S. 8 / Nr. 4 Strafgesetzbuch (d)

BGE 74 IV 8

4. Urteil des Kassationshofes vom 23. Januar 1948 i.S. Huber gegen Kuhn.

Regeste:
Art. 29 StGB. Im Verfahren, in welchem nach aargauischem Recht Ehrverletzungen
verfolgt werden, ist die Antragsfrist gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf beim
Bezirksgerichtspräsidenten die Klage und zugleich beim Friedensrichter das
Begehren um Abhaltung des Sühneversuches eingereicht wird.
Art. 29 CP. En cas d'atteinte à l'honneur, le lésé n'observe le délai de
plainte, dans la procédure argovienne, que si, avant son expiration, il ouvre
action devant le président du tribunal de district et, en outre, adresse au
juge de paix la requête en conciliation.
Art. 29 CP. In caso di delitto contro l'onore, il leso ossequia il termine di
querela nella procedura argoviese soltanto se prima della scadenza di esso,
promuove azione davanti ai presidente del tribunale distrettuale e presenta
inoltre sl giudice di pace la domanda procedere all esperimento di
conciliazione.

A. ­ Nach § 38 des aargauischen Zuchtpolizeigesetzes, in der durch § 16 EG zum
StGB abgeänderten Fassung, sind Anzeigen wegen Kreditschädigung (Art. 160
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 160 - 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.215

StGB) und Ehrverletzung (Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1    Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
2    Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
3    Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
4    Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
5    Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.
. StGB) «beim Gerichtspräsidenten
anzubringen und im Privatstrafverfahren zu erledigen»; sie «dürfen nur an die
Hand genommen werden, wenn sie von einem gültigen Ausweis über einen
erfolglosen amtlichen Sühneversuch begleitet sind». Zuständig für den
Sühneversuch ist der Friedensrichter des Begehungsortes; das Verfahren richtet
sich nach dem Gesetz über Aufstellung und Verfahren der Friedensrichter (§ 28
EG). § 29 EG bestimmt: «Das Tagfahrtsbegehren ist innerhalb von drei Monaten,
seitdem der Antragsberechtigte vom Täter Kenntnis erhalten hat (Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB),
beim zuständigen Friedensrichter und

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binnen zwei Monaten seit Zustellung des Weisungsscheines dem
Gerichtspräsidenten zuhanden des Bezirksgerichts einzureichen. ­ Bei
Nichteinhaltung dieser Fristen ist das Antragsrecht verwirkt..» Indessen hat
das Obergericht des Kantons Aargau mit Kreisschreiben an die Bezirksgerichte
vom 28. April 1944 (Vierteljahresschrift für aarg. Rechtsprechung 1944, S. 95)
unter Hinweis auf BGE 69 IV 195 ff. angeordnet, dass die Antragsfrist (Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.

StGB) nur gewahrt sei, wenn vor ihrem Ablauf die Klage mit dem Weisungsschein
beim Bezirksgerichtspräsidenten eingereicht werde.
B. ­ Am 31. Januar 1947 reichte Frau Huber beim Präsidenten des
Bezirksgerichts Baden gegen Frau Kuhn Strafklage ein, weil sich die Beklagte
am 1. November 1946 der Ehrverletzung oder Kreditschädigung schuldig gemacht
habe. Gleichzeitig stellte die Klägerin beim zuständigen Friedensrichter das
Begehren, den Sühneversuch abzuhalten. Dieser fand am 22. Februar 1947 statt;
er hatte keinen Erfolg. Die Klägerin liess deshalb dem
Bezirksgerichtspräsidenten am 3. März 1947 den Weisungsschein zugehen. Die ihr
hiefür mit der Androhung, dass bei Nichtbefolgen auf die Klage nicht
eingetreten würde, gesetzte Frist war dadurch gewahrt.
Das Bezirksgericht wies die Klage am 3. Juli 1947 «angebrachtermassen» ab. Auf
Beschwerde der Klägerin bestätigte das Obergericht am 10. Oktober 1947 diesen
Entscheid. Es führte gestützt auf den abgeänderten § 38 des
Zuchtpolizeigesetzes und das Kreisschreiben vom 28. April 1944 aus, die
dreimonatige Antragsfrist sei nicht gewahrt, da am letzten Tage (31. Januar
1947) wohl die Klage, nicht aber zugleich auch der Weisungsschein eingereicht
worden sei. Da jene Vorschrift zwingend sei, müsse der Richtet das Fehlen des
Weisungsscheins von Amtes wegen und in jeder Instanz berücksichtigen, auch
wenn der Gerichtspräsident den Mangel übersehen und der Beklagte keinen Antrag
auf Nichteintreten gestellt habe. Die Klage müsse nach der Praxis auch dann
von

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der Hand gewiesen werden, wenn der Weisungsschein nachträglich noch
beigebracht werde.
C. ­ Gegen diesen Entscheid führt die Klägerin Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
Antrage, ihn aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, die gegen das
Erkenntnis der ersten Instanz erhobene Beschwerde gutzuheissen. Es wird
geltend gemacht, das Obergericht verkenne das Wesen der Frist des Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.

StGB, indem es sie um die für das Sühneverfahren vor dem Friedensrichter
erforderliche Zeit verkürze.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Der Klägerin ist der Täter nach der Feststellung der Vorinstanz, die für den
Kassationshof verbindlich ist (Art. 277 bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
BStP), schon am 1. November 1946
bekannt geworden. Der Strafantrag war daher bis spätestens am 31. Januar 1947
zu stellen (Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
, 110 Ziff. 6
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB). Streitig ist, ob die Klägerin dadurch,
dass sie am letzten Tage die Klage und gleichzeitig das Sühnebegehren
eingereicht hat, die Frist gewahrt hat.
Die Willenserklärung des Verletzten, dass die Strafverfolgung stattfinden
solle, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes dann Strafantrag im
Sinne des Art. 28
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
StGB, wenn sie nach dem anwendbaren Prozessrecht die
Strafverfolgung in Gang bringt und das Verfahren ohne weitere Erklärung des
Antragstellers seinen Lauf nehmen lässt. Daher wird ein Sühnebegehren als
Strafantrag nur anerkannt, wenn die Strafverfolgung nach fruchtlosem Verlauf
des Sühneversuches von Amtes wegen fortzusetzen ist; findet die
Strafverfolgung im Zivilprozess statt, so gilt in der Regel die Klage als
Strafantrag, das Sühnebegehren nur, sofern es den Streit rechtshängig macht
(BGE 69 IV 198; 71 IV 66, 227). Nach diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten
ist, muss im aargauischen Recht als Strafantrag in Ehrverletzungssachen nicht
das Sühnebegehren, sonder die Klage beim Bezirksgerichtspräsidenten angesehen
werden, was nicht bestritten ist.

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Daher ist die kantonale Ordnung, wie sie im Kreisschreiben des Obergerichtes
vom 28. April 1944 Ausdruck findet, insoweit nicht zu beanstanden, als sie das
Antragsrecht für erloschen erklärt, wenn erst nach Ablauf der dreimonatigen
Frist des Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB Klage eingereicht wird.
Dagegen verträgt sich die weitere Vorschrift des Kreisschreibens, wonach die
Klage immer vom Weisungsschein begleitet sein muss, nicht mit Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB.
Sie läuft darauf hinaus, die dreimonatige Antragsfrist um die ganze Dauer des
Sühneverfahrens vor dem Friedensrichter zu verkürzen. Dieses Verfahren kann
recht lange dauern, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, wo der Sühneversuch
erst am 22. Februar 1947, rund drei Wochen nach dem Sühnebegehren, abgehalten
worden ist. Freilich soll gemäss §§ 17 ff. des Gesetzes über Aufstellung und
Verfahren der Friedensrichter der Sühneversuch nach Massgabe des Wohnortes der
Parteien binnen bestimmter kurzer Fristen oder doch so bald als möglich
stattfinden, es wäre denn, der Kläger würde einem Aufschub zustimmen ­ was er
im allgemeinen nicht täte, wenn der Verlust des Antragsrechtes drohte. Die
Verhandlung vor dem Friedensrichter kann aber auch aus andern Gründen
verzögert werden, etwa infolge Verhinderung des Friedensrichters (z. B. in den
Fällen des Ausstands oder der Ablehnung, §§ 12 ff. des gleichen Gesetzes) oder
infolge Nichterscheinens des Beklagten zur ersten Tagfahrt (§ § 30 ff.
daselbst). Auch kann es vorkommen, dass dem Kläger trotz seinem Verlangen
(vgl. § § 36, 52 des nämlichen Gesetzes) der Weisungsschein nicht sofort
ausgestellt wird. So kann von der Einreichung des Sühnebegehrens bis zur
Ausstellung des Weisungsscheins noch längere Zeit als im vorliegenden Falle
verstreichen. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass das Sühneverfahren
unter besonderen Umständen sogar mehr als drei Monate beanspruchen könnte, so
dass der Verlust des Antragsrechtes überhaupt nicht zu vermeiden wäre.
Jedenfalls wird der Verletzte in der Ausnützung der ihm in Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.


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StGB gewährleisteten dreimonatigen Frist in einer Weise eingeengt, die mit
dieser Bestimmung nicht vereinbar ist. Kraft Bundesrechts muss es genügen,
dass er mit der Klage zugleich das Sühnebegehren anhängig macht und dadurch
bereits in diesem Zeitpunkt vorkehrt, was notwendig ist, um zum Weisungsschein
zu gelangen, ohne den nach dem kantonalen Recht die Klage nicht zugelassen
wird. Eine solche Lösung ist denn in BGE 71 IV 67 f. auch vorbehalten worden.
Das Bezirksgericht wird dann das Verfahren aussetzen, bis der Sühneversuch
stattgefunden hat. Führt er zum Erfolg, so fällt die Klage dahin; andernfalls
nimmt der Prozess vor dem Bezirksgericht seinen Fortgang. Auf diese Weise kann
das Sühneverfahren nach wie vor seinen Zweck erreichen. Der Unzukömmlichkeit,
dass der Verletzte die Einreichung des Weisungsscheins ohne zureichenden Grund
hinausschieben könnte, ist leicht zu begegnen, etwa durch Ansetzen einer Frist
mit der Androhung von Versäumnisfolgen (vgl. § 29 EG), wie es im vorliegenden
Falle geschehen ist. Das Bundesrecht schliesst dies nicht aus.
Diesen Anforderungen hat die Klägerin genügt; denn sie hat am letzten Tage der
Antragsfrist die Klage und zugleich das Sühnebegehren eingereicht und später
rechtzeitig auch den Weisungsschein beigebracht. Ihrer Klage ist somit Folge
zu geben.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen.