Urteilskopf

81 I 351

56. Auszug aus dem Urteil vom 26. Oktober 1955 i.S. Dr. W. Schaufelberger Söhne gegen Gesundheitsamt Basel-Stadt.
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Sachverhalt ab Seite 351

BGE 81 I 351 S. 351

A.- Durch eine interkantonale Vereinbarung vom 28. Mai 1942 über die Kontrolle der Heilmittel (BS 4, S. 431; im Folgenden: IVS) haben sich die Kantone zusammengeschlossen zur Errichtung und zum gemeinsamen Betrieb einer interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS). Diese besteht in einem Sekretariat, einem Beratungskollegium und einem Laboratorium (Art. 2 IVS). Die der Vereinbarung beigetretenen Kantone verpflichten sich, Heilmittel, deren Vertrieb einer kantonalen Bewilligung bedarf, nur zuzulassen, wenn sie von der IKS

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registriert und begutachtet worden sind (Art. 3 Abs. 1). Zur Deckung ihrer Verwaltungskosten erhebt die IKS Begutachtungs- und Kanzleigebühren. Die Kantone leisten nötigenfalls jährliche Beiträge (Art. 5 Abs. 1). Sodann wird in Art. 9 "IV Kantonales Recht" bestimmt: "Die Kantone treffen die erforderlichen Massnahmen, um das Inverkehrbringen von Heilmitteln, welche den Vorschriften dieser Vereinbarung und den zugehörigen Ausführungsbestimmungen nicht entsprechen, zu verhindern. Sie veranlassen eine Anpassung ihrer kantonalen Erlasse an die Erfordernisse dieser Vereinbarung. Die Kantone vereinfachen das Verfahren für die Erteilung der Bewilligungen zum Inverkehrbringen eines Heilmittels auf ihrem Kantonsgebiet und erheben für deren Ausfertigung lediglich eine Kanzleigebühr." Am 16. Juni 1954 wurde diese Vereinbarung revidiert; die bisherige Bestimmung in Art. 9 erhielt dabei als Art. 17 "Kantonales Recht" folgende Fassung: "Die Kantone treffen die erforderlichen Massnahmen, um das Inverkehrbringen von Heilmitteln, welche dieser Vereinbarung nicht entsprechen, zu verhindern. Sie passen ihre kantonalen Erlasse an diese Vereinbarung und die Vollzugsbestimmungen an. Ausserdem vereinfachen sie das Bewilligungsverfahren für Heilmittel auf ihrem Kantonsgebiet und erheben für eine allfällige Bewilligung lediglich eine Kanzleigebühr."
B.- Der Kanton Basel-Stadt, der der IVS beigetreten ist, unterstellt die Ankündigung und den Verkauf von Geheimmitteln und medizinischen Spezialitäten einer Bewilligung des Sanitätsdepartements (VO vom 30. September 1899 über den Verkauf von Giften und Arznei- und Geheimmitteln, im Folgenden MVO, § 11 lit. a). Unter die bewilligungspflichtigen Artikel fallen auch Apparate und andere Gegenstände, die zur Heilung, Besserung und Verhütung von Krankheiten angepriesen werden (§ 11, lit. c, Abs. 3 MVO). Nach § 14 a MVO (Fassung vom 5. Juni 1934) bezieht das Sanitätsdepartement Gebühren. Bei bewilligungspflichtigen Heilmitteln werden, wenn das Heilmittel jedermann angepriesen wird, für die erstmalige Bewilligung und für deren Erneuerung für eine Bewilligungsdauer von 5 Jahren Fr. 30.- bis Fr. 60.- erhoben, je nach dem Umfang der für das Publikum bestimmten Reklame (§ 14 a Ziff. 4 und § 15 b, Abs. 2
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MVO). Am 12. Oktober 1949 erliess das Sanitätsdepartement Basel-Stadt folgende Verfügung über Heilmittel und Gebühren: "Das Sanitätsdepartement, in Anbetracht, dass durch Beschlüsse der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel die Verwaltungspraxis beeinflusst wurde (E inführung einer neuen Kategorie Drogisten-Spezialitäten ohne Publikumsreklame), verfügt, dass die Rahmenbestimmungen über die Heilmittelgebühren in § 14 a und b der Verordnung über den Verkauf von Giften und Arznei- und Geheimmitteln wie folgt zu handhaben sind: Ärzte-Spezialitäten Fr. 15.- für 10 Jahre Bewilligungsdauer
Drogerie-Spezialitäten
ohne Publikumsreklame Fr. 30.- für 5 Jahre Bewilligungsdauer Drogerie-Spezialitäten
mit Publikumsreklame Fr. 50.- für 5 Jahre Bewilligungsdauer
Allgemeinverkäufliche
Spezialitäten Fr. 60.- für 5 Jahre Bewilligungsdauer Heilapparate mit Publikumsreklame in der Regel Fr. 60.- für 5 Jahre Bewilligungsdauer. Diese Verfügung ist anwendbar auf Bewilligungsgesuche, die nach dem 15. Oktober 1949 eingehen." Nach dem baselstädt. Gesetz vom 14. April 1910 betr. die Organisation des Sanitätsdepartements (§ 7, Ziff. 2) fällt die Über wachung der Apotheken und des Verkaufs von Medikamenten, Geheimmitteln und Giften in den Geschäftsbereich des Gesundheitsamtes.
C.- Die Beschwerdeführerin betreibt in Zürich die Herstellung elektrischer Heizkissen Marke Solis, die u.a. zu Heilzwecken verwendet und angepriesen werden und daher in Basel-Stadt und in andern Kantonen sanitätspolizeilicher Bewilligung bedürfen. Sie unterliegen der jeweiligen Begutachtung durch die IKS. Im Jahre 1951 hatte das Sanitätsdepartement Basel-Stadt bei Erteilung einer bis Ende 1954 gültigen Verkaufsbewilligung (Erneuerung) eine Gebühr von Fr. 48.- erhoben. Am 8. Dezember 1954, anlässlich der Anmeldung für die Erneuerung der Bewilligung, richtete die Beschwerdeführerin an das Gesundheitsamt Basel-Stadt das Gesuch, die nachgesuchte Bewilligung zu einem Gebührenansatz zu erteilen, der pro aufgeführte pharmazeutische Spezialität den Betrag von Fr. 20.- für die kommende Bewilligungsdauer
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nicht überschreitet. Sie machte geltend, dass die Kantone nach Art. 9, Abs. 2 IVS für die Verkaufsbewilligung nur eine Kanzleigebühr erheben dürfen. Am 14. Januar 1955 erteilte das Gesundheitsamt Basel Stadt der Beschwerdeführerin folgende Antwort: "In Beantwortung Ihres Chargé-Schreibens vom 8. Dezember 1954 wegen der Bewilligungsgebühren für Heilmittel, erlauben wir uns, Ihnen mitzuteilen, dass die Gebühren nicht durch das Gesundheitsamt, sondern durch das Sanitätsdepartement auf dem Verfügungswege festgesetzt werden. Unser Amt hat sich an diese Verfügung zu halten. Es ist allerdings zutreffend, dass im IKS-Regulativ steht, dass für Heilmittelbewilligungen lediglich eine Kanzleigebühr zu erheben sei. Die Kantone sind aber, trotz IKS-Regulativ, für das Heilmittelwesen souverän, sodass die IKS ihnen nur Empfehlungen aber keine Weisungen zukommen lassen kann. Ausserdem kann man in guten Treuen geteilter Meinung sein über die Höhe einer Kanzleigebühr. Auch die Kanzleigebühr sollte mindestens so hoch sein, dass damit die entsprechenden Verwaltungskosten gedeckt werden können. Von diesen Gesichtspunkten aus sind auch unsere Gebühren nicht übersetzt, indem dem Kanton daraus kein Gewinn entsteht.
Auf keinen Fall ist es Sache einer ausserkantonalen Firma uns fast ultimativ Belehrungen über die Höhe der Gebühren zu erteilen. Bestimmt würde es sich Ihr Domizilkanton von einer basler Firma auch nicht gefallen lassen. Wir bedauern daher, nicht in der Lage zu sein, auf Ihren Vorschlag eingehen zu können. Wir werden Ihnen daher die ordentlichen Gebühren verrechnen." Am 17. Januar 1955 erteilte es die Bewilligung, setzte dabei die Gebühr auf Fr. 60.- fest und stellte der Beschwerdeführerin dafür Rechnung. Die Gebühr wurde am 21. Januar 1955 bezahlt.
D.- Mit Eingabe vom 12. Februar 1955 erhebt die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde, als deren Gegenstand sie das Schreiben des Gesundheitsamtes vom 14. Januar 1955 bezeichnet, und stellt folgende Anträge: "1. - Es sei die angefochtene Verfügung insoweit aufzuheben, als darin das Begehren der Beschwerdeführerin vom 8.12.54 abgelehnt worden ist, ihr die Verkaufsbewilligung für ihre Solis-Heizkissen als medizinische Apparate auf dem Gebiet des Kts. Basel-Stadt für die ab 1. Januar 1955 laufende, neue Bewilligungsperiode von 5 Jahren gegen eine Kanzleigebühr von maximal Fr. 20.- zu erteilen. 2.- Es sei festzustellen, dass der Kanton Basel-Stadt verpflichtet ist, Vertriebsbewilligungen der in Frage stehenden Art für Heilmittel
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gegen eine Kanzleigebühr von maximal Fr. 20.- pro Heilmittel zu erteilen, sofern hierfür ein befürwortendes Gutachten der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel vorliegt. 3.- Es sei der Kanton Basel-Stadt zu verpflichten, der Beschwerdeführerin die von ihr für die ab 1. Januar 1955 beginnende Bewilligungsperiode entrichtete Gebühr zurückzuerstatten, soweit sie den Ansatz einer Kanzleigebühr von Fr. 20.- für die Vertriebsbewilligung für die Soliz-Heizkissen übersteigt...." Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, in Art. 9 IVS 1942 und Art. 17 IVS 1954 hätten sich die Kantone verpflichtet, die kantonalen Heilmittelgebühren auf reine Kanzleigebühren zu beschränken. Die Gebühr von Fr. 60.-, die der Kanton Basel-Stadt erhebe, sei keine Kanzleigebühr mehr. Der Kanton Basel-Stadt verletze die Vereinbarung, wenn er mehr als Fr. 20.- für die Bewilligung erhebe. Die Vorschrift, dass die Kantone nur eine Kanzleigebühr erheben dürfen, sei im Jahre 1942 aufgestellt worden. Die Meinung sei also gewesen, dass die Kantone ihre Gebührenansätze zu revidieren und herabzusetzen hätten. In Basel-Stadt sei nun aber, trotz dieser 1942 eingeführten Verpflichtung nicht nur der alte, aus dem Jahre 1934 stammende Gebührentarif beibehalten, sondern es sei dessen Anwendung in der Praxis seither eher verschärft worden zufolge der Verfügung des Sanitätsdepartements vom 12. Oktober 1949, mit der im Rahmen des Tarifs für die einzelnen vorkommenden Fälle bestimmte Gebührenansätze vorgeschrieben wurden, wobei einzelne Kategorien, speziell auch die der Heilapparate mit Publikumsreklame benachteiligt worden seien. Was als Kanzleigebühr im Sinne der IVS zu gelten habe, ergebe sich aus dem Gebührentarif der IKS, der, wo Kanzleigebühren vorgesehen werde, diese auf Fr. 2.- bis Fr. 5.- bestimme. Mit der Mitunterzeichnung der IVS habe der Kanton Basel-Stadt selbst bekundet, dass er bei der IKS als Kanzleigebühren solche von Fr. 2.- bis Fr. 5.- betrachte. Zudem sei aus § 14, Ziff. 4, lit. d MVO ersichtlich, was der Kanton Basel-Stadt im Bereiche des Sanitätsdepartements als Kanzleigebühr betrachte. Er
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sehe dort vor, dass für Gutachten und Obergutachten ausser den betreffenden Kosten in ausserordentlichen Fällen Kanzleigebühren von Fr. 2.- bis Fr. 30.- zu bezahlen seien. Daraus gehe hervor, dass es sich bei dem Gebührenansatze, den er bei der Beschwerdeführerin anwende, nicht mehr um blosse Kanzleigebühren handeln könne. Übrigens sei die Gebühr, die Basel-Stadt erhebe, wesentlich höher als die Gebühren in andern Kantonen. Die basel-städtische Gebühr sei unvereinbar mit dem Grundsatze, dass zwischen öffentlichen Gebühren und der dafür gebotenen Leistung ein angemessenes Verhältnis bestehen müsse. Als Kanzleigebühr könne allerhöchstens ein Ansatz von Fr. 20.- in Frage kommen. Es werde auch aufBGE 51 I 14verwiesen, wo für die Erteilung der kantonalen Bewilligung zur Ausübung des Arztberufes eine Kanzleigebühr von höchstens Fr. 20.- als zulässig erklärt worden sei.
E.- Das Sanitätsdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt Nichteintreten, eventuell Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die IVS stelle kein materielles kantonales Recht dar, das mit dem Beitritt des Kantons dessen öffentlichem Recht vorgehe. Das ergebe sich aus ihrem ganzen Wortlaut. Sie sei ein Abkommen der Kantone darüber, wie die von ihnen zusammengelegte Begutachtungsstelle funktionieren solle. Die Regelung gehe dahin, dass die Kontrollstelle lediglich begutachtende Funktion habe. Ihre Anträge seien für die Kantone unverbindlich. Die Vereinbarung stelle auch keine materiellen Normen auf, sondern begnüge sich damit, die Kantone zu einer Anpassung ihrer Vorschriften im Sinne der Vereinbarung anzuhalten. Die Verpflichtung der Kantone sei aber eindeutig eine solche gegenüber den Mitkantonen, dagegen nicht gegenüber Dritten, wie der Beschwerdeführerin. Die Vereinbarung sei wohl ein interkantonaler Vertrag im Sinne von Art. 7
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
, Abs. 2 BV, aber nicht rechtsetzender, sondern ausschliesslich rechtsgeschäftlicher Natur und für einen ganz bestimmten

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Verwaltungszweck eingegangen. Die Beschwerdeführerin glaube zu Unrecht, aus diesem zwischen Kantonen abgeschlossenen Vertrag für sich Rechte ableiten zu können. Weiterhin schliesse der kassatorische Charakter der staatsrechtlichen Beschwerde das Eintreten auf Begehren 2 und 3. teilweise auch auf Begehren 1 aus. Die Beschwerde sei auch materiell unbegründet. Die Beschwerdeführerin behaupte zu Unrecht, die Tätigkeit des Gesundheitsamtes, das die Gesuche behandelt, sei vorwiegend rein schematisch und blosse Kanzleiarbeit. Die Heilmittelkontrolle beschränke sich natürlich nicht nur auf die Entgegennahme der Gesuche und die Prüfung des IKS-Gutachtens, sondern sie erstrecke sich auf die ganze Bewilligungsdauer. Sie bedinge eine ständige intensive Kontrolle, für welche das Gesundheitsamt spezielle Funktionäre beschäftige. Es liege auf der Hand und werde übrigens durch Zahlenangaben belegt, dass die Einnahmen aus Heilmittelgebühren bei weitem nicht hinreichen, um die Kosten dieses Kontrollapparates zu decken. In Berücksichtigung des notwendigen Aufwandes könne eine Gebühr von Fr. 60.- für die Dauer von 5 Jahren oder Fr. 12.- pro Jahr auf keinen Fall als übersetzt bezeichnet werden. Der von der Beschwerdeführerin angerufene Grundsatz, dass zwischen den öffentlichen Gebühren und der dafür gebotenen Leistung ein angemessenes Verhältnis bestehen müsse, sei durchaus gewahrt. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Gebühren seien seit 1942 noch erhöht worden, werde bestritten; vielmehr hätten gewisse Ermässigungen stattgefunden. Auch der Vergleich mit den IKS-Kanzleigebühren und den ausserordentlichen Kanzleigebühren der MVO Basel-Stadt gehe fehl. Bei beiden werde übersehen, dass es sich um zusätzliche Gebühren handle, die zu andern Kosten hinzukommen. Da dem Kanton Basel-Stadt aus den Heilmittelgebühren kein Gewinn im Vergleich zu seinen Aufwendungen erwachse, sondern diese Gebühren nur einen kleinen Teil
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der Unkosten, die mit der Heilmittelkontrolle verbunden sind, decken, könne keine Rede davon sein, die geltenden Heilmittelgebühren als übersetzt zu bezeichnen. Die Beschwerde sei somit unbegründet. Das Bundesgericht hat die angefochtene Gebührenfestsetzung aufgehoben
Erwägungen

in Erwägung:

3. Der Kanton Basel-Stadt bestreitet die Zulässigkeit der Beschwerde mit der Behauptung, die IVS sei kein Konkordat im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. b OG. Was zur Begründung ausgeführt wird, läuft aber nicht auf die Verneinung des Charakters eines Konkordates, als vielmehr auf eine Bestreitung der Rechte hinaus, die die Beschwerdeführerin aus dem Konkordat herleiten möchte. Es wird eingewendet, die IVS begründe nur (gegenseitige) Rechte und Pflichten der Kantone, aber keine Rechte der Privaten; sie habe rechtsgeschäftlichen, nicht rechtssetzenden Charakter. Art. 84 , Abs. 1, lit b OG macht indessen diese Unterscheidung nicht. Er sieht die Beschwerde für Konkordatverletzungen ganz allgemein vor, ohne eine Einschränkung nach dem Inhalt des einzelnen Konkordates. Nach Art. 7
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
, Abs. 2 BV sind Konkordate Verträge (Verkommnisse) zwischen Kantonen über Gegenstände der Gesetzgebung, des Gerichtswesens und der Verwaltung, umfassen somit die gesamte staatliche Tätigkeit. Hier hat man es mit einem interkantonalen Vertrag über einen Gegenstand der Verwaltung zu tun. Er ist unzweifelhaft ein Konkordat im Sinne von Art. 7
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
, Abs. 2 BV und damit auch von Art. 84 , Abs. 1, lit. b OG. Ob das Konkordat Rechte des beschwerdeführenden Privaten begründet oder nicht, könnte höchstens in Betracht fallen für die Frage der Legitimation zur Beschwerde (Art. 88
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
OG). Diese erledigt sich aber hier damit, dass in der Beschwerde eine Rechtsverletzung behauptet wird und damit Rechte aus dem Konkordat hergeleitet werden. Ob dies zu Recht oder zu Unrecht geschieht, betrifft die sachliche
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Begründetheit oder Unbegründetheit der Beschwerde, nicht die prozessrechtliche Frage nach der Legitimation. Der Antrag auf Nichteintreten ist daher unbegründet. Dagegen ist richtig, dass im Hinblick auf den rein kassatorischen Charakter von Beschwerden der vorliegenden Art Anträge auf positive Anordnungen unbeachtlich sind.
4. Durch das als "Interkantonale Vereinbarung betreffend die Kontrolle der Heilmittel" bezeichnete Konkordat errichten die Kantone eine interkantonale Kontrollstelle, ein allen angeschlossenen Kantonen zu gemeinsamer Benützung zur Verfügung stehendes Institut, das die Prüfung und Begutachtung der der kantonalen Sanitätsaufsicht unterliegenden Heilmittel übernimmt, eine Aufgabe, für die bisher in einzelnen Kantonen eigens bestellte Dienststellen bestanden haben oder, wo es nicht der Fall war, Experten von Fall zu Fall beigezogen werden mussten.
An Stelle der in jedem Kanton durchgeführten Prüfung tritt nun diejenige der Zentralstelle. Der Kanton führt im allgemeinen keine besonderen Untersuchungen durch, sondern erteilt die Bewilligung grundsätzlich auf Vorlage des Befundes der gemeinsamen Prüfungsstelle. Die in den Kantonen bisher unterhaltenen Prüfungsorgane sind damit weitgehend dahingefallen, jedenfalls ist der Kanton eines wesentlichen Teiles der bisher im Bewilligungsverfahren geleisteten Arbeit enthoben. Diese ist an das zentrale Prüfungsinstitut übergegangen. Deshalb werden die Kantone dazu verhalten, das Verfahren für die Bewilligung zu vereinfachen (Art. 9, Abs. 2 resp. Art. 17, Abs. 2 IVS). Dem entspricht die in der IVS vorgesehene Ordnung der Gebührenberechtigung. Einerseits ist der Kontrollstelle, die nun die Prüfungsarbeit im wesentlichen besorgt, die Erhebung von Begutachtungs- und Kanzleigebühren (Art. 5, Abs. 1 IVS 1942) resp. "Grund- und Vignettengebühren" (Art. 14, Abs. 1 IVS 1954) zugesprochen. Anderseits wird bestimmt, dass die Kantone "für die Ausfertigung der Bewilligung" (Art. 9, Art. 2 IVS 1942),
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resp. "für eine allfällige Bewilligung" (Art. 17, Abs. 2 IVS 1954) "lediglich eine Kanzleigebühr erheben". Das bedeutet, dass die Kantone im Bewilligungsverfahren auf eine Gebühr beschränkt sind, die dem Umstande Rechnung trägt, dass sich - nachdem die technische Prüfung durch das Institut geleistet ist - die Inanspruchnahme der Bewilligungsbehörde auf eine meist einfache Kontrolle des vorgelegten obligatorischen Gutachtens des Instituts beschränkt und im übrigen in Eintragungen in den polizeilichen Kontrollen und in der Ausfertigung des behördlichen Ausweises über die Freigabe zum Verkauf und über die damit verbundenen Bedingungen und Auflagen, also in reinen Kanzleiarbeiten besteht. Eine Gebührenauflage, die sich nicht auf die Berücksichtigung dieser Verhältnisse beschränkt und bei Erteilung der Bewilligung eine anderweitige Inanspruchnahme der Behörden berücksichtigen und dafür Entschädigung suchen will, verletzt das Konkordat. Der Ansatz von Fr. 60.-, der der Beschwerdeführerin für die Bewilligung 1955 /59 auferlegt worden ist, übersteigt aber offensichtlich den Betrag, der sich auch bei weitester Spannung noch allenfalls als Kanzleigebühr für eine einfache Bewilligung rechtfertigen liesse. Es ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt, der Maximalansatz eines Rahmentarifs, der nicht auf Kanzleigebühren beschränkt war. Er liegt auch nicht nur weit über allen Ansätzen, die sonst im allgemeinen als Kanzleigebühr für die Bewilligung von Heilmitteln erhoben werden, sondern auch über denjenigen, die im Kanton Basel-Stadt selbst für Kanzleigebühren üblich sind. Die Gebührenauflage widerspricht dem Konkordat und muss daher aufgehoben werden. Das Gesundheitsamt wird die Gebühr so festzusetzen haben, dass sie der Verpflichtung des Kantons, sich auf eine Kanzleigebühr zu beschränken, gerecht wird.
5. Die Einwendungen, die der Beschwerde weiterhin entgegengehalten werden, sind unbegründet.
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a) Es wird zunächst behauptet, die IVS sei eine geschäftliche Vereinbarung unter Kantonen und enthalte keine allgemein verbindlichen Rechtssätze, aus denen den Privaten individuelle Rechte erwachsen könnten. Wie es sich damit verhält, braucht indessen nicht erörtert zu werden. Denn selbst wenn es grundsätzlich so sein sollte, wie die Behörden von Basel-Stadt annehmen, so wäre doch hier eine besondere Lage mindestens daraus entstanden, dass im Falle der Beschwerdeführerin die in der IVS errichtete Institution in Anspruch genommen und damit die Beschwerdeführerin der Ordnung dieser Anstalt unterstellt wurde. Die Beschwerdeführerin ist gezwungen worden, die Dienste der Institution in Anspruch zu nehmen und sich deren Ordnung zu unterziehen. Sie ist damit der Konkordatsordnung unterstellt worden, sie hat Anspruch darauf, dass diese Ordnung in ihrem Falle ganz angewendet werde. Sodann hat der Kanton Basel-Stadt seinerseits die Bewilligung auf Grund des Gutachtens der IKS erteilt; er hat damit die Konkordatsordnung in Anspruch genommen und hat sich danach zu verhalten. b) Unbegründet ist weiterhin die Behauptung, das Gesundheitsamt sei an die kantonale Gebührenordnung gebunden und an die Verfügungen, die das Sanitätsdepartement über die Gebühren erlassen hat. Nach allgemein geltenden Rechtsgrundsätzen geht das Konkordatsrecht, als gemeinsam vereinbartes Recht, dem Rechte jedes einzelnen der am Konkordat teilnehmenden Kantone vor, ähnlich wie völkerrechtliche Verträge dem Landesrecht vorgehen (BURCKHARDT, Kommentar, 3. Aufl., S. 78, No. 4 a). Die Vorschrift des Konkordates, dass für die Erteilung der Bewilligung für den Verkauf eines Heilmittels nur eine Kanzleigebühr erhoben werden darf, ist daher für die kantonalen Behörden verbindlich. Das bedeutet, dass dort, wo das Konkordatsinstitut in Anspruch genommen wird - und das war hier der Fall - bei Festsetzung der Gebühr für die Bewilligung darauf Bedacht genommen werden muss, dass der Ansatz, der sich unter
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dem Gesichtspunkte einer Kanzleigebühr allenfalls noch rechtfertigen lässt, unter keinen Umständen überschritten wird. Gebührenansätze in Tarifen sind - angesichts des Vorrangs des Konkordatsrechts - unbeachtlich, soweit sie höher als jener Ansatz sind. Ob der Beamte, der im konkreten Falle die Gebühr nach Massgabe des Konkordates, abweichend von Tarifen und allgemeinen Weisungen, festzusetzen hat, dies von sich aus tun kann, oder dafür die Ermächtigung vorgesetzter Organe einholen muss, ist eine Frage der internen Verwaltungsorganisation, die die Pflicht des Beamten, dem Konkordate nachzuleben, nicht berührt.
c) Unerheblich ist schliesslich der Hinweis auf die Belastung, die der Verwaltungsbehörde aus der fortlaufenden Überwachung des Heilmittelvertriebes während der Bewilligungsdauer erwächst. Ob die Kantone im Rahmen der Konkordatsordnung noch Gebühren im Hinblick auf einen derartigen Überwachungsdienst erheben können, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls schliesst das Konkordat es aus, dass im Hinblick auf die spätere polizeiliche Überwachung die Gebühr für die Erteilung der Bewilligung auf einen Betrag bestimmt wird, bei dem der Charakter einer Kanzleigebühr offensichtlich nicht gewahrt ist.