S. 52 / Nr. 13 Obligationenrecht (d)

BGE 77 II 52

13. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. März 1951 i. S. Möschinger gegen Fei
und Mitbeteiligte.


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Regeste:
Kommanditgesellschaft. Pflicht zur Einwerfung einer zurückbezahlten
Kommanditsumme, Art. 610 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 610 - 1 Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
1    Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
2    Wird die Gesellschaft aufgelöst, so können die Gläubiger, die Liquidatoren oder die Konkursverwaltung verlangen, dass die Kommanditsumme in die Liquidations- oder Konkursmasse eingeworfen werde, soweit sie noch nicht geleistet oder soweit sie dem Kommanditär wieder zurückerstattet worden ist.
OR.
Société en commandite. Obligation de remettre à la masse en liquidation 011 en
faillite la commandite qui a été restituée, art. 610 al. 2 CO.
Società in accomandita. Obbligo di consegnare alla massa della liquidazione o
del fallimento il capitale accomandato che è stato restituito
all'accomandante, art. 610 cp. 2 CO.

Möschinger war beschränkt haftender Teilhaber der Kommanditgesellschaft E.
Lüthi & Co. mit einer Kommanditsumme von Fr. 20000.-. Im April 1943 trat er
aus der Gesellschaft aus. Lüthi übernahm die Aktiven und Passiven des
Geschäfts und führte es als Einzelfirma weiter. Er bezahlte dem Möschinger die
Kommanditsumme von Fr. 20000.- zurück aus Mitteln, die er sich durch ein
Darlehen auf seinen persönlichen Namen verschaffte. Im Herbst 1943 gerieten
.Sowohl die Einzelfirma E. Lüthi als auch die Kommanditgesellschaft E. Lüthi &
Co. in Konkurs. Die Konkursverwaltung trat den von Möschinger bestrittenen
Anspruch auf Einwerfung der Kommanditsumme von Fr. 20000.- in die Konkursmasse
an eine Anzahl Gläubiger ab. Deren Klage gegen Möschinger wurde vom
Bezirksgericht Weinfelden und vom Obergericht Thurgau geschützt. Das
Bundesgericht bestätigt diesen Entscheid aus folgender
Erwägung:
Wenn in Art. 610 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 610 - 1 Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
1    Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
2    Wird die Gesellschaft aufgelöst, so können die Gläubiger, die Liquidatoren oder die Konkursverwaltung verlangen, dass die Kommanditsumme in die Liquidations- oder Konkursmasse eingeworfen werde, soweit sie noch nicht geleistet oder soweit sie dem Kommanditär wieder zurückerstattet worden ist.
OR gesagt wird, im Falle des Konkurses könne die
Konkursverwaltung die Wiedereinzahlung einer zurückerstatteten Kommanditsumme
verlangen, so dachte der Gesetzgeber zweifellos in erster Linie an
Kommanditsummen, die direkt aus dem Vermögen der im Zeitpunkt der Zahlung noch
bestehenden

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Kommanditgesellschaft zurückerstattet worden waren. im vorliegenden Falle war
die Kommanditgesellschaft zur Zeit der Zahlung aber bereits mit Aktiven und
Passiven an den Komplementär Lüthi übergegangen. Trotzdem rechtfertigt es
sich, auch in einem Falle dieser Art eine Rückerstattung im Sinne des Art. 610
Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 610 - 1 Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
1    Während der Dauer der Gesellschaft haben die Gesellschaftsgläubiger kein Klagerecht gegen den Kommanditär.
2    Wird die Gesellschaft aufgelöst, so können die Gläubiger, die Liquidatoren oder die Konkursverwaltung verlangen, dass die Kommanditsumme in die Liquidations- oder Konkursmasse eingeworfen werde, soweit sie noch nicht geleistet oder soweit sie dem Kommanditär wieder zurückerstattet worden ist.
OR anzunehmen. Denn Lüthi war eben der Rechtsnachfolger der
Kommanditgesellschaft, auf ihn waren Aktiven und Passiven übergegangen, und
eine Zahlung aus seinem Vermögen bedeutete demzufolge eine Verringerung des
den Gläubigern der alten Kommanditgesellschaft haftenden Vermögenskomplexes,
ohne dass durch die Uebernahme mit Aktiven und Passiven die Stellung der
Gläubiger materiell verbessert worden wäre, da Lüthi ja schon bisher
unbeschränkt gehaftet hatte. Diese Gesellschaftsgläubiger wurden daher in
gleicher Weise geschädigt, und der frühere Kommanditär wurde in gleicher Weise
begünstigt, wie im Falle einer Zahlung durch die alte Kommanditgesellschaft
selbst (vgl. auch DÜRINGER/HACHENBURG, Deutsches Handelsgesetzbuch, 3. Aufl.,
§ 172 Anm. 9 Abs. 2 Mitte). Ob dann im übrigen die Auszahlung des Kommanditärs
so erfolgte, dass der übernehmende Komplementär seine persönlichen Aktiven
verminderte, oder so, dass er - durch Darlehensaufnahme seine persönlichen
Passiven vermehrte, bleibt sich natürlich vermögensmässig gleich.