S. 421 / Nr. 64 Obligationenrecht (d)

BGE 72 II 421

64. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. November 1946 i. S.
Grabemann gegen Genossenschaft Aspis.


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Regeste:
Mäklervertrag, Art. 412 f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 412 - 1 Durch den Mäklervertrag erhält der Mäkler den Auftrag, gegen eine Vergütung, Gelegenheit zum Abschlusse eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln.
1    Durch den Mäklervertrag erhält der Mäkler den Auftrag, gegen eine Vergütung, Gelegenheit zum Abschlusse eines Vertrages nachzuweisen oder den Abschluss eines Vertrages zu vermitteln.
2    Der Mäklervertrag steht im Allgemeinen unter den Vorschriften über den einfachen Auftrag.
. OR.
Provisionsanspruch mehrerer unabhängig voneinander beauftragter
Vermittlungsmäkler, auf deren Zusammenwirken der Vertragsschluss
zurückzuführen ist.
Courtage, art. 412 sv. CO.
Droit au salaire de plusieurs courtiers, commis indépendamment l'un de
l'autre, et au concours desquels est due la conclusion du contrat.
Contratto di mediazione, art. 412 e seg CO.
Diritto di più mediatori alla mercede, che sono stati incaricati in modo
indipendente e al cui concorso è dovuta la conclusione del contratto.

3. ­ Unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 61 II
81
, 62 II 344) hat die Vorinstanz entschieden, dass der Kläger, dessen
Vermittlungstätigkeit nur im Verein mit derjenigen Etters zum Erfolg geführt
hat, nicht die volle Provision beanspruchen könne, sondern nur einen seinem
Anteil am Zustandekommen des Geschäftes entsprechenden Teilbetrag. Mit seiner
Berufung verlangt der Kläger die Zusprechung der vollen vereinbarten
Provision. Er kann sich dabei auf die Literatur berufen (vgl.
OSER-SCHÖNENBERGER, OR Art. 413 N. 30, Art. 417 N. 5; BECKER, OR Art. 412 N.
25, REICHEL, Mäklerprovision S. 1 84; STAUDINGER 9. Aufl. Vorbem. 9 vor §§ 652
ff.; PLANCK, Schuldverhältnisse, Vorbem. V 4 a S. 1123; ENNECCERUS,
Schuldverhältnisse, § 155 II 2 S. 558). Diese steht in der Tat auf dem Boden,
dass dort, wo der Vertrag auf das Zusammenwirken mehrerer unabhängig
voneinander beauftragter Mäkler zurückzuführen ist, jeder von ihnen auf die
volle Provision Anspruch erheben könne. Dies deshalb, weil jeder von ihnen
massgeblich am Erfolg teilhabe, für dessen Erreichung die volle Provision
zugesichert worden sei. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet
werden, wie das Bundesgericht schon in den von der Vorinstanz herangezogenen
Entscheiden erklärt hat Zwar kommt es beim

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Mäklervertrag wesentlich auf den Erfolg an und sind Mass und Umfang der
Tätigkeit des Mäklers, sofern wenigstens durch sie ein für die
Abschlussbereitschaft des Dritten mitbestimmendes Motiv gesetzt wurde, für die
Bemessung seines Lohnes nicht ausschlaggebend. Deshalb hat der Mäkler denn
auch selbst dann Anspruch auf den ungeschmälerten Lohn, wenn der Auftraggeber
die von jenem in Gang gebrachten Unterhandlungen selber in die Hand nimmt und
es erst ihm gelingt, den Vertrag auf der Basis der vom Mäkler angeknüpften
Beziehungen zum Abschluss zu bringen. Daraus folgt aber nicht
notwendigerweise, dass dort, wo die schliessliche Herbeiführung des
angestrebten Erfolges nicht den zusätzlichen Bemühungen des Auftraggebers
selber zu verdanken ist, sondern dem Eingreifen weiterer, ebenfalls vom
Verkäufer beauftragter Mäkler, jeder von diesen Anspruch auf den vollen
Mäklerlohn habe. Diese Lösung ist vielmehr als unbillig abzulehnen, weil sie
zu einer übermässigen Belastung des Auftraggebers führen würde. Es
rechtfertigt sich daher, bei der Mitwirkung mehrerer Mäkler die Bedeutung
ihrer Tätigkeit innerhalb der zum Erfolg führenden Zusammenhänge gegenseitig
abzuwägen und jedem von ihnen nach Massgabe seines Anteils am Erfolg einen
entsprechenden Anteil an dem vom Auftraggeber nur einmal zu entrichtenden
Mäklerlohn zukommen zu lassen. Eine unbillige Härte gegenüber dem Mäkler liegt
hierin nicht. Er muss damit rechnen, dass neben ihm noch andere Mäkler tätig
sind; denn im Liegenschaftenhandel beauftragt der Verkäufer regelmässig oder
doch sehr oft mehrere Mäkler unabhängig voneinander. Will sich der Mäkler den
ganzen Erfolg allein sichern, so kann er dies dadurch erreichen, dass er die
Aufnahme einer Ausschlussklausel in den Vertrag verlangt.
Dem Umstand, ob die Aufträge an die verschiedenen Mäkler gleichzeitig oder
zeitlich gestaffelt erfolgen, kann bei dieser Betrachtungsweise keine
Bedeutung zukommen. An dem in den BGE 61 II 84 und 62 II 344 für den Fall
gleichzeitiger Beauftragung mehrerer Mäkler ­ der

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damals nicht zur Entscheidung stand ­ gemachten Vorbehalt kann daher nicht
festgehalten werden. Damit entfällt der vom Kläger erhobene Einwand, die in
den erwähnten Entscheiden vorgenommene Teilung des Mäklerlohnes komme nur in:E
rage bei zeitlich auseinanderfallender Beauftragung mehrerer Mäkler, und
mangels einer Behauptung der Beklagten in dieser Hinsicht bedeute die Annahme
der Vorinstanz, die Aufträge seien zeitlich gestaffelt erfolgt, einen Verstoss
gegen die in Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
ZGB aufgestellten Vorschriften über die Beweislast.
Vgl. auch Nr. 66. ­ Voir aussi no 66.