Urteilskopf

87 III 50

10. Entscheid vom 25. Mai 1961 i.S. Matti.

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 51

BGE 87 III 50 S. 51

Am 8. Februar 1961 ordnete der Gerichtspräsident von Saanen auf Gesuch von Jakob Matti, der gegen den Privatier Charles K. Wilmers in Gstaad eine Forderung aus Bauarbeiten im Betrag von Fr. 99'602.40 geltend machte, durch superprovisorische Verfügung die vorläufige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts zulasten des Grundstücks Saanen Grundbuchblatt Nr. 4321 an. Am 8. März 1961 erliess das Betreibungsamt Saanen an Wilmers für die Forderung Mattis einen Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Verwertung eines Grundpfandes, worin als Pfandgegenstand das eben erwähnte Grundstück bezeichnet war (Betreibung Nr. 7788). Am 9. März 1961 verfügte der Gerichtspräsident, die vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts sei zu löschen, da Wilmers für die angemeldete Forderung anderswie hinreichende Sicherheit geleistet habe, und setzte Matti eine Frist von sechs Monaten "zur Anhebung des Hauptprozesses". Die Rechtsvorschlagserklärung, mit welcher der Anwalt des Schuldners in der Betreibung Nr. 7788 die Forderung teilweise und das Pfandrecht vollständig bestreiten wollte, ging dem Betreibungsamt (offenbar infolge eines Versehens der Anwaltskanzlei) nicht zu. Nach Erhalt der Mitteilung des Amtes, dass kein Rechtsvorschlag erhoben worden sei, stellte der Gläubiger am 11. April 1961 das Begehren, die Betreibung sei durch Pfändung fortzusetzen, weil das im Zahlungsbefehl erwähnte Grundpfand zufolge der Verfügung des Gerichtspräsidenten vom 9. März 1961 weggefallen sei. Hierauf kündigte das Betreibungsamt dem Schuldner am 17. April 1961 die Pfändung an. Am 25. April 1961 führte der Schuldner gegen diese Ankündigung (der die Pfändung noch nicht gefolgt ist) Beschwerde mit dem Antrag, sie sei aufzuheben, weil es unzulässig sei, eine Grundpfandbetreibung auf dem Wege der Pfändung fortzusetzen. Mit Entscheid vom 4. Mai 1961 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde gutgeheissen. Hiegegen rekurriert der Gläubiger an das Bundesgericht

BGE 87 III 50 S. 52

mit dem Antrag, die Pfändungsankündigung sei wiederherzustellen.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, handelt es sich bei der ordentlichen Betreibung auf Pfändung oder Konkurs und bei der Betreibung auf Pfandverwertung um zwei verschiedene Verfahren, deren Besonderheiten sich schon im Zahlungsbefehl zeigen (vgl. Art. 69
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 69 - 1 Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl.
1    Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl.
2    Der Zahlungsbefehl enthält:
1  die Angaben des Betreibungsbegehrens;
2  die Aufforderung, binnen 20 Tagen den Gläubiger für die Forderung samt Betreibungskosten zu befriedigen oder, falls die Betreibung auf Sicherheitsleistung geht, sicherzustellen;
3  die Mitteilung, dass der Schuldner, welcher die Forderung oder einen Teil derselben oder das Recht, sie auf dem Betreibungswege geltend zu machen, bestreiten will, innerhalb zehn Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls dem Betreibungsamte dies zu erklären (Rechtsvorschlag zu erheben) hat;
4  die Androhung, dass, wenn der Schuldner weder dem Zahlungsbefehl nachkommt, noch Rechtsvorschlag erhebt, die Betreibung ihren Fortgang nehmen werde.
und 152
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 152 - 1 Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:300
1    Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:300
1  Die dem Schuldner anzusetzende Zahlungsfrist beträgt einen Monat, wenn es sich um ein Faustpfand, sechs Monate, wenn es sich um ein Grundpfand handelt.
2  Die Androhung lautet dahin, dass, wenn der Schuldner weder dem Zahlungsbefehle nachkommt, noch Rechtsvorschlag erhebt, das Pfand verwertet werde.
2    Bestehen auf dem Grundstück Miet- oder Pachtverträge und verlangt der betreibende Pfandgläubiger die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen (Art. 806 ZGB301), so teilt das Betreibungsamt den Mietern oder Pächtern die Anhebung der Betreibung mit und weist sie an, die fällig werdenden Miet- oder Pachtzinse an das Betreibungsamt zu bezahlen.302
SchKG). Dem Gläubiger kann es daher nicht gestattet sein, eine Betreibung, die mit einem Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Pfandverwertung eingeleitet wurde, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses fortzusetzen, wenn gerichtlich festgestellt wird oder wie hier aus den eigenen Angaben des Gläubigers klar hervorgeht, dass das Pfandrecht nicht oder nicht mehr besteht. Vielmehr fällt in einem solchen Falle die ganze Betreibung auf Pfandverwertung dahin und hat der Gläubiger, der den Schuldner nunmehr auf Pfändung oder Konkurs betreiben will, mit einem entsprechenden Zahlungsbefehl eine neue Betreibung einzuleiten (vgl. JAEGER N. 9 zu Art. 154
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 154 - 1 Der Gläubiger kann die Verwertung eines Faustpfandes frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, die Verwertung eines Grundpfandes frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Zustellung des Zahlungsbefehls verlangen. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so stehen diese Fristen zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still.312
1    Der Gläubiger kann die Verwertung eines Faustpfandes frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, die Verwertung eines Grundpfandes frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Zustellung des Zahlungsbefehls verlangen. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so stehen diese Fristen zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still.312
2    Wenn binnen der gesetzlichen Frist das Verwertungsbegehren nicht gestellt oder zurückgezogen und nicht erneuert wird, so erlischt die Betreibung.
SchKG). Es verhält sich in dieser Hinsicht analog, wie wenn der Schuldner gegenüber einer Betreibung auf Pfändung oder Konkurs mit Erfolg das beneficium excussionis realis geltend macht; in diesem Falle wird die Betreibung auf Pfändung oder Konkurs aufgehoben (BGE 77 III 101 mit Hinweisen, BGE 83 III 60 ff.) und muss der Gläubiger dem Schuldner einen neuen Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Pfandverwertung zustellen lassen. Dem Gläubiger zu erlauben, eine Pfandbetreibung in eine ordentliche Betreibung umzuwandeln oder umgekehrt, könnte (abgesehen vom Falle der Fortsetzung einer Pfandbetreibung auf Grund eines Pfandausfallscheins, Art. 158 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 158 - 1 Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
1    Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
2    Nach Zustellung dieser Urkunde kann der Gläubiger die Betreibung, je nach der Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen, sofern es sich nicht um eine Gült (Art. 33a SchlT ZGB318) oder andere Grundlast handelt. Betreibt er binnen Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich.319
3    Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82.320
SchKG) allerhöchstens dann in Frage kommen, wenn der Schuldner mit einem solchen Vorgehen einverstanden wäre.
BGE 87 III 50 S. 53

FRITZSCHE, auf den der Rekurrent sich beruft, nimmt freilich an, der Gläubiger könne noch in Verbindung mit einem Begehren um Fortsetzung der Betreibung auf das Pfandrecht verzichten und sich so den Weg zu einer Betreibung auf Pfändung oder Konkurs freimachen (Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung I S. 285). Diese Auffassung begründet FRITZSCHE jedoch nur mit dem Hinweis auf BGE 58 III 58 und BGE 59 III 18. Dabei handelt es sich um ein Missverständnis. Im ersten dieser Entscheide hat das Bundesgericht nur erklärt, der Schuldner könne schon vor Anhebung der Betreibung wirksam auf die Einrede verzichten, dass vorerst die Pfänder zu verwerten seien, und der zweite sagt lediglich, der Gläubiger könne noch im Betreibungsbegehren auf ein zu seinen Gunsten bestehendes Faustpfandrecht verzichten und sich damit die Möglichkeit verschaffen, den Schuldner auf Pfändung oder Konkurs zu betreiben. BGE 83 III 63 Erw. 3 bestätigt, dass der Verzicht auf das Pfandrecht, um die ordentliche Betreibung zu rechtfertigen, spätestens im Zahlungsbefehl dem Schuldner mitgeteilt werden, also im Betreibungsbegehren ausgesprochen worden sein müsse. Diese Präjudizien, an denen festzuhalten ist, vermögen die Auffassung Fritzsches nicht zu stützen. Im Gegenteil ergibt sich aus BGE 59 III 18 und BGE 83 III 63, dass ein nach Zustellung des Zahlungsbefehls erklärter Verzicht auf das Pfandrecht betreibungsrechtlich unwirksam ist. Der vom Rekurrenten hervorgehobene Umstand, dass der Schuldner in der Betreibung auf Pfandverwertung keinen Rechtsvorschlag erhoben hat, kann die Umwandlung dieser Betreibung in eine ordentliche schon deshalb nicht rechtfertigen, weil die Frage der Betreibungsart mit der Frage, ob im eingeleiteten Betreibungsverfahren die Forderung als anerkannt zu gelten habe, grundsätzlich nichts zu tun hat. Ob den Unzukömmlichkeiten, die ein nachträglicher Ersatz des Bauhandwerkerpfandrechts durch eine andere Sicherheit dem betreibenden Gläubiger nach der Auffassung
BGE 87 III 50 S. 54

des Rekurrenten verursachen kann, allenfalls auf andere Weise als durch die nicht zulässige Umwandlung der Pfandbetreibung in eine Betreibung auf Pfändung oder Konkurs begegnet werden könnte, braucht im vorliegenden Falle nicht geprüft zu werden; denn hier ist das Bauhandwerkerpfandrecht infolge Leistung einer andern Sicherheit als dingliches Recht überhaupt nie entstanden und hat somit die Voraussetzung für eine Grundpfandbetreibung von Anfang an gefehlt (BGE 58 III 37). Wenn der Rekurrent nun nicht davon profitieren kann, dass der Schuldner den Rechtsvorschlag unterlassen und gegen den Zahlungsbefehl auch nicht Beschwerde wegen Verletzung von Art. 41
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1    Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt.
1bis    Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme.
2    Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1).
SchKG geführt hat (vgl. BGE 49 III 181 /82), so ist dies also nur die Folge davon, dass er die falsche Betreibungsart gewählt hat.
Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.