S. 107 / Nr. 33 Strafgesetzbuch (d)

BGE 72 IV 107

33. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. September 1946 i.S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen gegen Landert.

Regeste:
Art. 119 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB, gewerbsmässige Abtreibung.
Gewerbsmässigkeit erfordert nicht, dass die Absicht, sich durch das Verbrechen
Einnahmen zu verschaffen, der einzige oder vorherrschende Beweggrund sei.
Art. 119 ch. 3 CP. Faire métier de l'avortement.
Faire métier d'une infraction ne suppose pas que l'intention de se procurer
par là des ressources soit pour l'auteur le mobile exclusif ou prépondérant.

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Art. 119, cifra 3 CP. Fare mestiere delle pratiche abortive.
Fare mestiere d'un reato non presuppone che l'intenzione di procurarsi in tale
modo dogli introiti sia per l'autore il motivo esclusivo o preponderante.

A. ­ Emma Landert nahm von 1934 bis zu ihrer am 8. August 1944 erfolgten
Verhaftung in 45 Fällen an schwangeren oder vermeintlich schwangeren Personen
Eingriffe vor, die auf Abtreibung der Leibesfrucht gerichtet waren und in
einem Teil der Fälle Erfolg hatten. Sie liess sich vorwiegend vom Wunsch
bewegen, den Frauen, die bei ihr Hilfe suchten, aus der Not zu helfen. Sie
griff stets ein, ohne vorher über eine Entschädigung zu sprechen. In dreizehn
Fällen erhielt sie keine solche. Einige Male wies sie das Geld ganz oder
teilweise zurück, als man sie nach Begehung der Tat entschädigen wollte.
Sechsmal nahm sie Fr. 5.­, fünfmal Fr. 10.­, zweimal Fr. 15.­, sechsmal Fr.
20.­, zweimal Fr. 25.­, sechsmal Fr. 30.­, zweimal Fr. 40.­, einmal Fr.
45.­und zweimal Fr. 50.­ an.
B. ­ Am 28. Januar 1946 erklärte das Kantonsgericht von Schaffhausen Emma
Landert in einundzwanzig Fällen der vollendeten und in sieben Fällen der
versuchten Abtreibung schuldig und verurteilte sie in Anwendung von Art. 119
Ziff 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB zu drei Jahren Zuchthaus und fünfjähriger Einstellung in der
bürgerlichen Ehrenfähigkeit. In Gutheissung der Berufung der Verurteilten
verneinte das Obergericht durch Urteil vom 31. Mai 1946 die Gewerbsmässigkeit
der begangenen Verbrechen, weil bei der Angeklagten das Hilfsmoment als
Beweggrund im Vordergrund gestanden habe, die Entgegennahme einer
Entschädigung nach der Tat noch nicht den Schluss zulasse, der Täter habe nur
in Erwartung einer Entschädigung gehandelt, und die Angeklagte angesichts der
bescheidenen Einnahmen, des Zeitaufwandes, der Auslagen für Reisen nach
auswärts sowie für Anschaffung der Abtreibungsinstrumente auf die Dauer
praktisch wohl überhaupt keinen Gewinn habe erzielen können.

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Das Obergericht setzte die Zuchthausstrafe auf zweieinhalb Jahre herab.
C. ­ Der Staatsanwalt des Kantons Schaffhausen führt Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur
neuen Beurteilung unter Annahme von Gewerbsmässigkeit im Sinne des Art. 119
Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. ­ ......
2. ­ Gewerbsmässig handelt nach der Rechtsprechung des Kassationshofes, wer
die Tat in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, wiederholt
begeht (BGE 70 IV 17, 135; 71 IV 115). In der vorliegenden Sache ist nicht die
Vielheit der Begehung, sondern bloss die Erwerbsabsicht streitig. Das
Obergericht hält sie für nicht gegeben, weil der Wille, den Schwangeren zu
helfen, als Beweggrund im Vordergrund gestanden habe. Allein dieses soziale
Empfinden schliesst den Willen der Täterin, die Abtreibungen gleichzeitig zur
Erwerbsquelle zu machen, nicht aus, wie denn auch die Vorinstanz in ihm bloss
die hauptsächliche, nicht die ausschliessliche Triebfeder erblickt.
Tatsächlich hat die Nächstenliebe die Beschwerdegegnerin nicht gehindert, sich
in der Mehrzahl der Fälle bezahlen zu lassen. Dass hin und wieder ein Honorar
ausblieb oder von der Beschwerdegegnerin ganz oder teilweise zurückgewiesen
wurde, ist unerheblich, denn die übrigen Fälle bilden eine genügende Vielheit
von Abtreibungen und Abtreibungsversuchen, um das gesamte Verhalten als ein
von den Merkmalen der Gewerbsmässigkeit gekennzeichnetes Kollektivverbrechen
erscheinen zu lassen, in dem auch die wenigen unentgeltlichen Fälle aufgehen
(BGE 71 IV 237). Wohl hat die Beschwerdegegnerin die Eingriffe nie von der
Zusicherung einer Entschädigung abhängig gemacht. Allein tatsächlich hat sie
ihre Taten durch die nachherige Annahme der

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Honorare doch zur Erwerbsquelle werden lassen und damit gezeigt, dass es ihr
recht war, wenn nicht jedesmal, so doch in einem Teil der Fälle entschädigt zu
werden. Sie hat mit der Entschädigung zum vornherein gerechnet. Dass die
Absicht, sich durch das Verbrechen Einnahmen zu verschaffen, der einzige oder
zum mindesten vorherrschende Beweggrund sei, ist nicht nötig. Gewerbsmässig
handelt der Täter schon dann, wenn er sich von ihr bloss teilweise bestimmen
lässt, denn damit zeigt er das, was das Gesetz als Grund zur schärferen
Bestrafung betrachtet: die dem Gewerbebetrieb eigene Bereitschaft, um des
Verdienstes willen gegenüber unbestimmt vielen zu handeln (BGE 71 IV 115). Hat
auch die Beschwerdegegnerin ihre Hemmungen vorwiegend aus sozialen Erwägungen
ein für allemal aufgegeben, so hat sie sich doch auch durch die Aussicht auf
Verdienst leiten lassen. Dass dieser gering war, spielt für die Frage der
Gewerbsmässigkeit. keine Rolle.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Schaffhausen vom 31. Mai 1946 aufgehoben und die Sache zur
Verurteilung der Emma Landert wegen vollendeter und versuchter gewerbsmässiger
Abtreibung an die Vorinstanz zurückgewiesen.