Urteilskopf

97 IV 218

38. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. November 1971 i.S. Leu gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


BGE 97 IV 218 S. 218

A.- Am Samstag, den 9. April 1970, fuhren bei schönem, trockenem Wetter vier Autos in grösseren Abständen ausserorts auf der geraden, 7,5 m breiten Betonstrasse von Oberbuchsiten nach Egerkingen. Zuvorderst der spanische Arbeiter Vasquez im VW-Kombiwagen seines Arbeitgebers, gefolgt vom jugoslawischen Kellner Mladen in einem Opel-Rekord; ihre Geschwindigkeit betrug ca. 60-70 km/h. Von hinten näherte sich ihnen mit gut 100 km/h der Opel-Kadett des Lehrers Martin von Arx. Noch rascher, nämlich mit ca. 120-150 km/h holte der weiter zurückliegende Otto Leu mit seinem Jaguar auf die vorausfahrenden Personenwagen auf. Von Arx überholte korrekt den vor ihm fahrenden Mladen und schickte sich an, auch Vasquez zu überholen. Er bemerkte frühzeitig, dass Vasquez den linken Blinker betätigte, gegen die Strassenmitte einspurte und seine Geschwindigkeit
BGE 97 IV 218 S. 219

auf ca. 50 km/h herabsetzte. Von Arx schloss richtig, dass Vasquez beabsichtigte, nach links in den Steinbruchweg einzuschwenken. Es handelte sich dabei um eine 5 m breite Naturstrasse. An der Abzweigung ist die Betonstrasse mit Signal 307 als Hauptstrasse, der Steinbruchweg mit Signal 116 als Nebenstrasse gekennzeichnet. Da von Arx das Einspur-Abschwenkmanöver des Vasquez auf genügende Distanz bemerkt hatte, überholte er den VW korrekt und gefahrlos auf der rechten Seite. Der Jaguarfahrer Leu hatte inzwischen aufgeholt und wollte mit unvermindertem Tempo die drei vor ihm fahrenden Autos überholen. Während Mladen durch von Arx überholt wurde, verdeckte dieser für kurze Zeit dem Leu die Sicht auf den Kastenwagen des Vasquez. Leu glaubte, Vasquez fahre rechts weiter, und beabsichtigte, ihn hinter von Arx und anschliessend auch diesen zu überholen. Für Leu überraschend bog dann aber von Arx nach rechts und begann auf der rechten Strassenseite den in die Mitte eingespurten Kastenwagen zu überholen. Leu sah jetzt auch, dass am Kastenwagen der linke Blinker eingeschaltet war. Der Jaguar war in diesem Augenblick noch ca. 70 m vom VW-Bus entfernt. Wegen seiner hohen Geschwindigkeit vermochte Leu weder seinen Wagen hinter von Arx abzubremsen und diesem rechts am VW vorbei zu folgen, noch hinter dem verlangsamten Kastenwagen anzuhalten. So versuchte er noch links an Vasquez vorbeizukommen. Durch Hupsignal will er Vasquez gewarnt haben, um ihn zum Anhalten zu veranlassen. Vasquez weiss nichts von einem solchen Signal. Als er nach links in die Nebenstrasse einbog, bremste Leu im letzten Moment ab und fuhr noch weiter nach links. Auf dem Radfahrweg ausserhalb der eigentlichen Fahrstrasse prallte der Jaguar mit grosser Wucht auf die linke hintere Flanke des Kastenwagens, der zur Seite geschleudert und umgekippt wurde. Es entstand grosser Sachschaden. Die Mitfahrer in beiden Autos erlitten leichtere Verletzungen.
B.- Der Amtsgerichtspräsident von Balsthal verurteilte am 13. November 1970 Leu wegen schwerer Verletzung der Art. 31 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
1    Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
2    Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103
2bis    Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten:
a  Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen);
b  Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren;
c  Fahrlehrern;
d  Inhabern des Lernfahrausweises;
e  Personen, die Lernfahrten begleiten;
f  Inhabern des Führerausweises auf Probe.106
2ter    Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107
3    Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören.
, 32 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
, 35 Abs. 5
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 35 - 1 Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.
1    Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.
2    Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können.
3    Wer überholt, muss auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich auf jene, die er überholen will, besonders Rücksicht nehmen.
4    In unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen darf nicht überholt werden, auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird.
5    Fahrzeuge dürfen nicht überholt werden, wenn der Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen, oder wenn er vor einem Fussgängerstreifen anhält, um Fussgängern das Überqueren der Strasse zu ermöglichen.
6    Fahrzeuge, die zum Abbiegen nach links eingespurt haben, dürfen nur rechts überholt werden.
7    Dem sich ankündigenden, schneller fahrenden Fahrzeug ist die Strasse zum Überholen freizugeben. Wer überholt wird, darf die Geschwindigkeit nicht erhöhen.
und 6
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 6 - 1 Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen sind Reklamen und andere Ankündigungen untersagt, die zu Verwechslung mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst, namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten.
1    Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen sind Reklamen und andere Ankündigungen untersagt, die zu Verwechslung mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst, namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten.
2    Der Bundesrat kann Reklamen und andere Ankündigungen im Bereich von Autobahnen und Autostrassen gänzlich untersagen.
in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
SVG zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 150.--, Vasquez wegen Verletzung von Art. 34 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
und 90 Ziff. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
SVG zu einer Busse von Fr. 50.-. Leu führte Kassationsbeschwerde an das Obergericht des

BGE 97 IV 218 S. 220

Kantons Solothurn. Dieses bestätigte am 19. Mai 1971 die Verurteilung gemäss Art. 31 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
1    Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
2    Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103
2bis    Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten:
a  Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen);
b  Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren;
c  Fahrlehrern;
d  Inhabern des Lernfahrausweises;
e  Personen, die Lernfahrten begleiten;
f  Inhabern des Führerausweises auf Probe.106
2ter    Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107
3    Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören.
, 32 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
und 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 2 - 1 Der Bundesrat ist ermächtigt, nach Anhören der Kantone:
1    Der Bundesrat ist ermächtigt, nach Anhören der Kantone:
a  Strassen, die für den allgemeinen Durchgangsverkehr notwendig sind, mit oder ohne Einschränkungen für den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr offen zu erklären;
b  für alle oder einzelne Arten von Motorfahrzeugen zeitliche, für die ganze Schweiz geltende Fahrverbote zu erlassen;
c  ...
2    Für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung gilt ein Nachtfahrverbot von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr und ein Sonntagsfahrverbot. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten und legt die Ausnahmen fest.10 11
3    Der Bundesrat erlässt ein Verzeichnis der nur für Motorfahrzeuge offenen Strassen. Er bezeichnet, soweit nicht die Bundesversammlung zuständig ist, diese Strassen nach Anhören oder auf Antrag der beteiligten Kantone. Er bestimmt, welche Arten von Motorfahrzeugen auf solchen Strassen verkehren dürfen.12
3bis    Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) verfügt die Massnahmen der örtlichen Verkehrsregelung auf den Nationalstrassen.13 Zur Beschwerde gegen solche Verfügungen sind auch die Gemeinden berechtigt, sofern Verkehrsmassnahmen auf ihrem Gebiet angeordnet werden.14
4    Soweit es für das Militär oder den Zivilschutz nötig ist, kann der Verkehr auf bestimmten Strassen vorübergehend beschränkt oder gesperrt werden. Der Bundesrat bezeichnet die dafür zuständigen Stellen des Militärs und des Zivilschutzes. Sie nehmen vor ihrem Entscheid mit den kantonalen Behörden Rücksprache.15
5    Für Strassen im Eigentum des Bundes bestimmen die vom Bundesrat bezeichneten Bundesbehörden, ob und unter welchen Bedingungen der öffentliche Verkehr gestattet ist. Sie stellen die erforderlichen Signale auf.
, 35 Abs. 5
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 35 - 1 Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.
1    Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.
2    Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können.
3    Wer überholt, muss auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich auf jene, die er überholen will, besonders Rücksicht nehmen.
4    In unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen darf nicht überholt werden, auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird.
5    Fahrzeuge dürfen nicht überholt werden, wenn der Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen, oder wenn er vor einem Fussgängerstreifen anhält, um Fussgängern das Überqueren der Strasse zu ermöglichen.
6    Fahrzeuge, die zum Abbiegen nach links eingespurt haben, dürfen nur rechts überholt werden.
7    Dem sich ankündigenden, schneller fahrenden Fahrzeug ist die Strasse zum Überholen freizugeben. Wer überholt wird, darf die Geschwindigkeit nicht erhöhen.
und 6
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 6 - 1 Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen sind Reklamen und andere Ankündigungen untersagt, die zu Verwechslung mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst, namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten.
1    Im Bereich der für Motorfahrzeuge oder Fahrräder offenen Strassen sind Reklamen und andere Ankündigungen untersagt, die zu Verwechslung mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst, namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten.
2    Der Bundesrat kann Reklamen und andere Ankündigungen im Bereich von Autobahnen und Autostrassen gänzlich untersagen.
SVG. In teilweiser Gutheissung der Kassationsbeschwerde verneinte es dagegen eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
SVG. In Anwendung von Art. 90 Ziff. 1 wurde die Busse auf Fr. 120.-- herabgesetzt. Das erstinstanzliche Urteil gegen Vasquez ist in Rechtskraft erwachsen.
C.- Mit der Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Leu Freisprechung.
Erwägungen

Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1./2. - ...

3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Schuld am Zusammenstoss treffe ausschliesslich den Mitbeteiligten Vasquez. Dieser habe ungenügend nach hinten gesichert, bevor er auf der geraden Hauptstrasse sein Abbiegemanöver nach links in eine Nebenstrasse einleitete. Er hätte den Unfall noch im letzten Moment verhindern können, wenn er auf das Hupsignal des Beschwerdeführers durch einen Sicherheitshalt reagiert hätte. Mit Recht verweist der Beschwerdeführer auf den Umstand, dass im heutigen Strassenverkehr die Linksabbieger eine wesentliche Gefahrenquelle darstellen und dass besonders derjenige, der im flüssigen Überlandverkehr auf einer Hauptstrasse verlangsamen und nach links in eine Nebenstrasse einbiegen will, zu allergrösster Vorsicht verpflichtet ist. Er wird auf die entgegenkommenden aber nicht minder auf die von hinten nahenden schnelleren Fahrzeuge achten und stets mit der Gefahr rechnen müssen, dass seine Zeichengebung übersehen oder missachtet werden könnte (BGE 91 IV 11, 20, 205; BGE 93 II 495). In dieser Hinsicht liegt auf Seiten der kantonalen Instanzen keine Rechtsverletzung vor. Vasquez wurde gebüsst, obwohl er so früh den Blinker betätigte und nach links einspurte, dass der ihm nachfolgende Personenwagen, der noch nicht zum Überholen angesetzt hatte, rechtzeitig reagieren und daher ungefährdet rechts am eingespurten Kastenwagen vorbeifahren konnte. Wenn Vasquez trotzdem bestraft wurde, so nur deshalb, weil er nicht noch zusätzlich im letzten Augenblick sich nach hinten vergewisserte und dem sehr rasch heranfahrenden Beschwerdeführer die an sich nicht mehr erlaubte Vorfahrt auf der linken

BGE 97 IV 218 S. 221

Seite (BGE 97 IV 36) ermöglichte. Damit ist dem in der Nichtigkeitsbeschwerde hervorgehobenen Erfordernis des modernen Strassenverkehrs zutreffend und ausreichend Rechnung getragen worden. Der Umstand, dass Vasquez sich insoweit nicht vorschriftsgemäss verhielt, vermöchte den Beschwerdeführer nur dann zu entlasten, wenn das Verhalten des Abschwenkenden so ausserhalb der normalen Lebenserfahrung gewesen wäre, dass Leu vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, und wenn das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nur durch diese unvorhersehbare Situation ausgelöst worden wäre (BGE 86 IV 155 ff. E. 1). Von beidem kann keine Rede sein. Dass ein Fahrzeug an einer Strassenkreuzung ohne Linksabbiege-Verbot von einer Hauptstrasse nach links in eine Nebenstrasse gesteuert wird, nachdem der Führer rechtzeitig den Blinker betätigte und nach links einspurte, ist alltäglich. Es liegt auch keineswegs ausserhalb normaler Erfahrung, dass sich ein solcher Abbieger, wenn er sein Manöver rechtzeitig vor dem ihm folgenden Fahrzeug durchführt, nicht noch weiter nach hinten sichert, auch wenn er dies an sich tun müsste. Besonders fällt aber ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer nicht erst durch das verkehrswidrige Verhalten des Dritten zu einem Fehlverhalten veranlasst wurde, sondern dass ihm unabhängig davon mehrfache Verletzungen von Verkehrsregeln vorzuwerfen sind. Eine Schuldkompensation ist jedoch im Strafrecht ausgeschlossen (BGE 85 IV 91).
4. An sich wäre nach der Feststellung der kantonalen Instanzen auf jener Strasse eine Geschwindigkeit von 150 km/h nicht übersetzt. Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, wenn er darauf verweist, dass eine Fahrzeugkolonne in einem Zug überholt werden darf, sofern der Überholende weder entgegenkommende noch überholte Fahrzeuge behindert und er insbesondere die Gewissheit hat, nach Überholen der Kolonne oder in eine bestehende grössere Lücke ohne Behinderung des übrigen Verkehrs einbiegen zu können (BGE 95 IV 178). Liegt eine solche eindeutige Situation vor, so ist der Überholende auch nicht verpflichtet, seine Geschwindigkeit bis nahezu auf diejenige der überholten Fahrzeuge herabzusetzen, Diese Rechtslage entbindet den überholenden Fahrer nicht von der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht, im Gegenteil. Er hat während des ganzen Überholmanövers darauf zu achten, ob nicht Anzeichen für ein verkehrswidriges Verhalten eines andern
BGE 97 IV 218 S. 222

Fahrzeuges bestehen (Ausbrechen aus der Kolonne usw.). Tritt ein Hindernis in Erscheinung, z.B. dadurch, dass weiter vorne ein Wagen seinerseits überholt, so darf er zwar sein Manöver fortsetzen, muss aber die Geschwindigkeit und den Abstand auf den Vorausfahrenden der Situation anpassen. Verdeckt das vorausfahrende Fahrzeug die Sicht nach vorne, so hat der Überholende seine Fahrweise und Geschwindigkeit wiederum so einzurichten, dass er allen Gegebenheiten gewachsen ist. Der Beschwerdeführer hat es offensichtlich an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen. Er hat den mit etwas über 100 km/h fahrenden von Arx gesehen, als dieser Mladen überholte. Leu nahm an, von Arx werde auch den vorher vor ihm auf der rechten Strassenseite fahrenden Kastenwagen Vasquez überholen und nachher einbiegen, worauf er, Leu, auch von Arx überholen könne. Solange aber von Arx die Überholspur benutzte und den Kastenwagen verdeckte, bestand für Leu keine Gewissheit, wie sich der weitere Überholvorgang abwickeln werde. Insbesondere konnte er nicht beobachten, ob der Kastenwagen unverändert rechts und mit gleicher Geschwindigkeit weiterfahren werde. Beschleunigte er, so konnte sich der Überholvorgang für von Arx stark verlängern. Der Beschwerdeführer hätte schon deshalb seine Geschwindigkeit herabsetzen und so viel Abstand auf von Arx halten müssen, dass er diesem gefahrlos hätte folgen und auch bei einem Bremsmanöver des von Arx seinerseits rechtzeitig abbremsen können. Leu behauptet denn auch in der Beschwerde, er habe einen genügenden Abstand gehalten. Er hat aber früher selbst das Gegenteil zugegeben. Als von Arx den links eingespurten Kastenwagen rechts überholte, "versperrte er" Leu den Weg, d.h. Leu kam mit so grosser Geschwindigkeit und bereits so kleinem Abstand auf von Arx zugefahren, dass er nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte, um ihm gefahrlos rechts am Kastenwagen vorbei folgen zu können. Aus dem gleichen Grund konnte er auch nicht hinter dem Kastenwagen abbremsen (der zum Abschwenken verlangsamt hatte), um dann zwischen dem abschwenkenden Wagen und von Arx durchzufahren. Es blieb ihm tatsächlich nur noch der Versuch übrig, links am Kastenwagen vorbeizukommen. Es hilft dem Beschwerdeführer nichts, dass, wie er sagt, "bei der Einleitung und beim Beginn seines Überholmanövers ... von der Absicht des Vasquez, nach links abzubiegen noch nichts zu
BGE 97 IV 218 S. 223

erkennen ... war". Fehlerhaft war sein Verhalten nicht bei Einleitung des Überholmanövers, sondern in dem Augenblick, wo von Arx vor ihm auf der Überholspur fuhr, ihm damit den Weg für die ungehinderte Weiterfahrt mit gleicher Geschwindigkeit verlegte und ausserdem die Sicht auf den vordersten Wagen verdeckte. In diesem Augenblick hätte der Beschwerdeführer seine Geschwindigkeit herabsetzen und einen genügenden Abstand auf von Arx halten müssen. Er fuhr mit übersetzter Geschwindigkeit und vermochte in der plötzlich aufgetauchten Notsituation sein Fahrzeug nicht mehr richtig zu beherrschen. Hätte er sich richtig verhalten, so wäre ihm kein Verstoss gegen das SVG vorzuwerfen und es wäre ausserdem trotz dem von Vasquez begangenen Fehler mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Kollision gekommen.
Dispositiv

Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.