S. 158 / Nr. 28 Registersachen (d)

BGE 77 I 158

28. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. September 1951 i. S.
Fraumünster-Verlag A.G. und Gen. gegen Kirchgemeinde Fraumünster und Zürich,
Justizdirektion.

Regeste:
Handelsregister, Firmabezeichnung, Unzulässigkeit wegen Täuschungsgefahr und
Verletzung öffentlicher Interessen Art. 944
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 944 - 1 Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
1    Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
2    Der Bundesrat kann Vorschriften darüber erlassen, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden dürfen.
OR.
Registre du commerce, désignation d'une maison. Inadmissibilité d'une raison
de commerce à cause d'un risque de confusion et d'une atteinte à l'intérêt
public art. 944 CO.
Registro di commercio, designazione d'una ditta. Inammissibilità d'una ditta
commerciale a motivo d'un rischio di confusione e d'una lesione dell'interesse
pubblico (art. 944 CO).

A. - Die 1933 gegründete Verlagsgesellschaft Präsens A.-G., die seit 1936
ihren Sitz an der Fraumünsterstrasse in Zürich hatte, änderte 1941 anlässlich
des Überganges sämtlicher Aktien an Dr. Th. Rimli ihre Firma in
Fraumünster-Verlag A.-G. ab. Ungefähr ein Jahr später verlegte sie ihren Sitz
in den Stadtteil Aussersihl. 1944 gliederte sie sich als Tochtergesellschaft
die Fraumünster-Verlagsbuchhandlung A.-G. an.

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Unmittelbar nach der Firmaänderung von 1941 ersuchte die Kirchgemeinde
Fraumünster den Verlag, auf den Firmabestandteil «Fraumünster» zu verzichten,
weil die Bezeichnung das Publikum leicht zu der irrigen Annahme verleiten
könnte, dass hinter dem Unternehmen die Kirchgemeinde Fraumünster stehe oder
dass sie sonstwie einen Zusammenhang mit dem Verlag aufweise. Der Verlag
lehnte das Ansinnen jedoch ab, weil solche Befürchtungen unbegründet seien.
Fraumünster-Verlag und -Buchhandlung sind Unternehmen katholischer Richtung;
sie verbreiten neben neutralem Gedankengut solches von ausgesprochen
katholischer Prägung. So nahmen sie im Jahre 1948 die Herausgabe und
Verbreitung einer katholischen Familienbibel an die Hand. Das veranlasste die
Kirchenpflege der Fraumünstergemeinde, der auch von Gemeindemitgliedern
kritische Äusserungen über die Verwendung des Namens der Kirchgemeinde durch
die beiden Unternehmen zugingen, die Angelegenheit wieder aufzugreifen.
B. - Nachdem erneute Schritte bei den beiden Firmen erfolglos geblieben waren,
stellte die Kirchgemeinde im Februar 1949 beim Handelsregisteramt Zürich unter
Hinweis auf Art. 944
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 944 - 1 Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
1    Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
2    Der Bundesrat kann Vorschriften darüber erlassen, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden dürfen.
OR das Begehren um Abänderung der beiden
Firmabezeichnungen in dem Sinne, dass der Name Fraumünster» daraus zu
streichen sei.
Die beiden Firmen beantragten Abweisung des Begehrens.
Das Handelsregisteramt Zürich wies das Begehren der Kirchgemeinde Fraumünster
ab. Die Justizdirektion Zürich als kantonale Aufsichtsbehörde über das
Handelsregister dagegen forderte mit Verfügung vom 3. März 1951 die beiden
Firmen auf, Firmabezeichnungen zu wählen, die das Wort «Fraumünster» nicht
mehr enthalten.
C. - Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Beschwerdegegnerin, sowie die
Justizdirektion Zürich beantragen Abweisung der Beschwerde. Das eidg. Justiz-
und Polizeidepartement

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erachtet diese ebenfalls als unbegründet, enthält sich jedoch eines bestimmten
Antrages.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Auf die historischen Erörterungen über den Begriff «Fraumünster», die in
den Rechtsschriften und der angefochtenen Verfügung einen breiten Raum
einnehmen, braucht nicht eingetreten zu werden. Denn für die Entscheidung der
massgebenden Frage, ob im Sinne von Art. 944
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 944 - 1 Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
1    Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
2    Der Bundesrat kann Vorschriften darüber erlassen, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden dürfen.
OR die Firmabezeichnung der
Beschwerdeführerinnen Täuschungen verursachen kann oder öffentlichen
Interessen zuwiderläuft, sind die heutigen Gegebenheiten ins Auge zu fassen.
Heute ist «Fraumünster» die Kirche der gleichnamigen reformierten
Kirchgemeinde, als welche sie nicht nur im Bewusstsein des Zürchers, sondern
auch ausserhalb Zürichs tief verankert ist. Daneben bezeichnet, wie
naheliegend ist und von der Vorinstanz festgestellt wird, die Umgangssprache
der Einheimischen damit das Stadtquartier um die Kirche herum. In Anbetracht
dieses Sprachgebrauchs und in Berücksichtigung der Tatsache, dass die ältere
der beiden Unternehmungen ihren Sitz ursprünglich im Quartier hatte, liesse
sieh nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz die Führung des
Firmabestandteils «Fraumünster» durch die Beschwerdeführerinnen sowenig wie
bei Unternehmen anderer Branchen im Quartier beanstanden, wenn sie nicht der
Täuschung des Publikums Vorschub leistete, dass Verlag und Buchhandlung
reformierte Ideen und Gedankengut, wie es in der Fraumünsterkirche verkündet
wird, verbreiten, während sie in Wirklichkeit, soweit religiöse Belange
überhaupt in Frage stehen, für katholische Lehre und Glauben wirken. Eine
solche Täuschungsgefahr ist aber in der Tat mit der Vorinstanz als gegeben zu
betrachten, ohne dass deshalb der Öffentlichkeit kulturkämpferisch die
Denkweise unterschoben zu werden braucht, wie die Beschwerde meint. Im
Gegensatz zu Unternehmen anderer Branchen stehen bekanntlich Verlage und
Buchhandlungen nicht

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selten in geistiger oder sogar materieller Verbindung mit
Religionsgemeinschaften. Wird nun für ein Unternehmen dieser Art der
einprägsame, für die reformierte Kirche Zürichs repräsentative Name
«Fraumünster» verwendet, so liegt es nahe, darin ein Programm, einen Hinweis
auf die geistige Richtung des Unternehmens zu erblicken. Es werden zwischen
Kirche einerseits, Verlag und Buchhandlung anderseits wenn nicht geradezu
geschäftliche, so doch geistige Beziehungen vermutet. Da dies nicht zutrifft,
sondern die beiden Unternehmungen in religiöser Hinsicht Anschauungen
vertreten, die zum Bekenntnis der Fraumünsterkirche gerade im Gegensatz
stehen, lässt sich die Gefahr einer Täuschung des Publikums nicht von der Hand
weisen. Diese Gefahr bedeutet aber eine Verletzung öffentlicher Interessen,
nämlich des Interesses der Fraumünstergemeinde der Landeskirche, nicht mit den
beiden Firmen gegensätzlicher Gesinnung in geistige Beziehung gebracht zu
werden.
2.- Die Beschwerde bestreitet die Täuschungsgefahr und sieht den Beweis für
das Fehlen einer solchen darin, dass die Kirchgemeinde nach dem Briefwechsel
von 1941 die Angelegenheit 8 Jahre lang habe auf sich beruhen lassen, sowie
darin, dass trotz zehnjähriger Tätigkeit des Verlags konkrete Fälle der
Täuschung nicht genannt werden könnten. Das erstere erklärt sich aber nach der
glaubhaften Darstellung der Beschwerdegegnerin daraus, dass ihr damals von
vermeintlich zuverlässiger Seite der Bescheid erteilt wurde, die
Weiterverfolgung der Angelegenheit auf rechtlichem Wege sei aussichtslos. Die
Antwort auf die Frage der Täuschungsgefahr sodann ist aus der allgemeinen
Lebenserfahrung zu schöpfen. Ob tatsächlich schon Verwechslungen vorgekommen
seien, ist dagegen nicht von entscheidender Bedeutung. Abgesehen hievon
bemerkt die Beschwerdegegnerin einleuchtend, dass sich die Täuschung ja auch
nicht im Verkehr des Publikums mit ihr, sondern mit dem Verlag ergäben. Die
Täuschungsgefahr wirkt sich übrigens kaum in geschäftlichen

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Nachteilen für das Publikum aus, sondern in seiner Einstellung zu
Fraumünsterverlag und -buchhandlung, und sie ist weniger für das Publikum
gravierend wenn auch ärgerlich als für die Fraumünsterkirche unerträglich, die
ein Interesse daran hat, nicht mit diesem Verlags- und
Buchhandlungsunternehmen irgendwie in Zusammenhang gebracht zu werden. Dies
selbst unter der Voraussetzung, dass die Geschäftsführung des Unternehmens
völlig einwandfrei ist, weshalb es sich erübrigt, auf die Ausführungen der
Beschwerdeantwort einzutreten, wonach durch gewisse in der Öffentlichkeit
bekanntgewordene unerquickliche Angelegenheiten, in deren Mittelpunkt der
Alleinbesitzer des Fraumünster-Verlages oder der Verlag selbst stand, der Name
der Kirchgemeinde in Gefahr gerate, in allerlei widerwärtige, fremdartige, dem
Rufe abträgliche Zusammenhänge hineingezogen zu werden. Dass die ideellen
Interessen einer öffentlichen Körperschaft durch die Wahl einer Firma nicht in
Mitleidenschaft gezogen werden dürfen, ist bereits im Entscheid vom 13. Juni
1939 i. S. Tannenblatt gegen Regierungsrat Bern in bezug auf die
Geschäftsbezeichnung «Universitätsbuchhandlung» erkannt worden.
3.- Die Beschwerde wendet weiter ein, im Verlaufe der Jahre und dank der
ausgedehnten Verlagstätigkeit des Fraumünster-Verlages habe sich diese Firma
zu einer Individualbezeichnung entwickelt, welche sich von der örtlichen
Vorstellung weitgehend gelöst habe. Wer diese Individualbezeichnung höre,
mache sich über den Unterschied oder Zusammenhang ebensowenig Gedanken, wie
bei den Bezeichnungen der Versicherungsgesellschaften «Zürich», «Winterthur»,
«La Suisse».
Dass der Verlag unter dieser Bezeichnung eine gewisse Bekanntheit erlangt hat,
ist nicht zu bestreiten. Allein dass dadurch «Fraumünster» seine eigentliche
Bezeichnungskraft eingebüsst habe, so dass die Vorstellung einer geistigen
Verbindung des Verlags mit der Kirche nicht mehr aufzukommen vermöge, kann
nicht anerkannt werden.

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Dafür ist Fraumünster zu charakteristisch für die Kirche dieses Namens. Eher
noch würde aus dem Umstand, dass heute die früher vorhandene örtliche
Beziehung der Unternehmen zum Fraumünsterquartier gelöst ist, zu folgern sein,
dass auch der örtlich orientierte Zürcher für diese Firmabezeichnung keine
andere Rechtfertigung mehr zu finden vermag, als eben die geistige Anlehnung
an die Kirche als Trägerin dieses Namens ausgesprochenster Eigenart.
4.- Schliesslich spricht die Beschwerde der Fraumünsterkirche das Recht ab,
heute noch die Abänderung der Firma zu verlangen, nachdem sie im Jahre 1941
ihr Begehren nicht weiter verfolgt und dadurch beim Verlag das begründete
Vertrauen erweckt habe, dass sie ihren Einspruch fallen lasse. Die
Wiederaufnahme desselben, so wie die Dinge sich entwickelt haben und bei der
heutigen wirtschaftlichen Bedeutung des Namens für die Beschwerdeführerinnen
verstosse gegen Treu und Glauben.
Allein der Grundsatz des Art. 944
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 944 - 1 Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
1    Jede Firma darf, neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die zur näheren Umschreibung der darin erwähnten Personen dienen oder auf die Natur des Unternehmens hinweisen oder eine Phantasiebezeichnung darstellen, vorausgesetzt, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem öffentlichen Interesse zuwiderläuft.
2    Der Bundesrat kann Vorschriften darüber erlassen, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden dürfen.
OR ist von Amtes wegen zu wahren, weshalb
nichts darauf ankommen kann, ob die Kirchgemeinde Fraumünster selbst während
längerer Zeit Nachsicht geübt hat. Zudem ist nicht sie allein, sondern die
Öffentlichkeit als solche an der Beseitigung der möglichen Täuschungsgefahr
interessiert. Im übrigen hat die Kirchgemeinde sich damals deutlich geäussert,
und die Beschwerdeführerin konnte ihren Einspruch unmöglich als unverständlich
ansehen, ganz besonders seitdem durch den Wegzug der Firma aus der Nähe der
Fraumünsterkirche auch jeder äussere Vorwand für die Anleihe bei ihrem Namen
weggefallen war.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.