S. 219 / Nr. 50 Strafgesetzbuch (d)

BGE 71 IV 219

50. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. September 1945 i.S.
Langjahr gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
Art. 291 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 291 - 1 Wer eine von einer zuständigen Behörde auferlegte Landes- oder Kantonsverweisung bricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine von einer zuständigen Behörde auferlegte Landes- oder Kantonsverweisung bricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Dauer dieser Strafe wird auf die Verweisungsdauer nicht angerechnet.
StGB.
Der Strafrichter hat nicht zu prüfen, ob die Ausweisungsverfügung, so wie sie
lautet, sachlich gerechtfertigt und zweckmässig ist.
Zulässiger Inhalt einer gestützt auf Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV aus sicherheitspolizeilichen
Gründen ausgesprochenen Kantonsverweisung.
Art. 291 al. 1 CP.
Le juge pénal n'a pas à examiner si la décision d'expulsion, telle qu'elle est
conçue, est matériellement justifiée et opportune.
Contenu que peut avoir une décision d'expulsion prise pour des motifs de
police en vertu de l'art. 45 CF.
Art. 291 cp. 1 CP.
Il giudice penale non deve esaminare se il decreto d'espulsione, cosi com'è
concepito, sia giustificato nel merito ed opportuno.
Contenuto che può avere un decreto d'espulsione pronunciato per motivi di
polizia in virtù dell'art. 45 CF.

Aus den Erwägungen:
Die Rüge des Beschwerdeführers, der Kanton, welcher dem Ausgewiesenen zwar die
Durchreise mit der Eisenbahn gestattet, ihm aber das Verlassen des Bahnsteiges
verbietet, verletze Art. 291
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 291 - 1 Wer eine von einer zuständigen Behörde auferlegte Landes- oder Kantonsverweisung bricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine von einer zuständigen Behörde auferlegte Landes- oder Kantonsverweisung bricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Dauer dieser Strafe wird auf die Verweisungsdauer nicht angerechnet.
StGB, richtet sich nicht an den Strafrichter,
sondern an die Behörde, welche die Kantonsverweisung ausgesprochen hat. Wenn
die Ausweisung von der zuständigen Behörde verfügt und rechtskräftig geworden
ist, wie es hier zutrifft, geniesst sie strafrechtlichen

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Schutz, gleichgültig, ob sie sachlich gerechtfertigt und zweckmässig ist. Der
Strafrichter kann ihr nicht einen anderen Inhalt geben als die kantonale
Verwaltungsinstanz, die sie erlassen hat. Ein Verweisungsbruch als strafbare
Handlung gegen die öffentliche Gewalt liegt vor, sobald sich der Ausgewiesene
gegen den Ausweisungsentscheid, so wie er lautet, verfehlt hat. Dass das im
vorliegenden Falle objektiv geschehen ist, bestreitet der Beschwerdeführer mit
Recht nicht.
Seine Kritik ist aber auch sachlich unbegründet. Wenn die Ausweisungsbehörde
insofern einen Einbruch in die Kantonsverweisung gestattet, als sie die
Durchreise mit der Eisenbahn und sogar das Umsteigen und das damit verbundene
Warten auf dem Bahnsteig allgemein als erlaubt erklärt, so kann der
Ausgewiesene aus diesem Entgegenkommen nicht das Recht ableiten, noch weiter
zu gehen, beispielsweise am Bahnhofkiosk einzukaufen oder sich ins
Bahnhofbuffet zu begeben. Er muss die Beschränkungen, die ihm im Rahmen des
allgemeinen Entgegenkommens auferlegt werden, in Kauf nehmen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts darf der Kanton dem Ausgewiesenen, Fälle
blosser Schikane ausgenommen, sogar die Durchreise verbieten (vgl. BGE 42 I
305
). Das grundsätzliche Verbot, anlässlich der gestatteten Durchreise den
Bahnsteig zu verlassen, ist nicht schikanös. Wo ein schützenswertes Interesse
im einzelnen Falle eine Ausnahme erheischt, kann der Ausgewiesene den Kanton
um eine besondere Bewilligung angehen, wie ja auch im vorliegenden Falle der
Ausweisungsbeschluss sie vorbehält.