S. 174 / Nr. 26 Verwaltungs- und Disziplinarrecht.(d)

BGE 75 I 174

26. Urteil vom 3. Juni 1948 i. S. Robusta A.-G. gegen
Wehrsteuer-Rekurskommission Basel-Stadt.

Regeste:
Wehrsteuer:
1. Wehrsteuerforderungen verjähren in fünf Jahren seit der Fälligkeit. Setzt
die Fälligkeit die Eröffnung wenigstens einer vorläufigen Einschätzung voraus?
2. Unterbrechung der Verjährung durch vorläufige Einschätzung.
Impôt pour la défense nationale:
1. Les créances résultant de l'assujettissement à l'impôt pour la défense
nationale se prescrivent par cinq ans à compter de leur échéance. La
notification tout au moins d'une taxation provisoire est-elle une condition de
l'échéance?
2. Interruption do la prescription par une taxation provisoire.
Imposta per la difesa nazionale:
1. I crediti derivanti dall'assoggettamento all'imposta per la difesa
nazionale si prescrivono in cinque anni a contare dalla loro scadenza. La
notifica almeno d'una tassazione provvisoria è una condizione della scadenza ~
2. Interruzione della prescrizione mediante una tassazione provviuna soria.

A. - Der Robusta A.-G. wurde am 15. Februar 1943
eine ihrer Wehrsteuererklärung entsprechende vorläufige

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Berechnung der für die erste Veranlagungsperiode geschuldeten Wehrsteuern
zugestellt. Die endgültige, auf einen höheren Betrag lautende Veranlagung
wurde ihr am 12. Januar 1948 eröffnet. Die Pflichtige machte geltend, die
Mehrforderung sei verjährt, da sie nicht binnen fünf Jahren seit den
allgemeinen Fälligkeitsterminen (1. Juli 1942 für das Steuerjahr 1941, 15.
November 1942 für das Steuerjahr 1942) erhoben worden sei. Die
Veranlagungsbehörde wies die Einsprache ab, weil die Zustellung der
vorläufigen Steuerberechnung eine Einforderungshandlung darstelle, welche die
Verjährung unterbrochen habe. Ihr Entscheid wurde von der kantonalen
Rekurskommission am 19. November 1948 bestätigt.
B. - Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Rekursentscheid hält die
Robusta A.-G. an ihrem Standpunkte fest. Sie führt aus, sie habe, nachdem sie
die durch die provisorische Einschätzung erhobene Steuerforderung im Jahre
1943 beglichen habe und nachdem sodann die Wehrsteuern für drei weitere
Perioden eingefordert und definitiv erledigt worden seien annehmen dürfen,
dass die Steuerbehörde auch jene provisorische Veranlagung « stillschweigend »
als definitiv anerkannt habe. Um eine die Verjährung unterbrechende
Einforderungshandlung auch in bezug auf den streitigen Differenzbetrag zu
sein, hätte die vorläufige Einschätzung zum mindesten die Tatbestände
bezeichnen müssen, auf welche sich die Mehrforderung bezieht. Das sei aber
nicht geschehen. Es wäre stossend, wenn sechs Jahre nach der Fälligkeit, in
einem Zeitpunkt, in welchem die Steuerpflichtige nicht mehr über alle
Unterlagen für eine Bestreitung verfügt habe, noch eine Nachforderung zulässig
gewesen wäre.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Wehrsteuerforderungen verjähren in fünf Jahren, von der Fälligkeit an
gerechnet (Art. 128 WStB). Die Fälligkeit ist in Art. 114 WStB geordnet. Es
sind allgemeine und besondere Fälligkeitstermine vorgesehen. Die

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allgemeinen Termine werden jeweilen vom eidgenössischen Finanzdepartement
bestimmt (Art. 114 Abs. 1). Sie werden den Wehrsteuerpflichtigen durch
öffentliche Bekanntmachung mitgeteilt (Art. 115 Abs. 1). Besondere Termine
gelten für den Fall, dass die Wehrsteuerpflicht erst nach dem allgemeinen
Termin entsteht; sie werden individuell von der Bezugsbehörde festgesetzt
(Art. 114 Abs. 2). Sodann tritt, ebenfalls individuell, die Fälligkeit von
Gesetzes wegen ein, wenn ein Steuerpflichtiger (oder sein Rechtsnachfolger)
das Land verlassen will oder in Konkurs fällt, oder wenn eine juristische
Person (oder eine Handelsgesellschaft ohne juristische Persönlichkeit)
aufgelöst wird (Art. 114 Abs. 3). Wo die Voraussetzungen für einen besonderen
Fälligkeitstermin nicht erfüllt sind und kein Verfall von Gesetzes wegen
eintritt, gilt der allgemeine Fälligkeitstermin gemäss Art. 114 Abs. 1.
Dass es für die Auslösung der Fälligkeit auch noch einer persönlichen
Zahlungsaufforderung (einer Steuerrechnung oder dergleichen) bedürfte, ist im
Gesetz nicht ausdrücklich gesagt (vgl. die abweichende Regelung in Art. 139
(135) Abs. 2 KrisAB). Es wird bestimmt, dass die Fälligkeit der Wehrsteuer
auch dann eintritt, wenn auf den allgemeinen Termin dem Pflichtigen lediglich
eine vorläufige Steuerberechnung auf Grund der Steuererklärung eröffnet oder
wenn gegen die Veranlagung Einsprache oder Beschwerde erhoben worden ist (Art.
114 Abs. 4 WStB). Aus dieser Vorschrift könnte geschlossen werden, dass die
Fälligkeit solange nicht eintrete, als dem Pflichtigen nicht wenigstens eine
provisorische Steuerrechnung zugestellt worden sei. Dafür könnte angeführt
werden, dass mit der Fälligkeit die Zahlungsfrist von 30 Tagen beginnt (Art.
116) und dass daher der Pflichtige eigentlich spätestens zu Beginn dieser
Frist wissen sollte, wieviel er zu zahlen hat. Diese Überlegung würde überdies
die Annahme nahelegen, es werde vorerst nur der in der provisorischen
Steuerrechnung (oder in der noch nicht rechtskräftigen Veranlagung) genannte
Betrag fällig. Das kann indessen aus Art. 114 Abs. 4

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nicht hergeleitet werden; es widerspricht schon dem Wortlaut der Bestimmung,
wonach vom Eintritt der Fälligkeit « der Wehrsteuer », also derjenigen Steuer
die Rede ist, die der Pflichtige nach Massgabe des Gesetzes schuldet (vgl.
Urteil vom 20. Dezember 1946 in Sachen D. betreffend WOB I, ASA 15, 422 f.).
Nach dieser Betrachtungsweise wäre im vorliegenden Fall die von der
Beschwerdeführerin für die erste Periode geschuldete Wehrsteuer nicht schon am
allgemeinen Fälligkeitstermin (1. Juli bezw. 15. November 1942), sondern erst
am 15. Februar 1943, mit der Zustellung der provisorischen Einschätzung,
fällig geworden. Die Verjährungsfrist wäre dann erst am 15. Februar 1948
abgelaufen, die endgültige Veranlagung am 12. Januar 1948 somit noch
rechtzeitig vorgenommen worden.
2.- Art. 114 Abs. 4 WStB könnte aber auch sehr wohl als Ausfluss des Gedankens
verstanden werden, dass es überhaupt nicht darauf ankommt, ob der
Steuerpflichtige am Fälligkeitstermin im Besitze einer Steuerrechnung ist
(vgl. das zitierte Urteil). Jene andere Deutung findet nicht nur keine
zuverlässige Grundlage in dieser Bestimmung; sie ist auch nur schwer mit dem
gesetzlichen System der Fälligkeit in Einklang zu bringen. Das Gesetz will die
Steuerpflichtigen möglichst gleichmässig belasten. Darum wird verlangt, dass
die nach Gesetz geschuldeten Steuerbeträge von allen Pflichtigen im nämlichen
Zeitpunkte entrichtet und dass zeitliche Verschiebungen in der Zahlung durch
entsprechende Verzinsung des Steuerbetrages ausgeglichen werden (Art. 114 Abs.
1 , Art. 116, 127 Abs. 2 WStB). Eine gewisse Ungleichheit würde aber auch
entstehen, wenn auf den Zeitpunkt der Zustellung einer Steuerrechnung
Rücksicht genommen, die Fälligkeit dann, wenn sich die Zustellung verzögert,
hinausgeschoben würde. Deshalb könnte daraus, dass das Gesetz nicht,
jedenfalls nicht ausdrücklich, auch für solche Fälle einen besonderen
Fälligkeitstermin vorsieht, gefolgert werden, dass für sie ebenfalls der
allgemeine Termin gilt. Normalerweise

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sollte freilich dem Pflichtigen bereits auf den allgemeinen Fälligkeitstermin
hin eine Steuerrechnung zugestellt werden. Aber auch wenn dies geschieht, wird
doch die Abrechnung in vielen Fällen noch nicht endgültig sein. Art. 114 Abs.
4 WStB lässt indes unbekümmert hierum unverzüglich die Fälligkeit der ganzen
Steuer eintreten. Analog könnte die Bestimmung auf den Fall angewendet werden,
wo der Pflichtige am allgemeinen Fälligkeitstermin überhaupt noch keine
Abrechnung besitzt.
Die Beschwerde vermag aber auch dann nicht durchzudringen, wenn dieser zweiten
Lösung der Vorzug gegeben wird:
3. ­ Nach Art. 128 WStB wird der Lauf der Verjährung durch jede
Einforderungshandlung unterbrochen. Als solche ist auch die Zustellung einer
vorläufigen Steuerberechnung auf Grund der Steuererklärung anzusehen. Sie soll
für den Fall, dass die Veranlagung bis zum vorgesehenen Termin nicht
vorgenommen werden kann, dennoch die rechtzeitige Begleichung der
Steuerforderung ermöglichen, wobei die Berichtigung durch die endgültige
Einschätzung vorbehalten bleibt (Art. 114 Abs. 4 am Ende). Sie hat also auch
den Zweck, den Abgabeanspruch gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen, die
Steuer von ihm einzufordern.
Hätte im vorliegenden Falle die Verjährungsfrist für die Wehrsteuer der ersten
Periode schon am 1. Juli bezw. 15. November 1942 begonnen, so wäre sie daher
jedenfalls durch die provisorische Einschätzung vom 15. Februar 1943
unterbrochen worden. Die neue fünfjährige Frist wäre somit am 15. Februar 1948
abgelaufen. Sie wäre eingehalten, da die endgültige Steuerrechnung vor diesem
Zeitpunkte zugestellt worden ist.
4.- Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin wäre die Verjährung nicht nur
für den in der Steuerrechnung vom 15. Februar 1943 genannten Betrag
unterbrochen worden. Durch die Eröffnung einer provisorischen Einschätzung
wird der ganze sich aus dem Gesetz ergebende

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Wehrsteueranspruch geltend gemacht. Das kommt unzweideutig darin zum Ausdruck,
dass die auf der Selbstschatzung des Pflichtigen beruhende Steuerberechnung
als provisorisch bezeichnet wird, unter dem Vorbehalt einer späteren
endgültigen Ausrechnung und Einforderung des nach Gesetz geschuldeten
Steuerbetrages vorgenommen wird. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass der
Wehrsteueranspruch für eine bestimmte Veranlagungsperiode eine Einheit bildet.
Aus diesem Grunde genügt jener Vorbehalt zur Unterbrechung der Verjährung der
ganzen Forderung. Weder braucht der genaue Betrag der Forderung angegeben zu
werden, noch ist die Bezeichnung der « Tatbestände » erforderlich, welche nach
Ansicht der Steuerverwaltung zu einer Mehrforderung Anlass geben könnten. Der
Gegenstand der Wehrsteuer ist von vornherein bekannt; er ist den Vorschriften
des Gesetzes zu entnehmen, wonach massgebend ist das in einer bestimmten
Periode erzielte Einkommen (Gewinn, Ertrag) und das am Stichtage vorhandene
Vermögen (Kapital). Daher braucht bei der Geltendmachung des
Wehrsteueranspruches für eine Periode nicht noch im einzelnen auf dessen
Gegenstand hingewiesen zu werden. Die Wehrsteuer unterscheidet sich in dieser
Beziehung grundlegend von der Stempelabgabe, welche bestimmte Tatbestände,
einzelne Vorgänge des Rechtsverkehrs erfasst (vgl. BGE 73 I 133).
Mit Recht weist die Vorinstanz auf die unhaltbaren Folgen der Auffassung der
Beschwerdeführerin hin. Wenn die Mitteilung der provisorischen Einschätzung
die Verjährung nur für den vorläufig errechneten Betrag unterbräche, wäre es
in der Tat leicht möglich, dass ein Steuerpflichtiger sich durch
unvollständige oder ungenaue Angabe seiner Steuerfaktoren und nachherige
Berufung auf die Verjährung der vollen Besteuerung entziehen könnte, so dass
ihm gegenüber derjenige, welcher eine gewissenhafte Steuererklärung abgegeben
hat und infolgedessen rasch und ohne Schwierigkeit richtig veranlagt werden
kann, im Nachteil wäre. Eine solche Begünstigung des

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Pflichtigen, welcher aus Nachlässigkeit oder gar vorsätzlich unrichtig
deklariert hat, kann aber nicht der Sinn des Gesetzes sein.
5. ­ Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass in der ihr am 15. Februar
1943 eröffneten Steuerberechnung die endgültige Veranlagung vorbehalten war.
Sie hat daher mit einer spätern Überprüfung ihrer Steuererklärung rechnen
müssen. Auf ihre im Jahre 1943 geleistete Zahlung kann sie sich nicht berufen;
denn sie hat sie erbracht auf Grund einer Abrechnung, welche ausdrücklich als
provisorisch bezeichnet war. Davon, dass die Steuerbehörde diese Abrechnung «
stillschweigend » als endgültig anerkannt habe, kann keine Rede sein. Sie war
nicht verpflichtet, jenen Vorbehalt innerhalb der Verjährungsfrist von Zeit zu
Zeit, etwa bei der Inangriffnahme der Veranlagungen für folgende Perioden, zu
erneuern.
Die Beschwerdeführerin kann auch nicht gehört werden mit der Einwendung, sie
habe sechs Jahre nach Eintritt der Fälligkeit nicht mehr über alle Unterlagen
für die Bestreitung der Mehrforderung der Steuerverwaltung verfügt. Nach
Erhalt der provisorischen Einschätzung war es ihre Sache, sich die Beweise für
ihren Standpunkt wenigstens für die Dauer der damit neu beginnenden
Verjährungsfrist zu sichern. Übrigens ist sie gesetzlich verpflichtet, ihre
Geschäftsbücher und- korrespondenzen während zehn Jahren aufzubewahren (Art.
962
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 962 - 1 Es müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach diesem Titel einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellen:
1    Es müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach diesem Titel einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellen:
1  Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt;
2  Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern;
3  Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind.
2    Es können zudem einen Abschluss nach einem anerkannten Standard verlangen:
1  Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten;
2  10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder;
3  Gesellschafter oder Mitglieder, die einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegen.
3    Die Pflicht zur Erstellung eines Abschlusses nach einem anerkannten Standard entfällt, wenn eine Konzernrechnung nach einem anerkannten Standard erstellt wird.
4    Das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan ist für die Wahl des anerkannten Standards zuständig, sofern die Statuten, der Gesellschaftsvertrag oder die Stiftungsurkunde keine anderslautenden Vorgaben enthalten oder das oberste Organ den anerkannten Standard nicht festlegt.
OR, Art. 325
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 325 - Wer vorsätzlich oder fahrlässig der gesetzlichen Pflicht, Geschäftsbücher ordnungsmässig zu führen, nicht nachkommt,
StGB).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.