S. 120 / Nr. 23 Strafgesetzbuch (d)

BGE 76 IV 120

23. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. März 1950 i. S.
Haslimann gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz.

Regeste:
Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB. Personen, die sich jemandem für eine Fahrt anvertrauen, sind
ihrem Führer gegenüber durch diese Bestimmung nicht geschützt.
L'art. 237 CP ne protège pas, à l'égard du conducteur, les personnes qui se
sont confiées à lui pour un transport.
L'art. 237 CP. non protegge, nei confronti del conducente, la persone che si
sono affidate a lui per un trasporto.

A. - Im März 1947 führte Haslimann eines Morgens gegen vier Uhr drei Personen
mit dem Automobil von Ibach gegen Immensee. Ausserhalb des Dorfes Arth fuhr er
unabsichtlich an eine Böschung. Der Wagen überschlug sich und blieb mit den
Rädern nach oben auf der Strasse liegen. Die Insassen waren nicht verletzt.
Sie stellten das Fahrzeug wieder auf und fuhren weiter. Ausser ihnen

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hielt sich damals in der Gegend der Unfallstelle niemand auf der Strasse auf.
B. - Am 8. Februar 1949 verurteilte das Kriminalgericht des Kantons Schwyz
Haslimann wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs (Art. 237 Ziff.
2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB), und auf Berufung des Verurteilten bestätigte das Kantonsgericht am
25. Mai 1949 das Urteil.
Das Kantonsgericht nahm nicht als bewiesen an, dass sich im Zeitpunkt des
Unfalles auf der Strasse zwischen Arth und Immensee andere Personen als der
Angeklagte und dessen Begleiter aufhielten, vertrat jedoch die Auffassung,
dass auch die Mitfahrer des Täters am öffentlichen Verkehr teilnähmen, sodass
ihre Gefährdung als Gefährdung des öffentlichen Verkehr unter Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB
falle.
C. - Haslimann ficht das Urteil des Kantonsgerichts mit der eidgenössischen
Nichtigkeitsbeschwerde an. Er beantragt, es sei aufzuheben und die Sache sei
zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er geltend, Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB sei nur anwendbar, wenn der
Täter neben der konkreten Gefährdung einer bestimmten Person eine latente
Gemeingefahr geschaffen habe. Im vorliegenden Falle habe das nicht
zugetroffen, weil ausser dem Beschwerdeführer und seinen Begleitern niemand
auf der Strasse gewesen sei. Der Motorfahrzeugführer, der bloss seine
Fahrgäste gefährde, erfülle den Tatbestand des Art. 237 nicht; diese
Bestimmung diene nur dem Schutze des öffentlichen Verkehrs.
D. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB bedroht mit Strafe, «wer vorsätzlich den
öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser
oder in der Luft hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich

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Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt». Aus dieser Umschreibung, die in
objektiver Hinsicht auch für die fahrlässig begangene Tat gilt (Art. 237 Ziff.
2
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StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB), ergibt sich, dass die Bestimmung nicht jedesmal dann anwendbar ist,
wenn jemand Leib und Leben einer am öffentlichen Verkehr teilnehmenden Person
gefährdet, sondern nur dann, wenn darüber hinaus der öffentliche Verkehr
selbst gehindert, gestört oder gefährdet wird. Art. 237 ist nicht in erster
Linie eine Bestimmung zum Schutze von Leib und Leben, sondern will den
öffentlichen Verkehr schützen (vgl. Überschrift zum neunten Titel und
Randtitel zu Art. 237).
Öffentlich ist, vom Täter aus gesehen, nur der Verkehr der Allgemeinheit, d.
h. irgend eines Dritten, nicht auch der Verkehr, den der Täter selber schafft,
indem er sich auf der Strasse, auf dem Wasser oder in der Luft fortbewegt oder
aufhält. Wer den eigenen Gang, die eigene Fahrt oder den eigenen Flug hindert,
stört oder gefährdet, vergeht sieh nicht gegen Art. 237. Personen, die sich
jemandem für eine Fahrt oder einen Flug anvertrauen, sind deshalb ihrem Führer
gegenüber durch diese Bestimmung nicht geschützt; sie sind im Verhältnis zu
ihm nicht e Allgemeinheit». Das bedeutet nicht, dass straflos bleibe, wer
Personen gefährdet oder verletzt, die sich in einem von ihm selbst geführten
Fahrzeug befinden. Der Täter steht hiefür unter den Strafdrohungen für
Übertretung der Verkehrsvorschriften, für vorsätzliehe Gefährdung des Lebens
(Art. 129
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB), für Körperverletzung (Art. 122 ff
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StGB Art. 122 - Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer vorsätzlich:
a  einen Menschen lebensgefährlich verletzt;
b  den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen bleibend arbeitsunfähig, gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Menschen arg und bleibend entstellt;
c  eine andere schwere Schädigung des Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verursacht.
. StGB) und für Tötung (Art.
111 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe156 nicht unter fünf Jahren bestraft.
. StGB). Es besteht kein Bedürfnis, auf solche Fälle ausserdem Art. 237
anzuwenden.
Der Beschwerdeführer ist daher von der Anklage der fahrlässigen Störung des
öffentlichen Verkehrs freizusprechen, da nicht bewiesen ist, dass er Leib und
Leben anderer als der im Automobil mitfahrenden Personen konkret gefährdet
habe.