S. 273 / Nr. 40 Erbrecht (d)

BGE 76 II 273

40. Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. Oktober 1950 i. 8. Giubellini gegen
Erben Kühne.

Regeste:
Die Schenkung von Todes wegen unterliegt den Formerfordernissen des
Erbvertrages (Art. 245 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 245 - 1 Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
1    Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
2    Eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers gestellt ist, steht unter den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen.
OR, Art. 512
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 512 - 1 Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
1    Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
2    Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.
ZGB).
Erbvertrag. Unterzeichnung durch die Vertragschliessenden in Gegenwart der
Urkundsperson und der beiden Zeugen ist Gültigkeitserfordernis (Art. 512 Abs.
2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 512 - 1 Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
1    Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
2    Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.
ZGB). Beweis für die Einhaltung der Form (Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB).
Konversion formnichtiger Schenkungen von Todes wegen in testamentarische
Vermächtnisse?
La donation à cause de mort est soumise aux formes prévues pour le pacte
successoral (art. 245 al. 2 CO, 512 CC).
Pacte successoral. La signature de l'acte par les parties contractantes en
présence de l'officier publie et des deux témoins est une condition de la
validité du pacte (art. 512 al. 2 CC). Comment prouver que cette formalité a
été remplie (art. 8 CC).
Conversion des donations à cause de mort nulles pour vice de forme en legs
testamentaires
La donazione mortis causa è assoggettata alle forme previste pel contratto
successorio (art. 245, cp. 2 CO, 512 CC).
Contratto successorio. La firma dell'atto ad opera dello parti contraenti, in
presenza del pubblico funzionario e dei due testimoni, è una condizione della
validità del contratto (art. 512, cp. 2 CC). Prova che questa formalità ô
stata osservata (art. 8 CC)
Conversione delle donazioni mortis causa, che sono nulle per vizio di forma,
in legati testamentari.


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A. - Am 19. Juni 1944 entstand in der Gemeinde-kanzlei Trogen eine mit
«Schenkungsvertrag» überschriebene Urkunde, die lautet:
«Der unterzeichnete Jakob Holderegger, Gemeindeschreiber in Trogen,
beurkundet hiemit:
Zwischen Herrn Benedikt Kühne-Mäder, geb. 1866, wohnhaft Berg No. 135, Trogen,
und
Frau Anna Giubellini geb. Kälin, geb. 1888, wohnhaft Berg No. 135, Trogen
wird folgender Schenkungsvertrag abgeschlossen
1. Herr Benedikt Kühne verschenkt auf sein Ableben hin an Frau Giubellini
seine Liegenschaft No. 135 im Berg Trogen.
2. Die Beschenkte übernimmt nach dem Ableben des Schenkers die Liegenschaft
No. 135 im Berg Trogen zur heutigen Kapitalbelastung incl. der im gegebenen
Zeitpunkt event. laufenden und verfallenen Zinsen, mit den Rechten und Lasten,
wie solche im Servitutenprotokoll der Gemeinde Trogen eingetragen sind.
3. Die Schenkung erstreckt sich auch auf alles beim Ableben des Schenkers noch
vorhandene Mobiliar.
4. Die Schenkung erfolgt deshalb, weil Frau Anna Giubellini seit Juni 1942 als
Haushälterin im Dienste des Schenkers steht, für ihn immer treu gesorgt und
nie einen Lohn empfangen hat. Diese Schenkung ersetzt somit den Lohn.
5. Sollte die Beschenkte vor dem Schenker sterben, so fällt dieser
Schenkungsvertrag dahin. In diesem Falle soll das der Frau Anna Giubellini
gehörende Mobiliar schenkungsweise Herrn Benedikt Kühne zufallen, allerdings
in dein Sinne, dass nach dessen Ableben dieses Mobiliar wieder an die
Schwester der Frau Giubellini, Frau Alice Freitag-Kälin in Zürich,
zurückfallen soll.
6. Dieser Schenkungsvertrag wird ferner hinfällig, wenn das bestehende
Dienstverhältnis aus irgend einem Grunde vor dem Ableben des Schenkers gelöst
werden sollte...
Dieser Schenkungsvertrag wird durch den unterzeichneten Gemeindeschreiber
niedergeschrieben, den ihm persönlich bekannten Parteien zu lesen gegeben und
von diesen alsdann in Anwesenheit des Gemeindeschreibers unterzeichnet.
Dieser Schenkungsvertrag wird hierauf durch den Gemeindeschreiber eigenhändig
datiert und von ihm ebenfalls unterzeichnet.
Sofort nachher werden die nachgenannten Zeugen beigezogen.
Trogen, den neunzehnten Juni tausendneunhundertvierundvierzig.
Der Schenker: Die Beschenkte
Sig. B. Kühne sen. sig. Frau A. Giubellini.
Der Gemeindeschreiber
sig. J. Holderegger.
Zeugen-Bescheinigung.
Für, die unterzeichneten, besonders berufenen und gesetzlich befähigten
Zeugen:
1. Herr Franz Huber, Trogen,
2. Fräulein Elvira Camenisch, Trogen,

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bestätigen hiermit
1. Herr Benedikt Kühne und Frau Giubellini haben uns in Gegenwart des
Gemeindeschreibers Jakob Holderegger erklärt, dass sie die vorliegende Urkunde
gelesen haben und dass sie den Ausdruck ihres willens enthalte
2. Nach unserer Wahrnehmung befand sich sowohl der Schenker als die Beschenkte
dabei im Zustande der Verfügungsfähigkeit.
Trogen, den neunzehnten Juni tausendneunhundertvierundvierzig. Die Zeugen:
1. Sig. Fr. Huber. 2. sig. E. Camenisch.»
B. - Am 24. November 1948 starb Benedikt Kühne-Mäder. Als gesetzliche Erben
hinterliess er acht Kinder. Sein Nachlass bestand gemäss Inventar vom 30.
November 1948 aus der im Schenkungsvertrag erwähnten, von den Steuerbehörden
auf Fr. 18,500.- geschätzten mit Fr. 7500.- belasteten Liegenschaft, dem
Hausrate, einem Handwechselzedel von Fr. 1000.- und einer Barschaft von Fr.
600.- die dem Sohne Benedikt überlassen wurde, der ein Guthaben für bezahlte
Arzt- und Beerdigungskosten geltend machte.
C. - Im Juni 1949 leiteten die gesetzlichen Erben beim Bezirksgerichte
Mittelland gegen Frau Giubellini Klage ein mit dem Begehren, der
Schenkungsvertrag vom 19. Juni 1944 sei ungültig zu erklären; eventuell sei
die Schenkung auf die verfügbare Quote herabzusetzen. Die Beklagte beantragte
Abweisung der Klage und stellte für den Fall ihrer Gutheissung widerklageweise
eine Lohnforderung für die Zeit vom Juni 1942 bis Ende November 1948. Mit
Urteil vom 5. Januar 1950 erklärte das Bezirksgericht den Schenkungsvertrag
für ungültig und hiess die Widerklage in dem Sinne teilweise gut, dass es der
Beklagten Fr. 3840.- zusprach. Es nahm an, der Schenkungsvertrag sei deswegen
ungültig, weil er von den Vertragsparteien in Abwesenheit der Zeugen
unterschrieben worden sei und daher der zwingenden Formvorschrift von Art. 512
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 512 - 1 Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
1    Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
2    Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.
ZGB nicht genüge. Am 27. März 1950 hat das Obergericht von Appenzell A.
Rh. das bezirksgerichtliche Urteile bestätigt.

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D. - Mit ihrer Berufung an das Bundesgericht beantragt die Beklagte Aufhebung
des Obergerichtlichen Urteils und Abweisung der Klage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung
1.- Für den Entscheid darüber, ob der Vertrag vom 19. Juni 1944 formgültig
sei, ist ohne Belang, ob und wieweit die darin vorgesehene Zuwendung des
Benedikt Kühne an die Beklagte das Entgelt für deren Dienstleistungen
darstellt (vgl. Ziffer 4 des Vertrages).
a) Wenn diese Zuwendung nicht den Charakter eines Entgeltes hat, handelt es
sich dabei wie bei der in Ziffer 5 vorgesehenen Zuwendung der Beklagten an
Kühne um eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers
gestellt ist. Solche Schenkungen stehen nach Art. 245 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 245 - 1 Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
1    Mit einer Schenkung können Bedingungen oder Auflagen verbunden werden.
2    Eine Schenkung, deren Vollziehbarkeit auf den Tod des Schenkers gestellt ist, steht unter den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen.
OR unter den
Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen, und zwar sind bezüglich der
Form nicht die Vorschriften über die letztwilligen Verfügungen, sondern
entsprechend der vertraglichen Natur der Schenkung diejenigen über den
Erbvertrag massgebend (BGE 75 II 188).
b) Wenn die Zuwendung als die Beklagte das Entgelt für ihre Dienste bildet,
ist sie als legatum debiti anzusehen. Als Vermächtnis unterliegt sie ebenfalls
den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen und muss, da vertraglich
zugesichert, den Formerfordernissen des Erbvertrages genügen.
c) Hängt die Gültigkeit der Zuwendung als die Beklagte im Falle reiner
Unentgeltlichkeit wie im Falle reiner Entgeltlichkeit davon ab, ob die Form
des Erbvertrags beobachtet wurde, so muss das gleiche auch gelten, wenn diese
Zuwendung als gemischte Schenkung zu betrachten ist.
2.- Art. 512
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 512 - 1 Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
1    Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung.
2    Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.
ZGB bestimmt in Abs. 1, der Erbvertrag bedürfe zu seiner
Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung, und fügt in Abs.
2 bei: «Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten

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ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu
unterschreiben». Das Gesetz lässt also für den Erbvertrag die Form der
öffentlichen letztwilligen Verfügung nicht genügen, sondern stellt dafür noch
weitere Formerfordernisse auf (BGE 46 11 13 ff. E. 3, 48 II 67, 48 II 60 11
272 ff.). Dabei handelt es sich ebenfalls um Gültigkeitserfordernisse (vgl.
Art. 11 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 11 - 1 Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.
1    Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.
2    Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.
OR in Verbindung mit Art. 7
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 7 - Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes6 über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge finden auch Anwendung auf andere zivilrechtliche Verhältnisse.
ZGB und die eben erwähnten
Entscheide). Die Vorschrift, dass die Vertragschliessenden den Vertrag vor dem
Beamten und den zwei Zeugen zu unterschreiben haben, ist, wie aus der
französischen und italienischen Fassung «par devant lui et en présence de deux
témoins», «alla presenza del funzionario e dei due testimoni» eindeutig
hervorgeht, dahin zu verstehen, dass die Vertragschliessenden die Unterschrift
in Gegenwart der erwähnten Personen leisten müssen (vgl. BGE 60 II 273 f.).
Die Gültigkeit des Vertrages vom 19. Juni 1944 hat also u. a. zur
Voraussetzung, dass der Erblasser und die Beklagte diesen Vertrag in Gegenwart
der beiden Vertragszeugen unterschrieben haben.
Die Beklagte, die behauptet, der Vertrag vom 19. Juni 1944 sei in gültiger
Form abgeschlossen worden, und auf Grund dieser Behauptung Anspruch auf die
Gegenstände erhebt, die dieser Vertrag ihr zuweist, ist nach Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB da für
beweispflichtig, dass beim Vertragsabschlusse die vorgeschriebene Form
eingehalten wurde. Diesen Beweis kann sie nicht mit der Vertragsurkunde selber
leisten denn darin wird nicht bestätigt, dass die Vertragschliessenden den
Vertrag vor den Zeugen unterschrieben haben, sondern im Gegenteil gesagt, die
Zeugen seien erst nach der Unterzeichnung des Vertrages durch die Parteien und
den Urkundsbeamten beigezogen worden. Die Aussagen des Gemeindeschreibers und
der beiden Vertragszeugen, die auf Begehren der Beklagten als Zeugen verhört
wurden, vermögen nach der Auffassung der Vorinstanz nicht zu beweisen, dass
die Vertragszeugen entgegen dem Wortlaut der Urkunde der Unterzeichnung des

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Vertrages durch die Vertragschliessenden beigewohnt haben. Die Vorinstanz
betrachtet vielmehr als bewiesen, dass dies nicht der Fall war. In diesen
Annahmen der Vorinstanz liegen Feststellungen über tatsächliche Verhältnisse,
die gemäss Art. 63 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
OG für das Bundesgericht verbindlich sind, da sie
weder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustandegekommen
sind noch offensichtlich auf Versehen beruhen. Die Beklagte behauptet das
selber nicht, sondern unternimmt in der Berufungsschrift lediglich den nach
Art. 55 lit. c
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
OG unzulässigen Versuch, anstelle der massgebenden
Obergerichtlichen ihre eigene Beweiswürdigung zur Geltung zu bringen.
Muss demnach angenommen werden, der Vertrag vom 19. Juni 1944 sei nicht im
Beisein der Vertragszeugen unterschrieben worden, so erscheint dieser Vertrag
als formnichtig.
3.- Die Beklagte macht geltend, wenn der streitige Vertrag ungültig sei, so
sei «die Urkunde zweifellos als öffentliche letztwillige Verfügung gemäss Art.
501
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 501 - 1 Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeichnung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfügung enthalte.
1    Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeichnung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfügung enthalte.
2    Die Zeugen haben auf der Urkunde mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass der Erblasser vor ihnen diese Erklärung abgegeben und dass er sich nach ihrer Wahrnehmung dabei im Zustande der Verfügungsfähigkeit befunden habe.
3    Es ist nicht erforderlich, dass die Zeugen vom Inhalt der Urkunde Kenntnis erhalten.
ZGB gültig». Die Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung im Sinne
von Art. 499
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 499 - Die öffentliche letztwillige Verfügung erfolgt unter Mitwirkung von zwei Zeugen vor dem Beamten, Notar oder einer anderen Urkundsperson, die nach kantonalem Recht mit diesen Geschäften betraut sind.
-501
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 501 - 1 Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeichnung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfügung enthalte.
1    Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeichnung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfügung enthalte.
2    Die Zeugen haben auf der Urkunde mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass der Erblasser vor ihnen diese Erklärung abgegeben und dass er sich nach ihrer Wahrnehmung dabei im Zustande der Verfügungsfähigkeit befunden habe.
3    Es ist nicht erforderlich, dass die Zeugen vom Inhalt der Urkunde Kenntnis erhalten.
ZGB ist bei der Abfassung der Vertragsurkunde in der Tat
eingehalten worden. Es kann sich daher fragen, ob die im nichtigen Vertrage
getroffenen Anordnungen nach dem Grundsatze der Konversion (vgl. BGE 76 1113
f. E. 3 und die dortigen Zitate) in ihrer Gesamtheit oder wenigstens teilweise
als letztwillige Verfügungen aufrechterhalten werden können.
a) Im vollen Umfange lassen sich jene Anordnungen schon deswegen nicht in
testamentarische konvertieren, weil der Vertrag vom J 9. Juni 1944 nicht bloss
Zuwendungen Kühnes an die Beklagte, sondern auch eine Zuwendung der Beklagten
an Kühne vorsieht und zwischen diesen Zuwendungen ohne Zweifel mindestens
insofern ein innerer Zusammenhang besteht, als die Beklagte die Zuwendung an
Kühne ohne die Zuwendung Kühnes an sie nicht gemacht hätte. Wo die in einem
Akte vereinigten

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testamentarischen Verfügungen zweier oder mehrerer Personen in einem solchen
Zusammenhang stehen, hat man es mit einem korrespektiven Testamente zu tun,
das vom ZGB nicht anerkannt wird (BGE 46 II 18, 47 II 50 ff., 70 II 259).
Daher ist es ausgeschlossen, die beidseitigen Zuwendungen als testamentarische
Vermächtnisse bestehen zu lassen.
b) Nur gerade die Anordnungen zugunsten der Beklagten als testamentarische
aufrechtzuerhalten, d. h. den Vertrag, der Leistungen beider Teile vorsieht,
in eine einseitige letztwillige Verfügung Kühnes zu konvertieren, ist
höchstens unter der Voraussetzung zulässig, dass angenommen werden darf, Kühne
wäre bereit gewesen, der Beklagten die Gegenstände, die ihr nach dem Vertrage
zukommen sollten, testamentarisch zu vermachen und auf die zu seinen Gunsten
stipulierte Zuwendung zu verzichten, wenn er von der Formnichtigkeit des
Vertrages Kenntnis gehabt hätte und es nicht möglich gewesen wäre, den
formnichtigen Vertrag durch einen formgültigen zu ersetzen (vgl. BGE 76 11
14).
Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist nicht schon deswegen zu verneinen, weil
die Vorinstanz festgestellt hat, die Beklagte habe den Nachweis nicht
erbracht, «dass der Erblasser auf eine beidseitige Bindung an die getroffene
Vereinbarung kein Gewicht legte und deshalb seine Verfügung auch für den Fall
aufrecht erhalten wollte, dass eine solche Bindung nicht bestehen sollte». Die
Beklagte brauchte einen solchen wirklichen Willen des Erblassers gar nicht zu
beweisen, sondern massgebend ist, was dieser bei Kenntnis der Nichtigkeit des
Vertrages gewollt hätte. Dieser mutmassliche Wille kann nicht Gegenstand einer
tatsächlichen Feststellung sein, die für das Bundesgericht verbindlich wäre
(BGE 76 II 15).
Im Ergebnis ist jedoch der Vorinstanz, die die Konversion des Vertrages in
eine einseitige letztwillige Verfügung ablehnt, beizustimmen, weil aus den
gegebenen Umständen nicht mit genügender Sicherheit geschlossen werden kann,

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dass Kühne im erwähnten hypothetischen Falle bereit gewesen wäre, der
Beklagten seine Liegenschaft und sein Mobiliar unter Verzicht auf ihre
Zuwendung an ihn testamentarisch zu vermachen. Es ist zwar möglich, dass er
diesen Willen gehabt hätte, weil die Zuwendung an die Beklagte der
Hauptgegenstand des Vertrages war, wie aus der Bezeichnung der
Vertragsparteien als «Schenker» und «Beschenkte», den Angaben in Ziffer 4 und
dem grossen Wertunterschied zwischen den beidseitigen Zuwendungen zu
schliessen ist. Es ist aber auch möglich, dass er nicht gewillt gewesen wäre,
die Beklagte in dem im Vertrage vorgesehenen Masse zu bedenken, wenn er
gewusst hätte, dass er nicht damit rechnen könne, im Falle des Vorversterbens
der Beklagten ihr Mobiliar, das in seinem Hause stand, weiterhin benutzen zu
können. Es ist sehr wohl denkbar, dass diese Möglichkeit für ihn, der offenbar
darauf bedacht war, sich einen ruhigen Lebensabend zu sichern, von nicht ganz
nebensächlicher Bedeutung war. Unter diesen Umständen ist die Konversion des
Vertrages vom 19. Juni 1944 in ein einseitiges Testament nicht angängig.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes von Appenzell A.
Rh. vom 27. März 1950 bestätigt.