S. 92 / Nr. 17 Derogatorische Kraft des Bundesrechts (d)

BGE 72 I 92

17. Urteil vom 20. Mai 1946 i. S. Dürst gegen Obergericht des Kantons Glarus.


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Regeste:
Die Bestimmungen des Gebührentarifs zum Schuldbetreibungsgesetz über die
Kosten in Rechtsöffnungssachen, speziell Art. 65 gelten auch für die
Anfechtung des Entscheides des Rechtsöffnungsrichters mit einem
ausserordentlichen kantonalen Rechtsmittel, wie einer Nichtigkeitsbeschwerde.
Les dispositions du tarif des frais en matière de LP qui concernent la
mainlevée de l'opposition, en particulier l'art. 66, s'appliquent aussi
lorsque la décision du juge de mainlevée est attaquée par un moyen
extraordinaire de droit cantonal, tel qu'un recours en nullité.
Le disposizioni della tariffa sull'esecuzione e sul fallimento relative al
rigetto dell'opposizione, in particolare l'art. 65, si applicano anche quando
la decisione del giudice cantonale è impugnata mediante un rimedio
straordinario di diritto cantonale, quale un ricorso per nullità.

A. ­ In einer Betreibung des Rekurrenten Dürst gegen Hefti für Fr. 2000.­
nebst Zins erteilte der Zivilgerichtspräsident des Kantons Glarus dem
Gläubiger provisorische Rechtsöffnung nur für Fr. 1170.­ nebst Zins und Kosten
und wies das Rechtsöffnungsgesuch für den Rest der Forderung ab. Gegen die
Abweisung des Gesuches erhob der Rekurrent Nichtigkeitsbeschwerde nach § 328
der glarnerischen ZPO. Das Obergericht des Kantons Glarus wies diese durch
Urteil vom 13. März 1946 ab und legte dem Rekurrenten die «rechtlichen Kosten
im Beschwerdeverfahren» darunter eine Gerichtsgebühr von Fr. 30.­ auf. In
seiner Abrechnung über die Kosten forderte das Obergericht ausser dieser
Gebühr vom Rekurrenten noch eine Präsidialgebühr von Fr. 5.­ und eine
Urteilsgebühr

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von Fr. 12.­, also im ganzen Fr. 47.­ für das Beschwerdeverfahren.
B. ­ Gegen diesen Kostenentscheid hat Dürst die staatsrechtliche Beschwerde
ergriffen und geltend gemacht: Dass das Obergericht eine Gerichtsgebühr von
Fr. 30.­, eine Präsidialgebühr von Fr. 5.­ und eine Urteilsgebühr von Fr. 12.­
vom Rekurrenten gefordert habe, bilde eine Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, eventuell
des Art. 2 der Übergangsbestimmungen dazu in Verbindung mit Art. 65 GebT.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach Art. 65 GebT beträgt die Gebühr für einen Entscheid über Rechtsöffnung in
jeder Instanz bei einem Streitbetrag bis Fr. 1000.­ höchstens Fr. 5.­, bei
einem höhern Streitwert nicht mehr als Fr. 20.­. Dazu kommt im Fall der
Weiterziehung eine Gebühr von Fr. 6.­. Ausserdem dürfen in
Rechtsöffnungssachen von den Parteien nur noch Gebühren auf Grund der
allgemeinen Bestimmungen der Art. 1-17 GebT, insbesondere der Art. 7 und 11
Abs. 2, und der Ersatz von Barauslagen nach Art. 10 ff. gefordert werden (BGE
54 I S. 163 ff.; nicht veröffentlichte Entscheide des Bundesgerichts i. S. Rey
& Cie. und Lötscher g. Huwiler vom 6. März 1931 Erw. 3, i. S. Aebli g.
Kölliker & Grob vom 25. März 1946 Erw. 4). Als obere Rechtsöffnungsinstanz im
Sinne des Art. 65 GebT, die auf Grund einer Weiterziehung urteilt, ist auch
der Richter anzusehen, der mit einem ausserordentlichen kantonalen
Rechtsmittel, wie einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Entscheid des
Rechtsöffnungsrichters angerufen wird, da es nicht der Sinn des Art. 65 sein
kann, dass für ein kantonales ausserordentliches Beschwerdeverfahren höhere
Gebühren berechnet werden dürfen als für ein ordentliches Berufungsverfahren
(Entscheid i. S. Aebli g. Kölliker & Grob S. 4). Indem das Obergericht dem
Rekurrenten Gebühren im Betrage von Fr. 47.­ für das Beschwerdeverfahren
auferlegte, hat es somit den Gebührentarif zum Betreibungsgesetz missachtet
und

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damit den Grundsatz verletzt, dass das eidgenössische Recht dem kantonalen
vorgeht (Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Übergangsbest. z. BV). Sein Kostenentscheid ist daher
aufzuheben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Kostenentscheid des
Obergerichts des Kantons Glarus vom 13. März 1946 aufgehoben und die Sache zum
neuen Entscheid über die Kosten an dieses zurückgewiesen.