TPF 2007 45, p.45

TPF 2007 45

12. Auszug aus dem Entscheid der II. Beschwerdekammer in Sachen A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau vom 16. Mai 2007 (RR.2007.16)

Grundsatz der beidseitigen Strafbarkeit; Strafbarkeit von Doping nach schweizerischem Recht.

Art. 5 Ziff. 1 lit. a
IR 0.351.1 Europäisches Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen
EUeR Art. 5 - 1. Jede Vertragspartei kann sich bei der Unterzeichnung dieses Übereinkommens oder der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung das Recht vorbehalten, die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme von Gegenständen einer oder mehreren der folgenden Bedingungen zu unterwerfen:
1    Jede Vertragspartei kann sich bei der Unterzeichnung dieses Übereinkommens oder der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung das Recht vorbehalten, die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme von Gegenständen einer oder mehreren der folgenden Bedingungen zu unterwerfen:
a  Die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende strafbare Handlung muss sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates als auch nach dem des ersuchten Staates strafbar sein.
b  Die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende strafbare Handlung muss im ersuchten Staat auslieferungsfähig sein.
c  Die Erledigung des Rechtshilfeersuchens muss mit dem Recht des ersuchten Staates vereinbar sein.
2    Hat eine Vertragspartei eine Erklärung gemäss Ziffer 1 abgegeben, so kann jede andere Vertragspartei den Grundsatz der Gegenseitigkeit anwenden.
EUeR, Art. 64 Abs. 1
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 64 Zwangsmassnahmen - 1 Massnahmen nach Artikel 63, welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern, dürfen nur angeordnet werden, wenn aus der Darstellung des Sachverhalts hervorgeht, dass die im Ausland verfolgte Handlung die objektiven Merkmale eines nach schweizerischem Recht strafbaren Tatbestandes aufweist. Sie sind nach schweizerischem Recht durchzuführen.
1    Massnahmen nach Artikel 63, welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern, dürfen nur angeordnet werden, wenn aus der Darstellung des Sachverhalts hervorgeht, dass die im Ausland verfolgte Handlung die objektiven Merkmale eines nach schweizerischem Recht strafbaren Tatbestandes aufweist. Sie sind nach schweizerischem Recht durchzuführen.
2    Ist die im Ausland verfolgte Tat in der Schweiz straflos, sind Massnahmen nach Artikel 63, welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern, zulässig:
a  zur Entlastung des Verfolgten;
b  zur Verfolgung von Taten, die sexuelle Handlungen mit Minderjährigen darstellen.113
IRSG, Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB, Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport
Für den Missbrauch von Doping durch den Sportler besteht in der Schweiz keine explizite Strafnorm. Insbesondere fällt ein solches Verhalten eines Sportlers nicht unter die Dopingbestimmung von Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport (E. 5.1).

Erfüllung des Tatbestandes des Betrugs nach schweizerischem Recht durch den dopenden Sportler, welcher sich vertraglich verpflichtet hat, den Einsatz von verbotenen leistungssteigernden Mitteln zu unterlassen. Arglistige Täuschung bejaht, da sich die Zweifel an der Sauberkeit des Sportlers in der Regel nur mit aufwändigen, in die Persönlichkeit des Betroffenen eingreifenden Verfahren ausräumen lassen und das Resultat der Dopingkontrollen immer vom Stand der Analysemethoden abhängt (E. 5.2.2). Vermögensschaden der Wettkampfveranstalter, Sponsoren und anderen Vertragsparteien (E. 5.2.3).
Frage offen gelassen, inwiefern bei Dopingmissbrauch auch die Strafbestimmungen des UWG anwendbar sind (E. 6).

Anwendungsbereich von Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport (E. 7).

Principe de la double punissabilité; punissabilité du dopage selon le droit suisse.
Art. 5 ch. 1 let. a CEEJ, art. 64 al. 1 EIMP, art. 146 CP, art. 11f de la loi fédé- rale encourageant la gymnastique et les sports
Il n'existe en Suisse aucune norme pénale explicite qui réprime l'abus de produits de dopage par les sportifs. En particulier, un tel comportement ne tombe pas sous le coup de la disposition sur le dopage figurant à l'art. 11f de la loi fédérale encourageant la gymnastique et les sports (consid. 5.1).
Réalisation des éléments constitutifs de l'escroquerie en droit suisse par le sportif dopé qui s'est engagé contractuellement à s'abstenir de recourir à des substances interdites destinées à améliorer les performances. Tromperie astu-

TPF 2007 45, p.46

cieuse admise, car en règle générale, les doutes relatifs à l'intégrité du sportif ne peuvent être écartés que par des procédures compliquées qui portent atteinte à la personnalité du sportif concerné et le résultat des contrôles de dopage dé- pend toujours de l'état des méthodes d'analyse (consid. 5.2.2). Dommage économique des organisateurs de compétitions, des sponsors et d'autres parties contractantes (consid. 5.2.3).

Question laissée ouverte de savoir dans quelle mesure l'abus de dopage peut également donner lieu à l'application de la LCD (consid. 6).
Champ d'application de l'art. 11f de la loi fédérale encourageant la gymnastique et les sports (consid. 7).

Principio della doppia punibilità; punibilità del doping secondo il diritto svizzero.
Art. 5 n. 1 lett. a CEAG, art. 64 cpv. 1 AIMP, art. 146 CP, art. 11f della legge federale che promuove la ginnastica e lo sport
In Svizzera non esiste una norma penale esplicita che punisce l'abuso del doping da parte dello sportivo. In particolare un simile comportamento di uno sportivo non è contemplato dalla disposizione sul doping dell'articolo 11f della legge federale che promuove la ginnastica e lo sport (consid. 5.1).
Si rende colpevole di truffa secondo il diritto svizzero lo sportivo dopato che si sia impegnato per contratto a rinunciare all'uso di sostanze proibite che migliorano il rendimento. L'inganno astuto è perfezionato in quanto di regola i dubbi circa la correttezza dello sportivo possono essere fugati unicamente con procedure onerose, invasive della personalità dell'interessato, e il risultato dei controlli del doping dipende sempre dallo sviluppo dei metodi di analisi (consid. 5.2.2). Danno patrimoniale degli organizzatori di competizioni, sponsor e altre parti contrattuali (consid. 5.2.3).

Lasciata aperta la questione dell'applicabilità delle disposizioni penali della LCSl anche ai casi di abuso del doping (consid. 6).
Campo d'applicazione dell'articolo 11f della legge federale che promuove la ginnastica e lo sport (consid. 7).

Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 17. Juli 2007 auf die Beschwerde von A. gegen diesen Entscheid nicht eingetreten und hat die Frage, ob Doping durch den Sportler als Betrug nach Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB strafbar sei, offen gelassen (Urteil des Bundesgerichts 1C.138/2007 vom 17. Juli 2007, E. 2.3.1). Die beidseitige Strafbarkeit wurde aus anderen Gründen bejaht.

TPF 2007 45, p.47

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Die Staatsanwaltschaft Bonn führt gegen A. und B. ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs in einem besonders schweren Fall bzw. wegen Verstosses gegen das Arzneimittelgesetz. A. ist als Rennfahrer für die Profiradsportteams C. GmbH und D. GmbH vertraglich verpflichtet gewesen. Aufgrund dieser Verträge habe A. monatliche Zahlungen erhalten, die sich auf EUR 2.5 Millionen pro Jahr zuzüglich einer nicht bekannten Summe von Prämienzahlungen beliefen. Zwischen der E. & Co. und A. habe zusätzlich ein Marketingvertrag bestanden, der A. zu Werbeauftritten verpflichtet und ihm in den Jahren 2004 und 2005 einen Betrag von EUR 1.3 Millionen eingebracht habe. In sämtlichen Verträgen sei hinreichend deutlich aufgeführt gewesen, dass sowohl die C. GmbH und die D. GmbH als auch die E. & Co. den Einsatz verbotener leistungssteigernder Mittel strengstens ablehnen und Verstösse mit Vertragskündigungen geahndet würden. Der Marketingvertrag habe die E. & Co. zudem zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt, wenn A. während der Laufzeit der Vereinbarung und während der Saisonvorbereitungszeit einen Dopingverstoss begeht oder einen Dopingverstoss und/oder eine Dopingprobe verschleiert oder zu verschleiern versucht. Eine "Vereinbarung dopingfreier Sport" sei Bestandteil des Marketingvertrages gewesen. Entsprechende Klauseln sollen auch die Fahrerverträge mit der C. GmbH und der D. GmbH enthalten haben. A. wird vorgeworfen, ab Sommer 2003 in engem Kontakt mit den in Spanien gesondert verfolgten Ärzten F., G., H. und I. gestanden zu habe, welche ihm geholfen hätten, verschiedene im Radsport verbotene leistungssteigernde Arzneimittel und Methoden anzuwenden. B. soll A. hiebei unterstützt und insbesondere Medikamente bei den genannten spanischen Ärzten besorgt und ihm übergeben habe.

Die Staatsanwaltschaft Bonn hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau in diesem Zusammenhang mit Rechtshilfeersuchen vom 24. August 2006 und Ergänzungsersuchen vom 23. November 2006 u.a. um die Übersendung von Kontoverdichtungen ersucht. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau hat dem Rechtshilfeersuchen mit Schlussverfügung vom 11. Januar 2007 stattgegeben.

A. gelangt gegen die Schlussverfügung mit Beschwerde vom 12. Februar 2007 an die II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Er macht u.a. geltend, das Rechtshilfeerfordernis der beidseitigen Strafbarkeit sei nicht gegeben.

TPF 2007 45, p.48

Die II. Beschwerdekammer hat die Beschwerde abgewiesen.

Aus den Erwägungen:

5. Entscheidend für die Gewährung der Rechtshilfe im Strafverfahren gegen A. und auch B. ist vorliegend, ob der diesen vorgeworfene Sachverhalt auch nach der schweizerischen Gesetzgebung strafbar und damit die beidseitige Strafbarkeit gegeben ist.

5.1 Wie vom Beschwerdeführer richtig ausgeführt, besteht für den Missbrauch von Doping durch den Sportler in der Schweiz keine explizite Strafnorm. Insbesondere fällt ein solches Verhalten eines Sportlers auch nicht unter die Strafbestimmung von Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport vom 17. März 1972 (SR 415.0; eingefügt durch Anhang Ziff. II 1 des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte vom 15. Dezember 2000 [Heilmittelgesetz, HMG, SR.812.21], in Kraft seit 1. Januar 2002). Mit Erlass des Heilmittelgesetzes wurde das Bundesgesetz über die Förderung von Turnen und Sport revidiert und mit der genannten Dopingbestimmung ergänzt. Der bundesrätliche Entwurf zum Heilmittelgesetz beinhaltet bezüglich der Dopingbekämpfung eine vierfache Zielsetzung, nämlich Einschränkung der Verwendung von Arzneimitteln zu Dopingzwecken, Förderung der Dopingprävention, Verstärkung der Dopingkontrolle sowie Bestrafung von Personen im Umfeld von Sporttreibenden bei Dopingverstössen. Straflos bleiben sollte hingegen der Konsum von Dopingmitteln oder die Anwendung von Dopingmethoden an sich selbst. Eine Strafbarkeit des sich dopenden Sportlers war somit bewusst nicht gewollt (vgl. WERNER JÖRGER, Die Strafbarkeit von Doping nach dem Bundesgesetz über Förderung von Turnen und Sport, Bern 2006, S. 16 ff.; BRENNO CANEVASCINI, Doping sportivo e diritto penale, in Jusletter 6. September 2004, Rz. 14 - 17; EDWARD SALIB, Vorschläge für eine Verbesserung der Dopingbekämpfung, in Causa Sport, 4/2006, S. 586, 588; Botschaft zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte vom 1. März 1999, BBl 1999 3453, 3570 ff.). Vorliegend stellt sich daher die Frage, ob das Verhalten von A. unter den Tatbestand des Betruges nach Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB subsumiert werden kann.

5.2 Gemäss § 263 des deutschen Strafgesetzbuches begeht einen Betrug, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermö- gensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschä-

TPF 2007 45, p.49

digt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. Das schweizerische Recht unterscheidet sich hinsichtlich der Umschreibung des Betrugstatbestandes vom deutschen Recht dadurch, dass Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB nicht nur eine Täuschung schlechthin, sondern eine arglistige Irreführung verlangt. Das Merkmal der Arglist wurde in die genannte Gesetzesbestimmung eingefügt, um die Fälle qualifizierter Täuschung von den Verhaltensweisen abzugrenzen, bei welchen der Täter jemanden lediglich durch eine einfache, leicht durchschaubare Lüge irregeführt hat (BGE 108 Ib 296 E. 7; 101 Ia 610 E. 3 m.w.H.).

5.2.1 Grundsätzlich regelt jeder Sportverband den Missbrauch von Doping in seinen eigenen Statuten oder übernimmt die Dopingregelung ganz oder teilweise von ihm übergeordneten nationalen oder internationalen Sportverbänden (vgl. WERNER JÖRGER, a.a.O., S. 5). A. hat sich zusätzlich beim Abschluss von Rennfahrerverträgen und eines Marketingvertrages gegen- über seinen Vertragspartnern verpflichtet, während der Laufzeit der Verträ- ge jede Art von Doping zu unterlassen. Trotzdem soll er in der Folge in gedoptem Zustand an Wettkämpfen teilgenommen und auf diese Weise nicht nur die Veranstalter und Mitkonkurrenten sondern auch seine Arbeitgeber und Sponsoren über sein redliches Verhalten getäuscht haben. Ihm wird vorgeworfen, auf diese Weise die unwahre Tatsache vorgespiegelt zu haben, er verhalte sich den Dopingbestimmungen entsprechend, und er habe so bei den Genannten die Vorstellung hervorgerufen, bei ihm handle es sich um einen fairen und zumindest möglicherweise ungedopten Wettkampfteilnehmer. Dieses Verhalten genügt, um eine Täuschung und einen Irrtum i.S.d. deutschen wie auch der Irreführung i.S.d. schweizerischen Betrugstatbestandes zu bejahen (vgl. RAINER CHERKEH, Doping im Sport, in Jusletter 6. September 2004, Rz. 10 - 11).

5.2.2 Entscheidend für eine Strafbarkeit von A. in der Schweiz ist somit, ob das Verhalten, welches ihm im Rechtshilfeersuchen zur Last gelegt wird, das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt arglistig, wer ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe (manoeuvres frauduleuses; mise en scène) bedient. Ein Lügengebäude liegt vor, wenn mehrere Lügen derart raffiniert aufeinander abgestimmt sind und von besonderer Hinterhältigkeit zeugen, dass sich auch das kritische Opfer täuschen lässt. Ist dies nicht der Fall, scheidet Arglist jedenfalls

TPF 2007 45, p.50

dann aus, wenn sowohl das vom Täter gezeichnete Bild insgesamt wie auch die falschen Tatsachen für sich allein in zumutbarer Weise überprüfbar gewesen wären und schon die Aufdeckung einer einzigen Lüge zur Aufdeckung des ganzen Schwindels geführt hätte (BGE 126 IV 165 E. 2a; 119 IV 28 E. 3a-c, je m.w.H.). Als besondere Machenschaften gelten Erfindungen und Vorkehren sowie das Ausnützen von Begebenheiten, die allein oder gestützt durch Lügen oder Kniffe geeignet sind, das Opfer irrezuführen. Machenschaften sind eigentliche Inszenierungen; sie bestehen aus einem ganzen System von Lügen und setzen damit gegenüber einer blossen Summierung von Lügen höhere Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Wirkung der Täuschungshandlung voraus. Sie sind gekennzeichnet durch intensive, planmässige und systematische Vorkehren, nicht aber notwendigerweise durch eine besondere tatsächliche oder intellektuelle Komplexität (BGE 126 IV 165 E. 2a; 122 IV 197 E. 3d m.w.H.). Arglist ist auch bei einfachen falschen Angaben gegeben, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der möglichen Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 126 IV 165 E. 2a; 125 IV 124 E. 3; 122 IV 246 E. 3a, je m.w.H.). Mit dem Tatbestandsmerkmal der Arglist verleiht das Gesetz dem Gesichtspunkt der Opfermitverantwortung wesentliche Bedeutung. Danach ist bei der Prüfung der Arglist nicht aufgrund einer rein objektiven Betrachtungsweise darauf abzustellen, wie ein durchschnittlich vorsichtiger und erfahrener Dritter auf die Täuschung reagiert hätte. Vielmehr ist einerseits die jeweilige Lage und Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall zu berücksichtigen, soweit der Täter diese kennt und ausnützt, andererseits aber auch die besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass das Opfer die grösstmögliche Sorgfalt walten lässt und alle denkbaren Vorsichtsmassnahmen trifft. Entscheidend ist nicht, ob der Betroffene alles vorgekehrt hat, um den Irrtum zu vermeiden. Arglist scheidet lediglich dann aus, wenn das Opfer die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat (BGE 126 IV 165 E. 2a; 119 IV 28 E. 3f, je m.w.H.).
Aus dem Rechtshilfeersuchen kann nicht geschlossen werden, dass sich A. besonderer Machenschaften oder mehrfacher raffiniert aufeinander abgestimmter, hinterhältiger Lügen bediente, um zum Vertragsabschluss mit Arbeitgeber und Sponsoren zu gelangen. Seine falschen Angaben bezüglich Dopingmissbrauchs waren jedoch für die Vertragspartner nicht einfach

TPF 2007 45, p.51

selber zu überprüfen. Auch unter Berücksichtigung der Opfermitverantwortung kann ihnen kein Vorwurf gemacht werden. Dopingmissbrauch ist heute im Spitzensport leider weit verbreitet (vgl. WERNER PITSCH/EIKE EMRICH/ MARKUS KLEIN, Zur Häufigkeit des Dopings im Leistungssport, Leipzig 2006, zit. in CHRISTOF GERTSCH/REMO GEISSER, Doping: Neue Erkenntnisse zur Verbreitung im Spitzensport, in NZZ am Sonntag vom 13. Mai 2007, S. 62). Doch wurden nach diversen Dopingskandalen insbesondere im Radrennsport in den letzten Jahren die Massnahmen gegen das Doping und die Dopingkontrollen von Sportverbänden und Wettkampfveranstaltern massiv verstärkt und systematisiert. Unter diesem Aspekt kann von Sponsoren und Arbeitgebern der Radrennfahrer nicht verlangt werden, selbständig systematische Dopingkontrollen durchzuführen. Vielmehr sollen sie sich auf die von Sportverbänden und Wettkampfveranstaltern durchgeführten systematischen Kontrollen verlassen dürfen. Denn selbst wenn sie an der Sauberkeit des Sportlers zweifeln, lassen sich diese Zweifel in der Regel nur mit aufwändigen, in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen eingreifenden Verfahren ausräumen. Zudem hängt das Resultat von Dopingkontrollen immer von der ungewissen Frage ab, ob neue Analysemethoden angewendet werden und ob der Sportler resp. seine Giftmischer in weiser Voraussicht die gerade noch nicht entdeckbare Dosis appliziert haben (vgl. MARTIN SCHUBARTH, Dopingbetrug, in Recht 2006 S. 222 ff., S. 225 FN 26). Bei solchen raffinierten Methoden des Dopings werden daher Veranstalter wie auch Sponsoren und weitere Vertragsparteien arglistig getäuscht.
5.2.3 Gestützt auf den vom gedopten Sportler erregten Irrtum betreffend regelund vertragskonformer Teilnahme an Sportanlässen werden Wettkampfveranstalter, Sponsoren und andere Vertragsparteien zur Auszahlung eines Preisgeldes bzw. von Sponsorengeldern oder von vertraglich vereinbarten Lohngeldern an den nichtberechtigten gedopten Sportler veranlasst (sog. Vermögensverfügung). Der Vermögensschaden liegt beim Wettkampfveranstalter in der Gefahr, den Preis doppelt bezahlen zu müssen, nämlich auch an den nicht gedopten Konkurrenten; überdies wohl darin, dass der Veranstalter sein Vermögen nur durch Preiszahlung an Teilnehmer vermindern will, die die Wettkampfbedingungen, insbesondere das Dopingverbot, beachten, was entsprechend auch für Sponsoren und andere Vertragsparteien zutrifft (vgl. MARTIN SCHUBARTH, a.a.O., S. 223 und 225 f.).
5.3 Zusammenfassend kann das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten sowohl das Tatbestandsmerkmal der Arglist wie auch die übrigen objektiven Merkmale des Betrugs nach schweizerischem Recht erfüllen.

TPF 2007 45, p.52

Die Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit im Verfahren gegen A. ist daher gegeben.

6. Wenn Sportler nicht nur aus sportlichen bzw. spielerischen Gründen Wettkämpfe bestreiten, sondern damit wirtschaftliche Interessen verfolgen, stehen sie miteinander in wirtschaftlichem Wettbewerb und unterliegen den Regeln über den unlauteren Wettbewerb. Inwiefern damit auch die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 19. Dezember 1986 (UWG; SR 241) anwendbar sind, kann jedoch im vorliegenden Fall offen bleiben (vgl. hiezu WERNER JÖRGER, a.a.O., S. 137 f.; MARTIN SCHUBARTH, a.a.O., S. 227).

7. Im Sachverhalt des Rechtshilfeersuchens vom 24. August 2006 wird sodann bezüglich B. nebst der Teilnahme zum Betrug ein Verstoss gegen das deutsche Arzneimittelgesetz umschrieben. Wie die Beschwerdegegnerin und auch das Bundesamt für Justiz in den Beschwerdeantworten bzw. in der Beschwerdeduplik richtig ausführen, kann dieses Verhalten in der Schweiz offensichtlich unter den Tatbestand von Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport subsumiert werden. Nach der genannten Strafbestimmung macht sich schuldig, wer Mittel zu Dopingzwecken herstellt, einführt, vermittelt, vertreibt, verschreibt oder abgibt oder Methoden zu Dopingzwecken an Dritten anwendet. Die Voraussetzung der doppelten Strafbarkeit ist demnach auch im Rechtshilfeersuchen im Strafverfahren gegen B. offensichtlich erfüllt.

TPF 2007 52

13. Estratto della Sentenza della II Corte dei reclami penali nella causa A. contro Ministero pubblico della Confederazione del 16 maggio 2007 (RR.2007.78)

Assistenza internazionale in materia penale all'Italia; limitazione del numero di difensori.

Art. 35 cpv. 2 PP, art. 21 cpv. 1 AIMP

Il numero di difensori ammessi, nel caso di commissioni rogatorie la cui esecuzione è affidata al Ministero pubblico della Confederazione, si determina in base all'art. 35 cpv. 2 PP. In applicazione di tale disposizione si può, in via

TPF 2007 45, p.53