2004/2

RPW/DPC

B 1.1

4.

377

Umwandlungssatz im Bereich der beruflichen Vorsorge

Unzulässige Wettbewerbsabrede; Art. 5 KG Accord illicite; art. 5 LCart Accordo illecito; art. 5
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden
1    Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.
2    Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn sie:
a  notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller zu nutzen; und
b  den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen Wettbewerb zu beseitigen.
3    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen:
a  Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;
b  Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;
c  Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.
4    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.11
LCart Schlussbericht vom 24. März 2004 in Sachen Vorabklärung gemäss Artikel 26
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 26 Vorabklärung
1    Das Sekretariat kann Vorabklärungen von Amtes wegen, auf Begehren von Beteiligten oder auf Anzeige von Dritten hin durchführen.
2    Das Sekretariat kann Massnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen anregen.
3    Im Verfahren der Vorabklärung besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
KG betreffend Vorabklärung bezüglich des Umwandlungssatzes im Bereich der beruflichen Vorsorge wegen allenfalls unzulässiger Wettbewerbsabrede gemäss Artikel 5
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden
1    Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.
2    Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn sie:
a  notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller zu nutzen; und
b  den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen Wettbewerb zu beseitigen.
3    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen:
a  Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;
b  Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;
c  Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.
4    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.11
KG 1

EINFÜHRUNG UND SACHVERHALT

1.1 Einführung 1. Mitte 2003 kündigten die Winterthur, die Zürich und die Genfer Versicherung sowie die Helvetia Patria eine Senkung der Umwandlungssätze im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge an. Die Tatsache, dass diese Umwandlungssätze auf drei Stellen hinter dem Komma identisch waren, liessen Befürchtungen bezüglich einer unzulässigen Abrede zwischen den Versicherungsgesellschaften aufkommen. Das Sekretariat der Wettbewerbskommmission hat deshalb im November 2003 eine Vorabklärung eröffnet. Ziel der Vorabklärung war es, Abklärungen vorzunehmen, ob Anhaltspunkte für eine Abrede zwischen den Lebensversicherern bestehen und ob eine solche allenfalls kartellrechtlich problematisch ist.

2. Zum besseren Verständnis dieses Berichtes werden in den folgenden Abschnitten (1.2-1.4) zuerst die wichtigsten Grundlagen des Systems der beruflichen Vorsorge erläutert. Auf den Gegenstand der Vorabklärung wird dann in Abschnitt 1.5 nochmals präziser eingegangen.

In den Paragrafen 2 bis 4 erfolgt die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes.

1.2 Das Drei-Säulen-Konzept 3. 1972 wurde die Verfassungsgrundlage für das so genannte DreiSäulen-Konzept geschaffen und in der Bundesverfassung verankert.

Dieses sieht vor, dass der Bund geeignete Massnahmen für eine ausreichende Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge zu treffen hat, wobei das Drei-Säulen-Konzept auf der staatlichen Versicherung, der beruflichen Vorsorge und der Selbstvorsorge beruhen soll. Die erste Säule, die staatliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV), hat den Existenzbedarf in angemessener Weise zu decken.

Die berufliche Vorsorge wiederum soll zusammen mit der AHV/IV die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Die Selbstvorsorge hat schliesslich weiter gehende Be-

2004/2

RPW/DPC

378

dürfnisse abzudecken und soll durch Massnahmen der Steuer- und Eigentumspolitik gefördert werden.

Das Drei-Säulen-Konzept 1. Säule

2. Säule

3. Säule

Existenzsicherung

Sicherung der gewohnten Lebenshaltung

Individuelle Ergänzung

Staatliche Vorsorge

Berufliche Vorsorge

Selbstvorsorge

AHV/IV

Ergänzungsleistungen

obligatorisch BVG/ UVG

überobligatorisch

gebundene Vorsorge

freie Vorsorge

Abbildung 1: Das Drei-Säulen Konzept

4. In den 90er-Jahren drehte sich die öffentliche Diskussion vor allem um die Zukunftsperspektiven der umlagefinanzierten AHV/IV. Ein sich stetig verschlechterndes Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Rentnern, gekoppelt mit einem schwachen Wirtschaftswachstum, liessen schwer wiegende Finanzierungsprobleme in der ersten Säule erwarten. Über die zukünftige Sicherstellung und Ausgestaltung der AHV/IV wird momentan im Rahmen der 11. AHV-Revision beziehungsweise der 4. IV-Revision im Parlament beraten.

5. Probleme mit den schweizerischen Pensionskassen standen bis vor kurzem nicht im Vordergrund. Das in der zweiten Säule angewandte Kapitaldeckungsverfahren führt zu einer Verzinsung der Reserven der Pensionskassen mit den Finanzmarktrenditen. Die aussergewöhnlichen Aktienrenditen in den 90er-Jahren erlaubten es den Pensionskassen, neben den Rückstellungen für die Finanzmarktschwankungen, auch Reserven für die gestiegene Lebenserwartung zu bilden. Angesichts der tiefen Zinssätze und der eingebrochenen Aktienrenditen in den letzten Jahren bekundeten jedoch immer mehr Pensionskassen, insbesondere auch die Lebensversicherer, Mühe, die gesetzlichen Minimalvorschriften nach BVG zu erfüllen. Die Senkung des Mindestzinssatzes von 4% auf zuerst 3,25%, dann auf 2,25% durch den Bundesrat sowie die im Rahmen der 1. BVG-Revision vorgesehene, stufenweise Senkung des Umwandlungssatzes von momentan 7,2% auf 6,8% im obligatorischen Bereich, ist in diesem Zusammenhang zu sehen.

2004/2

RPW/DPC

379

1.3 Die berufliche Vorsorge 1.3.1

BVG

6. Die berufliche Vorsorge wird im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG, RS 831.40) geregelt. Das BVG wurde vom Gesetzgeber als Rahmengesetz vorgesehen. Das heisst, dass das BVG Mindestleistungen vorschreibt, auf welche jeder Versicherte Anspruch hat (Obligatorium).

Die Vorsorgeeinrichtungen können jedoch von der BVG-Koordination abweichen, sofern die BVG-Mindestleistungen erfüllt sind.

7. Im Rahmen des Obligatoriums sind die Alters- (Art. 13
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 13 Referenzalter, Alter für den Vorbezug und den Aufschub - 1 Das Referenzalter der beruflichen Vorsorge entspricht dem Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG37.
1    Das Referenzalter der beruflichen Vorsorge entspricht dem Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG37.
2    Die versicherte Person kann die Altersleistung ab dem vollendeten 63. Altersjahr vorbeziehen und bis zur Vollendung des 70. Altersjahres aufschieben.
3    Die Vorsorgeeinrichtungen können innerhalb der in Artikel 1 Absatz 3 festgelegten Grenzen ein tieferes Alter für den Leistungsbezug vorsehen.
-17
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 17 Kinderrente - 1 Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente in Höhe der Waisenrente. Für die Kinderrente gelten die gleichen Berechnungsregeln wie für die Altersrente.52
1    Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, haben für jedes Kind, das im Falle ihres Todes eine Waisenrente beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente in Höhe der Waisenrente. Für die Kinderrente gelten die gleichen Berechnungsregeln wie für die Altersrente.52
2    Der Anspruch auf eine Kinderrente, der im Zeitpunkt der Einleitung eines Scheidungsverfahrens besteht, wird vom Vorsorgeausgleich nach Artikel 124a des Zivilgesetzbuches (ZGB)53 nicht berührt.54
BVG), die Hinterlassenen- (Art. 18
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 18 Voraussetzungen - Ein Anspruch auf Hinterlassenenleistungen besteht nur, wenn der Verstorbene:
a  im Zeitpunkt des Todes oder bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zum Tode geführt hat, versichert war; oder
b  infolge eines Geburtsgebrechens bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mindestens zu 20 Prozent, aber weniger als zu 40 Prozent arbeitsunfähig war und bei Erhöhung der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zum Tod geführt hat, auf mindestens 40 Prozent versichert war; oder
c  als Minderjähriger invalid (Art. 8 Abs. 2 des BG vom 6. Okt. 200056 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts, ATSG) wurde und deshalb bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit mindestens zu 20 Prozent, aber weniger als zu 40 Prozent arbeitsunfähig war und bei Erhöhung der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zum Tod geführt hat, auf mindestens 40 Prozent versichert war; oder
d  von der Vorsorgeeinrichtung im Zeitpunkt des Todes eine Alters- oder Invalidenrente erhielt.
-22
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 22 Beginn und Ende des Anspruchs - 1 Der Anspruch auf Hinterlassenenleistung entsteht mit dem Tode des Versicherten, frühestens jedoch mit Beendigung der vollen Lohnfortzahlung.
1    Der Anspruch auf Hinterlassenenleistung entsteht mit dem Tode des Versicherten, frühestens jedoch mit Beendigung der vollen Lohnfortzahlung.
2    Der Anspruch auf Leistungen für Witwen und Witwer erlischt mit der Wiederverheiratung oder mit dem Tod der Witwe oder des Witwers.66
3    Der Anspruch auf Leistungen für Waisen erlischt mit dem Tod des Waisen oder mit Vollendung des 18. Altersjahres. Er besteht jedoch bis zur Vollendung des 25. Altersjahres für Kinder:
a  bis zum Abschluss der Ausbildung;
b  bis zur Erlangung der Erwerbsfähigkeit, sofern sie zu mindestens 70 Prozent invalid sind.
4    Befand sich der Versicherte beim Entstehen des Leistungsanspruchs nicht in der leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung, so ist jene Vorsorgeeinrichtung vorleistungspflichtig, der er zuletzt angehört hat. Steht die leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung fest, so kann die vorleistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung auf diese Rückgriff nehmen.68
BVG) und Invalidenleistungen (Art. 2326 BVG) versichert. Das Obligatorium bezieht sich zurzeit auf eine Spanne des so genannten versicherten Lohns zwischen CHF 25'320 und CHF 75'960 (Art. 8
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 8 Koordinierter Lohn - 1 Zu versichern ist der Teil des Jahreslohnes von 25 725 bis und mit 88 200 Franken15. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt.16
1    Zu versichern ist der Teil des Jahreslohnes von 25 725 bis und mit 88 200 Franken15. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt.16
2    Beträgt der koordinierte Lohn weniger als 3675 Franken17 im Jahr, so muss er auf diesen Betrag aufgerundet werden.18
3    Sinkt der Jahreslohn vorübergehend wegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Elternschaft, Adoption oder aus ähnlichen Gründen, so behält der bisherige koordinierte Lohn mindestens so lange Gültigkeit, als die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Artikel 324a des Obligationenrechts (OR)19 bestehen würde oder ein Mutterschaftsurlaub nach Artikel 329f OR, ein Urlaub des andern Elternteils nach den Artikeln 329g und 329gbis OR, ein Betreuungsurlaub nach Artikel 329i OR oder ein Adoptionsurlaub nach Artikel 329j OR dauert.20 Die versicherte Person kann jedoch die Herabsetzung des koordinierten Lohnes verlangen.21
BVG i.V.m. Art. 5
SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2)
BVV-2 Art. 5 Anpassung an die AHV - (Art. 9 BVG)
BVV 2). Die Einhaltung der minimalen gesetzlichen Standards muss von den Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen einer Schattenrechnung sichergestellt werden.

8. Im überobligatorischen Bereich, das heisst in der Regel Lohnteile über CHF 75'960.-, kommt das BVG nicht zur Anwendung. In diesem Bereich sind die Pensionskassen weitgehend frei, die Versicherungsbedingungen und -leistungen (Prämien, Mindestzinssatz, Umwandlungssatz etc.) eigenständig festzulegen, sofern sie den Kriterien der zuständigen Aufsichtsbehörde genügen.

1.3.2

Träger der beruflichen Vorsorge - Vorsorgeeinrichtungen

9. Träger der beruflichen Vorsorge sind die so genannten Vorsorgeeinrichtungen. Ein synonym verwendeter und oft gebrauchter Begriff für Vorsorgeeinrichtung ist "Pensionskasse". Bei den privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen handelt es sich nahezu ausschliesslich um Stiftungen (Art. 80 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 80 - Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermögens für einen besondern Zweck.
. ZGB).

10. Laut Gesetz müssen sich Pensionskassen, die an der Durchführung der obligatorischen beruflichen Vorsorge teilnehmen wollen, bei der Aufsichtsbehörde registrieren lassen (Art. 48 Abs. 1
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 48 - 1 Vorsorgeeinrichtungen, die an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen wollen, müssen sich bei der Aufsichtsbehörde, der sie unterstehen (Art. 61), in das Register für die berufliche Vorsorge eintragen lassen.
1    Vorsorgeeinrichtungen, die an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen wollen, müssen sich bei der Aufsichtsbehörde, der sie unterstehen (Art. 61), in das Register für die berufliche Vorsorge eintragen lassen.
2    Registrierte Vorsorgeeinrichtungen müssen die Rechtsform einer Stiftung haben oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit sein.147 Sie müssen Leistungen nach den Vorschriften über die obligatorische Versicherung erbringen und nach diesem Gesetz organisiert, finanziert und verwaltet werden.
3    Eine Vorsorgeeinrichtung wird aus dem Register gestrichen, wenn sie:
a  die gesetzlichen Voraussetzungen zur Registrierung nicht mehr erfüllt und innerhalb der von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist die erforderlichen Anpassungen nicht vornimmt;
b  auf die weitere Registrierung verzichtet.148
4    Die registrierten Vorsorgeeinrichtungen und die an der von ihnen durchgeführten beruflichen Vorsorge Beteiligten sind berechtigt, die AHV-Nummer149 nach den Bestimmungen des AHVG150 für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben systematisch zu verwenden.151
BVG). Als Rechtsform für registrierte Kassen sind zugelassen: Stiftungen, Genossenschaften oder Gesellschaften des öffentlichen Rechtes (Art. 48 Abs. 2
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 48 - 1 Vorsorgeeinrichtungen, die an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen wollen, müssen sich bei der Aufsichtsbehörde, der sie unterstehen (Art. 61), in das Register für die berufliche Vorsorge eintragen lassen.
1    Vorsorgeeinrichtungen, die an der Durchführung der obligatorischen Versicherung teilnehmen wollen, müssen sich bei der Aufsichtsbehörde, der sie unterstehen (Art. 61), in das Register für die berufliche Vorsorge eintragen lassen.
2    Registrierte Vorsorgeeinrichtungen müssen die Rechtsform einer Stiftung haben oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit sein.147 Sie müssen Leistungen nach den Vorschriften über die obligatorische Versicherung erbringen und nach diesem Gesetz organisiert, finanziert und verwaltet werden.
3    Eine Vorsorgeeinrichtung wird aus dem Register gestrichen, wenn sie:
a  die gesetzlichen Voraussetzungen zur Registrierung nicht mehr erfüllt und innerhalb der von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist die erforderlichen Anpassungen nicht vornimmt;
b  auf die weitere Registrierung verzichtet.148
4    Die registrierten Vorsorgeeinrichtungen und die an der von ihnen durchgeführten beruflichen Vorsorge Beteiligten sind berechtigt, die AHV-Nummer149 nach den Bestimmungen des AHVG150 für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben systematisch zu verwenden.151
BVG). Keine Pflicht zur Registrierung besteht jedoch für Kassen, welche ausschliesslich Leistungen im überobligatorischen Bereich erbringen. Im Zuge der Einführung des BVG haben zahlreiche Unternehmen ihre Vorsorgeeinrichtungen in eine registrierte BVG-Kasse, welche die gesetzlichen Mindesterfordernisse erfüllt, sowie in eine überobligatorische Einrichtung aufgeteilt. Eine Vorsorgeeinrichtung, welche sowohl Leistungen im obligatorischen wie auch im überobligatorischen Bereich erbringt, wird auch "umhüllende Kasse" genannt.

RPW/DPC

2004/2


380

11. Die Pensionskassen-Landschaft in der Schweiz prägt sich heute grundsätzlich durch vier verschiedene Typen von Vorsorgeeinrichtungen: ??

autonome und teilautonome Pensionskassen

??

Gemeinschaftsstiftungen

??

Sammelstiftungen

??

öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtungen

12. Autonome und teilautonome Pensionskassen werden individuell von den Arbeitgebern zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer und deren Angehörigen errichtet.

??

Autonome Vorsorgeeinrichtungen tragen weitgehend alle Risiken, insbesondere die Verantwortung für Finanzierung, Beitragssystem und Anlagepolitik, selbst. Ihre Leistungen werden folglich nicht durch einen Kollektiv-Lebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungsgesellschaft sichergestellt, wobei in gewissen Fällen Höchstschäden und kumulierte Risiken durch eine Rückversicherung abgedeckt werden.

??

Teilautonome Vorsorgeeinrichtungen lassen sich in zwei Arten aufteilen: Einerseits in Vorsorgeeinrichtungen, welche die Altersleistungen selbst sicherstellen und demzufolge das Risiko Langlebigkeit selbst tragen. Die Risiken Tod und/oder Invalidität werden hingegen durch eine Versicherungsgesellschaft abgedeckt. Andererseits in Vorsorgeeinrichtungen, welche mit dem selbst geäufneten Sparkapital im Zeitpunkt der Pensionierung die Altersleistungen bei einer Versicherungsgesellschaft einkaufen und damit das Risiko der Langlebigkeit auf sie übertragen. Alle übrigen Risiken werden zudem durch eine Versicherungsgesellschaft abgedeckt.

13. Demgegenüber sind Gemeinschaftsstiftungen gemeinsame Einrichtungen mehrerer Arbeitgeber, die in der Regel in irgendeiner Art miteinander verbunden sind (z.B. in einem Konzern oder einem Verband) und ihren Arbeitnehmern gemeinsame Vorsorgeleistungen anbieten. Die Gemeinschaftsstiftung kennt keine buchhalterische Trennung zwischen den einzelnen Vorsorgewerken. Auch sie können autonom oder teilautonom organisiert sein.

14. Bei Sammelstiftungen handelt es sich um Einrichtungen, welche für angeschlossene Arbeitgeber alle Dienstleistungen der beruflichen Vorsorge erbringen. Sammelstiftungen errichten für jeden Arbeitgeber ein separates Vorsorgewerk mit individuellem Leistungsplan und individueller Kontoführung. Die grössten Sammelstiftungen werden von Lebensversicherungen geführt. Während die Stiftung der rechtliche Vorsorgeträger gemäss BVG ist, übernimmt der Lebensversicherer Risikodeckung, Vermögensanlage und Verwaltung für die Stiftung.

RPW/DPC

2004/2


381

15. Öffentlich-rechtliche Pensionskassen sind schliesslich, wie der Name sagt, Arbeitnehmern von Bund, Kanton und Gemeinden sowie anderen öffentlich-rechtlichen Institutionen vorbehalten.

1.3.3

Beitrags- versus Leistungsprimat

16. Das gesetzliche Obligatorium ist auf dem System des Beitragsprimats aufgebaut. Bei diesem richten sich die Leistungen der Vorsorgeeinrichtungen nach den geleisteten Beiträgen beziehungsweise nach dem geäufneten Sparkapital, das oftmals auch als Altersguthaben bezeichnet wird. Beim Leistungsprimat hingegen werden die Leistungen nicht aufgrund der einbezahlten Beiträge berechnet, sondern als fixer Prozentsatz des versicherten Lohnes festgelegt. Die zur Finanzierung notwendigen Beiträge werden demzufolge aufgrund der vorgesehenen Leistungen ermittelt. Die Versicherten wissen also im Voraus, mit welcher Rente zu rechnen ist.

17. Im Jahre 2000 gab es gemäss Bundesamt für Statistik 2'865 Vorsorgeeinrichtungen, die nach dem Beitragsprimat, und 521 Vorsorge1 einrichtungen, die nach dem Leistungsprimat funktionierten. Pensionskassen, die nach dem Leistungsprimat finanziert werden, kommen vor allem im öffentlichen Bereich vor. Sie finden sich aber auch, obwohl in abnehmender Zahl, in der Form von autonomen und teilautonomen Pensionskassen bei privaten Unternehmen. Für Sammelstiftungen und Gemeinschaftseinrichtungen ist in der Praxis aber nur das Beitragsprimat eine relevante Lösung.

1.3.4

Aufsicht und Zuständigkeit

18. Die Aufsicht in der beruflichen Vorsorge wird durch verschiedene Aufsichtsbehörden ausgeübt. Die kantonalen Aufsichtsbehörden überwachen die Einhaltung der gesetzlichen und reglementarischen Vorschriften der BVG-Träger. Die Oberaufsicht über die verschiedenen Behörden obliegt dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) und letztlich dem Bundesrat. Das Bundesamt für Privatversicherung (BPV) ist hingegen für die Überwachung des Geschäftsbetriebs der Privatversicherungen zuständig (Art. 3 Abs. 1
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 3 Bewilligungspflicht - 1 Jedes Versicherungsunternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b, das der Aufsicht untersteht (Versicherungsunternehmen), bedarf zur Aufnahme der Versicherungstätigkeit einer Bewilligung der FINMA18.
1    Jedes Versicherungsunternehmen nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b, das der Aufsicht untersteht (Versicherungsunternehmen), bedarf zur Aufnahme der Versicherungstätigkeit einer Bewilligung der FINMA18.
2    Fusionen, Spaltungen und Umwandlungen von Versicherungsunternehmen bedürfen ebenfalls der Bewilligung.
VAG), was insbesondere in Zu2 sammenhang mit den Sammelstiftungen von Bedeutung ist.

1

Vgl. Bundesamt für Statistik, Die berufliche Vorsorge in der Schweiz, Ausgabe 2003, S. 25 f.

Vgl. Infoplus Nr. 25 "Berufliche Vorsorge: auf Fakten bauen", Newsletter des EFD vom November 2003.

2

2004/2

RPW/DPC

382

19. Organisatorisch sind die Sammelstiftungen zwischen Lebensversicherer und BVG-Versicherte geschaltet. Wie erwähnt, ist die Stiftung der rechtliche Vorsorgeträger, währenddem der Lebensversicherer Risikodeckung, Vermögensanlage und Verwaltung der Stiftung übernimmt. Die Beziehung zwischen der Stiftung und dem Lebensversicherer wird in einem Lebensversicherungsvertrag festgehalten. Dieser Vertrag basiert auf Privatversicherungsrecht und unterliegt der Aufsicht des BPV. Insbesondere müssen Prämien und Leistungen in einem Versicherungstarif festgehalten werden, welcher vom BPV zu genehmigen ist. Die Zuständigkeiten des BSV und des BPV in der beruflichen Vorsorge sowie insbesondere im Bereich der Sammelstiftungen der Lebensversicherer sind in vereinfachter Form in nachfolgender Abbildung illustriert.

Autonome Pensionskasse Versicherte

Teilautonome Pensionskassen und private Lebensversicherer Versicherte BSV

Stiftung

Stiftung / Sammelstiftung BPV Lebensversicherer

Quelle: Infoplus Nr. 25 "Berufliche Vorsorge: auf Fakten bauen", Newsletter des EFD vom November 2003

Abbildung 2: Zuständigkeit der Behörden

1.4 Die Sammelstiftungen der Lebensversicherer 20. Der Einbruch der Aktienmärkte im Frühjahr 2001 hatte zur Folge, dass es für viele Vorsorgeeinrichtungen schwierig wurde, die nötigen Renditen zu erwirtschaften, um die Mindestverzinsung der Altersguthaben zu gewährleisten. Wie die Auswertungen zum Risiko Check-up 2003 der Complementa Investment-Controlling AG zeigen, äusserte sich diese Entwicklung zunehmend in einer markanten Unterdeckung 3 verschiedener Vorsorgeeinrichtungen. Besonders die Sammelstiftun-

3

Vgl. www.complementa.ch.

RPW/DPC

2004/2


383

gen der Lebensversicherer waren von den Entwicklungen am Aktienmarkt betroffen. Da es den Lebensversicherern, im Gegensatz zu anderen Vorsorgeeinrichtungen, nicht gestattet ist, in eine temporäre Unterdeckung zu fallen, mussten diese Aktien veräussern und die dementsprechenden Kursverluste realisieren.

21. Obwohl sich die Aktienmärkte im Frühjahr 2003 wieder zu erholen begannen, blieben gewisse strukturelle Probleme bestehen. Einerseits kann die steigende Invalidisierungstendenz erwähnt werden. Andererseits muss auf den derzeit im obligatorischen Bereich gültigen Umwandlungssatz von 7,2% hingewiesen werden, der die aktuelle Lebenserwartung nicht mehr adäquat widerspiegelt. Es war hauptsächlich auf die aussergewöhnlichen Aktienrenditen in den 90er-Jahren zurückzuführen, dass die Pensionskassen die infolge der gestiegenen Lebenserwartung anfallenden Kosten zu decken vermochten.

22. Die Reaktion der Lebensversicherer auf die beschriebenen strukturellen Probleme blieb nicht aus. Die Einführung verschiedener neuer Versicherungsmodelle wurde angekündigt, wobei vor allem das so genannte "Winterthur Modell" eine breite Kontroverse auslöste. Die Winterthur Versicherung kündigte Mitte 2003 ein neues Modell für ihre Sammelstiftung an, welches sich stärker am wirtschaftlichen Umfeld sowie an der Entwicklung der Lebenserwartung orientieren soll.

Als Kernelemente des "Winterthur Modells" können einerseits die weitgehende Entkoppelung des Vorsorge- und des Versicherungsverhältnisses und damit eine teilweise Verselbstständigung der Sammelstiftung, andererseits die Unterscheidung der Vorsorgeleistungen im 4 obligatorischen und im überobligatorischen Bereich genannt werden.

23. Allgemein können die Eigenschaften der von den Schweizer Lebensversicherern neu eingeführten Versicherungsmodelle wie folgt zusammengefasst werden: ??

Erhöhung der Risikoprämie infolge der gestiegenen Invaliditätsleistungen

??

Erhöhung der Verwaltungskostenprämie infolge des Wegfalls der Möglichkeit der Deckung mittels Kapitalerträgen

??

Einführung von zusätzlichen Prämien zur Sicherstellung des Mindestzinssatzes (vgl. Rz. 60) und des Umwandlungssatzes (vgl. Rz.

44) im überobligatorischen Bereich

??

Teilautonomisierung beziehungsweise Verselbstständigung von Sammelstiftungen mit der Folge einer Einschränkung von bisher gewährten Garantien bezüglich des Mindestzinssatzes

??

Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich

4

Vgl. Fachinformation der Winterthur 3/2003, Vorsorge im Unternehmen, S. 6 ff.

2004/2

RPW/DPC

384

24. Der Trend im Kollektivversicherungsgeschäft weist klar in die Richtung, dass die Lebensversicherer die von ihnen zu tragenden Risiken einschränken beziehungsweise Restrisiken neu auf die Sammelstiftungen übertragen. Dies kann als eine Abkehr von der klassischen Vollversicherungslösung als vorherrschendes Modell bezeichnet werden. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die auf dem Markt angebotenen Vorsorgemodelle der vier grössten Schweizer Anbieter im Kollektivversicherungsgeschäft.

Winterthur Versicherung

*

Zürich Versicherung

*

Rentenanstalt

Basler Versicherung

Organisation

Teilweise Verselbstständigung der Sammelstiftung. Der Stiftungsrat umfasst neu nicht nur Vertreter der Winterthur.

Die Sammelstiftung Vita ist teilautonom.

Der Stiftungsrat sowie der Anlageausschuss setzen sich teilweise aus unabhängigen externen Mitgliedern zusammen.

Konventionelle Vollversicherungslösungen und reine Risikodeckung möglich, für Sammelstiftung oder für firmeneigene Stiftungen direkt.

Konventionelle Vollversicherungslösungen und reine Risikodeckung möglich, für Sammelstiftung oder für firmeneigene Stiftungen direkt.

Kapitalanlagen

Je nach Vertrag: a) mit Zinsgarantie b) bei Versicherer auf eigenes Risiko (Fonds cantonnés/Seperate Account) c) beim Versicherungsnehmer im Risikodeckungsfall

Anlage auf Namen und Risiko der Sammelstiftung. Sammelstiftung hat eigenen Anlageausschluss. Der Stiftungsrat entscheidet über Strategie und Bildung von Wertschwankungsreserven.

Je nach Vertrag: a) mit Zinsgarantie b) bei Versicherer auf eigenes Risiko (Fonds cantonnés/Seperate Account) c) beim Versicherungsnehmer im Risikodeckungsfall

Je nach Vertrag: a) mit Zinsgarantie b) beim Versicherungsnehmer im Risikodeckungsfall

Kapitalerträge

Bei Anlagerenditen über BVGMindestzinssatz werden Überschüsse, nach Verrechnung mit Verlusten aus dem Risiko- und Kostenprozess, grösstenteils an die Sammelstiftung weiter gegeben.

Stiftungsrat entscheidet über die Verwendung der Erträge.

Bei Anlagerenditen über BVGMindestzinssatz werden Überschüsse, nach Verrechung mit Verlusten aus dem Risiko- und Kostenprozess, grösstenteils an die Sammelstiftung weiter gegeben.

Bei Anlagerenditen über BVGMindestzinssatz werden Überschüsse, nach Verrechung mit Verlusten aus dem Risiko- und Kostenprozess, grösstenteils an die Sammelstiftung weiter gegeben.

Verschiedene Angaben zur Sammelstiftung Vita wurden aufgrund einer Richtigstellung der Zürich Versicherung korrigiert.

RPW/DPC

385

Verzinsung Altersguthaben

Versicherer garantiert Verzinsung, die sich am Zinssatz für risikoarme Kapitalanlagen orientiert. Für die Differenz zum aktuellen BVGMindestzinssatz steht die Sammelstiftung im Risiko.

Altersguthaben 2,25% für das im BVG-Obligagesamte Alterstorium mindesguthaben.

tens BVG-Zinssatz. Kapitalmarktrisiko wird von der Sammelstiftung getragen.

2,25% für das gesamte Altersguthaben.

Umwandlungssatz Überobligatorium

5,835% Männer (65-jährig), 5,454% Frauen (62-jährig) für die Sammelstiftungen und die Vorsorgestiftungen mit Rückdeckung.

5,835% Männer (65-jährig) 5,454% Frauen (62-jährig) 5,793% Frauen (65-jährig)

5,835% Männer und Frauen (65jährig) im gesamten Neugeschäft.

7,2% Männer und Frauen.

Gesamtprämie

Wird durchschnittlich um 8% erhöht (Sammelstiftung und Stiftungen mit Vollversicherungslösungen).

Wird durchschnittlich um 4%-5% im Bereich Kollektiv Leben und Vita Sammelstiftung erhöht.

Wird durchschnittlich um 5% erhöht (bezieht sich auf gesamtes BVGGeschäft).

Wird durchschnittlich um 5% erhöht.

Zusatzprämie

Vorsorgestiftungen mit Rückdeckungsverträgen können im Obligatorium alternativ den vollen BVG-Rentenumwandlungssatz gegen eine Risikoprämie Langlebigkeit versichern lassen.

Garantie des BVG-Zinssatzes und des BVGUmwandlungssatzes gegen Zusatzprämie freiwillig versicherbar (Überobligatorium).

Erhebung Zusatzprämie im Überobligatorium zur Finanzierung eines einheitlichen Umwandlungssatzes und Mindestzinssatzes.

Quelle: *

2004/2

Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe "Stellung der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge", Dezember 2003 Verschiedene Angaben zur Sammelstiftung Vita wurden aufgrund einer Richtigstellung der Zürich Versicherung korrigiert.

Tabelle 1: Neue Vorsorgemodelle

1.5 Gegenstand dieses Berichtes 25. Wie erwähnt, wurde die Ankündigung des "Winterthur Modell", insbesondere die darin vorgesehene Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich, in der Öffentlichkeit heftig kritisiert

RPW/DPC

2004/2


386

(Stichwort "Rentenklau"). Wie aus Tabelle 2 ersichtlich ist, war es jedoch nicht nur die Winterthur Versicherung, die eine Senkung des Umwandlungssatzes vorsah, sondern auch andere grosse Lebensversicherer. Erstaunen löste in diesem Zusammenhang vor allem auch die Tatsache aus, dass im Sommer 2003 die Winterthur Versicherung, die Zürich Versicherung, die Genfer Versicherung und die Helvetia Patria dem BPV exakt dieselben Umwandlungssätze zur Genehmigung vorlegten. Der Vorwurf einer illegalen Abrede und die Forderung nach einer Intervention der Behörden machte die Runde.

26. Parallel zu diesen Entwicklungen wurde über die 1. BVG-Revision debattiert, die unter anderem auch im obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge eine Senkung des Umwandlungssatzes von 7,2% auf 6,8% (innerhalb von 10 Jahren) vorsieht. Unterdessen ist die Referendumsfrist am 22. Januar 2004 unbenutzt abgelaufen und neben der Senkung des Umwandlungssatzes wird die 1. BVG-Revision insbesondere auch Neuerungen im Bereich der Transparenzvorschriften und 5 der paritätischen Verwaltung bringen. Auf im Rahmen der 1. BVGRevision vorgesehene Massnahmen, die aus Sicht des Sekretariats die Wettbewerbsverhältnisse zwischen den Lebensversicherer auf dem Markt für berufliche Vorsorge beeinflussen werden, wird später in diesem Bericht noch vertieft eingegangen.

27. Gemäss den Ermittlungen des Sekretariates haben unterdessen nebst den oben erwähnten Akteuren weitere Lebensversicherer auf Anfang 2004 den Umwandlungssatz für Männer auf 5,835% und für Frauen auf 5, 454% gesenkt oder angekündigt, diesen sukzessive in den kommenden Jahren auf diese Höhe zu senken. Teilweise findet diese Massnahme auf alle kündbaren Vorsorgeverträge Anwendung, teilweise sind nur Neukunden und -abschlüsse mit bestehenden Kunden betroffen. Tabelle 2 vermittelt einen Überblick der aktuellen Umwandlungssätze der in der beruflichen Vorsorge tätigen Lebensversicherer.

28. Konkret stellt sich die Frage, ob die Tatsache, dass verschiedene Lebensversicherer dem BPV übereinstimmende Umwandlungssätze zur Genehmigung vorlegten, das Resultat einer Abrede ist. Dabei ist zu präzisieren, dass die Prüfung der Höhe von Umwandlungssätzen im überobligatorischen Bereich dem BPV obliegt und somit nicht Gegenstand der vorliegenden Vorabklärung ist.

5

Der Bundesrat wird voraussichtlich die Bestimmungen der 1. BVG-Revision gestaffelt in Kraft setzen. So werden bereits auf den 1. April 2004 die neuen Transparenzbestimmungen Rechtskraft erlangen (BVG Art. 51, 53, 53a, 53e, 62, 65, 65a, 65b, 68, 68a und 86b). Gleichzeitig sollte der neue Art. 6 a des Lebensversicherungsgesetzes in Kraft treten. Die restlichen revidierten Bestimmungen sollten auf den 1. Januar 2005 wirksam werden.

2004/2

RPW/DPC

387

29. Zur Abklärung der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit einer Abrede bezüglich der Umwandlungssätze führte das Sekretariat im August/September 2003 Gespräche mit verschiedenen Parteien durch.

Insbesondere wurden Gespräche mit Vertretern des BSV, des BPV, des SVV und der Schutzgemeinschaft für KMU geführt. Am 3. November 2003 wurde eine Vorabklärung eröffnet. Im Rahmen der Vorabklärung wurden alle Versicherungsgesellschaften, welche in der Schweiz Leistungen im Bereich der beruflichen Vorsorge anbieten, befragt (vgl.

Tabelle 2). Schliesslich wurden im November 2003 Gespräche mit Versicherungsbrokern und Vertretern von autonomen Pensionskassen geführt.

Umwandlungssatz Männer

Frauen

7,2

7,2

5,835

5,454

7,2

7,2

5,835

5,454

5,835

5,61

7,2

7,2

Phenix

5,835

5,454

Rentenanstalt

5,835

5,835

Vaudoise

5,835

5,454

Winterthur

5,835

5,454

Zenith

7,2

7,2

Zürich

5,835

5,454

Allianz AXA Basler Helvetia *

La Suisse Pax

*

*

sukzessive Senkung des Umwandlungssatzes

Tabelle 2: Umwandlungssätze

2

ZUSTÄNDIGKEIT

2.1 Geltungsbereich 30. Das Kartellgesetz (KG) gilt für Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen (Art. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG).

31. Als Unternehmen gelten alle selbstständigen Einheiten, die sich als Produzenten von Güter n und Dienstleistungen am Wirtschaftsprozess beteiligen und im konkreten Fall als Anbieter oder Nachfrager auftreten. Die in der beruflichen Vorsorge tätigen Privatversicherungen sind als solche Unternehmen zu qualifizieren.

2004/2

RPW/DPC

388

2.2 Vorbehaltene Vorschriften 32. Dem KG sind Vorschriften vorbehalten, die auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften, die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen, und solche, die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten (Art. 3 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG). Ebenfalls nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben (Art. 3 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG).

33. Wie bereits erwähnt (vgl. Abschnitt 1.3.4), unterstehen die Sammelstiftungen der Privatversicherer gemäss Artikel 62
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
BVG Art. 62 Aufgaben - 1 Die Aufsichtsbehörde wacht darüber, dass die Vorsorgeeinrichtungen, die Revisionsstellen für berufliche Vorsorge, die Experten für berufliche Vorsorge sowie die Einrichtungen, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dienen, die gesetzlichen Vorschriften einhalten und dass das Vorsorgevermögen zweckgemäss verwendet wird, indem sie insbesondere:252
1    Die Aufsichtsbehörde wacht darüber, dass die Vorsorgeeinrichtungen, die Revisionsstellen für berufliche Vorsorge, die Experten für berufliche Vorsorge sowie die Einrichtungen, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dienen, die gesetzlichen Vorschriften einhalten und dass das Vorsorgevermögen zweckgemäss verwendet wird, indem sie insbesondere:252
a  die Übereinstimmung der statutarischen und reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtungen und der Einrichtungen, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dienen, mit den gesetzlichen Vorschriften prüft;
b  von der Vorsorgeeinrichtung sowie von der Einrichtung, die nach ihrem Zweck der beruflichen Vorsorge dient, jährlich Berichterstattung fordern, namentlich über ihre Geschäftstätigkeit;
c  Einsicht in die Berichte der Kontrollstelle und des Experten für berufliche Vorsorge nimmt;
d  die Massnahmen zur Behebung von Mängeln trifft;
e  Streitigkeiten betreffend das Recht der versicherten Person auf Information gemäss den Artikeln 65a und 86b Absatz 2 beurteilen; dieses Verfahren ist für die Versicherten in der Regel kostenlos.
2    Sie übernimmt bei Stiftungen auch die Aufgaben nach den Artikeln 85-86b ZGB256.257
3    Der Bundesrat kann Bestimmungen über die aufsichtsrechtliche Genehmigung von Fusionen und Umwandlungen sowie über die Ausübung der Aufsicht bei Liquidationen und Teilliquidationen von Vorsorgeeinrichtungen erlassen.258
BVG der Aufsicht des BSV. Gleichzeitig überprüft aber auch das BPV das Rechtsverhältnis zwischen dem privaten Lebensversicherer und seiner Sammelstiftung.

Im Folgenden werden deshalb die gesetzlichen Vorschriften, welche sich einerseits aus dem BVG und andererseits aus dem VAG ergeben könnten, analysiert.

2.2.1

Überobligatorium im Spannungsfeld zwischen Politik und Wirtschaft

34. Da das BVG im überobligatorischen Bereich nicht zur Anwendung kommt, liegen formell keine vorbehaltenen Vorschriften vor, welche die Anwendbarkeit des KG ausschliessen würden. Trotzdem muss festgehalten werden, dass der Spielraum der Lebensversicherer für die Festsetzung von Tarifen aufgrund der grossen gesellschaftspolitischen Bedeutung der Altersvorsorge eingeschränkt ist.

35. Bei der Einführung des BVG stimmten die Lebensversicherer aus politischen und historischen Gründen überein, dass keine Differenzierung des Umwandlungssatzes im obligatorischen und überobligatorischen Bereich vorgenommen wird. Der Umwandlungssatz wurde somit von allen Lebensversicherern auch im überobligatorischen Bereich auf 7,2% festgesetzt. Dabei handelte es sich klar um eine Abrede im Sinne des KG. Die Reaktionen auf die Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich seitens einiger Lebensversicherer zeigt die sozialpolitische Sensibilität des Themas der beruflichen Vorsorge.

36. Auf politischer Ebene reichte beispielsweise die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) am 8. September 2003 eine Motion ein, in welcher sie den Bundesrat beauftragt, den Umwandlungssatz auf seine technischen Grundlagen zu überprüfen und soweit erforderlich den realen Verhältnissen anzugleichen. Zudem forderte sie, dass der Umwandlungssatz im obligatorischen und im überobligatorischen Bereich im Wesentlichen übereinstimmen, und dass bei wesentlichen Änderungen im überobligatorischen Bereich ebenfalls eine angemessene Übergangsfrist gewahrt

2004/2

RPW/DPC 6

389

7

wird. Auch in der Presse , verschiedenen Publikationen von Banken 8 9 und Versicherern sowie in wissenschaftlichen Abhandlungen wurde der Gegenstand intensiv und kontrovers diskutiert.

2.2.2

VAG

37. Das Vorliegen von vorbehaltenen Vorschriften, die der Anwendbarkeit des KG im Sinne von Artikel 3
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG vorgehen, ist in jedem Einzelfall von Amtes wegen zu prüfen, und zwar in einem möglichst frü10 hen Verfahrensstadium. Grundsätzlich greift für staatliche Tarife der Anwendungsvorbehalt von Artikel 3
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG. Als staatliche Tarife gelten beispielsweise Tarife im Bereich der eidgenössischen Versicherungen wie der Unfall- oder Invalidenversicherung.

38. Die neuen tieferen Umwandlungssätze wurden vom BPV im Herbst 2003 bewilligt. Wie später noch dargelegt wird, basiert der Umwandlungssatz zu dem auf den im Kollektivtarif 95 festgelegten Grundlagen, welche 1994 vom BPV bewilligt wurden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob es sich hier nicht um einen staatlichen Tarif handelt.

39. Inhalt und Tragweite der staatlichen Genehmigung sind jeweils im konkreten Fall zu klären. Dabei ist etwa zu fragen, ob es sich um eine rein formelle Genehmigung handelt, oder ob das Gemeinwesen Einfluss auf die Ausgestaltung des Tarifs nehmen kann und falls ja, in welchem Ausmass. Weiter ist darauf zu achten, welche gesetzlich festgelegten Kriterien die Behörden im Rahmen der Genehmigung zu berücksichtigen haben. Je nach Art der Kriterien ist davon auszugehen, dass ein Spielraum für die Anwendung des KG besteht.

40. Gemäss Artikel 1
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 1 Gegenstand und Zweck - 1 Dieses Gesetz regelt die Aufsicht des Bundes über Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler.
1    Dieses Gesetz regelt die Aufsicht des Bundes über Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlerinnen und Versicherungsvermittler.
2    Es bezweckt insbesondere den Schutz der Versicherten nach Massgabe ihrer Schutzbedürftigkeit vor den Insolvenzrisiken der Versicherungsunternehmen und vor Missbräuchen.4
VAG übt der Bund, insbesondere zum Schutze der Versicherten, die Aufsicht über die privaten Versicherungseinrichtungen aus. In diesem Rahmen hat das BPV auch die neuen Umwandlungssätze im überobligatorischen Bereich der Lebensversicherer überprüft und genehmigt (Art. 8 Abs. 1 Bst. f
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 8 Mindestkapital - 1 Ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz muss über ein Mindestkapital verfügen, das je nach den betriebenen Versicherungszweigen 3-20 Millionen Franken betragen muss.
1    Ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz muss über ein Mindestkapital verfügen, das je nach den betriebenen Versicherungszweigen 3-20 Millionen Franken betragen muss.
2    Der Bundesrat erlässt Bestimmungen über das Mindestkapital für die einzelnen Versicherungszweige.
3    Die FINMA bestimmt das im Einzelfall erforderliche Kapital.
i.V.m. Art. 9 Abs. 2
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 9 Solvabilität - 1 Ein Versicherungsunternehmen muss über eine ausreichende Solvabilität verfügen.
1    Ein Versicherungsunternehmen muss über eine ausreichende Solvabilität verfügen.
2    Die Solvabilität ist ausreichend, wenn das risikotragende Kapital mindestens so gross ist wie das Zielkapital.
VAG

6

Vgl. Jahresbericht 2002/2003 der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle, Anhang zum Jahresbericht 2002/2003 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegationen der Eidgenössischen Räte, vom 23. Januar 2004, S. 11 f.

7 Vgl. z.B. das Dossier "Wankt die 2. Säule?" auf der Homepage der Neuen Zürcher Zeitung (www.nzz.ch/dossiers/).

8 Vgl. z.B. Credit Suisse Economic Briefing Nr. 32, "Baustelle berufliche Vorsorge - wie soll es weiter gehen?" oder Zürcher Kantonalbank, "Die Zukunft der beruflichen Vorsorge", April 2003.

9 Vgl. z.B. Avenir Suisse, "Les risques de la prévoyance", juin 2002, oder PH. MAEDER, Université de Lausanne, "Appréciation du taux de conversion de l'épargne en rente dans le cadre de la LPP", septembre 2003.

10 Vgl. RPW 2003/3, S. 695.

RPW/DPC

2004/2


390

und Art. 26 Abs. 2
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 9 Solvabilität - 1 Ein Versicherungsunternehmen muss über eine ausreichende Solvabilität verfügen.
1    Ein Versicherungsunternehmen muss über eine ausreichende Solvabilität verfügen.
2    Die Solvabilität ist ausreichend, wenn das risikotragende Kapital mindestens so gross ist wie das Zielkapital.
der Schadensversicherungsverordnung [SchVV; SR 961.711]). Diese Bewilligung wird in Form einer Verfügung erteilt und im Bundesblatt veröffentlicht (Art. 46
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 46 Aufgaben - 1 Die FINMA hat folgende Aufgaben:
1    Die FINMA hat folgende Aufgaben:
a  Sie wacht darüber, dass die Versicherungs- und die Aufsichtsgesetzgebung eingehalten werden.
b  Sie prüft, ob die Versicherungsunternehmen sowie die Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler einen guten Ruf geniessen und Gewähr für die Erfüllung der Pflichten nach diesem Gesetz bieten.
c  Sie wacht über die Einhaltung des Geschäftsplans.
d  Sie wacht darüber, dass die Versicherungsunternehmen solvent sind, die technischen Rückstellungen vorschriftsgemäss bilden und die Vermögenswerte ordnungsgemäss verwalten und anlegen.
e  Sie überwacht den ordnungsgemässen Vollzug der Schadenregulierung, die in den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 195874 über die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung geregelt ist.
f  Sie schützt die Versicherten gegen Missbräuche der Versicherungsunternehmen und der Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler.
g  Sie schreitet gegen Missstände ein, welche die Interessen der Versicherten gefährden.
2    ...76
3    Der Bundesrat erlässt Ausführungsbestimmungen über die einzelnen Aufgaben.
VAG). Der Umfang der Überprüfungspflicht des BPV wird in Artikel 20
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 20 Vorschriften zum gebundenen Vermögen - Der Bundesrat erlässt Vorschriften insbesondere über die Bestellung, die Belegenheit, die Deckung, die Veränderungen und die Kontrolle des gebundenen Vermögens. Er orientiert sich dabei am Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht. Er kann die FINMA zur Regelung der technischen Einzelheiten ermächtigen.
VAG umschrieben. Danach hat das BPV sicherzustellen, dass die Tarife die Solvenz der Versicherungsgesellschaften nicht gefährden, und dass die Versicherten vor Missbrauch geschützt werden. Zweck des VAG ist somit einerseits die Solvenzerhaltung und andererseits die Vermeidung missbräuchlich hoher Tarife. Ausgeschlossen ist jedoch eine Angemessenheitsprüfung. Für eine darüber hinausgehende Prüfung fehlt im VAG eine gesetzliche Grundlage. Schliesslich gilt es auch zu betonen, dass die Versicherungen einen Rechtsanspruch auf Genehmigung haben, wenn das eingereichte Gesuch die Bedingungen von Artikel 20
SR 961.01 Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) - Versicherungsaufsichtsgesetz
VAG Art. 20 Vorschriften zum gebundenen Vermögen - Der Bundesrat erlässt Vorschriften insbesondere über die Bestellung, die Belegenheit, die Deckung, die Veränderungen und die Kontrolle des gebundenen Vermögens. Er orientiert sich dabei am Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht. Er kann die FINMA zur Regelung der technischen Einzelheiten ermächtigen.
VAG erfüllen.

41. Aus den obigen Erwägungen folgt, dass die Sicherstellung eines funktionsfähigen Wettbewerbs zwischen den Versicherungsgesellschaften kein Kriterium bei der Genehmigung von Tarifen durch das BPV darstellt. Das VAG enthält auch keine Bestimmung, welche die Parameter und deren Höhe für die Berechnung des Umwandlungssatzes festlegt. Somit besteht in diesem Bereich grundsätzlich ein Spielraum für die Anwendung des Kartellgesetzes. Vorab ist jedoch abzuklären, ob das Interesse der Solvenzerhaltung und des Schutzes vor Missbrauch dem Interesse der Sicherstellung eines funktionsfähigen Wettbewerbs entgegensteht, oder ob diese beiden Interessen parallel verfolgt werden können. Währenddem das Kriterium des Schutzes vor Missbrauch als eine Grenze der Tarifsetzung nach oben interpretiert werden kann, bewirken die Anforderungen an die Solvenz eine unter e Grenze der Tarifsetzung. Solange diese beiden Grenzen nicht zusammenfallen, besteht folglich ein Preissetzungsspielraum, der eine unterschiedliche, den Wettbewerbsverhältnissen gerechte Tarifsetzung zulässt. Dies insbesondere auch bezüglich der Umwandlungssätze als Element der Tarifgestaltung. Dass in der Praxis ein gewisser Preissetzungsspielraum besteht, bestätigt die Tatsache, dass dem BPV unterschiedliche Tarife vorgelegt wurden und diese, nach teilweisen Nach11 besserungen, auch genehmigt wurden (vgl. Tabelle 1 und 2).

42. Folglich ist das KG für die Überprüfung von wettbewerbsrechtlichen Fragen im
Bereich der überobligatorischen beruflichen Vorsorge anwendbar. Dies umso mehr, als anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber im Bereich der beruflichen Vorsorge gerade durch die Trennung

11

Vgl. auch Medienmitteilung des BPV vom 8. Dezember 2003 "Prämien- und Tarifänderungen: Gesuche von 14 Lebensversicherern behandelt".

RPW/DPC

2004/2


391

zwischen dem gesetzlich geregelten Obligatorium und dem grundsätzlich nicht geregelten Überobligatorium auch das Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb im überobligatorischen Bereich im Auge hatte.

43. Das Einschreiten der Wettbewerbskommission ist vor der Genehmigung der Tarife durch das BPV möglich. Hat das BPV aber die Tarife wie im vorliegenden Fall bereits genehmigt, stellt sich die Frage der Kompetenzaufteilung zwischen Bundesbehörden. Würde die Wettbewerbskommission nämlich die Tarife als unzulässig erklären, müssten die vom BPV genehmigten Tarife aufgehoben werden. Erstrebenswert wäre deshalb entweder, dass das BPV bei der Genehmigung auch 12 wettbewerbsrechtliche Aspekte einbezieht oder aber, dass analog zu Artikel 10 VKU im Rahmen von Bankenzusammenschlüssen die Kompetenzaufteilung auf Gesetzesstufe geregelt würde. Im vorliegenden Fall kann die Frage der Kompetenzaufteilung letztlich offen gelassen werden, da, wie im Folgenden noch zu zeigen ist, keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsabrede vorliegen und die Vorabklärung somit ohne Folgen eingestellt wird.

3

WETTBEWERBSABREDE IM BEREICH DER UMWANDLUNGSSÄTZE

3.1 Bedeutung und Bestimmung des Umwandlungssatzes 44. Durch Beiträge an die berufliche Vorsorge spart sich der Versicherte während seines Erwerbslebens ein Altersguthaben an, welches ihm nach der Pensionierung in Form eines einmaligen Kapitalbezugs oder einer Rente ausbezahlt wird. Die Jahresrente wird dabei als Prozentsatz des Altersguthabens bestimmt, welcher als Umwandlungssatz bezeichnet wird. Im obligatorischen Bereich ist der Umwandlungssatz 13 von Geschlec ht und Zivilstand unabhängig und beträgt zurzeit 7,2%.

Dies bedeutet, dass sich aus einem Altersguthaben von zum Beispiel CHF 100'000.- eine jährliche Rente von CHF 7'200.- ergibt.

45. In der Berechnung des Umwandlungssatzes eines Mannes sind eine Witwenrente und eine Kinderrente mitberücksichtigt. Die Witwenrente ist der Anteil der Rente, der beim Tode eines pensionierten Mannes an seine Witwe weiter bezahlt wird. Die Kinderrente wird für jedes in Ausbildung stehende Kind unter 26 Jahren ausbezahlt. Weiter geht in die Berechnung des Umwandlungssatzes ein pauschaler Kostenzuschlag ein, welcher in der Regel mit 2% der Rente veranschlagt wird. Dieser Kostenzuschlag enthält Aufwendungen, die in Zusammenhang mit der Auszahlung der Rente zu erwarten sind.

12

Möglich wär in diesem Zeitpunkt, ein Gutachten oder eine Empfehlung der Wettbewerbsbehörden einzuholen.

13 Bzgl. 1. BVG-Revision, vgl. Rz. 26, 95, 96.

2004/2

RPW/DPC

392

46. Die beiden wichtigsten Parameter für die Berechung des Umwandlungssatzes sind jedoch einerseits die zukünftige Lebenserwartung der Rentner sowie deren Ehegatten und andererseits die Rendite, die bei der Anlage der Altersguthaben langfristig erzielt werden kann.

Die Lebenserwartung wird mit Hilfe von so genannten Sterbetafeln ermittelt. Steigt die Lebenserwartung der Rentenempfänger, so verlängert sich auch die Dauer der Rentenzahlung. Bezogen auf ein gegebenes Altersguthaben bedeutet dies eine sinkende jährliche Rente.

Den Zinssatz, mit dem das Altersguthaben verzinst wird, nennt man den technischen Zinssatz. Dieser wird dem Versicherten für die gesamte Laufzeit der Rente garantiert. Eine Erhöhung beziehungsweise Senkung des technischen Zinssatzes wirkt sich direkt auf die Höhe des Umwandlungssatzes aus.

47. Die Abhängigkeit des Umwandlungssatzes von der Lebenserwartung eines 65-jährigen Mannes sowie vom technischen Zinssatz ist in Tabelle 3 illustriert. Wie ersichtlich ist, schlägt sich eine Veränderung des technischen Zinssatzes in der Höhe von 0,5% Punkten mit zirka 0,33% Punkten auf den Umwandlungssatz durch.

Lebenserwartung technischer Zinssatz

16,9 Jahre

18,6 Jahre

20,5 Jahre

4,0%

6,78

6,48

6,18

3,5%

6,44

6,14

5,84

3,0%

6,10

5,81

5,50

2,5%

5,77

5,49

5,17

2,0%

5,45

5,17

4,84

1,5%

5,13

4,86

4,52

Quelle: Factsheet "Rentenumwandlungssatz in der überobligatorischen beruflichen Vorsorge, BPV

Tabelle 3: Umwandlungssätze

48. Die zur Berechnung des Umwandlungssatzes benötigten Parameter werden im Kollektivtarif 95 festgesetzt, weshalb im Folgenden auf den Kollektivtarif 95 vertieft eingegangen wird.

3.2 Der Kollektivtarif 95 49. Im Bereich der Kollektivversicherungen erarbeitete die technische Kommission der Schweizerischen Vereinigung privater Lebensversicherer (VPL) im Jahre 1994 einen gemeinsamen Tarif, den so genannten Kollektivtarif 95 (KT 95). Bestandteil des KT 95 sind unter anderem Wahrscheinlichkeitstafeln (Sterblichkeit, Invalidität etc.), der technische Zinssatz und Kostenzuschläge, mit anderen Worten, die haupt-

RPW/DPC

2004/2


393

sächlichen Faktoren und Grundlagen zur Berechnung des Umwandlungssatzes.

50. Allgemein bezeichnet der Begriff Tarif im Lebensversicherungsgeschäft die Zusammenfassung der Prämien, gegliedert nach verschiedenen versicherungstechnisch relevanten Kriterien, wie zum Beispiel Eintrittsalter, Vertragsdauer, versichertes Risiko etc. Da eine Vielzahl von Kombinationen dieser versicherungstechnisch relevanten Kriterien besteht und somit auch eine Vielzahl von verschiedenen Prämien, werden die Prämien in einem Tarif normalerweise nicht explizit im Sinne einer Preisliste ausformuliert sondern als Formel dargestellt. Tarife enthalten folglich die versicherungstechnischen Rechnungsgrundlagen zur Bestimmung der Prämie für eine gewisse Versicherungsleistung.

Betrifft der Tarif eine Kollektivversicherung, wird er Kollektivtarif genannt.

51. Der KT 95 stellt eine Abrede gemäss Artikel 4 Absatz 1 dar. Im vorliegenden Zusammenhang betrifft diese insbesondere die im KT 95 festgehaltenen Grundlagen zur Berechnung der Umwandlungssätze.

52. Der KT 95 wurde 1995 vom BPV genehmigt, wobei dazumal auch dem Sekretariat der Kartellkommission die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde. Das Sekretariat der Kartellkommission empfahl dem BPV, auf die Genehmigung des Kostenzuschlagssystems zu verzichten und die Prüfung und Genehmigung des Tarifs gemäss der Empfehlung der Kartellkommission in der Vorabklärung zum Le14 bensversicherungsmarkt vorzunehmen. In Letzterer hatte das Sekretariat festgehalten, dass die Versicherungsgesellschaften eine Gemeinschaftsstatistik führen dürfen, aus der sich Risikoprämien im Sinne von Nettotarifen errechnen lassen. Andere Tarifkomponenten, wie zum Beispiel Verwaltungskostenprämien, sind jedoch von den Gesellschaften individuell zu kalkulieren und der Aufsichtsbehörde zur Genehmi15 gung vorzulegen. Die Empfehlung des Sekretariats bewirkte, dass in der Ausgestaltung des KT 95 von pauschalisierten Kostenrabatten abgesehen wurde, was eine Individualisierung der Kostenprämie bewirkt. Kostenzuschläge (vgl. auch Rz. 64), die zukünftige Aufwendungen in Zusammenhang mit der Abwicklung von Rent en erfassen, wurden vom Sekretariat damals hingegen nicht beanstandet.

14

Veröffentlichung der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers 1a 1995, S. 33.

15 Veröffentlichung der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers 1a 1994, S. 31 f.

2004/2

RPW/DPC

394

53. Es stellt sich die Frage, ob - nachdem der KT 95 vom Sekretariat der Kartellkommission bereits überprüft wurde - die Problematik in der vorliegenden Vorabklärung nochmals aufgenommen werden kann. Dies ist zu bejahen, da die Stellungnahme 1994 noch unter dem alten Kartellgesetz erfolgte. Seither ist das Kartellgesetz vom 6. Oktober 1995 in Kraft getreten, und es gelten neue materiellrechtliche Regeln für die Beurteilung von Wettbewerbsabreden. Des Weitern erging die Beurteilung in einer Stellungnahme des Sekretariates und nicht in einer formellen Konsultation durch die Kartellkommission.

Schliesslich haben sich die Marktverhältnisse im Bereich der beruflichen Vorsorge seit 1994 verändert, was die kartellrechtliche Relevanz der Abr ede in andere Verhältnisse stellen könnte. Diesbezüglich darf nicht vergessen werden, dass der Versicherungsmarkt erst Anfang der 90er-Jahre liberalisiert wurde, und dass obgenannte Stellungnahme in diesem Umfeld verfasst wurde.

54. Im Folgenden ist somit zu überprüfen, ob die Festsetzung einheitlicher Umwandlungssätze, welche aus den im KT 95 festgehaltenen Grundlagen resultieren, unzulässig im Sinne von Artikel 5
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden
1    Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.
2    Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn sie:
a  notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller zu nutzen; und
b  den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen Wettbewerb zu beseitigen.
3    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen:
a  Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;
b  Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;
c  Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.
4    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.11
KG sind.

Vorerst gilt es allerdings noch, die einzelnen Parameter der Wettbewerbsabrede zu beschreiben.

3.3 Die einzelnen Parameter der Wettbewerbsabrede 3.3.1

Sterbetafeln

55. Wie oben dargelegt, ist die Sterblichkeit (bzw. die Restlebenserwartung bei Erreichen des Pensionsalters) einer der bestimmenden Faktoren bei der Berechnung des Umwandlungssatzes. Die Sterblichkeit wird in so genannten Sterbetafeln erfasst, welche in ihrer einfachsten Form angeben, wie viele Personen aus einer bestimmten Grundgesamtheit von Gleichaltrigen das nächste, übernächste usw.

Lebensjahr erreichen.

56. In der Schweiz werden verschiedene Sterbetafeln berechnet und verwendet, wobei sich diese Tafeln vor allem aufgrund verschiedener Versichertenbestände und Annahmen bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Sterblichkeit erheblich unterscheiden können. Die Lebensversicherer erstellen innerhalb des SVV anhand des Gesamtversichertenbestandes so genannte Kollektivversicherungstafeln, differenziert nach Männern und Frauen, wobei besonders die künftige Sterblichkeitsentwicklung (mit Einbau von Sicherheitsmargen) berücksichtigt wird. Solche Sterbetafeln werden als Generationensterbetafeln bezeichnet, da sie die Erwartungen bezüglich sich verändernden 16 Absterbeordnungen berücksichtigen.

16

Eine gute Übersicht zu Sterbetafeln im Allgemeinen sowie zu der Sterbetafel GRM/F 95 des SVV vermittelt das Factsheet "Sterblichkeit und Lebenserwartung, insbesondere mit Blick auf die überobligatorische berufliche Vorsorge" des BPV.

2004/2

RPW/DPC

395

57. Demgegenüber arbeiten andere Vorsorgeeinrichtungen mit so genannten Periodensterbetafeln. Diese stellen auf den aktuellen statistischen Gegebenheiten ab, berücksichtigen demzufolge keine Erwartungen bezüglich Veränderungen in der Absterbeordnung. Konkret werden in der Praxis zwei Periodensterbetafeln angewandt: die Sterbetafeln der Eidgenössischen Versicherungskasse (EVK) und der Versicherungskasse der Stadt Zürich (VZ).

58. Die Berechnung der zur Diskussion stehenden Umwandlungssätze der Lebensversicherer basiert auf den vom BPV im Rahmen des KT 95 autorisierten Kollektivversicherungstafeln, wobei die Tafel für Männer mit GRM 95 und für Frauen mit GRF 95 abgekürzt wird. Grundsätzlich besteht für einen Versicherer kein Zwang, die Kollektivversicherungstafeln anzuwenden. Bei Benutzung einer individuellen Sterbetafel muss diese jedoch vom BPV genehmigt werden. So verwendet beispielsweise die Helvetia Patria eine modifizierte Version der Sterbetafel GRM/F 95.

59. Zur Begründung der Verwendung einer gemeinsamen Sterbetafel und der Berechnung anderer statistischer Parameter aus dem Gesamtversichertenbestand wird von den Lebensversicherern angeführt, dass durch die Berücksichtigung des Gesamtversichertenbestandes repräsentativere Sterbetafeln und Statistiken berechnet werden können.

Diese Praxis ist auch in der EU weit verbreitet. Gemäss Artikel 1 a) der Freistellungsverordnung 358/2003 der EU-Kommission vom 27. Februar 2003 (EU-Freistellungsverordnung) ist im Versicherungsbereich die gemeinsame Erstellung, Anerkennung und Bekanntgabe von Sterbetafeln und Tafeln über die Häufigkeit von Krankheiten, Invalidität und Unfällen, welche ein Kapitalisierungselement beinhalten, von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag freigestellt. Als Grund für die Freistellung wird die Verbesserung der Kenntnis über die Risiken und die Erleichterung der Bewertung der Risiken durch die einzelnen Versicherer, was wiederum Marktzutritte erleichtern kann, geltend gemacht. Nach Auskunft des BPV existieren in einzelnen Ländern (z.B. Frankreich) sogar Vorschriften bezüglich des Gebrauchs gemeinsamer Sterbetafeln. Ob diese Gründe auf dem Schweizer Markt im Hinblick auf die Effizienzprüfung genügen würden, kann vorliegend offen gelassen werden.

Grundsätzlich kann jedoch gefragt werden, ob die Erstellung solcher gemeinsamer Statistiken nicht an eine unabhängige Institution, zum Beispiel das Bundesamt für Statistik, delegiert werden sollte.

3.3.2

Technischer Zinssatz

60. Ein zweiter wichtiger Faktor, welcher der Berechnung des Umwandlungssatzes zu Grunde liegt, ist der technische Zinssatz. Dieser muss klar vom so genannten Mindestzinssatz unterschieden werden, der einem Versicherten in der Aufbauphase seines Altersguthabens zugesichert wird. Der technische Zinssatz bezieht sich auf die garantierte Verzinsung des Altersguthabens nach der Pensionierung, das

RPW/DPC

2004/2


396

heisst während der Laufzeit der Rentenauszahlungen. Gegeben eine gewisse jährliche Rente, bestimmt er, wie schnell das angesparte Alterskapital abgetragen wird. Wie in Tabelle 3 gezeigt wurde, gilt, je tiefer der technische Zinssatz, umso tiefer der Umwandlungssatz und umgekehrt.

61. Der Spielraum für die Festsetzung des technischen Zinssatzes ist relativ gering, da er sich grundsätzlich an den effektiv erzielbaren Renditen an den Kapitalmärkten orientieren muss. Da die Zinsgarantie einerseits für die gesamte Laufzeit der Rentenauszahlung gilt, dem technischen Zinssatz andererseits jedoch eine Prognose über langfristige Zinsentwicklungen zu Grunde liegt, sollte dieser mit Vorsicht festgelegt werden. Es empfiehlt sich, den technischen Zinssatz an risikoarmen Kapitalanlagen auszurichten. Als sehr risikoarm und sicher gelten Anleihen der Eidgenossenschaft mit 10-jähriger Laufzeit. Solche Anleihen wurden per Ende 2003 mit 2,78% verzinst. Der lange Zeithorizont der Kapitalanlagen verursacht den Lebensversicherern zusätzlich ein Wiederanlagerisiko. Die EU-Richtlinien sehen deshalb beispielsweise vor, dass der technische Zinssatz auf höchstens 85% der Durchschnittsrenditen von Staatsanleihen festgesetzt wird, was in der Schweiz per Ende 2003 einen technischen Zinssatz von 2,36% bedeutet 17 hätte.

62. Den Berechnungen der fraglichen Umwandlungssätze wurde von den Lebensversicherern ein technischer Zinssatz von 3,5% zu Grunde gelegt. Dies entspricht dem im KT 95 verwendeten und vom BPV be18 willigten technischen Zinssatz. Als Grund für die gemeinsame Festlegung des technischen Zinssatzes im KT 95 wurde insbesondere auf die Erleichterung der Freizügigkeit zwischen den Versicherern aufmerksam gemacht.

63. Weiter ist zu präzisieren, dass die Versicherer in der beruflichen Vorsorge bis anhin mit einem speziellen technischen Zinssatz von 5,45% für Männer und 5,95% für Frauen rechneten, um den Umwandlungssatz im Überobligatorium dem Umwandlungssatz im Obligatorium anzupassen. Mit der Trennung zwischen Überobligatorium und dem BVG-Minimum sind die Versicherer auf den Zinssatz von 3,5% zurückgekommen.

17

Eine gute Übersicht zum technischen Zinssatz und seiner Festlegung vermittelt das Factsheet "Technischer Zinssatz zur Bestimmung des Rentenumwandlungssatzes in der überobligatorischen beruflichen Vorsorge" des BPV.

18 Vgl. KT 95, S. 61, Ziff. 10.1

2004/2

RPW/DPC

3.3.3

397

Verwaltungskostenzuschläge

64. Im KT 95 ist weiter ein pauschaler Verwaltungskostenzuschlag von 2% vorgesehen, der die Höhe des Umwandlungssatzes mitbestimmt und von allen an der Abrede beteiligten Versicherern angewandt 19 wird. Dieser Kostenzuschlag muss von der Kostenprämie unterschieden werden, die zur Abgeltung der eigentlichen Verwaltungskosten der beruflichen Vorsorge in der Aufbauphase des Altersguthabens erhoben wird. Der Verwaltungskostenzuschlag bezieht sich auf die Laufzeit des Rentenbezuges nach der Pensionierung und soll die in Zusammenhang mit der Auszahlung der Rente anfallenden Aufwendungen decken.

65. Die Bestimmung von in der Zukunft anfallenden Kosten ist gemäss den Aussagen der Versicherungsgesellschaften mit verschiedenen Unsicherheiten behaftet, was eine individuelle, verursachergerechte Festlegung von Kostenzuschlägen erschwert. Die Verwendung eines pauschalen, nach dem Gesetz der grossen Zahl erhobenen Verwaltungskostenzuschlags dient nach Auskunft der Lebensversicherer der Sicherstellung der Kostendeckung über den Gesamtversichertenbestand. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass grundsätzlich kein linearer Zusammenhang zwischen der Höhe einer ausbezahlten Rente und den dadurch anfallenden Verwaltungskosten besteht. Eine Berechnung des Verwaltungskostenzuschlags nach den erwarteten individuellen Kosten der Auszahlung einer Rente sollte insbesondere für die grösseren Lebensversicherer unproblematisch sein. Unterschiedliche Verwaltungskostenzuschläge würden sich jedoch erwartungsgemäss im Promillebereich auf die Höhe der Umwandlungssätze auswirken, weshalb vorliegend nicht weiter auf das Argument eingegangen wird.

3.3.4

Weitere Wahrscheinlichkeitstafeln

66. Neben der Lebenserwartung sind bei der Berechnung des Umwandlungssatzes verschiedene weitere Wahrscheinlichkeitsparameter zu berücksichtigen. So zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit im Todesfall verheiratet zu sein, die durchschnittliche Altersdifferenz des Ehepartners, die Anzahl und das Alter allfälliger Kinder usw. Solche Faktoren werden in Wahrscheinlichkeitstafeln erfasst und beeinflussen die Kosten allfälliger Witwen- und Kinderrenten.

19

Vgl. KT 95, S. 47, Ziff. 7.1.

RPW/DPC

2004/2


398

67. Wie im Falle der Sterbetafeln wurden diese Wahrscheinlichkeitstafeln innerhalb des SVV aufgrund des Gesamtversichertenbestandes des Verbandes errechnet und im KT 95 festgehalten. Grundsätzlich besteht nach Kenntnis des Sekretariats kein Zwang, die Wahrscheinlichkeitstafeln des KT 95 anzuwenden, die Benützung von individuellen Wahrscheinlichkeitstafeln müsste jedoch vom BPV genehmigt werden. Alle vom Sekretariat befragten Versicherer gaben an, mit den gemeinsamen Wahrscheinlichkeitstafeln des KT 95 zu arbeiten.

3.3.5

Gewichtung der Witwen- und Kinderrente

68. Ein letzter Faktor, der die Festsetzung des Umwandlungssatzes beeinflusst, ist die Gewichtung der Witwen- und Kinderrente bei Männern und, infolge einer fehlenden Witwerrente im BVG, die Gewichtung der Kinderrente bei Frauen. Nach BVG-Obligatorium beträgt die Gewichtung der Witwen- 60% und der Kinderrente 20% der Altersrente. Im überobligatorischen Bereich steht es den Vorsorgeeinrichtungen hingegen grundsätzlich frei, eine andere Gewichtung festzusetzen. Die Verwendung der BVG-Gewichtung scheint jedoch bei den Lebensversicherern im überobligatorischen Bereich üblich zu sein, wobei die meisten Versicherer betonen, dass die Möglichkeit, andere Leistungen zu wählen, besteht.

4

ERHEBLICHKEIT DER WETTBEWERBSABREDE

4.1 Der sachlich und räumlich relevante Markt 69. Um festzustellen, ob eine Abrede eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung bewirkt, ist vorab der sachlich und räumlich relevante Markt abzugrenzen.

4.1.1

Der sachlich relevante Markt

70. Der sachliche Markt umfasst alle Waren oder Leistungen, die von der Marktgegenseite hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als substituierbar angesehen werden (Art. 11 Abs. 3 Bst. a der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 17. Juni 1996 [VKU; SR 251.4], der hier analog anzuwenden ist).

71. In Zusammenhang mit der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes sind grundsätzlich zwei Fragen zu beantworten. Erstens: Kann ein eigenständiger Markt für Sammelstiftungen abgegrenzt werden oder umfasst der sachlich relevante Mar kt alle Träger der beruflichen Vorsorge? Zur Beantwortung dieser Frage wird vorerst abgeklärt, wer die Marktgegenseite der Sammelstiftungen darstellt. Zweitens: Existiert im Bereich der Sammelstiftungen ein Gesamtmarkt für berufliche Vorsorge oder müssen der obligatorische und der überobligatorische Bereich je als ein eigenständiger Markt angesehen werden?

72. Zur ersten Frage kann festgehalten werden, dass es vor allem Mikro- und Kleinunternehmen sind, die in den meisten Fällen nicht ohne

RPW/DPC

2004/2


399

einen Anschluss an eine Sammelstiftung auskommen, sofern sie nicht im Rahmen eines Verbandes über die Möglichkeit des Anschlusses an eine Gemeinschaftseinrichtung verfügen. Dies vor allem aus kostentechnischen Gründen, im Speziellen den Aufwendungen in Zusammenhang mit der Revisionspflicht und den unternehmensinternen Verwaltungskosten. Erst für mittlere Unternehmen ab zirka 100 Mitarbeitern ist die Wahl einer teilautonomen Versicherungslösung eine Option. Vollautonome Versicherungslösungen sind in der Regel erst 20 mit sehr grossen Versicherungsbeständen möglich.

73. Dass die Kundschaft der Sammelstiftungen vor allem Mikro- und Kleinunternehmen sind, zeigt sich auch in der Tatsache, dass diesen im Jahre 2000 nach Angabe des Bundesamt für Statistik 1'143'622 Versi21 cherte und 184'111 Arbeitgeber angeschlossen waren. Dies entspricht einem Durchschnitt von 6,2 Mitarbeitern pro Arbeitgeber.

74. Da für Mikro- und Kleinunternehmen kaum andere Optionen bestehen, als sich einer Sammelstiftung anzuschliessen, kann der sachlich relevante Markt in einem ersten Schritt auf die von den Sammelstiftungen angebotenen Vorsorgelösungen eingeschränkt werden.

75. Es muss sogar gefragt werden, ob nicht eine engere Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes angebracht wäre. Besonders die in letzter Zeit angespannte finanzielle Lage der Sammelstiftungen bewirkte eine teilweise massive Einschränkung der Auswahl an Vorsorgelösungen für Mikro- und Kleinunternehmen. Verschiedene Versicherer haben auf Ende 2003 so genannte Sanierungskündigungen ausgesprochen, um den Versicherungsbestand von "schlechten" Risiken zu entlasten und/oder ihre Zeichnungspolitik verschärft. Der Übergang zur Risikoklassenbildung und Erfahrungstarifierung, das heisst eine Differenzierung der Prämien nach erwartetem Schadenverlauf, führte dazu, dass vor allem Kleinbetriebe mit hohem Invaliditätsrisiko (z.B. in der Baubranche) Mühe bekundeten Anschlussverträge bei Sammelstiftungen abzuschliessen beziehungsweise massive Prämienerhöhungen in Kauf nehmen mussten.

76. Weiter müssen zwei Faktoren, die den Wechsel der Vorsorgeeinrichtung teilweise enorm erschweren, berücksichtigt werden. Erstens

20

Vgl. Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), Ressort WSWP, KMU-Test: BVG-Lösungen für KMU, 2003.

21 Vgl. Bundesamt für Statistik, Schweizerische Pensionskassenstatistik 2000.

RPW/DPC

2004/2


400

fallen bei Kündigung von Verträgen, die weniger als fünf Jahre gedauert haben, Rückkaufkosten für Zinsrisiken an. Zweitens kann auch die Weitergabe von Rentnerbeständen bei Wechsel der Vorsorgeeinrichtung Probleme verursachen und eine kostspielige Aufstockung des 22 Rentendeckungskapitals voraussetzen.

77. Infolge der Erholung der Aktienmärkte und der Einführung neuer Vorsorgemodelle als Reaktion auf die strukturellen Probleme der Sammelstiftungen kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Kollektivgeschäft allgemein wieder attraktiver geworden ist, was die Probleme der Kleinbetriebe, Anschluss an Sammelstiftungen zu finden, tendenziell mildern sollte. Aus dieser Sicht scheint sich momentan eine engere Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes nicht aufzudrängen.

78. Die zweite Frage, die sich in Zusammenhang mit der Marktabgrenzung stellt, ist, ob im Bereich der Sammelstiftungen ein Gesamtmarkt für berufliche Vorsorge existiert oder ob der obligatorische und der überobligatorische Bereich je als ein eigenständiger Markt angesehen werden müsste. In der Regel führen alle Versicherer einerseits Sammelstiftungen, die BVG- und umhüllende Vorsorge anbieten, andererseits aber auch Sammelstiftungen, die ausschliesslich auf die Zusatzvorsorge ausserhalb des BVG spezialisiert sind. Dies würde an sich für die Abgrenzung eines Marktes für BVG- und umhüllende Leistungen und eines Marktes für rein überobligatorische Leistungen sprechen.

79. Es ist weiter zu vermuten, dass sich die typische Kundschaft auf diesen Märkten unterscheidet. Während auf dem Markt für BVG- und umhüllende Leistungen in erster Linie der Vorsorgegedanke im Vordergrund steht, werden mit reinen Zusatzversicherungen oftmals auch andere Ziele verfolgt. So kann zum Beispiel die Mitarbeiterbindung auf Kaderebene genannt werden oder auch unternehmensinterne, steuertechnische Überlegungen. Da aber die Auswirkungen der Abrede, wenn dann die Grundlagen des KT 95 zur Berechnung der Umwandlungssätze zur Anwendung kommen, auf beiden Märkten dieselben sind, kann auf eine Trennung eines Marktes für BVG- und umhüllende Leistungen und eines Marktes für rein überobligatorische Leistungen verzichtet werden.

22

Vgl. auch Bericht der interdepartementalen Arbeitsgruppe "Stellung der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge", Dezember 2003.

2004/2

RPW/DPC

401

80. Allgemein können die Fragen, ob der sachlich relevante Markt eventuell aufgrund der restriktiven Zeichnungspolitik und der anderen beschriebenen Markthemmnisse enger einzugrenzen wäre und ob strikte zwischen einem Markt für BVG- und umhüllende Leistungen sowie einem Markt für rein überobligatorische Leistungen unterschieden werden müsste, offen gelassen werden. Dies, weil auch bei einer engeren Marktabgrenzung die Abrede bezüglich der Umwandlungssätze nicht als erheblich einzustufen ist, wie im Folgenden gezeigt wird.

81. Im Sinne einer Arbeithypothese wird im Folgenden von einem sachlich relevanten Markt, welcher alle von Sammelstiftungen angebotenen Vorsorgeleistungen beinhaltet, ausgegangen.

4.1.2

Der räumlich relevante Markt

82. Der räumliche Markt umfasst das Gebiet, in welchem die Marktgegenseite die den sachlichen Markt umfassenden Waren oder Leistungen nachfragt oder anbietet (Art. 11 Abs. 3 Bst. b, VKU, der hier analog anzuwenden ist).

83. Die berufliche Vorsorge ist in der Bundesverfassung verankert und besitzt somit einen nationalen Charakter. Folglich kann auch der Markt für die von den Sammelstiftungen angebotenen Vorsorgeleistungen höchstens eine nationale Dimension besitzen. Da der Anschluss an eine Sammelstiftung für einen Schweizer Betrieb grundsätzlich unabhängig von seinem geografischen Sitz ist, muss von einem die Schweiz umfassenden räumlich relevanten Markt ausgegangen werden.

4.2 Erheblichkeit 84. Zur Abschätzung, ob die Anwendung des KT 95 als Grundlage zur Berechnung von Umwandlungssätzen als eine erhebliche Abrede zu qualifizieren ist, soll in einem ersten Schritt die aktuelle Konkurrenz zwischen den Sammelstiftungen der Lebensversicherer beurteilt werden. In einem zweiten Schritt soll dann die Frage beantwortet werden, inwiefern auf dem betrachteten Markt potenzielle Konkurrenz herrscht.

4.2.1

Aktuelle Konkurrenz 23

85. Nach Angabe des Bundesamtes für Statistik existierten im Jahre 2000 zirka 130 Sammelstiftungen. Auf die Anzahl gesamthaft bestehender Vorsorgeeinrichtungen gesehen entspricht dies nur einem Anteil von 3,7%. Jedoch sind 35,5% aller Arbeitnehmer bei einer Sammelstiftung versichert. Nicht alle diese Sammelstiftungen werden von

23

Vgl. Fussnote 1.

2004/2

RPW/DPC

402

Lebensversicherern geführt. Auch Banken und Treuhandgesellschaften betreiben Sammelstiftungen. Ein Vergleich der Anzahl Vorsorgeeinrichtungen und Versicherten der von Lebensversicherern verwalteten Sammelstiftungen mit der Gesamtheit aller auf dem Markt tätigen Sammelstiftungen ergibt jedoch einen Marktanteil von weniger als 5% der Banken und Treuhandgesellschaften.

24

86. Gemäss Statistik des BPV waren im Jahre 2001 zirka 20 Lebensversicherer mit Sammelstiftungen auf dem Markt für berufliche Vorsorge aktiv. Der Marktanteil, gemessen am Prämienvolumen, der fünf grössten Anbieter betrug damals zirka 80%, wobei auf die Rentenanstalt und die Winterthur je etwa 25%, auf die Zürich (inklusive Genfer) etwa 15% und die Basler und Helvetia Patria je ein Anteil von unter 10% entfielen. In der Zwischenzeit sind nur noch 12 Versicherer im Vorsorgegeschäft tätig (vgl. auch Tabelle 2). Dies einerseits infolge von Marktaustritten. So bieten zum Beispiel die Generali Versicherungen oder die Providentia heute keine ber ufliche Vorsorge mehr an. Andererseits infolge von Unternehmenszusammenschlüssen, beispielsweise die Fusion zwischen der Allianz, der Berner Versicherung und der ELVIA. Die Marktanteile der fünf grössten Anbieter dürften von diesen Veränderungen jedoch nicht substanziell tangiert gewesen sein.

87. Da der KT 95 verbandsintern von allen Lebensversicherern gemeinsam erarbeitet wurde, müssen alle 12 heute noch in der beruflichen Vorsorge tätigen Versicherer als an der Abrede beteiligt bezeichnet werden. Wie Tabelle 2 entnommen werden kann, haben acht Lebensversicherer auf Anfang 2004 ihre Umwandlungssätze gesenkt beziehungsweise direkt von den im KT 95 festgehaltenen Grundlagen zur Berechnung von Umwandlungssätzen Gebrauch gemacht. Diese acht Lebensversicherer besitzen einen Marktanteil von etwas mehr als 80%. Die restlichen vier Lebensversicherer, welche gemeinsam über einen Marktanteil von zirka 20% verfügen, wenden zurzeit weiterhin den BVG-Umwandlungssatz von 7,2% an, was als Indiz für das Bestehen einer gewissen aktuellen Konkurrenz gewertet werden kann.

Weiter ist die Senkung der Umwandlungssätze auch nicht einheitlich erfolgt. Zu erwähnen ist vor allem die Rentenanstalt, die den Umwandlungssatz für Frauen nicht wie die anderen Lebensversicherer auf 5,454% gesenkt hat, sondern den Frauen denselben Umwandlungssatz wie den Männern garantiert, nämlich 5,835%.

24

Vgl. Bundesamt für Privatversicherung, Die privaten Versicherungseinrichtungen in der Schweiz, 2001.

RPW/DPC

2004/2


403

88. Allgemein ist zu bezweifeln, dass ein einseitiger Fokus auf den Umwandlungssatz genügt, um die Wettbewerbsverhältnisse im Kollektivgeschäft zu beurteilen. Dieser lässt nur eine Aussage über eine zukünftige Rentenleistung zu, vermittelt jedoch keine Information, zu welchem Preis diese Leistung gekauft wird. Ausschlaggebend zur Beurteilung der aktuellen Konkurrenz dürfte deshalb vielmehr eine gesamtheitliche Betrachtung der verschiedenen auf dem Markt angebotenen Vorsorgemodelle sein. Wie Abbildung 2 für die vier grössten Akteure im Kollektivversicherungsgeschäft illustriert, unterscheiden sich die neu angebotenen Vorsorgemodelle in verschiedenen Merkmalen voneinander, was wiederum auf das Bestehen von Wettbewerb hindeutet. Insbesondere muss auch die Höhe der Gesamtprämie mitberücksichtigt werden, welche nicht nur die Sparprämie, sondern auch eine Risikoprämie für Invalidität und vorzeitigen Todesfall sowie eine Verwaltungskostenprämie beinhaltet. Die Sparprämie selbst wird im System des Beitragsprimats den individuellen Vorsorgekonten der Versicherten gutgeschrieben, das heisst bestimmt den Aufbau des Alterskapitals, und kann folglich nicht als Wettbewerbsparameter bezeichnet werden. Die Invaliditäts- und vor allem die Verwaltungskostenprämien beinhalten hingegen durchaus wettbewerbsrelevante Elemente. So zeigen auch die dem BPV im Jahre 2003 zur Genehmigung vorgelegten Tarifeingaben, dass in diesem Bereich die Unterschiede 25 zwischen den Lebensversicherern bedeutend sein können.

89. Des Weiteren legt der Umwandlungssatz im obligatorischen sowie im überobligatorischen Bereich nur eine garantierte Mindestleistung fest, von der eine Vorsorgeeinrichtung jederzeit nach oben abweichen kann. In Zeiten, in denen die Entwicklung des Risikos und der Zinserträge besser als geplant verläuft, gewähren die Lebensversicherer als Ausgleich oftmals so genannte Überschussbeteiligungen. Solche dürfen zwar den Versicherungsnehmern aufgrund von Solvenzüberlegungen nicht vertraglich zugesichert werden, sind aber bei der Wahl einer Vorsorgeeinrichtung möglicherweise ein Entscheidungselement für die Arbeitgeber. Dies bedeutet, dass der Wettbewerb zwischen den Lebensversicherern nicht nur im Bereich der Tarife spielen kann, sondern auch die Überschussbeteiligungen in die Analyse der aktuellen Konkurrenz miteinbezogen werden müssen.

25

So weist das BPV in seiner Medienmitteilung vom 23. März 2004, Hohe Verwaltungskosten in beruflicher Vorsorge, darauf hin, dass die Höhe der Kostenprämien sehr unterschiedlich sind. Die Durchschnittsprämie der untersuchten privaten Lebensversicherer liegt zwischen CHF 370. - und CHF 737.- pro Versicherten und Jahr.

RPW/DPC

2004/2


404

90. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage der Sammelstiftungen kann in den letzten Jahren jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass Überschussbeteiligungen einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor darstellten. Diese Ansicht wird auch von den meisten Lebensversicherern geteilt. Allgemein kann weiter festgehalten werden, dass die Höhe der Umwandlungssätze in der Tat von sekundärer Natur wäre, falls ein echter Wettbewerb im Bereich der Überschussbeteiligungen herrschen würde. Voraussetzung für einen echten Wettbewerb wäre jedoch ein gewisses Mass an Markttransparenz, welches Vergleiche zwischen den einzelnen Versicherern ermöglicht. Die Intransparenz im Kollektivgeschäft bezüglich der Ausschüttung von Überschussbeteiligungen scheint jedoch die Bedeutung dieses Wettbewerbfaktors zu relativieren. Die Tatsache, dass die Arbeitsgruppe "BVGMindestzinssatz" der Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte einen Expertenauftrag zur Untersuchung der Verteilung von Überschussbeteiligungen vergeben hat, stützt diese Einschätzung.

91. Schliesslich ist auch davon auszugehen, dass die Option der Versicherten, bei Erreichen des Pensionsalters das Altersguthaben als einmalige Kapitalauszahlung zu beziehen, einen gewissen Wettbewerb zwischen den an der Abrede beteiligten Lebensversicherern bewirkt.

Obwohl die Option eines Kapitalbezugs nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wird sie heute meistens standardmässig in den Vorsorgereglementen aufgenommen. Nach Auskunft der Lebensversicherer wird diese Option von 50%-60% aller das Pensionsalter erreichenden Versicherten wahrgenommen. Sofern ein Interesse daran besteht, diese Kapitalien nicht zu verlieren, wirkt sich eine solche Auslöseoption tendenziell disziplinierend auf die Lebensversicherer aus. Sollte der Umwandlungssatz nämlich so festgesetzt werden, dass der Nutzen einer jährlichen Rente kleiner eingeschätzt wird als der Nutzen der einmaligen Kapitalauszahlung, wird die Auslöseoption öfter gewählt. Ausgehend von einem bestimmten Altersguthaben ist dies umso wahrscheinlicher, je kleiner die erwartete jährliche Rente beziehungsweise je tiefer der Umwandlungssatz.

92. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass verschiedene Anhaltspunkte für das Bestehen von aktueller Konkurrenz zwischen den Sammelstiftungen der Lebensversicherer vorhanden sind. Wie schon
erwähnt, dürfte das Kollektivgeschäft für die Lebensversicherer auch durch die Einführung neuer Vorsorgemodelle wieder attraktiver 26 geworden sein, was dem Wettbewerb Impulse verleihen sollte.

26

Vgl. Fussnote 20.

RPW/DPC

4.2.2

2004/2

405

Potenzielle Konkurrenz

93. Potenzielle Konkurrenz kann den Sammelstiftungen der Lebensversicherer in erster Linie durch Marktanteilszugewinne der Sammelstiftungen von Banken und Treuhandgesellschaften erwachsen. Auch wenn diese heute nur über geringe Anteile im Kollektivversicherungsgeschäft verfügen, würde wettbewerbbeschränkendes Verhalten der Lebensversicherer sicherlich dazu führen, dass Banken und Treuhandgesellschaften Marktanteile dazu gewinnen.

94. Zudem erfolgen in der Praxis Markteintritte, was auf keine erheblichen Markteintrittsschranken hindeutet. So bietet beispielweise die Firma Ecofin unter dem Label Noventus PensionsPartner AG seit Oktober 2003 umfassende Vorsorgelösungen an. Dieses Angebot richtet sich sowohl an autonome, teilautonome und vollversicherte Pensionskassen als auch an kleine und mittlere Unternehmen, die Lösungen im Rahmen einer Sammelstiftung suchen. Inwiefern sich solche von den Lebensversicherern unabhängige Sammelstiftungen auf dem Markt etablieren können beziehungsweise für Unternehmen valable Alternativen darstellen, wird sich noch zeigen müssen.

95. Ein weiterer Faktor, der die Konkurrenz zwischen den Sammelstiftungen der Lebensversicherer potenziell stärkt, ist die 1. BVG-Revision.

Falls diese in der vorgesehenen Form umgesetzt wird, würde das heute vorhandene Transparenzproblem in der beruflichen Vorsorge weitgehend entschärft. Die geplante transparentere Regelung des Beitragssystems, der Finanzierung, der Kapitalanlagen und der Rechnungsgrundlegung wären sicher geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt für Vorsorgeleistungen der Lebensversicherer zu beleben und zu stärken. Auch die vorgesehene transparentere und einfachere Regelung bezüglich der Auflösung von Kollektivversicherungsverträgen dürfte aus Sicht der Unternehmen den Wechsel der Vorsorgeeinrichtung markant erleichtern und sich somit positiv auf die Konkurrenz im Kollektivversicherungsgeschäft auswirken.

96. Schliesslich ist auch auf die im Rahmen der 1. BVG-Revision diskutierte Einführung einer gesetzlich festgelegten Ausschüttungsquote im Bereich der Überschussbeteiligungen (sog. "legal quote") hinzuweisen. Eine solche "legal quote" würde die Bedeutung des Umwandlungssatzes weitgehend relativieren. Sobald nämlich die Risiken und Zinserträge besser als geplant verlaufen, wären die Lebensversicherer gezwungen, die
Versicherten an dieser Entwicklung teilhaben zu lassen. Der Umwandlungssatz wäre dann nur noch als eine garantierte Mindestleistung in "schlechten" Zeiten zu verstehen. Mit der Erholung der Aktienmärkte im Frühjahr 2003 dürfte diese Bestimmung für den Wettbewerb an Gewicht gewinnen.

2004/2

RPW/DPC

406

97. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Abrede bezüglich des Umwandlungssatzes kei nen Einfluss auf den aktuellen und potenziellen Wettbewerb hat.

4.2.3

Fazit

98. Aufgrund der vorgehenden Analyse kann geschlossen werden, dass die Anwendung eines einheitlichen Umwandlungssatzes basierend auf dem KT 95 eine Abrede im Sinne des KG darstellt. Die im Rahmen der Vorabklärung dem Sekretariat vorgelegten Angaben scheinen des Weiteren nicht für alle Parameter der Abrede eine gemeinsame Festsetzung zu rechtfertigen. Dies gilt insbesondere für den Fall der Verwaltungskostenzuschläge.

99. Hingegen hat die in der Vorabklärung vorgenommene Analyse der aktuellen Konkurrenz zwischen den Sammelstiftungen der Lebensversicherer keine Anhaltspunkte für das Bestehen einer erheblichen Wettbewerbsbeschränkung ergeben. Das Vorhandensein verschiedener Vorsorgemodelle und die Tatsache, dass 50%-60% der Versicherten bei Erreichen des Pensionsalters anstatt einer Rente das Alterskapital beziehen, sind Indizien, dass die Abrede den Wettbewerb nicht erheblich beeinträchtigen kann.

100. Allgemein kann festgehalten werden, dass sich der BVG-Bereich zurzeit - wie aus den Ausführungen hervorgeht - in einer Phase des Wandels befindet. Einerseits werden aufgrund bestehender struktureller Probleme, insbesondere die steigende Lebenserwartung und die anhaltende Invalidisierungstendenz, neue und vor allem nach Risikokriterien differenzierte Modelle für den überobligatorischen Bereich entwickelt und getestet. Dies ist aus wettbewerbstheoretischer Sicht zu begrüssen. Andererseits werden im Rahmen der 1. BVG-Revision voraussichtlich Bedingungen geschaffen (insb. bezüglich Transparenz und Überschussbeteiligung, vgl. Rz. 26, 95 und 96), die den Wettbewerb im Bereich der beruflichen Vorsorge stärken.

101. Schliesslich wird nochmals betont, dass dieser Bericht lediglich die Problematik der im KT 95 festgehaltenen Grundlagen zur Berec hnung des Umwandlungssatzes, nicht aber den KT 95 als Ganzes analysiert.

Weitere sich aus diesem Tarif ergebende Sachverhalte müssten allenfalls im Rahmen eines weiteren Verfahrens untersucht werden.

5

SCHLUSSFOLGERUNGEN

102. Das Sekretariat der Wettbewerbskommission, gestützt auf den bekannten Sachverhalt und die vorangehenden Erwägungen, 1) stellt fest, dass die Festsetzung eines einheitlichen Umwandlungssatzes basierend auf dem KT 95 eine Abrede im Sinne von Artikel 4 Absatz 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG darstellt, dass diese Abrede aber nicht erheblich ist und somit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung vorliegt;

2004/2

RPW/DPC

2)

beschliesst, die Vorabklärung ohne Folgen einzustellen;

3)

teilt den Parteien die Einstellung der Vorabklärung mit.

B2

Wettbewerbskommission Commission de la concurrence Commissione della concorrenza

B2

2.

Untersuchungen Enquêtes Inchieste

B 2.2

1.

Swisscom ADSL

407

Untersuchung gemäss Artikel 27 ff
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 27 Eröffnung einer Untersuchung
1    Bestehen Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung, so eröffnet das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums eine Untersuchung. Eine Untersuchung wird in jedem Fall eröffnet, wenn das Sekretariat von der Wettbewerbskommission oder vom WBF damit beauftragt wird.28
2    Die Wettbewerbskommission entscheidet, welche der eröffneten Untersuchungen vorrangig zu behandeln sind.
. KG Enquête selon l'article 27 ss. LCart Inchiesta giusta l'articolo 27 ss. LCart Verfügung vom 15. Dezember 2003 gegen Swisscom AG und Swisscom Fixnet AG wegen unzulässiger Verhaltensweise gemäss Artikel 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG betreffend das Wholesale-Angebot für ADSL-Dienste. Swisscom AG missbraucht mittels Swisscom Fixnet AG ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Wholesale-Markt für Breitbanddienste, indem sie die Anbieter von ADSL-Dienstleistungen gegenüber ihrer eigenen Tochtergesellschaft Bluewin AG diskriminiert. Hingegen besteht keine unzulässige Quersubventionierung der Bluewin AG durch die Swisscom AG.

Décision du 15 décembre 2003 contre Swisscom AG et Swisscom Fixnet AG pour comportement illicite selon l'article 7 LCart en rapport avec l'offre de gros de services ADSL. Swisscom AG, au moyen de Swisscom Fixnet AG, abuse de sa position dominante sur le marché de gros des services à large bande en discriminant les opérateurs de services ADSL par rapport à sa société-fille Bluewin AG. En revanche, il n'y a pas de subventions croisées illicites de Swisscom AG en faveur de Bluewin AG.

Decisione del 15 dicembre 2003 contro Swisscom AG e Swisscom Fixnet AG per comportamento illecito secondo l'articolo 7 LCart in relazione all'offerta all'ingrosso di servizi ADSL. Swisscom AG, tramite Swisscom Fixnet AG, abusa della sua posizione dominante sul mercato all'ingrosso dei servizi a banda larga discriminando gli operatori di servizi ADSL rispetto alla sua filiale Bluewin AG. Per contro, non sussitono delle sovvenzioni illecite incrociate di Swisscom AG che favoriscono Bluewin AG.