S. 5 / Nr. 2 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 77 III 5

2. Entscheid vom 21. Februar 1951 i. S. Remund.

Regeste:
Betreibungskosten; Ersatzpflicht des Schuldners (Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG). Unter welchen
Voraussetzungen kann die Betreibung für den Betrag der Kosten fortgesetzt
werden?
Frais de la poursuite; obligation pour le débiteur de les rembourser (art. 68
LP). A quelles conditions la poursuite peut-elle être continuée pour le
montant des frais?
Spese d'esecuzione; obbligo del debitore di rimborsarle (art. 68 LEF). A quali
condizioni l'esecuzione può essere proseguita per l'importo delle spese?

Mit Schreiben vom 15. November 1950 forderte Franz Remund den Rekurrenten
Robert Remund (seinen Bruder) unter Androhung der Betreibung auf, ihm von den
Fr. 320.-, die er seinerzeit als Erbbetreffnis erhalten hatte, bis zum 25.
November 1950 Fr. 6.20 zurückzuerstatten, da

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sich inzwischen ergeben habe, dass er nur Fr. 313.80 zu beanspruchen habe. Am
30. November 1950 stellte Franz Remund für diese Forderung das
Betreibungsbegehren. Am gleichen Tage zahlte der Rekurrent den geforderten
Betrag zu seinen Gunsten bei der Post ein. Nach Empfang des Zahlungsbefehls
erhob er Rechtsvorschlag «weil bezahlt».
Das Fortsetzungsbegehren, das Franz Remund am 29. Dezember 1950 für die
Betreibungskosten von Fr. 2.10 stellte, wurde vom Betreibungsamt Büren a.A. am
30. Dezember 1950 zurückgewiesen mit der Begründung, die Betreibung könne
nicht fortgesetzt werden, solange der Rechtsvorschlag bestehe. Gegen diese
Verfügung führte Franz Remund Beschwerde. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat
am 24. Januar 1951 die Beschwerde gutgeheissen und das Betreibungsamt
angewiesen, dem Fortsetzungsbegehren Folge zu geben.
Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen mit dem
Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Nach Art. 68 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG trägt der Schuldner die Betreibungskosten. Schuldner
im Sinne dieser Bestimmung ist der Betriebene, wenn er es unterlassen hat, die
in Betreibung gesetzte Forderung oder das Recht, sie auf dem Betreibungswege
geltend zu machen, durch Rechtsvorschlag zu bestreiten, oder wenn er seinen
Rechtsvorschlag nachträglich wieder zurückgezogen oder ein Richterspruch ihn
beseitigt hat. Trifft eine dieser Voraussetzungen zu, so kann der Gläubiger,
der nach dem zweiten Satze von Art. 68 Abs. 1 gegenüber dem Betreibungsamte
vorschusspflichtig ist, vom Betriebenen Ersatz der Kosten verlangen und diesen
Anspruch durch Fortsetzung der Betreibung durchsetzen. Solange dagegen die
Betreibung infolge Rechtsvorschlags eingestellt ist, kann der Betriebene

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für die Kosten nicht belangt werden. Festzustellen, ob eine der erwähnten
Voraussetzungen oder keine davon zutreffe, und je nachdem die Fortsetzung der
Betreibung zuzulassen oder das Fortsetzungsbegehren abzulehnen, ist Sache der
Betreibungsbehörden (die auch über die Höhe der Kosten zu befinden haben).
Da der Betriebene von Gesetzes wegen für die Kosten haftet, wenn er weder die
Forderung noch das Recht, sie auf dem Betreibungswege geltend zu machen, durch
Rechtsvorschlag bestritten hat, kann er sich der Eintreibung der Kosten nur
dadurch widersetzen, dass er durch Rechtsvorschlag die Forderung oder das
Betreibungsrecht des Gläubigers bestreitet. Ein Rechtsvorschlag, mit dem
allein der Anspruch auf Ersatz der Kosten bestritten wird, ist unzulässig und
folglich vom Betreibungsbeamten nicht zu beachten.
Zahlt der Betriebene, der (ohne solche unzulässige Beschränkung)
Rechtsvorschlag erhoben hat, den Betrag der Forderung an das Betreibungsamt,
so gibt er damit dem Amte, für das der gewöhnliche Sinn des äussern Verhaltens
massgebend sein muss, zu erkennen, dass er die Forderung und das
Betreibungsrecht des Gläubigers nicht mehr bestreiten will. Eine solche
Zahlung schliesst also den Rückzug des Rechtsvorschlags in sich. Der Gläubiger
kann des halb in einem solchen Falle für die Kosten oder vielmehr, da die
Zahlungen an das Amt in erster Linie auf die Kosten angerechnet werden (JAEGER
N. 4 zu Art. 12
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG), für den nicht gedeckten Teil der Forderung die
Betreibung fortsetzen. Einer Zahlung, die der Betriebene nach erhobenem
Rechtsvorschlag direkt an den Gläubiger leistet, kann dagegen nicht die
gleiche Bedeutung beigemessen werden. In einer solchen Zahlung liegt keine
Erklärung an das Amt, an das ein allfälliger Rückzug des Rechtsvorschlags
gerichtet werden muss (BGE 62 III 126 f.), und hievon abgesehen muss dem
Schuldner, der nicht an das Amt, sondern direkt an den Gläubiger zahlt, die
Einrede gewahrt bleiben, dass die Forderung bei Einleitung

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der Betreibung noch nicht fällig war oder aus einem andern Grunde nicht in
Betreibung gesetzt werden durfte. Überdies erhält das Amt von einer direkten
Zahlung an den Gläubiger nicht ohne weiteres Kenntnis und vermag jedenfalls in
der Regel nicht zuverlässig festzustellen, ob damit gerade die in Betreibung
gesetzte Forderung getilgt wurde.
Im vorliegenden Falle hat der Betriebene nicht nach dem Rechtsvorschlag an das
Betreibungsamt, sondern vor dem Rechtsvorschlag, ja sogar vor Zustellung des
Zahlungsbefehls an den Gläubiger Zahlung geleistet. In seiner Zahlung kann
daher unmöglich ein Rückzug des Rechtsvorschlags erblickt werden. Für einen
solchen Rückzug liegt aber auch sonst nichts vor.
Als nur gegen die Kosten gerichtet und daher unzulässig könnte der
Rechtsvorschlag des Rekurrenten allenfalls dann angesehen werden, wenn er nach
der Zustellung des Zahlungsbefehls die Forderungssumme an das Betreibungsamt
bezahlt, damit gemäss Art. 12
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG die Betreibung für alle den Betrag der
Kosten übersteigenden Ansprüche zum Erlöschen gebracht und hierauf (sei es
auch ohne ausdrückliche Beschränkung auf die Kosten) Recht vorgeschlagen
hätte. So liegt der Fall jedoch nicht. Der Rekurrent hat vor Empfang des
Zahlungsbefehls direkt an den Gläubiger bezahlt. Eine solche Zahlung hat auf
die Betreibung keinen Einfluss, selbst wenn das Betreibungsamt davon erfährt
und wahrscheinlich ist, dass der Betriebene damit die in Betreibung stehende
Forderung tilgen wollte. Hätte der Rekurrent es unterlassen, gegen die
Forderung Rechtsvorschlag zu erheben, so könnte Franz Remund die Betreibung im
vollen Umfange, auch für den bezahlten Betrag, fortsetzen. Der Rekurrent wäre
dann darauf angewiesen, für diesen Betrag gemäss Art. 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
SchKG Aufhebung der
Betreibung zu verlangen oder gemäss Art. 86 nach Abschluss der Betreibung
Rückforderungsklage anzustrengen. Er hatte somit allen Anlass, durch
Rechtsvorschlag die Forderung zu bestreiten. Daher

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darf nicht angenommen werden, dass sein Rechtsvorschlag, obwohl allgemein
gefasst («Erhebe Rechtsvorschlag»), sich nur gegen die Kosten richte.
Der Zusatz «weil bezahlt» ändert nichts daran, dass man es mit einem
allgemeinen, nicht mit einem auf die Kosten beschränkten und daher
unbeachtlichen Rechtsvorschlag zu tun hat.
Der Rekurrent hat demnach gegen den Zahlungsbefehl wirksam Recht vorgeschlagen
und seinen Rechtsvorschlag nicht zurückgezogen. Der Rechtsvorschlag ist aber
bisher auch nicht durch Richterspruch beseitigt worden. Daraus folgt nach dem
eingangs Gesagten, dass das Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren des Franz
Remund mit Recht zurückgewiesen hat. Will Franz Remund daran festhalten, dass
der Rekurrent ihm noch den Betrag der Betreibungskosten (Kosten des
Zahlungsbefehls) zu bezahlen habe, so bleibt ihm nicht anderes übrig, als den
ordentlichen Prozessweg zu betreten oder allenfalls (wenn er einen hiezu
berechtigenden Titel zu besitzen glaubt) Rechtsöffnung zu verlangen.
Die Vorinstanz nimmt freilich an, der Richter könne nur über die Forderung,
nicht auch darüber befinden, wer in einem Falle wie dem vorliegenden die
Kosten zu tragen habe; die Forderung von Fr. 6.20 sei unbestrittenermassen
getilgt; eine gerichtliche Klage oder ein Begehren um Rechtsöffnung wäre daher
von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dies trifft jedoch nicht zu. Der
Gläubiger kann erklären, er rechne die erhaltene, der Höhe nach mit der
Forderung übereinstimmende Zahlung in erster Linie auf die Kosten an (Art. 85
Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 85 - 1 Der Schuldner kann eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstande ist.
1    Der Schuldner kann eine Teilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rückstande ist.
2    Sind dem Gläubiger für einen Teil seiner Forderung Bürgen gestellt, oder Pfänder oder andere Sicherheiten gegeben worden, so ist der Schuldner nicht berechtigt, eine Teilzahlung auf den gesicherten oder besser gesicherten Teil der Forderung anzurechnen.
OR), und geltend machen, es stehe noch ein entsprechender Teil der
Forderung aus. Zur Beurteilung einer solchen Restforderung ist der Richter
unzweifelhaft zuständig. Er wird sie gutheissen, wenn die in Betreibung
gesetzte Forderung (deren Betrag der Rekurrent nach seiner Darstellung nur «um
des Friedens willen» bezahlt hat) bei Einleitung der Betreibung bestand und
auf dem Betreibungswege geltend gemacht werden

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durfte. In diesem und nur in diesem Falle ist der Abzug der Kosten von der
geleisteten Zahlung gerechtfertigt.
Wenn JAEGER (N. 1 zu Art. 68
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG), den die Vorinstanz zitiert, und die
Präjudizien in Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs I Nr. 26 S. 44 und BGE
38 I 639 ff. = Sep. ausg. 15 S. 219 ff. sagen, dass die Betreibungskosten
(bzw. die Pflicht zu ihrer Bezahlung) nicht durch Rechtsvorschlag, sondern nur
durch Beschwerde bestritten werden können, so wurde dadurch keineswegs in
Zweifel gezogen, dass ein Rechtsvorschlag gegen die (ganze) Forderung, wie er
hier vorliegt, auch die Eintreibung der Betreibungskosten hindert (vgl. JAEGER
a.a.O. S. 154 unten), und dass ein solcher Rechtsvorschlag, vom Falle des
Rückzugs abgesehen, nur durch den Richter ganz oder teilweise beseitigt werden
kann. Im Falle Archiv I Nr. 26 gestattete die Aufsichtsbehörde die Fortsetzung
der Betreibung für den Betrag der Kosten, weil der Betriebene den Betrag der
Forderung auf den Zahlungsbefehl hin an das Amt bezahlt und nicht die
Hauptforderung, sondern ausdrücklich nur die Zinsen, Spesen und Kosten durch
Rechtsvorschlag bestritten hatte, und im Falle BGE 38 I 639 ff. wurde der
Einwand des Betriebenen, dass die für die Kosten vollzogene Pfändung wegen
seines Rechtsvorschlags unzulässig sei, im Hinblick darauf verworfen, dass er
nach seiner Darstellung nur gegen die Kosten und die (vom Gläubiger
nachträglich fallen gelassenen) Zinsen und gemäss Feststellung der kantonalen
Aufsichtsbehörde überhaupt nur gegen diese Zinsen Recht vorgeschlagen hatte.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die
Beschwerde des Franz Remund abgewiesen.