Urteilskopf

98 V 270

68. Auszug aus dem Urteil vom 13. Dezember 1972 i.S. Hochrainer gegen Ausgleichskasse des Kantons Aargau und Obergericht des Kantons Aargau
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


BGE 98 V 270 S. 270

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 22 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich über Soziale Sicherheit erhalten minderjährige Kinder österreichischer Staatsbürgerschaft unter anderem dann Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen Invalidenversicherung, wenn sie in der Schweiz ihren Wohnsitz haben und sich unmittelbar, bevor diese Massnahmen in Betracht kommen - bzw. die Invalidität eingetreten ist (vgl. dazu EVGE 1969 S. 223 f. Erw. 2, ZAK 1972 S. 671) -, ununterbrochen während mindestens eines Jahres dort aufgehalten haben.

2. Laut Art. 4 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG gilt die Invalidität als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat. Dieser Zeitpunkt hängt einzig vom Zustand des Versicherten ab; zufällige externe Faktoren sind dabei unerheblich (EVGE 1969 S. 224 Erw. 3). Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers beurteilt sich die Frage des Eintritts der Invalidität auch nicht nach dem Zeitpunkt, in dem eine Anmeldung eingereicht oder von dem an eine Leistung gefordert wird. Nach der Verwaltungspraxis (Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit, Rz. 46), welche auf EVGE 1966 S. 175 beruht, gilt bei einem minderjährigen Versicherten, der an einem
BGE 98 V 270 S. 271

Geburtsgebrechen leidet, die Invalidität dann als eingetreten, wenn das festgestellte Gebrechen eine medizinische Behandlung oder eine ständige Kontrolle erstmals notwendig macht. Dieser Grundsatz ist in dem Sinne zu präzisieren, dass die erstmalige Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung oder einer ständigen Kontrolle in dem Zeitpunkt gegeben ist, in welchem die Behandlungs- oder Kontrollbedürftigkeit beginnt und keine Gegenindikation besteht.
3. Im vorliegenden Fall stellte Dr. S. am 1./8. September 1971 die Behandlungsbedürftigkeit der Geburtsgebrechen (Leistenhernie und Kryptorchismus) des im August 1970 in Österreich geborenen Versicherten fest. Nach den Ausführungen des Bundesamtes für Sozialversicherung, auf die abzustellen ist, kann einerseits eine Hernie in jedem Lebensalter operiert werden, auch wenn der Eingriff üblicherweise erst nach Vollendung des 1. Lebensjahres vorgenommen wird. Anderseits ergeben sich aus den Akten keine hinreichenden Anhaltspunkte, welche zwingend auf eine Gegenindikation schliessen liessen. Weil der Versicherte am 1. November 1970 in die Schweiz einreiste, waren im Zeitpunkt der Behandlungsbedürftigkeit die versicherungsmässigen Voraussetzungen nach den zutreffenden Feststellungen von Verwaltung und Vorinstanz nicht erfüllt. Bei diesem Ausgang des Verfahrens kann offen bleiben, ob die Behandlungsbedürftigkeit bereits seit der Geburt des Versicherten bestanden hatte.
Dispositiv

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.