S. 103 / Nr. 23 Strafgesetzbuch (d)

BGE 69 IV 103

23. Urteil des Kassationshofes vom 18. Juli 1943 i.S. Bieri gegen Baudirektion
II der Stadt Bern.


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Regeste:
1. Art. 72 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB sagt abschliessend, wann die Verfolgungsverjährung
ruht.
2. Die Verfolgungsverjährung läuft nach Einlegung eines suspensiv wirkenden
Rechtsmittels weiter.
1. Il n'y a suspension de la prescription que dans le cas prévu par l'art. 72
ch. l CP.
2. Le délai de prescription de la poursuite pénale ne cesse pas de courir
après le dépôt d'un recours doté d'effet suspensif.
1. L'art. 72, cifra l CP, stabilisce in modo completo quando la prescrizione è
sospesa.
2. Il termine di prescrizione dell'azione penale continua a correre dopo
l'inoltro di un gravame avente effetto sospensivo.

A. - Alfred Bieri, Miteigentümer einer Liegenschaft in Bern, wurde am 1. März
1940 von der Baudirektion II der Stadt Bern aufgefordert, bis zum 30. April
1940 im Hause einen Luftschutzraum einzurichten. Da er dieser Aufforderung nur
in ungenügender Weise nachkam, setzte ihm die Baudirektion am 10. Juli 1941
zur Behebung der Mängel Frist bis zum 26. Juli 1941, die sie in der Folge bis
13. August 1941 verlängerte. Bieri kehrte jedoch nichts vor. Erst am 13.
Januar 1942 setzte er sich mit seinem Architekten in Verbindung und gab dann
Auftrag zur Ausführung der Ergänzungsarbeiten Diese wurden wegen
Materialmangels und wegen Beanstandung durch die Baudirektion erst anfangs
Juni 1942 abgeschlossen.
B. - Auf Anzeige der Baudirektion II als Vertreterin der Einwohnergemeinde
Bern wurde Bieri durch den Gerichtspräsidenten IV von Bern am 17. Juni 1942
wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen die Vorschriften betreffend bauliche
Massnahmen für den Luftschutz mit hundert Franken gebüsst. Gegen dieses Urteil
appellierte die Baudirektion II an die Strafkammer des Obergerichts des
Kantons Bern. In der oberinstanzlichen Verhandlung vom 19. August 1942
bestritt der Generalprokurator des Kantons Bern die Legitimation der
Baudirektion zur Appellation. Am 19.

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Oktober 1942 bejahte indes das Plenum der Strafkammer diese Legitimation, und
der Kassationshof des Bundesgerichts wies am 18. Dezember 1942 die vom
Generalprokurator gegen diesen Entscheid eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde
ab.
Am 26. März 1943 erklärte die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons
Bern Bieri der vorsätzlichen Widerhandlung gegen die Vorschriften betreffend
bauliche Massnahmen für den Luftschutz schuldig und verurteilte ihn gestützt
auf Art. 10 des Bundesbeschlusses vom 24. Juni 1938 betreffend
Strafvorschriften für den passiven Luftschutz, Art. 16bis des
Bundesratsbeschlusses vom 17. November 1939 betreffend vermehrte Förderung
baulicher Massnahmen für den Luftschutz (eingefügt durch BRB vom 11. Juni
1940) und Art. 333
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 333 - 1 Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
1    Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
2    In den anderen Bundesgesetzen werden ersetzt:
a  Zuchthaus durch Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr;
b  Gefängnis durch Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe;
c  Gefängnis unter sechs Monaten durch Geldstrafe, wobei einem Monat Freiheitsstrafe 30 Tagessätze Geldstrafe zu höchstens 3000 Franken entsprechen.
3    Wird Haft oder Busse oder Busse allein als Höchststrafe angedroht, so liegt eine Übertretung vor. Die Artikel 106 und 107 sind anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974509 über das Verwaltungsstrafrecht. Eine Übertretung ist die Tat auch dann, wenn sie in einem anderen Bundesgesetz, welches vor 1942 in Kraft getreten ist, mit einer Gefängnisstrafe bedroht ist, die drei Monate nicht übersteigt.
4    Vorbehalten sind die von Absatz 2 abweichenden Strafdauern und Artikel 41 sowie die von Artikel 106 abweichenden Bussenbeträge.
5    Droht ein anderes Bundesgesetz für ein Verbrechen oder Vergehen Busse an, so ist Artikel 34 anwendbar. Von Artikel 34 abweichende Bemessungsregeln sind nicht anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht. Ist die Busse auf eine Summe unter 1 080 000 Franken begrenzt, so fällt diese Begrenzung dahin. Ist die angedrohte Busse auf eine Summe über 1 080 000 Franken begrenzt, so wird diese Begrenzung beibehalten. In diesem Fall ergibt der bisher angedrohte Bussenhöchstbetrag geteilt durch 3000 die Höchstzahl der Tagessätze.
6    ...510
6bis    Wird eine Tat mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe mit einer Mindestanzahl Tagessätzen bedroht, so gilt diese Untergrenze auch für die Mindestanzahl Tage Freiheitsstrafe.511
7    Die in andern Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen sind strafbar, auch wenn sie fahrlässig begangen werden, sofern nicht nach dem Sinne der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist.
StGB zu zwei Tagen Haft, bedingt zu vollziehen, und zu
hundert Franken Busse. Die Strafkammer nahm an, Bieri habe sich nur in der
Zeit vom Juli 1941 bis 13. Januar 1942 strafbar gemacht, denn es sei nicht
bewiesen, dass er vorher auf die Mängel seines Schutzraumes aufmerksam gemacht
worden sei, und vom 13. Januar 1942 an habe er getan, was ihm zugemutet werden
konnte.
C. - Bieri hat die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des
Bundesgerichts ergriffen. Er beantragt, das Urteil der II. Strafkammer vom 26.
März 1943 sei aufzuheben, er sei freizusprechen und sämtliche Kosten aller
Instanzen seien dem Staat aufzuerlegen. Er macht geltend, die Strafverfolgung
sei verjährt; die Verjährung habe am 13. Januar 1942 zu laufen begonnen und
sei daher seit 13. Januar 1943 vollendet.
D. - Die Baudirektion II der Stadt Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers habe
erst am 2. Juni 1942 aufgehört, da er erst auf diesen Zeitpunkt die
behördlichen Anordnungen befolgt habe. Daher habe die Verjährungsfrist erst im
genannten Zeitpunkt zu laufen begonnen und sei zur Zeit des angefochtenen
Urteils noch

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nicht abgelaufen gewesen. Ausserdem seien die Bestimmungen des
Strafgesetzbuches über die Verjährung nicht wörtlich auszulegen. Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
StGB
hindere nicht, Lücken auf dem Gebiete der Verjährung auszufüllen. Das Ruhen
der Verjährung sei im Strafgesetzbuch nicht abschliessend geordnet. Die
Verjährung müsse auch dann ruhen, wenn das Strafverfahren aus gesetzlichen
Gründen nicht fortgesetzt werden kann. Das sei hier der Fall gewesen während
der Dauer des Zwischenverfahrens über die Zulässigkeit der Appellation der
Baudirektion II, d.h. vom 19. August 1942 bis 27. Januar 1943, an welchem Tage
den Parteien das Urteil des Kassationshofes zugestellt worden sei.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Gemäss Art. 16bis des BRB vom 17. November 1939 betreffend vermehrte
Förderung baulicher Massnahmen für den Luftschutz (eingefügt durch BRB vom 11.
Juni 1940) ist die Nichtbefolgung von Weisungen zum Erstellen von Schutzräumen
nach Art. 10 des Bundesbeschlusses vom 24. Juni 1938 betreffend
Strafvorschriften für den passiven Luftschutz zu bestrafen. Diese Bestimmung
droht Busse von fünf bis zweihundert Franken und für schwere Fälle überdies
Gefängnis bis zu drei Monaten an. Sie ist durch Art. 333 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 333 - 1 Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
1    Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
2    In den anderen Bundesgesetzen werden ersetzt:
a  Zuchthaus durch Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr;
b  Gefängnis durch Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe;
c  Gefängnis unter sechs Monaten durch Geldstrafe, wobei einem Monat Freiheitsstrafe 30 Tagessätze Geldstrafe zu höchstens 3000 Franken entsprechen.
3    Wird Haft oder Busse oder Busse allein als Höchststrafe angedroht, so liegt eine Übertretung vor. Die Artikel 106 und 107 sind anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974509 über das Verwaltungsstrafrecht. Eine Übertretung ist die Tat auch dann, wenn sie in einem anderen Bundesgesetz, welches vor 1942 in Kraft getreten ist, mit einer Gefängnisstrafe bedroht ist, die drei Monate nicht übersteigt.
4    Vorbehalten sind die von Absatz 2 abweichenden Strafdauern und Artikel 41 sowie die von Artikel 106 abweichenden Bussenbeträge.
5    Droht ein anderes Bundesgesetz für ein Verbrechen oder Vergehen Busse an, so ist Artikel 34 anwendbar. Von Artikel 34 abweichende Bemessungsregeln sind nicht anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht. Ist die Busse auf eine Summe unter 1 080 000 Franken begrenzt, so fällt diese Begrenzung dahin. Ist die angedrohte Busse auf eine Summe über 1 080 000 Franken begrenzt, so wird diese Begrenzung beibehalten. In diesem Fall ergibt der bisher angedrohte Bussenhöchstbetrag geteilt durch 3000 die Höchstzahl der Tagessätze.
6    ...510
6bis    Wird eine Tat mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe mit einer Mindestanzahl Tagessätzen bedroht, so gilt diese Untergrenze auch für die Mindestanzahl Tage Freiheitsstrafe.511
7    Die in andern Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen sind strafbar, auch wenn sie fahrlässig begangen werden, sofern nicht nach dem Sinne der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist.
StGB insofern
abgeändert worden, als nunmehr statt auf Gefängnis auf Haft zu erkennen ist.
Demnach ist die Nichtbefolgung von Weisungen zum Erstellen von Schutzräumen
eine Übertretung im Sinne des Art. 101
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 101 - 1 Keine Verjährung tritt ein für:
1    Keine Verjährung tritt ein für:
a  Völkermord (Art. 264);
b  Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 264a Abs. 1 und 2);
c  Kriegsverbrechen (Art. 264c Abs. 1-3, 264d Abs. 1 und 2, 264e Abs. 1 und 2, 264f, 264g Abs. 1 und 2 und 264h);
d  Verbrechen, die als Mittel zu Erpressung oder Nötigung Leib und Leben vieler Menschen in Gefahr brachten oder zu bringen drohten, namentlich unter Verwendung von Massenvernichtungsmitteln, durch Auslösen von Katastrophen oder durch Geiselnahme;
e  sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187 Ziff. 1 und 1bis), sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung (Art. 189), Vergewaltigung (Art. 190), Missbrauch einer urteilsunfähigen oder zum Widerstand unfähigen Person (Art. 191), Ausnützung einer Notlage oder Abhängigkeit (Art. 193) und Täuschung über den sexuellen Charakter einer Handlung (Art. 193a), wenn sie an Kindern unter 12 Jahren begangen wurden.143
2    Wäre die Strafverfolgung bei Anwendung der Artikel 97 und 98 verjährt, so kann das Gericht die Strafe mildern.
3    Die Absätze 1 Buchstaben a, c und d sowie 2 gelten, wenn die Strafverfolgung oder die Strafe am 1. Januar 1983 nach dem bis zu jenem Zeitpunkt geltenden Recht noch nicht verjährt war. Absatz 1 Buchstabe b gilt, wenn die Strafverfolgung oder die Strafe beim Inkrafttreten der Änderung vom 18. Juni 2010 dieses Gesetzes nach bisherigem Recht noch nicht verjährt war. Absatz 1 Buchstabe e gilt, wenn die Strafverfolgung oder die Strafe am 30. November 2008 nach dem bis zu jenem Zeitpunkt geltenden Recht noch nicht verjährt war.144 145
StGB. Solche verjähren in sechs Monaten
(Art. 109
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren.
StGB) und sind ungeachtet allfälliger Unterbrechungen nach Ablauf
eines Jahres absolut verjährt (Art. 72 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB). Diese Bestimmungen
gelten auch für die Verfolgung von Übertretungen, welche vor dem Inkrafttreten
des Strafgesetzbuches verübt worden sind; der vorher abgelaufene Zeitraum wird
angerechnet (Art. 337
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB).
2.- Art. 16bis Abs. 2 des BRB vom 17. November 1939 erklärt strafbar, wer
Weisungen zum Erstellen von

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Schutzräumen nicht oder nicht innerhalb einer angesetzten Frist befolgt. Die
dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung war daher mit Ablauf der
verlängerten Frist am 13. August 1941 vollendet. Ob man das nachherige passive
Verhalten des Beschwerdeführers als strafrechtlich bedeutungslos betrachtet,
oder ob man annimmt, die Übertretung habe im Sinne des Art. 71 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 71 - 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
1    Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2    Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3    ...117
StGB
über den 13. August 1941 hinaus angedauert, ist unerheblich. Sicher war das
Verhalten vom 13. Januar 1942 an, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen
hat, nicht mehr strafbar, da der Beschwerdeführer von diesem Augenblick an
tat, was er tun konnte, um seine Pflicht zu erfüllen. Daher kann dahingestellt
bleiben, ob, wenn es anders wäre, der Kassationshof überhaupt berücksichtigen
dürfte, wie sich der Beschwerdeführer nach dem 13. Januar 1942 verhalten hat,
ob nicht vielmehr, weil der Beschwerdeführer nur für das Verhalten bis zum 13.
Januar 1942 verurteilt worden ist, für die Frage des Beginnes der Verjährung
nur das Verhalten bis zu diesem Tage in Betracht fallen dürfte.
Hat die Verjährung somit spätestens am 13. Januar 1942 begonnen, so war sie
ungeachtet der Unterbrechungen spätestens am 13. Januar 1943 vollendet. Wenn
die Baudirektion II glaubt, solange ihre Parteirechte nicht abgeklärt gewesen
seien (19. August 1942 bis 27. Januar 1943), habe die Strafverfolgung nicht
fortgesetzt werden können und habe daher die Verfolgungsverjährung ruhen
müssen, so übersieht sie zweierlei: einmal, dass die Verfolgungsverjährung nur
in dem in Art. 72 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 72 - Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen oder terroristischen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer solchen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
StGB erwähnten und hier nicht vorliegenden Falle
ruht und der Richter sich nicht über diese abschliessende gesetzliche Regelung
hinwegsetzen darf, und sodann, dass das Zwischenverfahren vom 19. August 1942
bis 27. Januar 1943 die Strafverfolgung nicht gehemmt hat, sondern selber
deren Bestandteil gewesen ist. An dieser Rechtslage ändert auch die Tatsache
nichts, dass die einjährige absolute Frist zwar zur Verfolgung der
Übertretungen des Strafgesetzbuches angemessen sein mag, für die oft durch
zeitraubende

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Beweisführung (Begutachtung, Augenschein usw.) verzögerte Verfolgung von
Übertretungen der Nebenstrafgesetze in vielen Fällen aber unmöglich ausreicht.
Diesen Übelstand kann nicht der Richter, sondern nur der Gesetzgeber beheben.
Die Strafkammer durfte daher den Beschwerdeführer am 26. März 1943 nicht
verurteilen; sie hätte dem Verfahren keine weitere Folge geben sollen. Zwar
ist das erstinstanzliche Urteil schon am 17. Juni 1942, also vor Ablauf der
Verjährungsfrist ergangen. Das ist jedoch deshalb nicht erheblich, weil die
Appellation nach bernischem Strafprozessrecht die Rechtskraft des
erstinstanzlichen Urteils hemmt (Art. 297 bern. StrV). Die Verjährung läuft
nach Einlegung eines suspensiv wirkenden Rechtsmittels weiter (Urteil des
Kassationshofes vom 5. Februar 1943 i.S. Lehmann gegen Kreisamt Chur).
3.- Die Aufhebung des angefochtenen Urteils im Strafpunkt hat zur Folge, dass
die Vorinstanz auch über die Kosten des kantonalen Verfahrens neu zu
entscheiden hat. Ob sie dem Beschwerdeführer trotz Einstellung des Verfahrens
Kosten auferlegen kann, ist eine Frage des kantonalen Rechts, die durch die
Übernahme der Kosten des Kassationsverfahrens durch die Bundesgerichtskasse
nicht präjudiziert wird.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der II. Strafkammer
des Obergerichts des Kantons Bern vom 26. März 1943 aufgehoben und die Sache
zur Einstellung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.