S. 27 / Nr. 7 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 69 I 27

7. Urteil vom 5. Februar 1943 i. S. Kunstverein Winterthur gegen eidg.
Steuerverwaltung.

Regeste:
Wehrsteuer:
1. Voraussetzung für die Befreiung von der eidg. Wehrsteuer gemäss Art. 16 ,
Ziffer 3 WStB ist die Verwendung des Vermögens oder seines Ertrages für einen
der dort genannten Zwecke.

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2. Diese Voraussetzung ist bei dem dem Kunstverein Winterthur zur Verwaltung
anvertrauten «Randegger-Fonds» zur Zeit nicht erfüllt, da der Fonds gemäss
Verfügung der Stifterin erst verwendet werden darf, wenn er auf Fr. 40000.-
geäufnet ist.
Impôt pour la défense nationale:
1. Pour que l'exonération puisse être prononcée en vertu de l'art. 16 ch. 3
AIN, il faut que la fortune ou son revenu soient employés pour l'un des buts
que cette disposition désigne.
2. Le «Fonds Randegger», dont la gérance est confiée au «Kunstverein
Winterthur», ne remplit pas cette condition actuellement, car, selon les
dispositions prises par la fondatrice, il ne pourra être employé qu'au moment
où il aura atteint 40000 fr. par l'accumulation des intérêts.
Imposta per la difesa nazionale:
1. L'esenzione dall'imposta per la difesa nazionale ai sensi dell'art. 16
cifra 3 del DIDN presuppone che la sostanza od il suo reddito siano adoperati
per uno dogli scopi indicati da questo disposto.
2. Il «Fondo Randegger» la cui amministrazione è affidata al Kunstverein di
Winterthur, non soddisfa attualmente questa condizione, poichè, secondo quanto
stabilito dalla fondatrice, il fondo non potrà essere adoperato prima che, per
l'accumularsi degli interessi, avrà raggiunto la somma di 40000 fr.

A. ­ Der Verein Kunstverein Winterthur verwaltet gemäss letztwilliger
Verfügung der am 5. Februar 1936 verstorbenen Frau Anna Elisabeth Randegger
den ihm aus dem Nachlass der Testatorin als Erbschaft und Vermächtnis
zugewiesenen «Randegger-Fonds» von ursprünglich Fr. 22300.-. Das Testament
bestimmt darüber:
«Die Zuwendung... ist... vom Kunstverein zu verwalten. Die jährlichen Zinsen
sind solange zum Kapital zu schlagen, bis dasselbe die Summe von Fr. 40000.-
erreicht hat. Alsdann sind aus den jährlichen Zinsen dieses Fonds Stipendien
auszurichten an talentvolle aber unbemittelte Mitglieder der Künstlergruppe
Winterthur. Der Vorstand des Kunstvereins, unter Beiziehung eines Mitgliedes
der Künstlergruppe Winterthur, soll jeweilen über die jährliche Verwendung des
Zinsertrages entscheiden.»
Am 31. Dezember 1941 betrug das Stiftungsgut Fr. 26767.40, der Zinsertrag im
Jahre 1941 Fr. 872.25 (netto).
B. ­ Der Kunstverein Winterthur ist um Rückerstattung der auf den
Zinserträgnissen des «Randegger-Fonds» erhobenen Wehrsteuer an der Quelle
eingekommen, wurde aber abgewiesen, zuletzt durch Einspracheentscheid der
eidg. Steuerverwaltung vom 22. April 1942.
Er erhebt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde und

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beantragt, sein Rückerstattungsbegehren gutzuheissen. Zur Begründung wird
ausgeführt, die eidg. Steuerverwaltung anerkenne die Gewährung von Stipendien
an hilfsbedürftige talentierte Künstler als einen gemeinnützigen Zweck, lehne
die Rückerstattung aber ab, weil die gemeinnützige Tätigkeit gegenwärtig und
noch einige Zeit nicht entfaltet werden könne, da der Fonds die
vorgeschriebene Höhe noch nicht erreicht habe. Es könne aber bei sinngemässer
Auslegung von Art. 16 , Ziff. 3 WStB nicht darauf ankommen, ob in der Gegenwart
Leistungen gemacht werden, sondern wie man dem statutarischen Zweck der
Stiftung am besten gerecht werde. Dieser Zweck sei hier, möglichst bald im
Sinne der Testatorin gemeinnützig zu wirken. Für die Rechtfertigung der
Befreiung sollte genügen, dass das gesetzte Ziel die Erfüllung eines
ausschliesslich gemeinnützigen Zweckes ist.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. ­ Art. 16 , Ziff. 3 WStB befreit von der Steuerpflicht die nicht
öffentlichrechtlichen und nicht kirchlichen Körperschaften und Anstalten für
das Vermögen und Einkommen, das Kultus- oder Unterrichtszwecken, der Fürsorge
für Arme und Kranke, für Alter und Invalidität oder andern ausschliesslich
gemeinnützigen Zwecken a dient». Nach der Ausdrucksweise des Gesetzes ist
Voraussetzung für die Befreiung eine Verwendung des Vermögens, oder wenigstens
seines Ertrages für einen der genannten Zwecke. Die Zweckbestimmung, Widmung
für einen solchen Zweck, genügt danach nicht. Denn in einer Widmung,
Aussonderung und Zuweisung allein, liegt noch kein «Dienen»; es muss die
Verwirklichung des Zweckes hinzukommen, die Aufnahme der Wirksamkeit für die
Aufgabe, der die Mittel zugewiesen sind. Die französische und die italienische
Fassung des Bundesratsbeschlusses haben den nämlichen Sinn. Letztere übernimmt
mit «servono» den Ausdruck «dienen». Der französische Text erklärt als nicht
steuerbar

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«la fortune et le revenu qui sont affectés aux cultes, à l'instruction, à
l'assistance des pauvres, des malades, des vieillards et des invalides, ou à
d'autres buts de pure utilité publique», verlangt also eine Zuweisung an
bestehende Einrichtungen «cultes», «instruction», «assistance», was ebenfalls
darauf hinweist, dass eine Verwendung im angegebenen Sinne vorliegen muss, die
Bestimmung für eine spätere Verwendung nicht genügt.
Der Gedanke, dass bei eidgenössischen Steuern nur im Falle aktiver Betätigung,
Verwendung der vorhandenen Mittel, Steuerbefreiung beansprucht werden kann,
kommt sodann schon in Erlassen zum Ausdruck, die dem WStB vorangegangen sind;
es mag verwiesen werden auf Art. 17 des BB betreffend die neue a/o
Kriegssteuer, vom 28. September 1920, wo unter Ziff. 3 die Befreiung nicht
öffentlicher und nicht kirchlicher Körperschaften und Anstalten mit den
nämlichen Ausdrücken angeordnet war, wie in Art. 16 , Ziff. 3 WStB, für das
Vermögen, das ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dient; weiterhin war
bestimmt, dass die wirtschaftliche und soziale Förderung einzelner
Landeskreise oder bestimmter Berufsstände nicht genüge `` als Beweis für die
Verwendung eines Vermögens oder seines Ertrages zu ausschliesslich
gemeinnützigen Zwecken» (Abs. 2). Es wird hier in einer Bestimmung, die der
nähern Erläuterung und Abgrenzung der Steuerbegünstigung wegen
Gemeinnützigkeit dient, ausdrücklich auf die Inanspruchnahme, Verwendung der
Mittel, nicht auf die Widmung abgestellt. Die Beschränkung der Vergünstigung
auf in den Dienst einer Sache gestellte Mittel, ist offensichtlich gewollt.
Sie ist auch sachlich begründet.
2. ­ Bundesrechtliche Ausnahmen von der Wehrsteuerpflicht sind vorgesehen zu
Gunsten von Bund, Kantonen und Gemeinden, sowie von öffentlichrechtlichen und
privatrechtlichen Körperschaften und Anstalten (Art. 16, Ziff. 1-3).
Natürliche Personen sind von der Befreiung vollständig ausgeschlossen; ihr
Vermögen und ihr Einkommen unterliegt der Wehrsteuer ohne Rücksicht auf seine

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Bestimmung oder Verwendung. Ausnahmen gibt es nicht, auch nicht für Vermögen
und Einkommen, das eine natürliche Person gemeinnützigen Zwecken reserviert,
selbst wenn Garantien gegen jede spätere Zweckentfremdung geschaffen würden.
Eine Steuerbefreiung kommt überhaupt nicht in den Bereich rechtlicher
Möglichkeit, solange nicht die persönlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind
(vgl. dazu auch den in VSA Bd. VIII, S. 88 u. 296 erwähnten und in B1. f.
zürch. Rechtsprechung 1926, S. 217 publizierten Entscheid der zürch.
Oberrekurskommission vom 25. Sept. 1924). Dem entspricht es, dass einem
gemeinnützigen Zwecke durch letztwillige Verfügung zugedachtes Vermögen nicht
schon zufolge Eintritts des Erbfalles allein aus der Besteuerung fällt,
sondern dass noch Weiteres hinzukommen muss. Hatte der Erblasser bei Lebzeiten
keinen Anspruch auf Steuerbefreiung, wenn er Vermögen zu gemeinnützigen
Zwecken verwandte oder für sie reservierte, so rechtfertigt sich die
Steuerbefreiung erst recht nicht, wenn er von Todes wegen über sein Vermögen
verfügt in einer Weise, die es während bestimmter oder unbestimmter Zeit
überhaupt jeder Verwendung entzieht. Wo keine Leistungen erbracht werden,
besteht kein Anlass zu einer besonderen Vergünstigung im Rahmen einer Ordnung,
die eine Sonderbehandlung nur für einen beschränkten Kreis juristischer
Personen vorsieht und die natürlichen Personen davon vollständig ausschliesst.
Derart gesperrte Vermögen sind ganz besonders auf den Schutz des Staates
angewiesen der dafür sorgt, dass sie der Verwendung zugeführt werden, für die
sie vorgesehen sind. Es erscheint auch unter diesem Gesichtspunkte als
sachlich gegeben, dass auf ihnen inzwischen die Steuern erhoben werden, die
jedermann zu bezahlen hat. Es genügt durchaus, die Steuervergünstigung dann zu
gewähren, wenn die Verwirklichung des Zweckes einsetzt.
3. ­ Irrtümlich ist die Meinung des Rekurrenten, Art. 16 , Ziff. 3 WStB sei
deshalb hier ausdehnend zu interpretieren, weil es dem Zwecke der
«Randegger-Stiftung»

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entspreche, dass die Ausrichtung von Stipendien möglichst bald aufgenommen
werde. Selbst wenn das Zeitmoment bei dieser Stiftung von Bedeutung wäre,
vermöchte es sich bei der Anwendung und Auslegung des Gesetzes nicht
auszuwirken. Die Frage kann nur sein, ob das Gesetz die Steuerbefreiung
allgemein, nicht nur hier, schon von der Widmung, Ausscheidung und Zuweisung
des Vermögens an einen bestimmten Zweck gewährt. Wäre dies der Fall, so müsste
es durchweg gelten, nicht nur dort, wo die Erfüllung einer Zwecksetzung
beschleunigt werden soll. Doch ist gerade bei der «Randegger-Stiftung» von der
Stifterin selbst nicht eine Beschleunigung, sondern ausdrücklich Zuwarten
vorgeschrieben, und es ist richtig, dass der Fonds inzwischen die
eidgenössischen Steuern trägt, wie die übrigen Lasten, die mit seiner
Verwaltung, Erhaltung und Äufnung verbunden sind.