Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5C.168/2005 /bnm

Urteil vom 23. Januar 2006
II. Zivilabteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Möckli.

Parteien
X.________,
Klägerin und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Claude Fischer,

gegen

Y.________ Versicherung,
Beklagte und Berufungsbeklagte.

Gegenstand
Versicherungsvertrag,

Berufung gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 25. April 2005.

Sachverhalt:

A.
Am 20. Februar 1992 schloss X.________, geb. 27. Mai 1961, mit der Y.________ Versicherung eine gemischte Lebensversicherung (Erlebens- und Todesfall) mit Erwerbsausfallrente ab. Im Fragenkatalog zum Gesundheitszustand bejahte sie die Fragen Ziff. 5 (benötigen Sie Medikamente oder stehen Sie unter ärztlicher Behandlung oder ärztlicher Kontrolle), Ziff. 6 (wurden Sie schon in einem Krankenhaus, Sanatorium oder einer Kuranstalt behandelt, operiert oder untersucht), Ziff. 10.1 (Erkrankung der Atmungsorgane wie Brustfellentzündung, Bronchitis, Asthma, Staublunge oder andere), wobei sie "Bronchitis" unterstrich, sowie Ziff. 10.7 (Krankheiten der Knochen und Gelenke wie Hexenschuss, Ischias, Wirbelsäulenbeschwerden, Arthritis, Rheumatismus oder andere), wobei sie "Rheumatismus" unterstrich. In Ziff. 13, wo Einzelheiten anzugeben waren, bemerkte sie u.a. "Rheumaschub 1-2 x jährl. sonst i.O. Dr. Z.________" sowie "Kaiserschnitt 1982 Geburt Tochter Alles i.O.".

Am 13. März 1995 wurden unter Beibehaltung der versicherten Ereignisse die Versicherungssummen erhöht. Mit Vertrag vom 6. Februar 1996 wurde die Versicherung bei gleichbleibenden Summen auf das Ereignis des Unfalltodes ausgeweitet. In diesem Zusammenhang füllte X.________ wiederum einen Fragenkatalog aus, wobei sich die Fragen zu ihrem Gesundheitszustand auf die letzten zehn Jahre beschränkten. Im Rahmen der erweiterten Versicherungsdeckung wurden am 30. März 1998 wiederum die Versicherungssummen erhöht. Die Versicherungsverträge wurden stets unter der gleichen Nummer 5.339.105 geführt.

B.
Nachdem X.________ invalid geworden war, trat die Y.________ Versicherung mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 vom Vertrag zurück, indem sie sich auf Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
VVG berief und geltend machte, die Versicherungsnehmerin habe im Fragenkatalog vom 19. Februar 1992 nicht erwähnt, dass sie im Alter von 16 Jahren während sechs Monaten hospitalisiert gewesen sei. Es handelt sich dabei um einen längeren Aufenthalt (die genaue Dauer blieb im kantonalen Verfahren umstritten) aus dem Jahr 1977 in der medizinischen Klinik des Krankenhauses W.________ in A.________ wegen Wachstumsstörungen bzw. "dicken Knien".

C.
Mit Klage vom 7. Juli 2004 stellte X.________ die Begehren, der von der Y.________ Versicherung erklärte Rücktritt sei für ungültig und diese für pflichtig zu erklären, ihr ab 1. April 2002 und bis auf weiteres, längstens aber bis 29. Februar 2012 die geschuldeten Leistungen, d.h. eine jährliche Erwerbsausfallrente von Fr. 22'000.-- zuzüglich Leistungsbonus auszurichten.

Mit Urteil vom 25. April 2005 wies das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage ab.

D.
Gegen dieses Urteil hat X.________ am 27. Juni 2005 staatsrechtliche Beschwerde und Berufung eingereicht, Letztere mit dem Begehren um Gutheissung der Klage. In ihrer Antwort vom 23. September 2005 hat die Y.________ Versicherung auf Abweisung der Berufung geschlossen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Sind in der gleichen Streitsache Berufung und staatsrechtliche Beschwerde erhoben worden, wird Letztere in der Regel zuerst behandelt (Art. 57 Abs. 5
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
OG). Umgekehrt ist insbesondere dann zu verfahren, wenn die Berufung selbst auf Grund der mit staatsrechtlicher Beschwerde kritisierten Sachverhaltsfeststellungen des kantonalen Gerichts als begründet erscheint, was vorliegend der Fall ist.

2.
Zwischen den Parteien ist strittig, ob in den Jahren 1995, 1996 und 1998 jeweils ein neuer Versicherungsvertrag abgeschlossen (Klägerin) oder lediglich der ursprüngliche vom 20. Februar 1992 modifiziert worden ist (Beklagte). Letzterenfalls wäre der zeitlich nicht limitierte Fragenkatalog vom 19. Februar 1992, auf dessen Basis die Beklagte mit Bezug auf den verschwiegenen Spitalaufenthalt im Jahr 1977 eine Anzeigepflichtsverletzung behauptet hat, nach wie vor verbindlich.

2.1 Die Abgrenzung zwischen Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages und blosser Änderung des bestehenden Vertrages kann im Einzelfall schwierig sein. Um einen Neuabschluss handelt es sich regelmässig, wenn der Vertragsgegenstand wesentliche Änderungen erfahren hat, namentlich wenn die versicherten Risiken ausgedehnt worden sind (vgl. Stoessel, in: Basler Kommentar zum VVG, N. 12 zu Art. 2; Carré, Loi fédérale sur le contrat d'assurance, Lausanne 2000, S. 117). Desgleichen deutet die Änderung der Laufzeit der Versicherung auf einen neuen Vertrag hin (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., München 2004, N. 7 zu § 3 deutsches VVG; vgl. auch Maurer, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., Bern 1995, S. 228). Als blosse Vertragsänderungen werden demgegenüber die Herabsetzung der Versicherungssumme, aber auch die Einschränkung der versicherten Risiken angesehen, namentlich der Wechsel von einer Voll- zur Teilkaskoversicherung (BGE 120 II 133 E. 4b S. 135; Stoessel, a.a.O., N. 14; Carré, a.a.O., S. 117).

Umstritten ist die Einordnung der sog. Nachversicherung: Sie fällt kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung (Art. 2 Abs. 3
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 2
1    Wird der Antrag, einen bestehenden Vertrag zu verlängern oder abzuändern oder einen suspendierten Vertrag wieder in Kraft zu setzen, vom Versicherungsunternehmen nicht binnen 14 Tagen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt, so gilt er als angenommen.
2    Ist nach Massgabe der allgemeinen Versicherungsbedingungen eine ärztliche Untersuchung erforderlich, so gilt der Antrag als angenommen, wenn er vom Versicherungsunternehmen nicht binnen vier Wochen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt wird.
3    Der Antrag, die Versicherungssumme zu erhöhen, fällt nicht unter diese Bestimmungen.
VVG) nicht unter Art. 2
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 2
1    Wird der Antrag, einen bestehenden Vertrag zu verlängern oder abzuändern oder einen suspendierten Vertrag wieder in Kraft zu setzen, vom Versicherungsunternehmen nicht binnen 14 Tagen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt, so gilt er als angenommen.
2    Ist nach Massgabe der allgemeinen Versicherungsbedingungen eine ärztliche Untersuchung erforderlich, so gilt der Antrag als angenommen, wenn er vom Versicherungsunternehmen nicht binnen vier Wochen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt wird.
3    Der Antrag, die Versicherungssumme zu erhöhen, fällt nicht unter diese Bestimmungen.
VVG; vielmehr kommt hier Art. 1
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 1
1    Wer dem Versicherungsunternehmen7 den Antrag zum Abschlusse eines Versicherungsvertrages gestellt und für die Annahme keine kürzere Frist gesetzt hat, bleibt 14 Tage gebunden.
2    Erfordert die Versicherung eine ärztliche Untersuchung, so bleibt der Antragsteller vier Wochen gebunden.
3    Die Frist beginnt mit der Übergabe oder Absendung des Antrags an das Versicherungsunternehmen oder dessen Agenten zu laufen.
4    Der Antragsteller wird frei, wenn die Annahmeerklärung des Versicherungsunternehmens nicht vor Ablauf der Frist bei ihm eingetroffen ist.
VVG zur Anwendung (Stoessel, a.a.O., N. 16). Während ein Teil der Lehre deshalb einen neuen Vertrag annimmt (Roelli, Kommentar zum VVG, Band I, Bern 1914, S. 44), geht ein anderer Teil dennoch von einer blossen Vertragsänderung aus mit der Begründung, der Parteiwille sei nicht auf einen Neuabschluss gerichtet (Roelli/Keller/Tännler, Kommentar zum VVG, Band I, Bern 1968, S. 58). Wie es sich mit den beiden Nachversicherungen aus den Jahren 1995 und 1998 verhält, kann vorliegend offen gelassen werden, weil die Klage ohnehin aus einem anderen Grund gutzuheissen ist (nachfolgend E. 2.2).

2.2 Im Unterschied zu den Jahren 1995 und 1998 wurden 1996 nicht die Versicherungssummen erhöht, sondern die versicherten Risiken erweitert, indem am 6. Februar 1996 der Unfalltod als versichertes Ereignis miteingeschlossen wurde. In diesem Zusammenhang musste die Klägerin eine neue Gesundheitsdeklaration ausfüllen. Nun gehört aber die Anzeigepflicht nach der Marginalie zu Art. 4 Abs. 1
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 4
1    Der Antragsteller hat dem Versicherungsunternehmen anhand eines Fragebogens oder auf sonstiges Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen, mitzuteilen. Sowohl das Befragen als auch die Mitteilung haben schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu erfolgen.24
2    Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherungsunternehmens, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben.
3    Die Gefahrstatsachen, auf welche die Fragen des Versicherungsunternehmens in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet.25
VVG zu den Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Vorfeld des Vertragsabschlusses (vgl. auch Nef, in: Basler Kommentar zum VVG, Basel 2001, N. 7 zu Art. 4); nach Ziff. 4.1 der ins Recht gelegten AGB der Beklagten beschränkt sich die Befreiung von der Gesundheitsdeklaration denn auch ausdrücklich auf die Nachversicherung. Sodann sind aus den Akten keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach die Gefahrendeklaration sich nicht auf den Versicherungsvertrag als solchen bezogen, sondern auf das neue Risiko des Unfalltodes beschränkt hätte; vielmehr machte die Beklagte die Gültigkeit des Vertrages in der von ihr vorformulierten Risikodeklaration explizit von der Richtigkeit und Vollständigkeit der klägerischen Angaben abhängig. Dabei verwies sie auf Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
VVG, der seinerseits von der Anzeigepflichtverletzung beim Abschluss des Vertrages spricht.
Nach dem Vertrauensprinzip, das vom Bundesgericht im Berufungsverfahren als Rechtsfrage frei überprüft wird (BGE 130 III 686 E. 4.3.1 S. 689), können diese Erklärungen der Beklagten nicht anders denn als Willensäusserung zum Abschluss eines neuen Vertrages interpretiert werden. In objektiver Hinsicht spiegelt sich dieser Abschlusswille schliesslich in der Versicherungspolice vom 6. Februar 1996, die nach der Erklärung der Beklagten den bisherigen Versicherungsvertrag (nicht: die bisherige Versicherungspolice) ersetze.

Kein anderes Resultat ergäbe sich im Übrigen, wenn man die aktenkundigen Erklärungen der Beklagten nicht nach dem Vertrauensprinzip als Willensäusserung zum Neuabschluss interpretieren, sondern die Auffassung vertreten würde, dass sich diese in guten Treuen verschieden, d.h. auch als Willenskundgabe zur blossen Vertragsänderung verstehen lassen: Diesfalls würde der Grundsatz in dubio contra stipulatorem greifen und die Beklagte müsste sich die für sie ungünstige Auslegungsvariante entgegenhalten lassen (BGE 122 III 118 E. 2a S. 121; 124 III 155 E. 1b S. 158 f.); sie hätte es denn auch in der Hand gehabt, ihren angeblichen Willen zur blossen Vertragsänderung durch entsprechende Formulierungen gegen aussen unzweideutig zu bekunden.

2.3 Haben die Parteien nach dem Gesagten am 6. Februar 1996 einen neuen Versicherungsvertrag geschlossen, so ist die Risikodeklaration aus dem Jahr 1992 hierfür nicht von Belang; relevant ist allein diejenige vom 29. Januar 1996, bei welcher die Beklagte lediglich für die letzten zehn Jahre Auskunft verlangte. Entsprechend kann es der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie die Hospitalisation im Jahr 1977 nicht erwähnt hat.

3.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Klage gutzuheissen ist, und zwar in dem von der Klägerin verlangten Umfang, bestreitet doch die Beklagte deren Forderungen nur im Grundsatz, nicht aber im Ausmass. Bei diesem Ergebnis werden die weiteren Fragen (namentlich die Erheblichkeit der Gefahrstatsache sowie die Rechtzeitigkeit des Rücktritts) gegenstandslos.

4.
Zufolge Gutheissung der Klage wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
und Art. 159 Abs. 2
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
OG). Für die Festsetzung der Kosten des kantonalen Verfahrens entsprechend dem neuen Ausgang wird die Sache ans Handelsgericht zurückgewiesen (Art. 159 Abs. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 25. April 2005 aufgehoben.

2.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab 1. April 2002 bis längstens 29. Februar 2012 eine jährliche Erwerbsausfallrente von Fr. 22'000.-- zuzüglich Leistungsbonus auszurichten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beklagten auferlegt.

4.
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen.

5.
Zur neuen Festsetzung und Verlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens wird die Sache ans Handelsgericht zurückgewiesen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Januar 2006
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 5C.168/2005
Datum : 23. Januar 2006
Publiziert : 21. Februar 2006
Quelle : Bundesgericht
Status : Publiziert als BGE-132-III-264
Sachgebiet : Vertragsrecht
Gegenstand : Versicherungsvertrag


Gesetzesregister
OG: 57  156  159
VVG: 1 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 1
1    Wer dem Versicherungsunternehmen7 den Antrag zum Abschlusse eines Versicherungsvertrages gestellt und für die Annahme keine kürzere Frist gesetzt hat, bleibt 14 Tage gebunden.
2    Erfordert die Versicherung eine ärztliche Untersuchung, so bleibt der Antragsteller vier Wochen gebunden.
3    Die Frist beginnt mit der Übergabe oder Absendung des Antrags an das Versicherungsunternehmen oder dessen Agenten zu laufen.
4    Der Antragsteller wird frei, wenn die Annahmeerklärung des Versicherungsunternehmens nicht vor Ablauf der Frist bei ihm eingetroffen ist.
2 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 2
1    Wird der Antrag, einen bestehenden Vertrag zu verlängern oder abzuändern oder einen suspendierten Vertrag wieder in Kraft zu setzen, vom Versicherungsunternehmen nicht binnen 14 Tagen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt, so gilt er als angenommen.
2    Ist nach Massgabe der allgemeinen Versicherungsbedingungen eine ärztliche Untersuchung erforderlich, so gilt der Antrag als angenommen, wenn er vom Versicherungsunternehmen nicht binnen vier Wochen, vom Empfange an gerechnet, abgelehnt wird.
3    Der Antrag, die Versicherungssumme zu erhöhen, fällt nicht unter diese Bestimmungen.
4 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 4
1    Der Antragsteller hat dem Versicherungsunternehmen anhand eines Fragebogens oder auf sonstiges Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen, mitzuteilen. Sowohl das Befragen als auch die Mitteilung haben schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu erfolgen.24
2    Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherungsunternehmens, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben.
3    Die Gefahrstatsachen, auf welche die Fragen des Versicherungsunternehmens in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind, werden als erheblich vermutet.25
6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
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