Urteilskopf

84 IV 137

40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1958 i.S. Grob gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau.
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Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 137

BGE 84 IV 137 S. 137

Aus den Erwägungen:
Gemäss Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB hat der Richter den Geisteszustand des Beschuldigten durch einen oder mehrere Sachverständige untersuchen zu lassen, wenn er an der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zweifelt. Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz, ohne eine solche Untersuchung durchführen zu lassen, angenommen, der Beschwerdeführer habe die ihm zur Last gelegten Taten im Zustande leicht verminderter Zurechnungsfähigkeit begangen. Der Verurteilte beanstandet das nicht, hält Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB jedoch für verletzt, weil die Vorinstanz, ohne ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, von der
BGE 84 IV 137 S. 138

Anordnung einer der in Art. 14 f. vorgesehenen Massnahmen abgesehen habe, obwohl ihr Tatsachen bekannt gewesen seien, die eine Verwahrung oder Versorgung im Sinne dieser Bestimmungen nahe gelegt hätten. Damit setzt der Beschwerdeführer voraus, dass der Richter nach Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB nicht nur vorzugehen habe, wenn er zweifelt, ob oder in welchem Grade die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten herabgesetzt sei, sondern auch dann, wenn Zweifel darüber bestehen, ob und gegebenenfalls welche der in den Art. 14 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 14 - Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem oder einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist.
. StGB vorgesehenen Massnahmen gegen den unzurechnungsfähigen oder vermindert zurechnungsfähigen Täter anzuordnen seien. Das trifft zu. Zweifel darüber, ob eine dieser Massnahmen angezeigt sei, werden in der Regel darauf zurück zu führen sein, dass der Richter im unklaren ist über die Natur oder die Auswirrkungen der Störungen (Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit oder des Bewusstseins, geistig mangelhafte Entwicklung), welche die Fähigkeit des Beschuldigten, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss der vorhandenen Einsicht zu handeln, ausschliessen oder herabsetzen. Diese Zweifel unterscheiden sich ihrem Wesen nach nicht von jenen, die darüber bestehen, ob der Beschuldigte an Störungen leide, die sein Unrechtsbewusstsein oder seine Willensfreiheit im Sinne der Art. 10
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind.
1    Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind.
2    Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind.
3    Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind.
und 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB beeinträchtigen. In beiden Fällen beziehen sich die Zweifel auf den biologisch-psychologischen Zustand des Beschuldigten, zu deren Abklärung ein fachärztliches Gutachten über den Geisteszustand ebenso unerlässlich ist, wenn sie im Hinblick auf die Anwendung der Art. 14 ff
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StGB Art. 14 - Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem oder einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist.
. StGB vorzunehmen ist, als wenn von ihr die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit abhängt. Ist der Richter in diesem Falle gemäss Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB zur Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung verpflichtet, so muss er es auch sein, wenn er zweifelt, ob der Zustand des unzurechnungsfähigen oder vermindert zurechnungsfähigen Täters die Anordnung einer der Massnahmen der Art. 14 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 14 - Wer handelt, wie es das Gesetz gebietet oder erlaubt, verhält sich rechtmässig, auch wenn die Tat nach diesem oder einem andern Gesetz mit Strafe bedroht ist.
. StGB erfordere.
BGE 84 IV 137 S. 139

Dass Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB in diesem Sinne auszulegen ist, ergibt sich übrigens auch aus Abs. 3. Nach dieser Vorschrift hat der Sachverständige nicht nur den Zustand des Beschuldigten zu begutachten, sondern sich auch darüber zu äussern, ob er in eine Heil- oder Pflegeanstalt gehöre, und ob sein Zustand die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährde.