S. 209 / Nr. 35 Motorfahrzeugverkehr (d)

BGE 72 II 209

35. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. März 1946 i. S. Hodel
gegen Kneubübler.


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Regeste:
Strassenverkehr. Verkehrsregeln für «Fahrzeuge mit Tierbespannung»: Darunter
fallen alle für Tierbespannung bestimmten und gebauten Fahrzeuge, auch wenn
die Zugtiere gerade nicht eingespannt sind. (Art. 33, 19 MFG; Art. 72 , 74 (49,
59) MFV).
Circulation routière. Règles de circulation pour les véhicules à traction
animale: Ceux-ci comprennent tous les véhicules construits pour être tirés par
des animaux, même si des animaux n'y sont pas attelés (art. 33, 19 LA; art.
72, 74 (49, 59) règl. LA).
Circolazione stradale. Regole di circolazione per i veicoli a trazione
animale, i quali comprendono tutti i veicoli costrutti per essere tirati da
animali, anche se gli animali non sono attaccati ai veicoli (art. 33, 19 LCAV;
art. 72, 74 (49, 59) della relativa ordinanza d'esecuzione).

A. - Am Spätnachmittag des 8. April 1943 liess der Landwirt Kneubühler in
Gettnau zwei mit Stangenholz beladene Wagen aus seinem Walde durch seinen
Nachbarn Wey mit dessen Pferden nach Hause führen. Als Wey mit der Fuhre im
Dorfe ca. um 17.30 Uhr auf der Höhe des rechts der Kantonsstrasse gelegenen
Heimwesens Kneubühler angekommen war, hängte er den hintern Wagen ab und fuhr
mit dem vordern zur Scheune. Der hintere Wagen blieb vorläufig unbespannt am
linken Rande der dort 5,5 m breiten, fast gerade verlaufenden Strasse stehen.
Die längsten Stangen überragten das hintere Wagenende nach Annahme der
Vorinstanz um etwa 2 m, nach Aussage zweier Zeugen dagegen um 3 bezw. 3-4 m.
Es herrschte lebhaftes Schneetreiben.
In dieser Situation kamen zwei Radfahrer nebeneinander, rechts J. Birrer,
links J. Hodel, ebenfalls aus Richtung Willisau angefahren. Im Momente, wo
Birrer seinem Begleiter eine Warnung wegen des dastehenden Holzwagens

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zurief, fuhr Hodel in eine vorstehende Stange hinein und zog sich eine schwere
Bauchverletzung zu.
B. - In der Folge belangte Hodel den Kneubühler auf Bezahlung von Fr. 13,139.­
nebst 5% Zins seit dem Unfalltage. Das Amtsgericht Willisau hiess die Klage
grundsätzlich gut, bezifferte den Schaden auf Fr. 5559.­, machte jedoch wegen
Selbstverschuldens des Klägers einen Abzug von ¾ und sprach ihm daher Fr.
1389.75 zu.
In Gutheissung der Appellation des Beklagten hat das Obergericht des Kantons
Luzern die Klage gänzlich abgewiesen.
Mit der vorliegenden Berufung hält Hodel an seiner Klage in der Höhe von Fr.
7418.­, eventuell einer nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Summe,
nebst Zins fest; eventuell verlangt er Rückweisung zur Festsetzung des
Schadens an die Vorinstanz.
Für die rechtliche Begründung seines Schadenersatzbegehrens beruft sich der
Kläger auf Art. 41 ff
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
. OR, auf verschiedene Bestimmungen des MFG und der MFV
sowie auf strassenpolizeiliche Vorschriften des Kantons Luzern. Er macht
geltend, der Beklagte habe nicht nur die allgemein im Verkehr und nach der
besondern Sachlage gebotenen Sorgfaltspflichten verletzt, sondern auch gegen
die erwähnten eidgenössischen und kantonalen Spezialvorschriften verstossen,
und darin liege die Schuldhaftigkeit seines für den Unfall kausalen
Verhaltens.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.- ...
Soweit Bundesrecht in Frage kommt, haben die Spezialvorschriften vor den
allgemeinen Regeln des OR den Vorzug; es ist daher in erster Linie zu prüfen,
ob das MFG und dessen VV Anwendung finden, und ob darin enthaltene besondere
Vorschriften verletzt wurden.
a) Art. 33 Abs. 1 MFG schreibt allgemein für «Fahrzeuge mit Tierbespannung»
vom Beginn der Dämmerung an, mit gewissen Ausnahmen, Beleuchtung vor. Art. 19
Abs. 2

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MFG (in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 MFG) sowie Art. 74 Abs. 3
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
MFV stellen
für Langholz und andere Fuhren von grosser Länge auf «Fahrzeugen mit
Tierbespannung» Vorschriften über die Kenntlichmachung des Endes der Ladung
bei Tag und bei Nacht durch Tuchwimpel, Strohkränze usw. und Schlusslicht auf.
Die Vorinstanz hat die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen verneint mit der
Begründung, sie bezögen sich nur auf Fahrzeuge «mit Tierbespannung»; im
Zeitpunkt des Unfalls habe aber der hintere Wagen mit der Stangenladung ohne
Tierbespannung auf der Strasse gestanden.
Dieser Auslegung kann indessen nicht beigepflichtet werden; weder zwingt der
Wortlaut der erwähnten Bestimmungen dazu, noch ist sie mit der ratio legis
vereinbar. Vielmehr unterstehen alle für Tierbespannung bestimmten und
gebauten Fahrzeuge, auch wenn gerade nicht eingespannt ist, den erwähnten
Sonderbestimmungen, sofern sie an dem vom MFG geordneten Verkehr teilnehmen.
Der italienische Text spricht überall von «veicoli a trazione animale», was
generell auf die Fortbewegungsart, für welche das Fahrzeug konstruiert ist,
und nicht auf die momentane Verbindung von Fahrzeug und Zugtier hinweist.
Diese Auslegung ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem Text des MFG und
der MFV selber. Nach Art. 74 Abs. 3
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
MFV müssen bei Langholz- und
Langwarenfuhrwerken, die auf der Strasse stehen bleiben, u. a. die Deichseln
weggenommen oder hochgebunden werden. Diese Vorkehr kommt natürlich nur für
Fuhrwerke in Betracht, deren Zugtiere ausgespannt sind. Damit ist der Wille
des Gesetzgebers grundsätzlich dahin ausgelegt, dass Art. 33 MFG und 72/74 MFV
auch dann anwendbar sind, wenn die Zugtiere nicht eingespannt sind. Sodann
werden in Art. 33 Abs. 2 MFG und 72 MFV den «Fahrzeugen mit Tierbespannung»
die Handkarren und Zugwagen, also die normalerweise durch menschliche Kraft
fortbewegten Vehikel gleichgestellt. Die Tierbespannung ist also nicht ein
massgebendes Kriterium, sondern dieses liegt darin,

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dass es sich sowohl bei Fuhrwerken als bei Handkarren und Zugwagen um
Fahrzeuge von erheblichen Dimensionen handelt, die gemeinsam mit Automobil und
Fahrrad am Verkehr teilnehmen und dadurch zusammen mit diesen und in Anpassung
an ihren Betrieb für die Verkehrssicherheit Bedeutung haben.
b) Auch die ratio legis lässt keine andere Auslegung zu. Ob die fraglichen
Fuhrwerke und Fahrzeuge mit oder ohne Tierbespannung am Verkehr teilnehmen, ob
sie dabei in Fahrt sind oder stillstehen: in allen Fällen sind sie
Strassenbenützer, die neben den Motorfahrzeugen und Radfahrern einen
erheblichen Teil der Fahrbahn und Platz beanspruchen, durch die Art ihres
Fahrens Kollisionen herbeiführen können und im Stillstehen Verkehrshindernisse
darstellen sogut wie im Fahren. Zur Regelung und möglichst reibungs-und
gefahrlosen Abwicklung des Verkehrs müssen sie deswegen bestimmten
Minimalforderungen Genüge tun, die eben durch das MFG und die VV im
Zusammenhang und Einklang mit den Verkehrsregeln für Auto und Fahrrad
aufgestellt sind. Von diesen Minimalforderungen beziehen sich einige gerade
auch auf stillstehende Fahrzeuge, so insbesondere Art. 33 Abs. 1 MFG, wonach
«Fahrzeuge mit Tierbespannung» vom Beginn der Dämmerung an mit Licht zu
versehen sind, ausser wenn sie im Bereich der Strassenbeleuchtung oder auf
behördlich angewiesenem Parkplatz stillstehen. Stehen sie anderswo im
Verkehrsbereich still, so müssen sie mit Licht versehen sein, das von vorn und
hinten sichtbar ist; dies offenbar nicht deswegen, weil sie allenfalls mit
Tierbespannung parkieren, sondern weil sie für sich allein als Fahrzeug ohne
Beleuchtung ein gefährliches Verkehrshindernis bilden. Das gleiche gilt
hinsichtlich der Regeln bezüglich der Orte, wo Motorfahrzeuge und die in Art.
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SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
genannten Fahrzeuge anzuhalten haben und aufzustellen bezw. nicht
aufzustellen sind (Art. 49
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
/72 MFV). Letztere Fahrzeuge sind diesen Regeln
zweifellos nicht oder nicht allein wegen allfälliger Tierbespannung
unterstellt, sondern in erster Linie weil

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sie an sich platzbeanspruchende, verkehrshindernde Vehikel sind, die daher,
auch wenn die Zugtiere ausgespannt sind, nach einheitlicher Regel dort
anhalten und parkieren sollen-, wo sie am wenigsten stören und Gefahr bringen.
Es wäre widersinnig anzunehmen, vor dem Einspannen oder nach dem Ausspannen
der Pferde könne man einen Brückenwagen oder ein Heufuder im Bereich des
allgemeinen Verkehrs beliebig wo stehen lassen. Der Zweck und Sinn der für die
andern Strassenbenützer aufgestellten Regeln würde geradezu teilweise in sein
Gegenteil verkehrt, wenn man unter Fahrzeugen mit Tierbespannung im Sinne von
Art. 33 MFG/72 MFV immer nur solche verstehen wollte, bei denen die Zugtiere
im fraglichen Zeitpunkt gerade eingespannt sind.
c) Übrigens verwendet die MFV im gleichen Art. 72, wo eingangs von «Fahrzeugen
mit Tierbespannung» die Rede ist, im Nachsatz noch einen andern Ausdruck,
nämlich a bespannte Fuhrwerke N (während der französische und der italienische
Text an beiden Stellen den gleichen Ausdruck - «véhicules à traction animale»,
«veicoli a trazione animale» - brauchen). Dass aber auch unter «bespannten
Fuhrwerken» nicht nur solche mit gerade eingespannten Zugtieren verstanden
sind, ergibt sich daraus, dass jener Nachsatz für diese Fuhrwerke den Art. 59
Abs. 2
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 41 - 1 Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
1    Chiunque è tenuto a riparare il danno illecitamente cagionato ad altri sia con intenzione, sia per negligenza od imprudenza.
2    Parimente chiunque è tenuto a riparare il danno che cagiona intenzionalmente ad altri con atti contrari ai buoni costumi.
MFV entsprechend anwendbar erklärt, ein samt eingespannten Zugtieren im
Schlepptau eines andern - motorisch oder animalisch fortbewegten - Fahrzeugs
fahrendes Fuhrwerk aber nicht wohl vorstellbar ist.
3.- Auf den im vorliegenden Falle auf der Kantonsstrasse stehen gebliebenen
stangenbeladenen Wagen finden demnach die genannten Bestimmungen grundsätzlich
Anwendung. Es ist daher zu prüfen, ob und welche Vorschriften der Beklagte
bezw. der für die Fuhre Verantwortliche verletzt haben kann.
Zu dieser Prüfung muss die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen werden, da
sie zufolge der grundsätzlichen Verneinung der Anwendbarkeit der
bundesrechtlichen

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Verkehrsregeln den Tatbestand nicht erschöpfend rechtlich gewürdigt hat und
ihre tatbeständlichen Feststellungen nach Umfang und Inhalt nicht genügen, um
dem Bundesgericht die notwendige rechtliche Prüfung zu ermöglichen.