S. 180 / Nr. 34 Verfahren (d)

BGE 78 II 180

34. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Juni 1952 i. S.
Imhoff gegen Vormundschaftskommission Bern.


Seite: 180
Regeste:
Berufung. Begriff der Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 44 ff . OG). Gegen den
Entscheid über ein Gesuch um Bewilligung von Bezügen aus dem Kindesvermögen
(Art. 272 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 272 - Eltern und Kinder sind einander allen Beistand, alle Rücksicht und Achtung schuldig, die das Wohl der Gemeinschaft erfordert.
ZGB) ist die Berufung nicht zulässig.
Recours en réforme. Notion de la contestation civile (art. 44 et suiv. OJ). Le
recours en réforme n'est pas recevable contre la décision rendue à la requête
des père et mère et tendant à pouvoir prélever sur les biens des enfants une
contribution destinée à subvenir à l'entretien et à l'éducation de ceux-ci
(art. 272 al. 2 CC).
Ricorso per riforma. Concetto di causa civile (art. 44 e
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 272 - Eltern und Kinder sind einander allen Beistand, alle Rücksicht und Achtung schuldig, die das Wohl der Gemeinschaft erfordert.
seg. OG). Il ricorso
per riforma è irricevibile contro la decisione resa su domanda del padre e
della madre per ottenere il permesso di prelevare sulla sostanza dei figli un
contributo alle spese di mantenimento e di educazione (art. 272 cp. 2 CC).

Imhoff richtete an die Vormundschaftsbehörde Bern das Gesuch, es sei ihm zu
gestatten, von dem seinen Kindern nach dem Tode seiner Ehefrau als Ersatz des
Versorgerschadens ausbezahlten Kapital von Fr. 15000.- monatlich Fr. 60.- oder
wenigstens Fr. 50.- pro Kind zu beziehen. Die Vormundschaftskommission Bern
wies dieses Gesuch ab. Der Regierungsstatthalter von Bern bestätigte diesen
Entscheid; ebenso der Regierungsrat des Kantons Bern.
Gegen den regierungsrätlichen Entscheid hat Imhoff Berufung eingelegt. Das
Bundesgericht tritt darauf nicht ein.
Begründung:
Die Berufung an das Bundesgericht ist nach Art. 44 ff . OG, von hier nicht
zutreffenden Ausnahmen (Art. 44 lit. a-c, 45 lit. b) abgesehen, nur in
Zivilrechtsstreitigkeiten zulässig. Eine solche liegt nur dann vor, wenn
zwischen zwei oder mehrern natürlichen oder juristischen Personen in ihrer
Eigenschaft als Trägerinnen privater Rechte oder zwischen einer solchen Person
und einer Behörde, der das Zivilrecht Parteistellung zuerkennt (vgl. z.B. Art.
109
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 109 - 1 Die Ungültigkeit einer Ehe wird erst wirksam, nachdem das Gericht die Ungültigerklärung ausgesprochen hat; bis zum Urteil hat die Ehe mit Ausnahme der erbrechtlichen Ansprüche, die der überlebende Ehegatte in jedem Fall verliert, alle Wirkungen einer gültigen Ehe.
1    Die Ungültigkeit einer Ehe wird erst wirksam, nachdem das Gericht die Ungültigerklärung ausgesprochen hat; bis zum Urteil hat die Ehe mit Ausnahme der erbrechtlichen Ansprüche, die der überlebende Ehegatte in jedem Fall verliert, alle Wirkungen einer gültigen Ehe.
2    Für die Wirkungen der gerichtlichen Ungültigerklärung auf die Ehegatten und die Kinder gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Scheidung.
3    Die Vaterschaftsvermutung des Ehemannes entfällt, wenn die Ehe für ungültig erklärt worden ist, weil sie dazu diente, die Bestimmungen über Zulassung und Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern zu umgehen.187
, 111
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 111 - 1 Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an. Die Anhörung kann aus mehreren Sitzungen bestehen.
1    Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an. Die Anhörung kann aus mehreren Sitzungen bestehen.
2    Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.
, 121 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 121 - 1 Ist ein Ehegatte wegen der Kinder oder aus anderen wichtigen Gründen auf die Wohnung der Familie angewiesen, so kann das Gericht ihm die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag allein übertragen, sofern dies dem anderen billigerweise zugemutet werden kann.
1    Ist ein Ehegatte wegen der Kinder oder aus anderen wichtigen Gründen auf die Wohnung der Familie angewiesen, so kann das Gericht ihm die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag allein übertragen, sofern dies dem anderen billigerweise zugemutet werden kann.
2    Der bisherige Mieter haftet solidarisch für den Mietzins bis zum Zeitpunkt, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann, höchstens aber während zweier Jahre; wird er für den Mietzins belangt, so kann er den bezahlten Betrag ratenweise in der Höhe des monatlichen Mietzinses mit den Unterhaltsbeiträgen, die er dem anderen Ehegatten schuldet, verrechnen.
3    Gehört die Wohnung der Familie einem Ehegatten, so kann das Gericht dem anderen unter den gleichen Voraussetzungen und gegen angemessene Entschädigung oder unter Anrechnung auf Unterhaltsbeiträge ein befristetes Wohnrecht einräumen. Wenn wichtige neue Tatsachen es erfordern, ist das Wohnrecht einzuschränken oder aufzuheben.
,

Seite: 181
157, 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB), vor dem Richter oder einer andern Spruchbehörde ein
kontradiktorisches Verfahren eingeleitet worden ist, das auf die endgültige,
dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse durch behördlichen Entscheid
abzielt. Mit einem derartigen Falle hat man es hier nicht zu tun. Es verhält
sich nicht so, dass vor den kantonalen Instanzen zwei Parteien in einem
kontradiktorischen Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche gestritten hätten.
Vielmehr hat Imhoff die Vormundschaftsbehörde und hernach auf dem Beschwerde-
bzw. Rekursweg deren Oberbehörden um Erlass einer Verfügung (Erteilung einer
Bewilligung) auf einseitiges Begehren hin ersucht. Der angefochtene Entscheid
ist also nicht in einer Zivilrechtsstreitigkeit, sondern in einer nicht
streitigen Zivilsache ergangen (vgl. BGE 77 II 280). Er unterliegt daher nicht
der Berufung.