Die Verfahrenskosten in der Höhe von CHF 8'500.-- sind bei diesem Ausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen. Eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG a contrario).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von CHF 8'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von CHF 8'500.- verrechnet.

3.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. _______ Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Daniel Riedo Urban Broger

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).
Versand am 3. November 2008
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : A-2163/2007
Datum : 30. Oktober 2008
Publiziert : 24. November 2008
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Verrechnungssteuer
Gegenstand : Verrechnungssteuer; Rückerstattung; DBA


Gesetzesregister
BGG: 42  82
BV: 132
OR: 18
SR 0.111: 26
SR 0.672.913.62: 3  4  10  23
VGG: 31  32  33  37
VStG: 1  4  10  13  14  21  22bis
VwVG: 5  49  62  63  64
ZGB: 2  641
BGE Register
112-II-337 • 131-I-153 • 97-II-201
Weitere Urteile ab 2000
2A.239/2005 • 2A.660/2006
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
steuerumgehung • verrechnungssteuer • bundesgericht • frage • bundesverwaltungsgericht • deutschland • wirtschaftliche betrachtungsweise • vorinstanz • doppelbesteuerungsabkommen • sachverhalt • rechtsmissbrauch • weiler • vertragspartei • geschwister • bundesgesetz über die verrechnungssteuer • wille • stelle • beweismittel • treu und glauben • zivilgesetzbuch
... Alle anzeigen
BVGE
2007/41
BVGer
A-2163/2007
AS
AS 1972/3093
BBl
1963/II/953 • 2002/4287
EU Richtlinie
1990/435 • 2003/48
VPB
70.11
Zeitschrift ASA
ASA 75,693 • ASA 75,794