S. 124 / Nr. 32 Verfahren (d)

BGE 74 IV 124

32. Entscheid der Anklagekammer vom 4. Juni 1948 i. S. Held gegen
Staatsanwaltschaften der Kantone Bern, Graubünden und Basel-Stadt.

Regeste:
Art. 262 /263 BStP. Die Zuständigkeit kann im interkantonalen Verhältnis nicht
bloss durch Spruch der Anklagekammer, sondern auch durch Verständigung unter
den Kantonen anders als gemäss den Regeln des StGB bestimmt werden. Die
Anklagekammer kann solche Vereinbarungen nur auf Ermessensüberschreitung
prüfen.
Art. 262 et 263 PPF. En cas de conflit de for, il est loisible aux cantons
intéressés de régler de concert la compétence, en dérogeant aux règles du CP.
La Chambre d'accusation se borne à examiner s'ils ont abusé de leur pouvoir
d'appréciation.
Art. 262 e 263 PPF. Se esiste contestazione sul foro, i cantoni interessati
possono regolare di comune accordo la competenza derogando alle regole del CP.
La Camera d'accusa si limita a esaminare se essi hanno abusato del loro potere
discrezionale.

Dem Gesuchsteller werden folgende Strafhandlungen vorgeworfen:
a) vier Betrügereien, ein Betrugsversuch, eine Zechprellerei und eine
Veruntreuung, begangen im Kanton Bern, mit einem Deliktsbetrage von insgesamt
Fr. 460­,

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b) eine einfache Körperverletzung, begangen im Kanton Basel-Stadt,
c) ein Einbruchdiebstahl, begangen im Kanton Graubünden durch Einschlagen
eines Schaufensters und Aneignung von sechs Uhren im Werte von zusammen Fr.
874.­.
Die drei beteiligten Kantone haben sich dahin geeinigt, dass die
Strafverfolgung für sämtliche Delikte im Kanton Bern durchzuführen sei.
Mit seiner Eingabe an die Anklagekammer des Bundesgerichtes vom 15. Mai 1948
beantragt der Gesuchsteller demgegenüber, es seien die Behörden des Kantons
Graubünden als zuständig zu erklären.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden beantragt Abweisung des
Gesuches.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1. ­ Da der Gesuchsteller seinen Antrag nur damit begründet, dass er im Kanton
Bern keine strafbaren Handlungen begangen habe, während für die Bestimmung des
Gerichtsstandes einzig massgebend ist, welche strafbaren Handlungen ihm
vorgeworfen werden, ist fraglich, ob auf sein Gesuch überhaupt einzutreten
sei. Diese Frage kann jedoch offen bleiben; denn das Gesuch ist auf jeden Fall
sachlich unbegründet.
2. ­ Würde es sich bei den im Kanton Bern begangenen Betrügereien um
gewerbsmässigen Betrug handeln, so wäre die Zuständigkeit der bernischen
Behörden auf Grund von Art. 148 Abs. 2
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 148 - 1 Quiconque, quoique insolvable ou non disposé à s'acquitter de son dû, obtient des prestations de nature patrimoniale en utilisant une carte-chèque, une carte de crédit ou tout moyen de paiement analogue et porte ainsi atteinte aux intérêts pécuniaires de l'organisme d'émission qui le lui a délivré est, pour autant que l'organisme d'émission et l'entreprise contractuelle aient pris les mesures que l'on pouvait attendre d'eux pour éviter l'abus de la carte, puni d'une peine privative de liberté de cinq ans au plus ou d'une peine pécuniaire.
1    Quiconque, quoique insolvable ou non disposé à s'acquitter de son dû, obtient des prestations de nature patrimoniale en utilisant une carte-chèque, une carte de crédit ou tout moyen de paiement analogue et porte ainsi atteinte aux intérêts pécuniaires de l'organisme d'émission qui le lui a délivré est, pour autant que l'organisme d'émission et l'entreprise contractuelle aient pris les mesures que l'on pouvait attendre d'eux pour éviter l'abus de la carte, puni d'une peine privative de liberté de cinq ans au plus ou d'une peine pécuniaire.
2    Si l'auteur fait métier de tels actes, il est puni d'une peine privative de liberté de six mois à dix ans.
und 350 Ziff. 1
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 350 - 1 L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
1    L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
2    Il lui appartient de procéder à des échanges d'informations entre les autorités fédérales et cantonales de poursuite pénale d'une part et les bureaux centraux nationaux d'autres États et le Secrétariat général d'INTERPOL d'autre part.
Abs. 1
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 350 - 1 L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
1    L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
2    Il lui appartient de procéder à des échanges d'informations entre les autorités fédérales et cantonales de poursuite pénale d'une part et les bureaux centraux nationaux d'autres États et le Secrétariat général d'INTERPOL d'autre part.
StGB ohne
weiteres gegeben. Will man dagegen die Gewerbsmässigkeit mit dem
Untersuchungsrichter von Biel von vornherein verneinen, so ist die mit der
schwersten Strafe bedrohte Tat der in Chur begangene Einbruchsdiebstahl (Art.
137 Ziff. 2 letzter Absatz). In diesem Falle liegt die gesetzliche
Zuständigkeit nach Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1 bei den Behörden des Kantons
Graubünden. Das konnte jedoch die beteiligten Kantone nicht hindern, sich auf
den bernischen Gerichtsstand zu einigen. Die

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interkantonale Zuständigkeit in Strafsachen kann nämlich nicht bloss durch
Spruch der Anklagekammer (Art. 262 / 263 BStP), sondern auch durch Vereinbarung
unter den Kantonen (vgl. BGE 69 IV 39) anders als gemäss den Regeln des StGB
bestimmt werden, wenn die strikte Anwendung dieser Regeln ihrem Zweck
zuwiderliefe, der darin besteht, eine richtige und rasche Anwendung des
materiellen Strafrechts zu ermöglichen. Der Entscheid darüber, wann diese
Voraussetzung für ein Abweichen von der gesetzlichen Gerichtsstandsregelung im
einzelnen Falle erfüllt sei, ist naturgemäss weitgehend Ermessenssache.
Bleiben die Kantone bei ihren Vereinbarungen im Rahmen des Ermessens, das
ihnen hienach zuerkannt werden muss, so kann die Anklagekammer in die
Gerichtsstandsfrage nicht eingreifen. Der Beschuldigte und die andern zur
Anrufung der Anklagekammer legitimierten Parteien können den Gerichtsstand,
den die beteiligten Kantone in Abweichung vom StGB vereinbart haben, nur dann
mit Erfolg bestreiten, wenn eine Ermessensüberschreitung und damit eine
Rechtsverletzung vorliegt. Der Anklagekammer kommt in dieser Hinsicht keine
andere Stellung als dem Kassationshofe zu, der mit der Nichtigkeitsbeschwerde
ebenfalls nur wegen Rechtsverletzung angerufen werden kann (Art. 269 Abs. 1
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 350 - 1 L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
1    L'Office fédéral de la police assume les tâches d'un bureau central national au sens des statuts de l'Organisation internationale de police criminelle (INTERPOL).
2    Il lui appartient de procéder à des échanges d'informations entre les autorités fédérales et cantonales de poursuite pénale d'une part et les bureaux centraux nationaux d'autres États et le Secrétariat général d'INTERPOL d'autre part.

BStP). Es liegt im Interesse einer rasch und richtig funktionierenden
Strafrechtspflege, dass über interkantonale Verständigungen in
Gerichtsstandssachen nicht ohne Not hinweggeschritten wird. Im vorliegenden
Falle konnten die in Frage stehenden Kantone angesichts der Zahl und der
Bedeutung der im Kanton Bern begangenen Straftaten ohne
Ermessensüberschreitung annehmen, die Verlegung des Gerichtsstandes in diesen
Kanton werde dadurch gerechtfertigt, dass dort ausgesprochenermassen das
Schwergewicht der strafbaren Tätigkeit des Gesuchstellers liege.
Demnach erkennt die Anklagekammer: Das Gesuch wird abgewiesen.