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cipe selon lequel la jouissance de la personnalité juridique est une condition de la qualité pour agir en justice est également consacré par la doctrine (PASCAL MONTAVON, Droit suisse de la SA, 3e éd., Lausanne 2004, p. 165 sv.; ARTHUR MEIER-HAYOZ/PETER FORSTMOSER, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 9e éd., Berne 2004, p. 603; HEINZ HAUSHEER/REGINA E. AEBIMÜLLER, Das Personenrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches, Berne 2005, p. 281 et 293; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2e éd., Zurich 1998, n° 260 ss). Il n'y a pas lieu de déroger à ce principe en matière d'entraide pénale internationale, de sorte qu'en l'espèce le recours formé par la succursale de Z. de la société A. doit être déclaré irrecevable.

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27. Auszug aus dem Präsidialentscheid der Strafkammer in Sachen Bundesanwaltschaft gegen A. vom 29. Juli 2008 (SN.2008.26)

Meldepflicht als Haftsurrogat.

Art. 44 BStP

Die Meldepflicht ist als Haftsurrogat auch ohne gesetzliche Grundlage möglich (E. 1.1), unterliegt aber geringeren Anforderungen an das Bestehen einer Fluchtgefahr (E. 2).

Obligation de s'annoncer à titre de remplacement de la détention.
Art. 44 PPF

L'obligation de s'annoncer peut être ordonnée à titre de remplacement de la détention même sans base légale (consid 1.1); elle obéit cependant à des exigences moins sévères quant à l'existence d'un danger de fuite (consid. 2).

Obbligo di annunciarsi quale surrogato della detenzione.
Art. 44 PP

L'obbligo di annunciarsi è possibile quale misura sostitutiva alla detenzione anche senza base legale (consid. 1.1), ma sottostà a condizioni meno severe per quanto riguarda l'esistenza di un pericolo di fuga (consid. 2).

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Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. wurde gegen Hinterlage einer Sicherheit sowie unter Auflage einer polizeilichen Meldepflicht aus dem vorzeitigen Strafvollzug entlassen. Er verlangte vor der Hauptverhandlung, diese Verpflichtung aufzuheben oder zu lockern. Die Vorsitzende hob die Meldepflicht auf.

Aus den Erwägungen:

1.1 Die BStP nennt Ersatzmassnahmen nur in eingeschränkter Form (z.B. die Sicherheitsleistung gemäss Art. 54 BStP). Der BStP sind keine Bestimmungen über die Meldepflicht zu entnehmen. Die Zulässigkeit von Ersatzmassnahmen (bzw. der Meldepflicht) ergibt sich indessen aus dem Satz "in majore (Haft) minus (Ersatzmassnahmen)" (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, Basel 2005, § 68 N. 45). Im Rahmen der Eintretensvoraussetzungen ist vorab zu prüfen, welche prozessualen Bestimmungen auf das Gesuch um Aufhebung der Meldepflicht anzuwenden sind. Die Meldepflicht ist eine Ersatzmassnahme anstelle der Haft und hat daher keine selbständige zwangsrechtliche Bedeutung. Infolgedessen ist es aufgrund des engen Zusammenhangs dieser Zwangsmassnahmen sachlich gerechtfertigt, bei der vorliegenden Prüfung der Prozessvoraussetzungen die formellen bundesrechtlichen Bestimmungen über die Haft anzuwenden.
(...)

2. Aus dem Ersatzcharakter der Meldepflicht anstelle der Haft ergibt sich, dass sämtliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, die auch zur Anordnung der Untersuchungshaft berechtigen würden. Untersuchungshaft setzt gemäss Art. 44 BStP voraus, dass gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht wegen eines Verbrechens oder Vergehens besteht und zusätzlich einer der besonderen Haftgründe der Kollusionsoder der Fluchtgefahr gegeben ist. Sodann hat die Untersuchungshaft im öffentlichen Interesse zu liegen und dem Verhältnismässigkeitsprinzip zu genügen (Urteil des Bundesgerichts 1B_95/2008 vom 14. Mai 2008, E. 2). Für Ersatzmassnahmen sind indessen deutlich geringere Anforderungen zu stellen als an die Anordnung der Untersuchungshaft als deutlich schärfere Zwangsmassnahme (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1P.704/2004 vom 29. Dezember 2004 m.w.H.).
(...)

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4.
4.1 Fluchtgefahr besteht, wenn es aufgrund der persönlichen Situation des Beschuldigten und der Gesamtheit der Umstände wahrscheinlich ist, dass er sich der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug entzieht, falls er in Freiheit gelassen wird (Urteil des Bundesgerichts 1P.430/2005 vom 29. Juli 2005, E. 5.1 m.w.H., namentlich BGE 117 Ia 69, 70 E. 4a; TPF BH.2006.19 vom 10. August 2006 E. 4). Eine abstrakte, theoretische Möglichkeit der Flucht reicht für die Bejahung der Fluchtgefahr nicht aus, sondern es müssen die konkreten Umstände des Falles, insbesondere die Lebensverhältnisse des Beschuldigten in Betracht gezogen werden (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1P.690/2004 vom 14. Dezember 2004, E. 2.3). Bei ausländischen Staatsangehörigen kommt dem Kriterium des fehlenden Wohnsitzes sowie das Fehlen eines intakten familiären Netzes in der Schweiz praktisch grosse Bedeutung zu. Es sind dies konkrete Umstände, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ein Beschuldigter werde sich ins Ausland absetzen und sich so dem Strafverfahren oder einem allfälligen Vollzug entziehen (TPF BH.2007.11 vom 11. Oktober 2007 E. 4.1; TPF BK_H 104/04 vom 16. August 2004 E. 4.1; SN.2008.16 vom 6. Juni 2008 E. 4.1). Die Schwere der zu erwartenden Freiheitsstrafe ist ein sehr gewichtiges Indiz für die Fluchtgefahr, genügt aber für sich allein nicht um den Haftgrund zu bejahen (vgl. BGE 117 Ia 69 ff.; vgl. ebenfalls Urteil des Bundesgerichts 1P.690/2004 vom 14. Dezember 2004, E. 2.3). An diese für die Anordnung der Haft geltenden Kriterien sind wie bereits erwähnt (E. 2) für die Aufrechterhaltung der Meldepflicht geringere Anforderungen zu stellen. Für die Aufrechterhaltung der Meldepflicht genügt es, wenn bereits gewisse Anzeichen für eine mögliche Fluchtneigung bestehen (siehe dazu Urteil des Bundesgerichts 1P.704/2004 vom 29. Dezember 2004, E. 4.1).
4.2 Mit erfolgter Anklageerhebung vom 31. März 2008 ist eine allfällige Verurteilung wahrscheinlicher geworden und in zeitlich grosse Nähe gerückt, so dass daraus geschlossen werden könnte, dass sich die mögliche Motivation des Angeklagten, sich mittels Flucht dem drohenden Strafvollzug zu entziehen, eher grösser geworden ist. Soweit die Bundesanwaltschaft in diesem Zusammenhang vorbringt, der Angeklagte habe im Falle einer Verurteilung mit einer längeren Freiheitsstrafe zu rechnen, ist indessen festzustellen, dass dieses Argument im Sinne der vorgenannten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (E. 4.1) alleine nicht genügt, um die Meldepflicht aufrecht zu halten. Vielmehr erfordert die Prüfung der Fluchtgefahr eine gesamthafte Beurteilung der konkreten Umstände, welche Rückschlüsse auf die Motivation des Angeklagten zulassen, sich im Rahmen des Straf-

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verfahrens nicht mehr zur Verfügung zu halten. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte rund 2 Jahre in Haft war ... Ausserdem kann im Falle einer allfälligen Verurteilung bei guter Führung und nach Verbüssung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe eine bedingte Entlassung erfolgen (Art. 86 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 86 - 1 Hat der Gefangene zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.
1    Hat der Gefangene zwei Drittel seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so ist er durch die zuständige Behörde bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.
2    Die zuständige Behörde prüft von Amtes wegen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann. Sie holt einen Bericht der Anstaltsleitung ein. Der Gefangene ist anzuhören.
3    Wird die bedingte Entlassung verweigert, so hat die zuständige Behörde mindestens einmal jährlich neu zu prüfen, ob sie gewährt werden kann.
4    Hat der Gefangene die Hälfte seiner Strafe, mindestens aber drei Monate verbüsst, so kann er ausnahmsweise bedingt entlassen werden, wenn ausserordentliche, in der Person des Gefangenen liegende Umstände dies rechtfertigen.
5    Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist die bedingte Entlassung nach Absatz 1 frühestens nach 15, nach Absatz 4 frühestens nach zehn Jahren möglich.
StGB). Die Strafanstalt Lenzburg hat mit Schreiben vom 15. Juli 2008 dem Angeklagten ein sehr gutes Führungszeugnis ausgestellt. Die zuständige Polizeiwache hat keine negative Rückmeldung über die Meldepflicht des Angeklagten gemacht. Es ist daher davon auszugehen, dass der Angeklagte bislang der Meldepflicht nachgekommen ist. Der Angeklagte hat sich somit auch diesbezüglich wohl verhalten. Des Weitern hat der Angeklagte eine Kaution von Fr. 40'000. bezahlt, was ebenfalls dafür spricht, dass er an der Hauptverhandlung erscheinen wird. Im Rahmen des Entscheides über die Aufhebung der Meldepflicht ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte derzeit ohnehin frei bewegen kann und bisher anstandslos aus dem Libanon in die Schweiz zurückgekehrt ist, um seine Meldepflicht zu erfüllen. Laut Gesuch des Angeklagten vom 4. Juli 2008 lebe er von seiner Frau getrennt. Er ist somit in der Schweiz (noch) verheiratet. Er ist weiterhin in der Schweiz angemeldet und hält sich bei seinem Bruder B. in Bern auf. Er ist somit offensichtlich bemüht, seinen Lebensmittelpunkt trotz der Trennung von seiner Ehefrau weiterhin in der Schweiz aufrechtzuerhalten. Insofern bestehen genügend Garantien für seine Anwesenheit am Prozess. Der Angeklagte hat im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass er sich zur Zeit um seine kranke Mutter im Libanon zu kümmern hat. Aufgrund dieses Umstandes sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (Reisekosten etc.) ist es nicht mehr zumutbar, dass der Angeklagte alle zwei Wochen in die Schweiz zurückkehren muss, um seine Meldepflicht zu erfüllen. Ebenso erscheinen die von der Bundesanwaltschaft beantragten milderen Massnahmen (Meldepflicht bei der Botschaft in Beirut; Reisedaten bekannt geben; Erklärung abgeben, für die Teilnahme an der Hauptverhandlung) nicht geeignet, um einer allfälligen Fluchtgefahr wirkungsvoll zu entgegnen, da er im Falle der Unterlassung dieser beantragten Massnahmen bereits im Libanon und damit im Hinblick auf die Hauptverhandlung vom November 2008 kaum rechtzeitig auffindbar wäre. Gesamthaft betrachtet bestehen somit keine Anhaltspunkte, welche für eine Fluchtneigung sprechen. Zudem wäre eine solche, aufgrund der konkreten Umstände, ohnehin nicht mit einer Meldepflicht einschränkbar. Die mit Verfügung des Untersuchungsrichteramtes vom 9. Oktober 2007 angeordnete Meldepflicht gegenüber dem Angeklagten wird somit aufgehoben.

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