EMARK - JICRA - GICRA 2003 / 28

2003 / 28 - 182

Auszug aus dem Urteil der ARK vom 23. Oktober 2003 i.S. F.A., Libyen
Art. 3 und 54 AsylG: Flüchtlingseigenschaft und subjektive Nachfluchtgründe.
Abgewiesene Asylbewerber aus Libyen sind im Falle einer Rückkehr aus europäischen Staaten bei der Wiedereinreise allein aufgrund ihres Aufenthaltes im westlichen Ausland keiner systematischen Verfolgung im Sinne von Art. 3
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 3 Definizione del termine «rifugiato» - 1 Sono rifugiati le persone che, nel Paese di origine o di ultima residenza, sono esposte a seri pregiudizi a causa della loro razza, religione, nazionalità, appartenenza a un determinato gruppo sociale o per le loro opinioni politiche, ovvero hanno fondato timore di essere esposte a tali pregiudizi.
1    Sono rifugiati le persone che, nel Paese di origine o di ultima residenza, sono esposte a seri pregiudizi a causa della loro razza, religione, nazionalità, appartenenza a un determinato gruppo sociale o per le loro opinioni politiche, ovvero hanno fondato timore di essere esposte a tali pregiudizi.
2    Sono pregiudizi seri segnatamente l'esposizione a pericolo della vita, dell'integrità fisica o della libertà, nonché le misure che comportano una pressione psichica insopportabile. Occorre tenere conto dei motivi di fuga specifici della condizione femminile.
3    Non sono rifugiati le persone che sono esposte a seri pregiudizi o hanno fondato timore di esservi esposte per aver rifiutato di prestare servizio militare o per aver disertato. È fatto salvo il rispetto della Convenzione del 28 luglio 19514 sullo statuto dei rifugiati.5
4    Non sono rifugiati le persone che fanno valere motivi sorti a causa del loro comportamento dopo la partenza dal loro Paese d'origine o di provenienza e che non sono l'espressione o la continuazione di una convinzione o di un orientamento già ivi esistente. Rimangono salve le disposizioni della Convenzione del 28 luglio 19516 sullo statuto dei rifugiati.7
AsylG ausgesetzt.
Art. 3 et 54 LAsi : qualité de réfugié et motifs subjectifs postérieurs à la fuite.
A leur retour d'Europe, les demandeurs d'asile déboutés originaires de Libye ne sont pas systématiquement exposés à des persécutions au sens de l'art. 3 LAsi du seul fait d'avoir séjourné en Occident.
Artt. 3 e 54 LAsi: qualità di rifugiato e motivi soggettivi insorti dopo la fuga.
I richiedenti l'asilo libici la cui domanda è stata respinta non sono sistematicamente esposti - in caso di rimpatrio dall'Europa - a persecuzioni rilevanti dal profilo dell'art. 3 LAsi per il solo fatto d'aver soggiornato in Occidente.
Zusammenfassung des Sachverhalts:
Der Beschwerdeführer verliess Libyen am 9. November 1999 und stellte am 15. November 1999 in der Schweiz ein Asylgesuch.
Das BFF stellte mit Verfügung vom 31. Oktober 2001 fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte es die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an.
Mit Beschwerde vom 5. Dezember 2001 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gewährung von Asyl in der Schweiz; eventualiter sei festzustellen, dass dem

2003 / 28 - 183

Beschwerdeführer eine Rückkehr nicht zugemutet werden könne, und es sei ihm deshalb die vorläufige Aufnahme zu gewähren. Der Eventualantrag wurde mit der Gefährdung des Beschwerdeführers durch die libyschen Grenzbehörden bei einer Wiedereinreise begründet.
Die ARK wies die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:

4. [...]
b) Im Rahmen des Subeventualantrags (Verzicht auf den Vollzug der Wegweisung) wird geltend gemacht, dass libysche Staatsangehörige nach einer längeren Abwesenheit bei der Rückkehr in ihren Heimatstaat gemäss Berichten von amnesty international damit rechnen müssten, inhaftiert und während dieser Haft Menschenrechtsverletzungen einschliesslich Folter ausgesetzt zu werden, weshalb der Vollzug der Wegweisung EMRK-widrig wäre. Da dieses angeblich systematische Vorgehen des libyschen Staates, welches nachfolgend zu prüfen sein wird, aufgrund der Vermutung erfolgen soll, die Rückkehrer hätten sich in Europa exilpolitisch betätigt, sind diese Vorbringen nicht unter dem Blickwinkel der Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs, sondern unter jenem der - gegebenenfalls zur Anerkennung als Flüchtling und zur vorläufigen Aufnahme als Flüchtling führenden (vgl. Art. 54
SR 142.31 Legge del 26 giugno 1998 sull'asilo (LAsi)
LAsi Art. 54 Motivi soggettivi insorti dopo la fuga - Non è concesso asilo al richiedente che è divenuto rifugiato ai sensi dell'articolo 3 soltanto con la partenza dal Paese d'origine o di provenienza oppure in ragione del comportamento dopo la partenza.
AsylG) - begründeten Furcht vor künftiger Verfolgung zu prüfen.
Gemäss Berichten von Menschenrechtsorganisationen, insbesondere von amnesty international (vgl. amnesty international, Jahresbericht 2001, Frankfurt a.M. 2002, S. 368 f.), wurden einige aus anderen Staaten zurückgeschobene Libyer Opfer von gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Diese Berichte führten unter anderem dazu, dass libysche abgewiesene Asylsuchende aus europäischen Staaten nur zurückhaltend in ihren Heimatstaat weggewiesen wurden. Aufgrund neuerer Berichte von amnesty international wird erkennbar, dass es sich in den namentlich bekannten Fällen, in welchen die Rückschaffung nach Libyen zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen führte, um Personen gehandelt hat, welche von anderen arabischen Staaten sowie von Pakistan nach Libyen zurückgeschafft wurden; in einem Fall handelte es sich um einen in Grossbritannien anerkannten Flüchtling, welcher durch die saudischen Behörden zwangsweise nach Libyen abgeschoben wurde.
Nach den Erkenntnissen der schweizerischen Behörden kam es bei den bisher seltenen Rückschaffungen abgewiesener Asylbewerber aus europäischen Staaten

2003 / 28 - 184

zu keinen Ereignissen, welche auf eine systematische oder häufige menschenrechtswidrige Behandlung bei der Befragung durch die Sicherheitsbehörden schliessen liessen. Zwar trifft zu, dass die libyschen Behörden solche Rückkehrer Befragungen unterziehen; diese dienen jedoch gemäss den Behörden zur Verfügung stehenden Informationen vor allem der Herkunftsabklärung, um sicherzustellen, dass es sich nicht um Personen handelt, welche zwar den europäischen Asylbehörden gegenüber als Libyer aufgetreten sind, jedoch aus anderen arabischen Staaten stammen.
Da der Beschwerdeführer über eine libysche Identitätskarte sowie einen Führerausweis verfügt und damit seine libysche Staatszugehörigkeit feststeht, kann das Vorliegen einer begründeten Furcht vor zukünftiger Verfolgung anlässlich der Wiedereinreise verneint werden.

© 11.12.03