Urteilskopf

97 IV 34

9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. April 1971 i.S. Lüthi gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
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Erwägungen ab Seite 34

BGE 97 IV 34 S. 34

Nach Art. 34 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
SVG hat der Fahrzeugführer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie beispielsweise zum Abbiegen, auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge
BGE 97 IV 34 S. 35

Rücksicht zu nehmen. Nach der Rechtsprechung gilt dieses Gebot für jede Richtungsänderung, also auch bei jedem Abbiegen, gleichgültig, ob nach rechts oder links, in oder ausserhalb einer Strassenverzweigung abgebogen wird (BGE 91 IV 11). Das will jedoch nicht heissen, dass der nach rechts abbiegende Fahrzeuglenker in jedem Falle nicht bloss die Richtungsänderung rechtzeitig ankündigen (Art. 28 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 28 Zeichengebung - (Art. 39 SVG)
1    Der Fahrzeugführer hat alle Richtungsänderungen anzukündigen, auch das Abbiegen nach rechts. Selbst der Radfahrer, der zum Überholen eines andern ausschwenkt, hat dies anzuzeigen.
2    Die Zeichengebung ist nach der Richtungsänderung unverzüglich einzustellen. Radfahrer können die Zeichengebung bereits während der Richtungsänderung einstellen.125
3    Hat ein Fahrzeug keine Richtungsanzeiger oder sind sie nicht wirksam, so zeigt der Führer oder ein Mitfahrer mit dem Arm nach der einzuschlagenden Richtung. Ist dies nicht möglich, so muss er besonders vorsichtig abschwenken.
4    Befördern Motorkarren, Arbeitskarren, land- und forstwirtschaftliche Motorfahrzeuge oder ihre Anhänger sichthemmende Ladungen, so hat der Führer eine Winkkelle (Anhang 4 VTS126) zu verwenden, sofern nicht das Fahrzeug mit einem besondern Anzeigegerät versehen ist, mit dem der Führer gleichzeitig nach hinten blicken und das Abschwenken nach links anzeigen kann, oder am Ende des Zuges keine Richtungsblinker vorhanden und diejenigen des Zugfahrzeuges nicht sichtbar sind.127 Durch Kelle oder Anzeigegerät dürfen andere Strassenbenützer nicht gefährdet werden.128
VRV), sondern sich auch durch geeignete Vorkehren nach rückwärts vergewissern müsse, ob er das Manöver gefahrlos ausführen könne. Wo er sich vorschriftsgemäss an den rechten Strassenrand hält (Art. 34 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
und 36 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG) und nach rechts abbiegen kann, ohne zuvor brüsk bremsen (Art. 12 Abs. 2
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 12 Hintereinanderfahren - (Art. 34 Abs. 4 und 37 Abs. 1 SVG)
1    Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann.
2    Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall.
3    Stockt der Verkehr, so darf der Fahrzeugführer nicht auf Fussgängerstreifen und, bei Strassenverzweigungen, nicht auf der Fahrbahn für den Querverkehr halten.
VRV) oder nach der Gegenseite ausholen zu müssen (Art. 13 Abs. 5
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 13 Einspuren und Abbiegen - (Art. 34 Abs. 3, 36 Abs. 1 und 3 SVG)
1    Die Fahrzeugführer müssen beim Abbiegen frühzeitig einspuren. Dies gilt auch beim Abbiegen ausserhalb von Strassenverzweigungen und, soweit möglich, auf schmalen Strassen.82
2    Beim Einspuren nach links darf der Fahrzeugführer den für den Gegenverkehr bestimmten Raum nicht beanspruchen. Auf dreispurigen Strassen mit oder ohne Markierung darf er mit der gebotenen Vorsicht die mittlere Spur benützen.
3    Das Wechseln auf andere Fahrstreifen zum Überholen ist auf Einspurstrecken untersagt, ausgenommen auf Fahrstreifen, die mit den gleichen Fahrzielen bezeichnet sind.83
4    Der Fahrzeugführer darf beim Abbiegen nach links auf Strassenverzweigungen die Kurve nicht schneiden. Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen, die beide auf einer Kreuzung nach links abbiegen wollen, haben sich links zu kreuzen.
5    Muss der Fahrzeugführer wegen der Grösse seines Fahrzeugs oder der örtlichen Verhältnisse vor dem Abbiegen nach der Gegenseite ausholen, so hat er besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls zu halten.
6    Befördern Motorfahrzeuge oder ihre Anhänger sichthemmende Ladungen, ist beim Einspuren und Abbiegen besondere Vorsicht geboten. Nötigenfalls ist eine Hilfsperson beizuziehen, die das Fahrmanöver überwacht.84
VRV), besteht keine Veranlassung, ihn vor dem Abbiegen auch zur Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs zu verpflichten; denn wo nach der Verkehrslage objektiv keine Gefahr besteht, hat der sich ordnungsgemäss verhaltende Strassenbenützer nach dem Vertrauensgrundsatz auch nicht mit einer solchen zu rechnen (vgl. Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
SVG). Darauf kann sich jedoch nicht berufen, wer eine für andere Verkehrsteilnehmer unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft. Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung aus den Bestimmungen der Art. 34 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
SVG und 13 Abs. 5 VRV abgeleitet, dass der Führer, der vor dem Abbiegen nach rechts nach der Gegenseite ausholt, sich durch aufmerksame Beobachtung des rückseitigen Verkehrs, unter Umständen sogar durch Einschalten eines Sicherheitshaltes vergewissern muss, dass er den nachfolgenden Verkehr durch das Abbiegen nicht gefährde. Ein solches Manöver schafft nämlich eine Verkehrslage, bei welcher mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass ein nachfolgendes Fahrzeug rechts zum Überholen vorstossen werde (BGE 94 IV 79, BGE 91 IV 19). Ähnlich verhält es sich dort, wo der nach rechts abbiegende Fahrzeugführer ohne Not einen so weiten Abstand vom rechten Strassenrand einhält, dass zwischen diesem und seinem Fahrzeug genügend Raum bleibt, um einem nachfolgenden Verkehrsteilnehmer, beispielsweise einem Kleinfahrzeug, ein rechtsseitiges Überholen zu erlauben (BGE 91 IV 21). Dass sich ein nachfolgender Fahrzeugführer derart verhält, kommt vor allem dort vor, wo der Vorausfahrende ausserhalb einer Strassenverzweigung nach rechts abbiegen will oder wo in unmittelbarer Nähe die Fahrbahn in verschiedene Fahrspuren aufgeteilt
BGE 97 IV 34 S. 36

wird, d.h. immer dann, wenn Missverständnisse auftreten können (vgl. BGE 91 IV 12). Deshalb ist der Führer, dessen Fahrweise beim Nachfolgenden den Eindruck erwecken kann, er beabsichtige, nach links abzubiegen oder zumindest geradeaus weiterzufahren, während er tatsächlich nach rechts abzuzweigen gedenkt, verpflichtet, alle Vorsicht anzuwenden, um allfälligen Gefahren zu begegnen, die sich aus der von ihm selber geschaffenen unklaren Verkehrslage ergeben können. Er wird deshalb erst dann nach rechts abbiegen dürfen, wenn er durch zureichende Vorkehren die Gewissheit erlangt hat, dass er dabei nicht mit einem nachfolgenden Fahrzeug zusammenstossen werde. Von dieser Pflicht vermag ihn die rechtzeitige Zeichengebung nicht zu entbinden (Art. 39 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 39 - 1 Jede Richtungsänderung ist mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Dies gilt namentlich für:
1    Jede Richtungsänderung ist mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Dies gilt namentlich für:
a  das Einspuren, Wechseln des Fahrstreifens und Abbiegen;
b  das Überholen und das Wenden;
c  das Einfügen eines Fahrzeuges in den Verkehr und das Anhalten am Strassenrand.
2    Die Zeichengebung entbindet den Fahrzeugführer nicht von der gebotenen Vorsicht.
SVG). Die Erfahrung lehrt, dass selbst die ordnungsgemässe Ankündigung einer Richtungsänderung von nachfolgenden Fahrzeugführern oft nicht oder zu spät beachtet wird (BGE 91 IV 12). Das aber muss der Führer in Rechnung stellen, der vor dem Rechtsabbiegen entgegen der Vorschrift des Art. 34 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
SVG nicht möglichst nahe dem Strassenrand entlang fährt (vgl. Art. 36 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG). Auf ein ordnungsgemässes Verhalten der andern darf im Strassenverkehr nur vertrauen, wer sich selber verkehrsgemäss verhält (BGE 91 IV 94). Dieser Grundsatz gilt für alle Strassenbenützer, unbekümmert darum, ob sie vortrittsberechtigt sind oder nicht (vgl. BGE 96 IV 135 mit Verweisungen).