S. 145 / Nr. 33 Strafgesetzbuch (d)

BGE 75 IV 145

33. Urteil des Kassationshofes vom 7. Dezember 1949 i. S. W. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.


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Regeste:
1. Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB. Abgrenzung der Aufgabe des Sachverständigen von der Aufgabe
des Richters (Erw. 1).
2. Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB. Ist der Homosexuelle, der mit Kindern unter sechzehn Jahren
Unzucht treibt, voll zurechnungsfähig? (Erw. 2.)
1. Art. 13 CP. En quoi la mission de l'expert diffère-t-elle de celle du juge?
(consid. 1.)
2. Art. 11 OP. L'homosexuel qui commet des actes contraires à la pudeur sur
des enfants de moins de seize ans est-il pleinement responsable? (consid. 2.)
1. Art. 13 OP. Delimitazione tra il compito del perito e quello del giudice
(consid. 1).
2. Art. 11 OP. L'omosessuale che commette dogli atti di libidine su fanciulli
aventi un'età inferiore ai sedici anni è pienamente responsabile? (consid. 2.)

A. - W., geb. 1919, trieb vom Herbst 1946 bis im August 1948 mit zehn Knaben
im Alter unter 16 Jahren Unzucht. Im Strafverfahren, das gegen ihn
durchgeführt wurde, führte der psychiatrische Sachverständige mit Gutachten
vom 20. Dezember 1948 aus, W. leide nicht an einer nachweisbaren
Geisteskrankheit, durch die sein Denken und Handeln beeinflusst würde. Es
fehle ihm auch nicht infolge eines angeborenen oder erworbenen Schwachsinns
die Fähigkeit, durch Urteile und Schlussfolgerungen sein Handeln zu
kontrollieren und zu lenken. Trotzdem sei das geistige Verhalten des W. etwas
auffallend durch sein zurückhaltendes, verlegenes, insichgekehrtes Benehmen
und das Fehlen tieferer, nachhaltender Affektreaktionen. Aus eigenem Antrieb
berichte er sozusagen nichts, und wenn er zu einem Gespräch veranlasst worden
sei, habe er nicht jene lebhafte affektive Anteilnahme gezeigt, die man von
einem jungen Manne in einer solchen Lage erwarte.

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Wegen dieser ausgeprägten Charaktereigentümlichkeiten sei W. zwar nicht als
abnorm veranlagt, als Psychopath, zu bezeichnen. Hingegen hätten sie ohne
Zweifel dazu beigetragen, dass er mit Schwierigkeiten des Lebens im
allgemeinen und solchen des Sexuallebens im besonderen nur mühsam fertig
geworden sei und sie vielfach gar nicht zweckmässig zu erledigen verstanden,
sondern sie aus der bewussten geistigen Verarbeitung verdrängt habe. Schon die
Art, wie er mit dem resignierten Ausdruck « so fügte ich mich darein » die
unerwünschte Notlösung der Berufswahl durch den Vater angenommen habe, sei
charakteristisch für ihn. So sei er dann wohl immer im Leben auftretenden
Schwierigkeiten lieber ausgewichen, als eine den Wünschen möglichst
entsprechende Erledigung anzustreben. Vor allem scheine er zur Befriedigung
des Sexualtriebes nicht eine seinen Wünschen entsprechende Befriedigung durch
Heirat gefunden, sondern sich mit Gelegenheiten begnügt zu haben, die mit
geringerer affektiver Anstrengung zu erreichen gewesen seien, wodurch er aber
in eine sexualneurotische Geistesverfassung geraten sei. Immerhin dürfe wohl
mit Sicherheit angenommen werden, dass er gewusst habe, mit seinen unzüchtigen
Handlungen an Knaben nicht nur etwas Unschickliches, sondern etwas
strafrechtlich Verbotenes zu begehen. Er habe auch ohne Zweifel diese
Gelegenheit zur Befriedigung des Sexualtriebes gesucht und Bootfahrten und
Sonnenbäder als bequeme und ohne Aufsehen erreichbare Mittel dazu benützt.
Dass er sich mit Knaben anstatt mit Mädchen verfehlt habe, dürfte ausser durch
eine homosexuelle Veranlagung wohl auch durch mehr oder weniger bewusste
Überlegungen verursacht gewesen sein, indem das Mitnehmen von Knaben ein
geringeres Risiko gewesen sei, entdeckt zu werden, besonders nachdem er sich
vergewissert gehabt habe, dass sie schon sexuell aufgeklärt gewesen seien und
daher nicht mehr hätten verführt werden können. W. habe seine Delikte bei
klarem Bewusstsein und mit Überreichung begangen und müsse zur Hauptsache für
sie

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als zurechnungsfähig betrachtet werden. Trotz seiner ausgeprägten
Charaktereigenschaften hätte er nicht unbedingt auf eine solche Art der
Sexualbefriedigung verfallen müssen. Da aber diese unverschuldeten
Charaktereigenschaften doch offenbar schon in früher Jugend sein Sexualleben
im Sinne einer neurotischen Entwicklung beeinflusst hätten und das
Zustandekommen der Delikte durch seine sexualneurotische Geistesverfassung
erleichtert gewesen sei, dürfe ihm doch wenigstens eine leichte Verminderung
der Zurechnungsfähigkeit für die in Frage stehenden Delikte zugesprochen
werden. Seine Angabe, dass er seine Delikte gefühlsmässig nicht als so
schlecht zu empfinden vermöge, dürfte wohl stimmen, da sie ihm eben den Genuss
verschafften, der die Ansprüche seiner sexualneurotischen Geistesverfassung
befriedigt habe.
B. - Das Kriminalgericht des Kantons Luzern verurteilte W. am 24. Juni 1949
wegen wiederholter Unzucht mit Kindern nach Art. 191 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB unter
Annahme voller Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zu achtzehn Monaten
Gefängnis.
Das Obergericht des Kantons Luzern, an das W. appellierte mit dem Antrage, es
sei verminderte Zurechnungsfähigkeit anzunehmen und die Strafe auf ein Jahr
Gefängnis herabzusetzen, erkannte am 19. Oktober 1949 in gleichem Sinne wie
die erste Instanz. Zur Begründung führte es aus, auch wenn die vom Psychiater
angenommene neurotische Veranlagung des Angeklagten tatsächlich bestehe,
handle es sich dabei doch nicht um einen Sachverhalt, der verminderte
Zurechnungsfähigkeit nach Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB begründe, sondern er sei lediglich nach
Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB zu berücksichtigen.
a. - w. führt gegen das Urteil des Obergerichtes Nichtigkeitsbeschwerde mit
dem Antrage, es sei aufzuheben und die Sache sei zur Ausfällung eines milderen
Urteils an das Obergericht zurückzuweisen. Unter Berufung auf das
psychiatrische Gutachten macht er geltend, das Gericht hätte Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB
anwenden Rollen

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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB verpflichtet den Richter, den Geisteszustand des
Beschuldigten durch einen oder mehrere Sachverständige untersuchen zu lassen,
wenn er an der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zweifelt. Wie der
Kassationshof schon wiederholt ausgeführt hat, bedeutet das aber nicht, dass
der Richter die Meinung des Sachverständigen unbesehen zu übernehmen habe. Der
Sachverständige hat den biologisch-psychologischen Tatbestand zu erläutern,
nicht Rechtsfragen zu entscheiden. Der Richter sodann würdigt das Gutachten in
tatsächlicher Hinsicht auf seine Beweiskraft hin und zieht aus den Tatsachen,
die er als bewiesen erachtet, die rechtlichen Schlussfolgerungen. Insbesondere
steht es ihm, nicht dem Sachverständigen zu, den festgestellten Tatbestand als
Verminderung der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zu würdigen oder zu
erklären, dass er die gesetzlichen Merkmale dieses Rechtsbegriffes nicht
erfülle. Dem Beschwerdeführer nützt es daher nichts, dass das psychiatrische
Gutachten die Anwendung von Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB für angezeigt erachtet.
2.- Der Beschwerdeführer meint, Homosexualität sei immer ererbt, so auch bei;
ihm. Für seine Erbanlage könne er aber nicht verantwortlich gemacht werden;
der Täter könne seine Neigung bekämpfen, nie aber ganz unterdrücken. Da er
unter dem Zwang dieser Anlage gehandelt habe, müsse Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB angewendet
werden.
Diese Überlegungen laufen darauf hinaus, jeden, der zur Befriedigung seiner
homosexuellen Lust eine strafbare Handlung begeht, als vermindert
zurechnungsfähig zu betrachten. Dass diese Auffassung falsch ist, hat der
Kassationshof schon in BGE 71 IV 193 ausgeführt. Das Gesetz verlangt vom
Homosexuellen grundsätzlich in gleicher Weise wie vom Heterosexuellen, dass er
seinem Triebe nicht freien Lauf lasse, insbesondere ihn nicht gegen Kinder
richte. Nur wer einer ungewöhnlichen Willensanstrengung

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bedarf, um seinen Geschlechtstrieb zu meistern, und deswegen in der Fähigkeit
zur Selbstbestimmung beeinträchtigt ist, erscheint als vermindert
zurechnungsfähig (BGE 71 IV 193).
Dass der Beschwerdeführer seinen Willen mehr hätte anstrengen müssen als ein
heterosexuell veranlagter Mensch, um seine Sinnenlust nicht an Kindern unter
sechzehn Jahren zu befriedigen, stellt weder der Gutachter noch das
Obergericht fest. Insbesondere ergibt sich das nicht aus dem Umstande, dass
der Beschwerdeführer seinen Geschlechtstrieb nicht seinen Wünschen
entsprechend durch Heirat hat befriedigen können, sondern sich mit
Gelegenheiten begnügt hat, « die mit geringerer affektiver Anstrengung zu
erreichen waren », und ihn in eine « sexualneurotische Geistesverfassung »
trieben. Damit ist bloss gesagt, dass er den Weg der geringsten affektiven
Anstrengung gegangen ist, um Befriedigung zu finden. Mag daraus auch
geschlossen werden, dass er einer ungewöhnlichen Willensanstrengung bedurft
hätte, um zu einer Heirat zu kommen, so heisst das doch keineswegs, dass er
seinen Willen auch ganz ungewöhnlich hätte anstrengen müssen, um seine Lust
nach Knaben zu meistern, selbst nachdem er in die « sexualneurotische
Geistesverfassung » geraten war. Das Gutachten gibt lediglich die Erklärung
dafür, warum der Beschwerdeführer den Willen zur Ehe nicht aufgebracht, nicht
auch dafür, warum er nicht wie andere unverheiratete Männer seinen
Geschlechtstrieb gemeistert oder auf erlaubte Weise befriedigt, sondern sich
an Knaben unter sechzehn Jahren vergangen hat.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.