S. 221 / Nr. 51 Verfahren (d)

BGE 71 IV 221

51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Dezember 1945 i.S.
Bischof gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.


Seite: 221
Regeste:
Der Gerichtsstand zur Verfolgung von Widerhandlungen gegen das den Kantonen
vorbehaltene Strafrecht (Art. 335
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
1    Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
2    Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen.
StGB) untersteht dem kantonalen Recht.
La désignation de l'autorité compétente pour la poursuite des infractions au
droit pénal réservé aux cantons (art. 335 CP) relève du droit cantonal.
La designazione dell'autorità competente a perseguire le infrazioni al diritto
penale riservato ai cantoni (art. 335 CP) dipende dal diritto cantonale.

Aus den Erwägungen:
Der angefochtene Entscheid bejaht die Zuständigkeit der Luzerner Gerichte
ausschliesslich für die Verfolgung von Widerhandlungen gegen das kantonale
Gesetz über die gewerbsmässige Vermittlung im Grundstückverkehr vom 7. März
1939. Im Gebiete des kantonalen Strafrechts aber wird auch der Gerichtsstand
vom kantonalen Recht bestimmt. Das Strafgesetzbuch ordnet ihn ausschliesslich
für das eidgenössische Strafrecht, und zwar auch für die durch das Mittel der
Druckerpresse begangenen strafbaren Handlungen. Die Gerichtsstandsbestimmungen
des Strafgesetzbuches befinden sich im vierten Titel des dritten Buches, das
die «Einführung und Anwendung des Gesetzes», d.h. des Strafgesetzbuches,
behandelt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedarf es keines
Vorbehaltes, um die Anwendung der eidgenössischen Gerichtsstandsbestimmungen
im Gebiete des kantonalen Strafrechts auszuschliessen. Es hätte im Gegenteil
einer eigenen Vorschrift bedurft, um ihnen für das kantonale Strafrecht
Geltung zu geben. Allein der eidgenössische Gesetzgeber, der selber der
Auffassung war, dass seine Ordnung des materiellen Strafrechts die Regelung
des

Seite: 222
Gerichtsstandes für dessen Anwendung notwendigerweise nach sich ziehe, weshalb
diese Regelung keinen unzulässigen Einbruch in die kantonale Prozesshoheit
bedeute, konnte unmöglich der Meinung sein, dass umgekehrt für die Anwendung
des kantonalen Strafrechts eidgenössische Gerichtsstandsnormen nötig seien.
Einzelne Zuständigkeitsvorschriften des Strafgesetzbuches würden übrigens dazu
führen, dass die Strafbestimmungen eines Kantons mitunter von den Richtern
eines andern Kantons anzuwenden wären. Diesen Zustand hat der
Bundesgesetzgeber erst recht nicht beabsichtigen können. Das ginge sogar über
die Handhabung stellvertretenden Strafrechts hinaus, bei dem doch
vorausgesetzt wird, dass die Tat auch nach dem eigenen Recht des Richters
strafbar sei.
Nun hat allerdings die Vorinstanz Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 335 - 1 Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
1    Den Kantonen bleibt die Gesetzgebung über das Übertretungsstrafrecht insoweit vorbehalten, als es nicht Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist.
2    Die Kantone sind befugt, die Widerhandlungen gegen das kantonale Verwaltungs- und Prozessrecht mit Sanktionen zu bedrohen.
ev. 347 StGB (in einer Auslegung,
die vom Beschwerdeführer gerügt wird) tatsächlich angewendet, allein als
subsidiäres kantonales Recht, nicht als eidgenössisches. Diese Rechtsanwendung
ist mit Nichtigkeitsbeschwerde nicht anfechtbar (Art. 269 BStrP, BGE 69 IV
211
).