S. 188 / Nr. 40 Prozessrecht (d)

BGE 71 II 188

40. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. September 1945 i. S. Wärtli gegen
Wärtli.

Regeste:
Prozesskosten des kantonalen Verfahrens, Unzulässigkeit der Berufung.
Wird bei Gutheissung der Berufung die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen
zur Fällung eines neuen Entscheides über die Kosten des kantonalen Verfahrens,
so kann dieser nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden.
Frais et dépens des instances cantonales. Irrecevabilité du recours en
réforme.
Lorsque, par suite d'admission du recours, la cause est renvoyée à la
juridiction cantonale pour être statué à nouveau sur les frais et dépens de
l'instance ou des instances cantonales, ce prononcé n'est pas susceptible de
recours en réforme au Tribunal fédéral.
Spese giudiziarie e spese ripetibili in sede cantonale; irricevibilità del
ricorso per riforma.
Quando, in seguito all'accoglimento del ricorso, la causa è rinviata alla
giurisdizione cantonale affinchè si pronunci nuovamente sulla spese
giudiziarie e sulle ripetibili dell'istanza o delle istanze cantonali, questa
pronuncia non può essere impugnata mediante ricorso per riforma al Tribunale
federale.

A. - Das Obergericht des Kantons Aargau wies mit Urteil vom 29. Dezember 1944
eine Klage des August Wärtli gegen seinen Sohn Max Wärtli ab, hiess die
Widerklage des Beklagten teilweise gut und auferlegte die sämtlichen Gerichts-
und Parteikosten des Verfahrens vor den beiden kantonalen Instanzen dem
Kläger.
Das Bundesgericht hiess mit Urteil vom 8. Mai 1945 die Berufung des Klägers
gegen dieses Urteil gut, schützte die Klage und wies die Widerklage des
Beklagten ab. In Bezug auf die Gerichtskosten und Parteientschädigungen des
Verfahrens vor den kantonalen Instanzen verfügte das Bundesgericht, dass die
Akten an die Vorinstanz

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zurückzusenden seien zur Fällung eines dem Prozessausgang entsprechenden
Kostenentscheides.
B. - Mit Entscheid vom 24. August 1945 hat das Obergericht des Kantons Aargau
gestützt auf § 55 der kantonalen Zivilprozessordnung die Gerichtskosten des
Verfahrens vor beiden kantonalen Instanzen den Parteien je zur Hälfte
auferlegt und die Parteikosten wettgeschlagen.
C. - Mit Eingabe vom 7. September 1945 ficht der Kläger diesen Entscheid an
und beantragt, er sei im Hinblick auf Dispositiv 2 des bundesgerichtlichen
Urteils vom 8. Mai 1945 und Art. 159 OG aufzuheben und das Obergericht
anzuweisen, die Kosten des Klägers festzusetzen und nach Massgabe des
bundesgerichtlichen Urteils dem Beklagten aufzuerlegen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Gesuchsteller ist der Meinung, der Kostenspruch des Obergerichtes verletze
Art. 159 Abs. 2 OG, wonach die unterliegende Partei in der Regel der
obsiegenden alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu
ersetzen hat. Der Gesuchsteller übersieht indes, dass die von ihm angerufene
Bestimmung sich ausschliesslich auf die Parteikosten im Verfahren vor dem
Bundesgericht bezieht, wie Art. 156 OG, der von den Gerichtskosten handelt,
ebenfalls nur das bundesgerichtliche Verfahren im Auge hat. Die Verlegung der
Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens dagegen bestimmt sich
nach kantonalem Recht, und zwar ist dieses ausschliesslich massgebend.
Hebt das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid in der Sache selbst auf, so
fällt allerdings auch der Kostenspruch dahin und es muss ein neuer Entscheid
getroffen werden. Diesen kann gemäss Art. 157 und Art. 159 Abs. 6 OG das
Bundesgericht selber fällen. Dabei wendet es aber kantonales Recht an. Dies
ist hinsichtlich der Parteikosten ausdrücklich gesagt in Art. 159 Abs. 6 OG,
trifft aber der Natur der Sache nach ohne weiteres auch auf die Gerichtskosten
zu. Das Bundesgericht macht denn auch von der

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ihm eingeräumten Befugnis, die Kostenverlegung selber vorzunehmen, in der
Regel nur in solchen Fällen Gebrauch, wo die Verhältnisse einfach liegen.
Andernfalls weist es die Sache, wie es gerade hier geschehen ist, an die
Vorinstanz zurück.
Der auf Grund einer solchen Rückweisung durch die kantonale Instanz gefällte
neue Kostenspruch kann, da es sich ausschliesslich um die Anwendung kantonalen
Rechts handelt, vom Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht überprüft werden.
Daher hat auch im vorliegenden Falle das Bundesgericht nicht zu untersuchen,
ob die Überlegungen, die dem Entscheid des Obergerichtes vom 24. August zu
Grunde liegen, stichhaltig seien oder nicht und ob das Obergericht
insbesondere den § 55 der aargauischen ZPO richtig ausgelegt habe.
Auf das Gesuch kann deshalb nicht eingetreten werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf das Begehren des Gesuchstellers wird nicht eingetreten.
Vgl. auch Nr. 28, 30. - Voir aussi nos 28, 30.