S. 305 / Nr. 54 Verwaltungs- und Disziplinarrecht (d)

BGE 72 I 305

54. Urteil vom 29. November 1946 i.S. Gerberei X gegen eidg. Steuerverwaltung.


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Regeste:
Couponabgabe:
Steuerbar nach Art. 5 Abs. 2 CG ist nicht nur die geldwerte Leistung der
Aktiengesellschaft an Aktionäre, sondern auch diejenige an Personen, die ihnen
nahestehen.
Timbre sur les coupons:
Est imposable, selon l'art. 5 al. 2 LC, non seulement la prestation
appréciable en argent, faite par la société anonyme à des actionnaires, mais
encore la prestation faite aux personnes qui tiennent de près à ceux-ci.
Bollo sulle cedole:
E' imponibile, ai sensi dell'art. 5 cp. 2 LC non soltanto la prestazione in
denaro fatta dalla società anonima a degli azionisti, ma anche la prestazione
fatta a persone che stanno loro vicino.

(Gekürzter Tatbestand.)
A. ­ Die Gerberei X, die Beschwerdeführerin, und die Schuhfabrik Y waren aus
einer früheren Firma, die in Schwierigkeiten geraten war, hervorgegangen. Am
1. Januar 1939 besass Herr H.L. 97 und Herr W.H. 3 von 100 Aktien der
Beschwerdeführerin, während von 500 Aktien der Schuhfabrik Y 445 Herrn H.L., 5
Herrn W.H. und 50 einem Dritten gehörten. Die Beschwerdeführerin lieferte in
den ersten vier Geschäftsjahren nahezu die Hälfte ihrer Produktion an die
Schuhfabrik Y, der sie darauf einen Mengenrabatt von 5 % gewährte; der Rest
ging an andere Abnehmer. Die Schuhfabrik Y schloss das Geschäftsjahr 1937/38
mit einem Verlust ab. Um ihr die Weiterführung des Betriebes zu ermöglichen,
stellte ihr die Beschwerdeführerin von ihrem im gleichen Geschäftsjahr
erzielten Reingewinn von Fr. 63000.­ einen Betrag von Fr. 60000.­ zur
Verfügung.
B. ­ Die eidg. Steuerverwaltung stellte fest, dass die Vergütung von Fr.
60000.­ eine geldwerte Leistung der Beschwerdeführerin an ihren Aktionär bezw.
eine diesem nahestehende Gesellschaft sei, und forderte dafür eine
Couponabgabe von Fr. 3600.­ (Einspracheentscheid vom 3. August 1946).
Sie führte aus, nach Art. 5 Abs. 2 CG seien alle geldwerten Leistungen der
Aktiengesellschaft an ihre

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Aktionäre steuerbar, die sich nicht als Rückzahlung der Anteile am
einbezahlten Grundkapital darstellen. Voraussetzung der Besteuerung sei die
Einräumung eines vermögenswerten Vorteils ohne entsprechende Gegenleistung der
Aktionäre. Dabei müsse der Grund der Zuwendung im Beteiligungsverhältnis
liegen, was stets dann anzunehmen sei, wenn sie unter sonst gleichen
Verhältnissen einem unbeteiligten Dritten nicht gewährt worden wäre. Der
Leistung an den Aktionär sei diejenige an eine ihm nahestehende Person
gleichzustellen, wenn die Zuwendung in der gesellschaftsrechtlichen Stellung
des Aktionärs begründet sei. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, indem sich
die Vergütung von Fr. 60000.­ allein daraus erkläre, dass die Aktionäre der
Beschwerdeführerin zugleich die Hauptaktionäre der Schuhfabrik Y seien; der
Vorgang sei so aufzufassen, dass die Beschwerdeführerin, anstatt eine
Dividende auszurichten, die von den Aktionären zur Sanierung der Schuhfabrik
verwendet worden wäre, ihren Reingewinn dieser direkt gutgeschrieben habe.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin mache Art. 5 Abs. 2 CG die
Steuerbarkeit einer Leistung nicht davon abhängig, dass sie in der Absicht
einer Steuerumgehung erbracht worden sei. Auch der Einwand, die Zuwendung sei
in der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von der
Schuhfabrik Y begründet, sei nicht stichhaltig. Die Beschwerdeführerin sei
nicht nur rechtlich, sondern weitgehend auch wirtschaftlich verselbständigt
worden; das zeige sich darin, dass ihre Erzeugnisse zu mehr als der Hälfte an
dritte Kunden verkauft wurden. Dem Umstand, dass die Schuhfabrik Y ihr
Hauptabnehmer sei, sei dadurch Rechnung getragen, dass der Mengenrabatt von 5
% als geschäftsmässig begründete Ausgabe anerkannt wurde. Für die Vergütung
von Fr. 60000.­ dagegen könne dies nicht gelten. Dass die Beschwerdeführerin
der Schuhfabrik zu Sanierungszwecken annähernd ihren gesamten Jahresgewinn à
fonds perdu zur Verfügung stelle, sei ungewöhnlich und allein daraus

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zu erklären, dass beide Gesellschaften im wesentlichen von den gleichen
Aktionären beherrscht seien. Es sei nicht denkbar, dass unter sonst gleichen
Verhältnissen die Beschwerdeführerin einem fremden Kunden gegenüber den
gleichen Weg eingeschlagen hätte; normalerweise wäre sie bei einer Sanierung
im Einvernehmen mit den übrigen Gläubigern vorgegangen und hätte zusammen mit
diesen ihre Forderung gestundet oder auf einen Teil derselben unter Abfindung
mit Aktien verzichtet.
C. ­ Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde beantragt die Gerberei X, diesen
Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass die Vergütung von Fr. 60000.­ der
Abgabepflicht gemäss Art. 5 Abs. 2 CG nicht unterliege und die Abgabe von Fr.
3600.­ nicht geschuldet sei.
Sie bringt vor, Art. 5 Abs. 2 CG wolle verhindern, dass durch Inanspruchnahme
von Gesellschaftsmitteln zu Leistungen, die nicht in der Einlösung von Coupons
bestehen, die Couponabgabe umgangen werde; die Bestimmung bringe zum Ausdruck,
dass alle jene Zahlungen der Abgabe unterliegen, durch welche die
Aktiengesellschaften den Aktionären ausschliesslich wegen ihrer Eigenschaft
als Anteilhaber einen unentgeltlichen Vermögensvorteil verschaffe. Die eidg.
Steuerverwaltung wolle der Leistung an den Aktionär diejenige an eine ihm
nahestehende Person gleichstellen, sofern die Zuwendung in der
gesellschaftlichen Stellung des Aktionärs begründet sei. Dadurch erfahre Art.
5 Abs. 2 CG, der ausdrücklich nur von Leistungen «an die Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte» spreche, eine ausdehnende Auslegung,
welche im Steuerrecht nicht zulässig sei (E. BLUMENSTEIN, System des
Steuerrechts, S. 16). Das Bundesgericht habe sich zwar in einem Entscheid vom
10. Juli 1944 (Archiv für schweiz. Abgaberecht, Bd. 13, S. 399) der Auffassung
der Steuerverwaltung angeschlossen, ohne sich aber grundsätzlich über die
Zulässigkeit der extensiven Interpretation auszusprechen; da es sich dort um
ganz andere Tatbestände gehandelt habe, könne jener Fall nicht zur Stützung
der

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grundsätzlichen Auffassung der Steuerverwaltung herangezogen werden.
Für Tatbestände, die nicht unter Art. 5 Abs. 2 CG fallen, könne die
Abgabepflicht nur durch den Nachweis begründet werden, dass eine
Steuerumgehung beabsichtigt sei. Eine solche liege hier offensichtlich nicht
vor und werde auch von der Steuerverwaltung nicht angenommen. Auch objektiv
sei das eingeschlagene Vorgehen nicht ungewöhnlich. Die Gewährung eines
Mengenrabattes an den hauptsächlichsten Kunden sei auch unter unbeteiligten
Firmen durchaus üblich. Unter den gegebenen Umständen sei es aber auch ganz
natürlich, dass die Beschwerdeführerin, die vom Gedeihen der Schuhfabrik Y als
ihres Hauptabnehmers abhängig sei, deren bedrohte Existenz durch eine
entsprechende Vergütung habe sichern helfen. Die Beteiligten seien befugt, zur
Erreichung ihrer wirtschaftlichen Zwecke diejenigen Mittel anzuwenden, die den
besten Erfolg versprächen, und dürften nicht für die Benützung erlaubter
Gestaltungsformen durch eine steuerliche Mehrbelastung bestraft werden (E.
BLUMENSTEIN, System, S. 21).
Selbst wenn man mit der Steuerverwaltung die Abgabepflicht nach Art. 5 Abs. 2
CG auch bei geldwerten Leistungen der Aktiengesellschaft an eine dem Aktionär
nahestehende Person unabhängig vom Gesichtspunkt der Steuerumgehung
grundsätzlich bejahen wollte, wäre sie im vorliegenden Falle nicht gegeben.
Durch die Reorganisation seien die Gerberei und die Schuhfabrik auf eine
gesunde Grundlage gestellt worden; doch sei die weitgehende wirtschaftliche
Abhängigkeit der Gerberei von der Schuhfabrik bestehen geblieben. Eine über
diese hereinbrechende Katastrophe hätte notwendig auch jene erfassen müssen.
Eine Sanierung der Schuhfabrik durch Aktienabschreibung kurz nach der Gründung
hätte ihre Kreditfähigkeit entscheidend getroffen und den Zusammenbruch zur
Folge gehabt. Eine Stundung der Forderung der Beschwerdeführerin hätte die
Sanierung der Schuhfabrik

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nicht ermöglicht, und ein Verzicht unter Abfindung mit Aktien sei nicht in
Frage gekommen, weil die Aktien durch H.L. hätten zur Verfügung gestellt
werden müssen, der sein Opfer bereits erbracht habe. Der einzige Weg, im
eigenen Interesse der Beschwerdeführerin den Weiterbetrieb der Schuhfabrik zu
sichern, habe in der gewährten Vergütung bestanden. Es sei unerfindlich, wie
durch die Ausrichtung einer Dividende, die ja schon im Hinblick auf
gesetzliche und statutarische Vorschriften in dieser Höhe unmöglich gewesen
wäre, die Schuhfabrik hätte saniert werden können. Die Beschwerdeführerin
hätte gleich handeln müssen, auch wenn ihre Aktionäre an der Schuhfabrik in
keiner Weise beteiligt gewesen wären. Die Zuwendung sei einzig in den
geschäftlichen Beziehungen der beiden Unternehmungen begründet; die
wirtschaftliche Abhängigkeit der Gerberei von der Schuhfabrik lasse jedes
Opfer zu deren Erhaltung als gerechtfertigt erscheinen.
D. ­ Die eidg. Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
in Erwägung:
1.- Gemäss Art. 5 Abs. 2 CG unterliegen der Stempelabgabe auf Coupons
«geldwerte Leistungen der Aktiengesellschaft oder Genossenschaft an die
Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die sich nicht als Rückzahlung
der im Zeitpunkte der Leistung bestehenden dividendenberechtigten Anteile am
einbezahlten Grund- oder Stammkapital darstellen». Nach der Praxis der eidg.
Steuerverwaltung ist der Leistung an den Aktionär gleichzustellen diejenige an
eine ihm nahestehende (natürliche oder juristische) Person, insbesondere auch
im Verhältnis zwischen abhängigen Gesellschaften; denn dadurch, dass sich eine
Aktiengesellschaft zugunsten einer ihrem eigenen Aktionär nahestehenden
anderen Aktiengesellschaft unangemessen belaste, bewirke sie eine verdeckte

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Gewinnausschüttung, wie wenn sie den Vorteil unmittelbar ihrem Aktionär selbst
zuwendete (WYSS, Praxis der Bundessteuern, II, Stempelabgaben, CG Art. 5 Abs.
2, 1. Allgemeines, Note 3, und dort zitierte Entscheidungen). Auf diese Praxis
stützt sich der angefochtene Entscheid; denn die Schuhfabrik Y ist selbst
nicht Aktionär der Beschwerdeführerin, welche ihr die Fr. 60000.­ zugewendet
hat, wohl aber gehören ihre Aktien zur Hauptsache den Aktionären der
letzteren.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Gleichstellung einer dem Aktionär
nahestehenden Person mit dem in Art. 5 Abs. 2 CG allein genannten «Inhaber
gesellschaftlicher Beteiligungsrechte», und erblickt darin eine im Steuerrecht
unzulässige ausdehnende Interpretation. Sie beruft sich hiefür auf
Ausführungen von E. BLUMENSTEIN (System des Steuerrechts, S. 16). Diese haben
jedoch nicht die allgemeine Bedeutung, die ihnen die Beschwerdeführerin
beilegen will, und in den dort zitierten Urteilen des Bundesgerichts wird
keineswegs der Grundsatz aufgestellt, dass im Steuerrecht die ausdehnende
Auslegung nicht anwendbar sei (BGE 34 I 198 und 47 I 470; BGE 65 I 11 betrifft
den strafrechtlichen Grundsatz nulla poena sine lege). In dem anschliessend
zitierten BGE 61 I 289 wird lediglich erklärt, dass eine ausdehnende oder
einschränkende Anwendung des Gesetzes mit Rücksicht auf die ratio legis nicht
in Frage komme, wo das Gesetz die Steuerpflicht an bestimmt umschriebene
formale Tatbestände knüpft; das und nichts anderes sagt auch BLUMENSTEIN am
angeführten Ort. Im übrigen ist es auch im Steuerrecht zulässig, die Anwendung
einer Gesetzesbestimmung unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber verfolgten
Zweckes weiter auszudehnen, als der Wortlaut zunächst erkennen lässt.
Das hat die eidg. Steuerverwaltung mit der erwähnten Praxis getan. Art. 5 CG
bezweckt die Erfassung wirtschaftlich der Couponeinlösung gleichwertiger
Vorgänge; Absatz 2 insbesondere will verhindern, dass durch die

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Inanspruchnahme von Gesellschaftsmitteln zu Leistungen, die nicht in der
Einlösung von Coupons bestehen, die Couponabgabe umgangen wird (AMSTUTZ und
WYSS, Das eidg. Stempelsteuerrecht, Noten 2 und 13 zu Art. 5 CG). Deshalb
werden der Abgabe alle jene Zahlungen unterworfen, durch welche die
Gesellschaft ihren Aktionären ausschliesslich wegen deren Eigenschaft als
Anteilhaber einen unentgeltlichen Vermögensvorteil verschafft. Ob die
Zuwendung unmittelbar an den Aktionär selbst gemacht wird oder an einen
Dritten, dem er sie zuhalten will, ist unerheblich, sofern sie nur in der
gesellschaftsrechtlichen Stellung des Aktionärs begründet ist; denn für die
Gesellschaft stellt sie in beiden Fällen eine verdeckte Gewinnausschüttung an
diesen dar. Das Bundesgericht hat denn auch die Praxis der Steuerverwaltung
ausdrücklich bestätigt in einem Entscheid vom 10. Juli 1944 (publiziert im
Archiv für schweiz. Abgaberecht, Bd. 13, S. 399), wo es in Erw. 2 ausführt:
«Für die Stempelabgabe auf Coupons ... fallen nicht nur die geldwerten
Leistungen der Aktiengesellschaft in Betracht, die diese Aktionären gestützt
auf einen Gesellschaftsbeschluss aus einem ausgewiesenen Reingewinn gewährt,
sondern auch solche Leistungen, die dem Aktionär oder einer ihm nahestehenden
Person unter anderer Bezeichnung aus dem Geschäftsergebnis gewährt werden und
die unter gleichen Voraussetzungen einem Dritten nicht zugebilligt würden.
Dafür, ob es sich um einen steuerpflichtigen Bezug handle, ist nicht die Form,
Bezeichnung desselben, sondern sein rechtlicher und wirtschaftlicher Charakter
massgebend (Art. 5
SR 641.101 Verordnung vom 3. Dezember 1973 über die Stempelabgaben (StV)
StV Art. 5 Zwangsvollstreckung
1    Die ESTV ist zuständig, für die Forderungen des Bundes an Stempelabgaben, Zinsen, Kosten und Bussen die Betreibung anzuheben, sie in einem Konkurs einzugeben, die Aufhebung des Rechtsvorschlages zu verlangen und alle weiteren zur Sicherung oder Eintreibung der Forderung notwendigen Vorkehren zu treffen.
2    Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit der Eidgenössischen Finanzverwaltung zur Verwahrung von Verlustscheinen und zur Geltendmachung der in einem Verlustschein verurkundeten Forderung.
StV).» Freilich hat sich das Bundesgericht damals mit der
Zulässigkeit der Ausdehnung auf «dem Aktionär nahestehende Personen» ­ neben
Leistungen an die beiden Hauptaktionäre handelte es sich um solche an die
Witwe des einen und Mutter des andern ­ nicht auseinandergesetzt, da sie nicht
bestritten war; es hat sie anscheinend als selbstverständlich betrachtet, weil
sie durch die Erreichung des mit der Bestimmung verfolgten Zweckes erfordert
wird und dem

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offensichtlichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Kommt dieser Wille im
Wortlaut von Art. 5 Abs. 2 CG noch nicht zum Ausdruck, so hat er seither
Eingang gefunden in den Text des Ergänzungsgesetzes vom 24. Juni 1937; dieses
bestimmt in Art. 5 Abs. 2 über die Couponabgabe der Gesellschaft mit
beschränkter Haftung: «Die Abgabe ist auch auf den Beträgen zu entrichten, die
einem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person über das hinaus
zugewendet werden, was einem Nichtgesellschafter unter im übrigen gleichen
Umständen von der Gesellschaft gewährt worden wäre.» Damit wollte nicht etwa
für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Sonderrecht geschaffen werden,
sondern es bestand Übereinstimmung darüber, dass das Ergänzungsgesetz
stempelsteuerrechtlich ihre Gleichstellung mit der Aktiengesellschaft bedeute.
Das wurde nicht nur in der Botschaft des Bundesrates vom 26. Februar 1937 zum
Entwurf ­ worin die «einem Gesellschafter nahestehenden Personen» noch nicht
erwähnt waren ­ erklärt (BBl 1937 I S. 510 f.), sondern auch von den
Berichterstattern in beiden Räten unterstrichen (Sten. Bulletin 1937,
Ständerat S. 159, Nationalrat S. 322 f.), wobei es sich um den ergänzten Text
handelte. Dieses Vorgehen des Gesetzgebers bedeutet gleichsam eine
authentische Interpretation von Art. 5 Abs. 2 CG dahin, dass den «Leistungen
an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte» solche an Personen, die
den Inhabern nahestehen, gleichzustellen sind. Darin, dass der angefochtene
Entscheid dies tut, liegt mithin keine Verletzung von Bundesrecht.
2. ­ Für die Unterstellung der hier in Frage stehenden Vergütung von Fr.
60000.­ unter die Couponabgabe ist somit entscheidend, ob sie in der
gesellschaftsrechtlichen Stellung der Teilhaber der Beschwerdeführerin
begründet war und ohne diese nicht geleistet worden wäre. Da die beiden
einzigen Aktionäre und Verwaltungsräte der Beschwerdeführerin zugleich 9/10
des Grundkapitals der Schuhfabrik Y besitzen. kam die Zuwendung praktisch

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ihnen zugute und liegt es nahe, darin eine verdeckte Gewinnausschüttung zu
erblicken. Die Beschwerdeführerin macht indessen geltend, das sei nicht der
Grund ihres Vorgehens gewesen und sie hätte auch ohne jene weitgehende
Identität der Beteiligten genau gleich handeln müssen wegen ihrer
wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Schuhfabrik Y; denn sie sei auf diese
als ihren Hauptabnehmer vollständig angewiesen und habe alles daran setzen
müssen, deren drohenden Zusammenbruch abzuwenden.
Es trifft zu, dass eine enge geschäftliche Beziehung zwischen der
Beschwerdeführerin und der Schuhfabrik Y besteht; doch ist die Abhängigkeit
jener von dieser weit geringer, als es in der Beschwerde dargestellt wird. Das
zeigt sich darin, dass die Beschwerdeführerin sofort nach ihrer Gründung etwas
mehr als die Hälfte ihrer Produktion an andere Abnehmer lieferte; sie ist also
nicht unbedingt auf die Schuhfabrik Y angewiesen. Dass diese ihr Hauptabnehmer
war, wurde durch den Mengenrabatt von 5 % im üblichen Ausmass berücksichtigt;
die darüber hinaus gewährte Vergütung von Fr. 60000.­ dagegen ist durchaus
ungewöhnlich. Die geschäftliche Verbindung der beiden Firmen rechtfertigte
wohl die Beteiligung der Beschwerdeführerin an einer Sanierung der Schuhfabrik
Y, nicht aber «jedes Opfer». Es ist nicht Sache der Steuerbehörden, zu
untersuchen, was für Wege für eine solche Sanierung gangbar waren; es braucht
deshalb auf die diesbezügliche Bemerkung im angefochtenen Entscheid und auf
die Kritik der Beschwerdeführerin hieran nicht näher eingegangen zu werden.
Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Beschwerdeführerin sozusagen ihren
ganzen Jahresgewinn 1937 /38 ohne irgend eine Gegenleistung zur Deckung des
Verlustes der Schuhfabrik Y zur Verfügung stellte; das erklärt sich nur
daraus, dass die Aktionäre der beiden Gesellschaften im wesentlichen dieselben
sind, dass also der Gewinn praktisch auch so den Aktionären zukam. Die Annahme
der eidg. Steuerverwaltung, der Grund der Zuwendung liege in der

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gesellschaftsrechtlichen Stellung der Teilhaber, ist weder eine unrichtige
Feststellung noch eine unrichtige rechtliche Würdigung von Tatsachen.
3. ­ Die Vergütung von Fr. 60000.­ fällt somit unter Art. 5 Abs. 2 CG. Diese
Bestimmung erfasst nicht nur verdeckte Gewinnausschüttungen, die zum Zwecke
bewusster Steuerumgehung vorgenommen werden, sondern auch Zuwendungen, die
ohne solche Absicht erfolgen (Urteil vom 12. April 1943, publiziert im Archiv
für schweiz. Abgaberecht, Bd. 13, S. 396). Deshalb braucht nicht geprüft zu
werden, ob die Beschwerdeführerin mit jener Vergütung eine Steuerumgehung
beabsichtigt habe.