S. 65 / Nr. 18 Strafgesetzbuch (d)

BGE 73 IV 65

18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Juni 1947 i.S. Herzog
gegen Künzi.


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Regeste:
1. Art. 27 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB. Wer ist «Einsender» im Sinne dieser Bestimmung?
2. Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
, 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
und 27
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB. Sind die Vorschriften über die Teilnahme auf die
durch das Mittel der Druckerpresse begangenen strafbaren Handlungen anwendbar?
1. Art. 27, ch. 4 CP. Que faut-il entendre par «la personne qui a envoyé une
insertion»?
2. Art. 21, 25 et 27 CP. Les dispositions sur la participation
s'appliquent-elles aux infractions commises par la voie de la presse?
1. Art. 27, cifra 1, CP. Chi è «colui che ha trasmesso un'inserzione» ai sensi
di questo disposto?
2. Art. 21, 25 e 27 CP. Le norme sulla partecipazione sono applicabili ai
reati commessi col mezzo della stampa?

Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte Paul Künzi wegen Betruges zu 6
Monaten Gefängnis. Rechtsanwalt Leopold Herzog verfasste für Anton Brügger,
der im Strafverfahren als Privatkläger aufgetreten war, einen Bericht über das
Urteil, den dieser mit wenigen Abänderungen im Anzeigeteil der Luzerner
Neuesten Nachrichten veröffentlichte. Da der Artikel verschiedene unrichtige
und für Paul Künzi ehrverletzende Angaben enthielt, verurteilte das
Kriminalgericht des Kantons Luzern Anton Brügger wegen übler Nachrede zu Fr.
50.­ und Leopold Herzog wegen Gehülfenschaft hiezu zu Fr. 20.­ Busse. Das
Obergericht des Kantons Luzern hiess diesen Entscheid am 22. März 1947 gut.
Leopold Herzog ersuchte den Kassationshof mit Nichtigkeitsbeschwerde, das
Urteil des Obergerichtes, soweit es ihn betreffe, aufzuheben und ihn
freizusprechen. Zur

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Begründung machte er u.a. geltend, dass Anton Brügger gemäss Art. 27 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
. 4
StGB allein verantwortlicher Einsender sei.
Aus den Erwägungen:
In rechtlicher Beziehung vertritt der Beschwerdeführer in erster Linie die
Auffassung, dass die Einsendung im Anzeigeteil der Luzerner Neuesten
Nachrichten strafrechtlich nur von Anton Brügger zu verantworten sei. Dies
trifft zu, wenn der Beschwerdeführer weder als Täter noch als Gehilfe in
Betracht kommt.
Als Täter bezw. Mittäter ist der Beschwerdeführer strafbar, wenn er
«Einsender», ist (Art. 27 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB). Unter einem Einsender kann in diesem
Zusammenhange Verschiedenes verstanden werden. HAFTER (Schweiz. Strafrecht,
Allgemeiner Teil S. 504) setzt Einsender = Verfasser. Für diese Auslegung
spricht vor allem die Erwägung, dass andernfalls bei Inseraten überhaupt nicht
auf den Verfasser gegriffen werden könnte, denn Art. 27 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB führt ihn
auch nicht unter den subsidiär Verantwortlichen auf. Die Verwendung des
Ausdruckes Einsender statt Verfasser liesse sich damit erklären, dass man bei
Inseraten gewöhnlich nicht von verfassen, sondern von aufsetzen spricht, das
Hauptwort «Aufsetzer» aber nicht gebräuchlich ist. Wollte man Art. 27 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.

StGB in diesem Sinne deuten, so hätte der Beschwerdeführer, von dem die
Einsendung in der Hauptsache stammt, als Mittäter behandelt werden müssen. Der
Kassationshof hat in einem Urteil vom 1. März 1946 i. S. Herzog & Kons.
denjenigen als Einsender bezeichnet, der der Zeitung den Text des Inserates
zur Veröffentlichung übermittle. Eher noch besser vertreten liesse sich die
Ansicht, Einsender sei der Auftraggeber, der das Inserat bezahle. Nach diesen
beiden Auslegungen, die gegenüber der Lösung von Hafter den Vorteil haben,
dass der Übermittler des Inserates oder Auftraggeber nicht straffrei ausgeht,
könnte der Beschwerdeführer. wenn er sich darauf beschränkte. die Einsendung

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abzufassen, nicht als Mittäter gefasst werden. Die Frage, welches der wahre
Sinn des Art. 27 Ziff. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB sei, braucht im vorliegenden Falle indessen
nicht entschieden zu werden, weil der Beschwerdeführer, wenn nicht als
Mittäter, so doch zum mindesten als Gehilfe bestraft werden muss.
Art. 27
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB ordnet, wie der Randtitel anzeigt, die Verantwortlichkeit «der
Presse», d.h. der bei der Herstellung und Verbreitung einer Druckschrift
tätigen Personen, wie Verleger, Redaktoren, Leiter des Anzeigeteiles, Drucker,
Verträger, Ablagehalter usw. Er lässt den Verleger, Redaktor, Leiter des
Anzeigeteiles und Drucker im allgemeinen nur subsidiär für eine
Veröffentlichung einstehen, wenn der Verfasser oder Einsender nicht ermittelt
werden kann, und schliesst alle andern, die im Druckereigewerbe tätig sind
oder sich mit dem Vertrieb des Presseerzeugnisses befassen, überhaupt von
einer Bestrafung aus. Diese Sonderregelung geht den allgemeinen Bestimmungen
des StGB vor, sodass in ihrem Bereiche die Art. 24 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
. StGB keine Anwendung
finden. Weitergehende Bedeutung kommt dem Sonderrecht der Presse trotz des
verfänglichen Wortlautes von Art. 27
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
StGB aber nicht zu. Insbesondere bleiben,
soweit nicht der Verlag, Druck und Vertrieb des Presseerzeugnisses als solches
in Frage steht, die allgemeinen Vorschriften des StGB über die Teilnahme
vorbehalten. Strafbar ist daher auch, wer den Verfasser oder Einsender
anstiftet oder ihm Hülfe leistet. Weshalb Anstiftung und Gehülfenschaft bei
einem Pressedelikt auch insoweit auszunehmen wäre, als sie nicht die
Verantwortlichkeit «der Presse» berührt, ist nicht einzusehen. In diesem Sinne
hatte das Bundesgericht schon für das zürcherische Strafgesetzbuch erkannt,
das für die durch die Druckerpresse verübten Vergehen ebenfalls die
stufenweise Verantwortlichkeit vorsah (BGE 2, 38). Von der gleichen Auffassung
ist die Anklagekammer des Bundesgerichtes in einem Entscheid vom 27. Januar
1947 i.S. Gut ausgegangen. Sie wird mit Nachdruck auch von

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HAFTER verfochten (Schweiz. Strafrecht, Allgemeiner Teil S. 500). LOGOZ (Komm.
S. 115 N 4), der auf das Urteil in BGE 2, 38 verweist, ist gleicher Ansicht.
GERMANN (Das Verbrechen im neuen Strafrecht S. 204 N. 3 Abs. 2) erklärt, die
Art. 24 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
. StGB seien «auf Redaktoren, Verleger und Drucker usw.» nicht
anwendbar, womit wohl stillschweigend anerkannt ist, dass es strafbar ist,
Personen, die sich nicht mit der Herstellung und Verbreitung der Druckschrift
beschäftigen, zu ihrem strafbaren Verhalten anzustiften oder ihnen dazu Hülfe
zu leisten. Der Beschwerdeführer, der Anton Brügger das Inserat aufsetzte, hat
sich daher, wenn nicht als Mittäter, so doch ohne Zweifel zum mindesten als
Gehilfe zu der gegenüber Paul Künzi begangenen üblen Nachrede zu verantworten.