VPB 51.14

(Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen vom 2. Juli 1986)

Radio und Fernsehen. Informationssendung des Fernsehens über die Nachfleischschau, die der ehemalige Direktor des in der Sendung gezeigten Schlachthofes beanstandet. Besondere Legitimation aus einer engen Beziehung zum Gegenstand der Sendung bejaht.

Radio et télévision. Emission d'information de la télévision sur le contrôle de l'inspection des viandes au lieu de destination, qui fait l'objet d'une réclamation de la part de l'ancien directeur de l'abattoir montré dans l'émission. Admission de la qualité pour recourir spéciale dont jouissent les personnes particulièrement concernées par l'objet d'une émission.

Radio e televisione. Emissione d'informazione della televisione relativa al controllo dell'ispezione delle carni sul luogo di destinazione, oggetto di reclamo da parte dell'ex direttore del macello pubblico mostrato nell'emissione. Legittimazione ricorsale speciale riconosciuta alle persone particolarmente interessate dall'oggetto di un'emissione.

I

A. Am 10. Februar 1986 hat sich der «Kassensturz» des Deutschschweizer Fernsehens in einem rund zehnminütigen Beitrag mit der Durchführung der Nachfleischschau (zweite Fleischkontrolle nach derjenigen bei der Schlachtung) und ihrem Sinn oder Unsinn befasst.

Nach der Einleitung des Moderators mit einer Bemerkung über den in der Schweiz herrschenden grossen Fleischtourismus wird in einem Trickfilm an einem Beispiel gezeigt, wie unsinnig die Nachfleischschau sein könne. Der Film schildert eine Fahrt vom oberen Zürichsee - vorbei an der am Ende zu beliefernden Metzgerei - durch die Stadt Zürich bis zum Schlachthof, wo manchmal das Fleisch zu zeigen, aber immer die Begleitpapiere zur Berechnung der Nachfleischschaugebühr abzuliefern seien. Darauf geht die Fahrt durch Verkehrsstaus zurück zum Metzger; Fazit: Verteuerung der Ware und Belastung der Umwelt.

...

B. Über diesen Beitrag hat sich am 9. März 1986 X beschwert. Als ehemaliger Vorsitzender der «Arbeitsgemeinschaft der tierärztlichen Leiter öffentlicher Schlachthöfe der Schweiz» und als früherer Direktor des Schlachthofes Zürich hält er sich nach Art. 14 Bst. b des BB vom 7. Oktober 1983 über die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (SR 784.45; im folgenden BB genannt) zur Beschwerdeführung legitimiert.

II

1. (Formelles)

2. Nach Art. 14 Bst. b BB sind einzelne Beschwerdeführer zur Rüge von Konzessionsverletzungen legitimiert, wenn sie eine enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten Sendung nachweisen. Dazu ist es nach Praxis der Unabhängigen Beschwerdeinstanz erforderlich, dass jemand entweder selber direkt Gegenstand der fraglichen Sendung ist oder durch seine Aktivitäten ein besonderes Verhältnis zu ihrem Inhalt hat und sich damit von den übrigen Programmkonsumenten unterscheidet.

In einem früheren Entscheid führte die Instanz aus, der Beschwerdeführer, ein ehemaliger Militärrichter, habe keine enge Beziehung zum Inhalt einer Fernsehsendung, welche die Militärrichter in einem bestimmten Verfahren kritisierte (vgl. VPB 50.53 B). Der vorliegende Fall unterscheidet sich wesentlich von jenem. Wohl trägt X - wie die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) sagt - heute keine Verantwortung mehr für das Schlachtwesen; er war jedoch nicht nur lange Jahre Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der tierärztlichen Leiter öffentlicher Schlachthöfe der Schweiz, sondern auch Direktor des in der gerügten Sendung gezeigten Schlachthauses. In diesen beruflichen Funktionen war er jahrelang mitverantwortlich für die Erhebung der kritisierten Nachfleischschaugebühren, womit verständlich wird, dass er sich durch die Sendung betroffen fühlte. Diese objektiv begründbare Betroffenheit fliesst aus der engen Beziehung des Beschwerdeführers zum Sendegegenstand; zu prüfen bleibt, ob es sich dabei um eine «enge Beziehung» im Sinne des Bundesbeschlusses handelt.

Ziel von Art. 14 Bst. b BB kann es nicht sein, irgendeine Berufsehre zu schützen. Vielmehr soll all jenen Personen die Beschwerdeführung erleichtert werden, welche - im Gegensatz zu den Populabeschwerdeführern ohne persönlichen Bezug zur Sendung - berechtigterweise das Gefühl haben, vom Sendegegenstand besonders betroffen zu sein. Dieses Gefühl ist ebenso berechtigt, wenn sich eine Person aufgrund früherer Aktivitäten von einer Sendung besonders betroffen fühlt, weil die kritisierten Zustände wie im vorliegenden Fall schon damals bestanden. Dem Beschwerdeführer ist somit eine enge Beziehung zuzubilligen; er unterscheidet sich immer noch deutlich von den übrigen Programmkonsumenten.

Somit tritt die Unabhängige Beschwerdeinstanz auf die Eingabe ein.

Dokumente der UBI