S. 200 / Nr. 29 Doppelbesteuerung (d)

BGE 67 I 200

29. Urteil vom 10. November 1341 i. S. Ruppert c. Gemeinde Arosa.

Regeste:
Kurtaxe: keine Anwendung des Verbotes der interkantonalen
Doppelbesteuerung auf sie, solange sie nicht den allgemeinen Charakter einer
Aufenthaltssteuer annimmt.
Damit die Abgabe als Kurtaxe erscheint, genügt, dass sie vorwiegend dazu
dient, Mittel für Einrichtungen und

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Veranstaltungen zu schaffen, die dem Kurgast zugute kommen; dass er alle damit
finanzierten Institutionen auch tatsächlich benützen könne, ist nicht
erforderlich.
Kurtaxe: L'interdiction de la double imposition en matière intercantonale ne
la touche pas, aussi longtemps du moins qu'elle n'apparaît pas comme un impôt
sur le séjour.
Pour que la contribution apparaisse comme une Kurtaxe, il suffit qu'elle serve
principalement à procurer les installations et à organiser les manifestations
dont profitent les hôtes; il n'est pas nécessaire que ceux-ci puissent
effectivement profiter de toutes les institutions payées avec le produit de la
Kurtaxe.
Kurtaxe: Il divieto della doppia imposta in materia intercantonale non si
applica alla cosiddetta «Kurtaxe» fino a tanto ch'essa non assuma il carattere
di un'imposta di soggiorno.
Affinchè appaia come una tassa, basta ch'essa serva principalmente a procurare
i mezzi necessari per opere e manifestazioni a profitto del turista; non è
necessario che quest'ultimo possa effettivamente fruire di tutte le
istituzioni finanziate dal provento della cosiddetta «Kurtaxe».

A. - Die Gemeinde Arosa erliess am 4. Oktober 1938 ein Kurtaxen-Gesetz.
Darnach wird von jeder in Arosa weilenden Person, die nicht der
Gemeindesteuerpflicht unterliegt, pro Logiernacht eine Kurtaxe erhoben, die
der Höhe nach abgestuft ist nach dem Rang des Hauses, in dem sich der Gast
aufhält, der Jahreszeit des Aufenthaltes sowie darnach, ob es sich um
Erwachsene oder Kinder handelt. Bestimmte Personen sind von der Taxe befreit,
u. a. Kurgäste, die sich durch amtliches Attest als unbemittelt ausweisen.
Über eventuell andere Ausnahmen entscheidet der Kur- und Verkehrsverein Arosa,
dem unter Aufsicht und Kontrolle der Gemeinde auch der Einzug und die
Verwendung der Kurtaxe obliegt. Über deren Verwendung bestimmt Art. 7 des
Gesetzes:
«Die Kurtaxengelder sind ausschliesslich zur Hebung und Förderung des
Fremdenplatzes Arosa und im Interesse der hier weilenden Gäste zu
verwenden...»
Allfällige Beschwerden über die Anwendung des Gesetzes und der dazu erlassenen
Ausführungsbestimmungen entscheidet endgültig der Gemeinderat.
Es steht fest und ist nicht bestritten, dass nach bündnerischem Staatsrecht in
der Steuerautonomie der

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Gemeinden (Art. 40 Abs. 5 KV) auch die Befugnis enthalten ist, eine Kurtaxe
einzuführen und die Regelung und den Vollzug einem Kurverein zu übertragen. In
einem das Kurtaxengesetz von Arosa betreffenden Entscheid des Kleinen Rates i.
S. Clotin und Genossen vom 21. Juli 1939 wird ausdrücklich erklärt, die
erwähnte Verfassungsvorschrift, wornach Gemeindesteuern «nach billigen und
gerechten Grundsätzen» zu erheben sind, sei nicht verletzt, wenn schon eine
Regelung zu begrüssen wäre, die länger in Arosa weilende Patienten mehr
entlasten würde.
B. - Der Rekurrent ist Angestellter einer Bank in Zürich und wohnt mit seiner
Familie in Zollikon. Wegen einer Knochenkrankheit weilte er ab 28. März 1941
als Patient im Sanatorium «Florentinum» in Arosa, wo er bettlägerig war. Die
Kurtaxe, mit der er belastet wurde, war,­ das Florentinum gilt als Haus II.
Ranges ­ im März 80 Rappen im Tag, im April, Mai und Juni 50 Rappen und im
Juli und August 60 Rappen. Bis Ende Juli ergab sich ein Totalbetrag von Fr.
67.30. Ausserdem war die kantonale Beherbergungsabgabe von 10 Rappen pro Nacht
zu bezahlen. Sie ist nicht Gegenstand der Beschwerde.
In Zollikon ist der Rekurrent für das Jahr 1941 veranlagt mit einem Einkommen
von Fr. 4900.­ und einem Vermögen von Fr. 11000.­. Die Staatssteuer beträgt
Fr. 121.80 und die Gemeindesteuer Fr. 136.80, einschliesslich Fr. 10.­
Feuerwehrpflichtersatzsteuer. Der Rekurrent behauptet, dass zufolge seiner
Krankheit das wirkliche Einkommen im Steuerjahr 1941 geringer sei. Er weigerte
sich, die Kurtaxe zu bezahlen, da sich daraus eine unzulässige
Doppelbesteuerung ergebe und machte geltend, dass er von den aus der Kurtaxe
finanzierten Institutionen keinen Gebrauch machen könne, sodass die Kurtaxe
ihm gegenüber den Charakter einer reinen Personalsteuer erhalte. Im besondern
beanstandete er sie hinsichtlich der Höhe der eingeforderten Summe und stellte
die Kurtaxenrechnung in Beziehung zur Erwerbssteuer, die er in der
Wohngemeinde Zollikon bezahlt. Der

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Gemeinderat Arosa fasste die Reklamation als Beschwerde auf und wies diese mit
einem dem Rekurrenten am 4. August 1941 zugestellten Entscheide ab.
Dagegen hat Ruppert die staatsrechtliche Beschwerde ergriffen mit dem Antrag
auf Aufhebung. Als Beschwerdegrund wird unzulässige Doppelbesteuerung geltend
gemacht und zur Begründung ausgeführt:
Die Kurtaxe verstosse wirtschaftlich und rechtlich gegen das Verbot der
Doppelbesteuerung. Nach ihrer Höhe sei sie bei längerem Aufenthalt eine der
ordentlichen Besteuerung ähnliche Belastung. Es wird verwiesen auf den
Vorbehalt im Urteil Schmid, 61 I 3064 . Hier nehme die Kurtaxe in der Tat den
Charakter einer eigentlichen Aufenthaltssteuer an, schon im allgemeinen und
dann im besondern bei Verhältnissen, wie sie beim Rekurrenten vorliegen. Das
Erträgnis werde nicht ausschliesslich im Interesse der in Arosa weilenden
Fremden verwendet, sondern zu einem grossen Teil im Interesse der Gemeinde und
des Gastgewerbes. Hierüber werden nähere Ausführungen gemacht. Nur 35 % der
Kurtaxeneingänge würden in einwandfreier Weise verwendet. Nur in diesem Umfang
habe die Kurtaxe den Charakter einer Gebühr und Zwecksteuer. Was darüber
hinausgehe sei Luxusaufwand, dessen Benutzung jedem einzelnen Gast überlassen
werden müsse und der nicht aus allgemeinen Kurtaxengeldern finanziert werden
dürfe. Für 65 % sei die Kurtaxe rechtlich Vorzugslast und werde nur von dem
geschuldet, der von den betreffenden Institutionen Gebrauch mache. Das gelte
auch für bewegungsfähige Patienten. «Besonders krass ist die Lage bei
bettlägrigen Patienten, wie dies vorliegendenfalls zutrifft. Solche können
nicht einmal von den Wegen und Strassen, geschweige denn von den andern
gebotenen Vergünstigungen Gebrauch machen. Sie beanspruchen die
Gemeindeinstitutionen somit weniger als der Gemeindebürger selbst. Da der
Aufenthalt für sich keinen Steueranspruch begründet und eine Mehrnutzung,
durch welche allein die Kurtaxe in gewissem Umfange gerechtfertigt ist,
ausgeschlossen

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ist, ist eine Besteuerung bettlägriger Patienten, sei es auch in noch so
geringem Umfange, in keiner Weise gerechtfertigt.»
D. - Die Gemeinde Arosa beantragt die Abweisung der Beschwerde.
E. - Wie der Rekurrent mitteilt, hat er Arosa am 9. September verlassen und
ist an seinen Wohnsitz zurückgekehrt. Die Kurtaxe für die Zeit des Aufenthalts
des Rekurrenten in Arosa beträgt Fr. 90.40.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Rekurrent beschwert sich über bundesrechtswidrige Doppelbesteuerung.
Dieser Beschwerdegrund setzt die Erschöpfung der kantonalen Instanzen nicht
voraus. Der Entscheid des Gemeinderates Arosa konnte daher direkt angefochten
werden.
2.- Eine Kurtaxe ist eine Abgabe, auf die das Verbot der interkantonalen
Doppelbesteuerung nicht zur Anwendung kommt, auch wenn man sie als Steuer
betrachtet und nicht als Gebühr oder Beitrag. Es kann in dieser Beziehung
verwiesen werden auf BGE 61 I 305 . Ist in diesem Urteil die Kurtaxe als
Steuer bezeichnet worden, so ist doch nicht zu verkennen, dass sie auch
Elemente enthält, die auf die Gebühr und den Beitrag hinweisen. Umso weniger
besteht Anlass, von jener Auffassung über das Verhältnis der Kurtaxe zum
Verbot der Doppelbesteuerung abzugehen.
3.- In dem genannten Urteil wurde indessen in Erw. 4 ein Vorbehalt gemacht für
den Fall, dass eine sich Kurtaxe oder ähnlich nennende Abgabe nach den
Umständen den Charakter einer Aufenthaltssteuer hat, die an Stelle der
ordentlichen Steuern erhoben wird und daher mit diesen in Konkurrenz tritt.
Bei solcher Sachlage würde bei einem in einem andern Kanton wohnhaften Gast
die Abgabe in die Steuerhoheit dieses Kantons eingreifen und wäre unzulässig.
Es wird in dieser Frage auf die

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Ausgestaltung und Verwendung der Abgabe ankommen (46 I 414 3 ).
Die Kurtaxe hat den Zweck, Mittel für Einrichtungen und Veranstaltungen zu
beschaffen, die den Fremden zugute kommen, für sie die Annehmlichkeiten des
Aufenthalts, die Aussichten auf Erholung und Genesung erhöhen. Ferner kann in
ihr ein Ausgleich liegen für anderweitige Leistungen wie Gästekontrolle,
Auskunftseinrichtungen und dergleichen. Eine Aufenthaltssteuer dagegen würde
sich als ein Beitrag an den ordentlichen Gemeindehaushalt darstellen, der mit
den ordentlichen Steuern auf eine Stufe zu stellen wäre. Bei dieser Wertung in
der einen oder andern Richtung darf indessen an die Kurtaxe nicht ein zu
strenger und ausschliesslicher Massstab angelegt werden. Die Grenze zwischen
den besondern Interessen und Vorteilen der Gäste und den allgemeinen
finanziellen Bedürfnissen der Gemeinde lässt sich nicht immer scharf ziehen.
Er muss auf die Natur der Abgabe im grossen und ganzen abgestellt werden. Für
die Annahme einer Kurtaxe hat es zu genügen, dass sie vorwiegend in der
erwähnten Weise den Gästen zum Vorteil gereicht oder eine Art Entgelt für
bestimmte Leistungen bildet, selbst wenn nebenbei auch eine gewisse Entlastung
des gewöhnlichen Gemeindebudgets vorliegen mag. Auch ist eine Spaltung der
Abgabe - für die Frage der Doppelbesteuerung - in einen Bestandteil, der noch
als Kurtaxe anerkannt würde, und den Rest, der als Aufenthaltssteuer erklärt
würde, wennmöglich zu vermeiden.
Was die Höhe der Kurtaxe anlangt, ist es gegeben, dass die Bedeutung und der
Rang des Fremdenorts eine erhebliche Rolle spielen. An einen Ort wie Arosa
werden von den Gästen andere Ansprüche gemacht als an einfachere Plätze, und
die Einrichtungen und Veranstaltungen für die Fremden müssen sich nach diesen
Ansprüchen richten. Man kann auch nicht, wie es der Rekurrent tut,
unterscheiden zwischen dem, was notwendig ist und dem, was Luxus wäre und je
nachdem das Vorliegen einer Kurtaxe

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annehmen oder verneinen. Auch diese Abgrenzung wäre höchst unsicher; der
Aufwand, der anderwärts als zu weitgehend unterbleibt, mag in Arosa und andern
Fremdenzentren angemessen sein. Jedenfalls läset sich aus diesem Moment nichts
Entscheidendes herleiten gegen die Würdigung der Abgabe als einer Kurtaxe.
4.- Prüft man im Lichte dieser allgemeinen Bemerkungen die Kurtaxe von Arosa,
so wird man sie als solche gelten lassen müssen. Dass die Ansätze etwas hoch
sind, steht dem, wie gesagt, nicht entgegen. Über den Ertrag der Taxe und die
Verwendung geben der Geschäftsbericht und die Jahresrechnung des Kur- und
Verkehrsvereins Auskunft, die für das Rechnungsjahr 1939/40 vorliegen. Die
Kurtaxe warf in der genannten Periode Fr. 163425.­ ab (einschliesslich der
sog. Sporttaxe, das heisst gewisser Zuschläge, die in den Saisonmonaten
erhoben werden und für Sportsveranstaltungen und -zwecke bestimmt sind; in
Gaststätten und Heilanstalten II. Kategorie sind diese Zuschläge im Winter 20
und im Sommer 10 Rappen). Von den Kurtaxen (ohne Sporttaxen) gehen vertraglich
vorweg an die Gemeinde 28 %, Fr. 35385.­, für Bau und Unterhalt von Strassen
und Wegen. Die Ausgaben der Gemeinde für das Strassenwesen waren im Jahre 1940
Fr. 111341.49; im Jahre 1939 betrugen sie Fr. 151518. - bei einem Beitrag aus
den Kurtaxen von Fr. 63239.50. Es ist durchaus glaubwürdig, dass in diesen
Auslagen ein Mehraufwand im ungefähren Ausmass jener Beiträge enthalten ist,
der sich aus Rücksichten auf die Fremden, ihre besondern Interessen und
Wünsche, erklärt und sonst nicht gemacht zu werden brauchte.
Ferner hat die Gemeinde, ausser kleineren Beträgen, die hier übergangen werden
können, einen Beitrag von Fr. 3000.­für das Isolierspital erhalten, für das
sie aus eigenen Mitteln rund Fr. 11000.­aufgewendet hat. Der Beitrag aus der
Kurtaxe mag sich aus dem Interesse der Gäste daran rechtfertigen, dass gewisse
Kranke richtig isoliert werden. Anderseits hat die Gemeinde für die

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Gästekontrolle dem Kur- und Verkehrsverein Fr. 10000.- vergütet, welcher
Beitrag den Gästen und damit der Kurtaxenrechnung aus dem
Gebührengesichtspunkt belastet werden kann, wie auch der Rekurs anerkennt.
Sollte die Gemeinde unter dem Titel Strassenunterhalt oder sonstwie etwas zu
viel erhalten haben, so wäre in dem genannten Posten ein Ausgleich zu finden.
Was die Verwendung von Kurtaxengeldern durch den Kur- und Verkehrsverein
selbst anlangt, ergibt sich aus der Antwort, dass Aufwendungen gemacht wurden
für Strassenverbesserungen, Markierungen und Skiabfahrten sowie für die
Tilgung bezüglicher früherer Aufwendungen, für das lichtklimatische
Observatorium und die meteorologische Station, für den öffentlichen Leesesaal
und Prospekte, für die Pacht der beiden Seen und für Naturschutzbestrebungen.
Im Rahmen einer Kurtaxenrechnung können derartige Aufwendungen nicht wohl
beanstandet werden. Für besondere Veranstaltungen im Interesse der Gäste
wurden etwa Fr. 9000.- aufgewendet. Wenn Sportsanlässe anerkanntermassen auch
der Propaganda für Arosa dienen, ändert das doch nichts daran, dass sie in
erster Linie für die Gäste bestimmt sind als Gelegenheit zu sportlicher
Betätigung oder Unterhaltung. Ein weiterer Posten von Fr. 33000.- betrifft
Verwaltungskosten des Vereins, die insgesamt Fr. 67000.- betragen. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass der Verein eine Organisation ist nicht nur im
Interesse der Betriebe und Personen, die vom Fremdenverkehr leben oder daraus
Nutzen ziehen, sondern auch der Fremden, denen neben der Tätigkeit des Vereins
in einem allgemeinern Sinn namentlich das Auskunfts- und Verkehrsbureau zugute
kommt, sodass es nicht als unzulässig erscheint, einen namhaften Teil der
allgemeinen Unkosten der Kurtaxenrechnung zu belasten. Gewisse Bedenken mag
die Zuweisung von Fr. 6000.- an die Propagandarechnung des Vereins erwecken.
Wenn auch nicht zu leugnen ist, dass die Propaganda indirekt auch den Fremden
Vorteile bringt, indem mit der Frequenz des

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Kurortes auch dessen allgemeine Leistungen für die Gäste wachsen, so erscheint
doch jener Vorteil als reichlich entfernt. Doch sind die Bedenken nicht
erheblich genug, um der Abgabe in ihrer Gesamterscheinung den Charakter der
Kurtaxe zu nehmen.
5.- Folgt aus dem Gesagten, dass, jedenfalls im allgemeinen, der fraglichen
Abgabe die Qualifikation einer Kurtaxe nicht abgesprochen werden kann, so
erhebt sich noch die Frage, ob sie nicht wenigstens bestimmten Personenkreisen
gegenüber, nach ihren Auswirkungen, nicht als Kurtaxe, sondern als
Aufenthaltssteuer erscheint. Es handelt sich um die Insassen von Sanatorien,
die häufig monatelang dort zu Heilzwecken weilen, speziell um solche die, wie
der Rekurrent, bettlägrig und damit in ihrer Bewegungsfreiheit in einer Weise
gehemmt sind, dass es ihnen unmöglich ist, die Einrichtungen und
Veranstaltungen zu geniessen, die mit Mitteln der Kurtaxen bestritten werden,
während freilich, soweit die Kurtaxe Äquivalent für andersartige Leistungen
ist - Gästekontrolle, Auskunftsdienst - auch der immobilisierte Patient davon
Nutzen haben kann.
Es lässt sich nicht bestreiten, dass sich hier Belastungen ergeben können, die
mit Recht als unbillig empfunden werden (bei Heilanstalten der II. Kategorie
kommt man im Jahr auf etwas über Fr. 200.-). Wenn das Kurtaxengesetz die
Patienten den übrigen Gästen gleichstellt und nicht stärker nach der Dauer des
Aufenthalts abstuft, so wird das Ergebnis nicht selten unbefriedigend und
stossend sein. Speziell auch der Patient, der dauernd bettlägerig ist,
verdient gewiss Berücksichtigung. Es mag sein, dass das nicht gut vermittelst
einer allgemeinen Regel möglich ist, weil es zu sehr auf die einzelnen
Umstände ankommt, und dass man sich daher mit einer Aushilfsbestimmung
begnügen muss, wie sie im Schlussabsatz von Art. 3 enthalten ist, derzufolge
über eventuelle weitere Befreiungen von der Kurtaxe als die in Art. 3 positiv
erwähnten, der Kur- und Verkehrsverein entscheidet. Diese Vorschrift

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hat nicht, wie der Rekurrent meint, den Fall der unbemittelten Kurgäste im
Auge, die schon nach lit. f befreit sind, sondern muss sich auf andere
Tatbestände beziehen, wo die völlige oder teilweise Entlastung von der Taxe
ein Gebot der Billigkeit ist, was wohl auch für den Patienten zutrifft, der
sich durch ein ärztliches Zeugnis darüber ausweist, dass er für längere Zeit
bettlägerig ist. Sollten die Organe des Vereins in der Anwendung jener
Befreiungsmöglichkeit bisher zu zurückhaltend gewesen sein, so wäre das ein
Fehler nicht des Gesetzes, sondern von dessen Handhabung, der sich bei gutem
Willen leicht heben lässt (es darf hier wohl der Erwartung Ausdruck gegeben
werden, dass der Kur- und Verkehrsverein die Frage nachträglich auch noch für
den Rekurrenten prüfen wird).
Das Bundesgericht hat indessen nicht darüber zu befinden, ob die Kurtaxe unter
den gedachten Verhältnissen, den «billigen und gerechten Grundsätzen»
entspreche, die Art. 40 Abs. 5 KV der Autonomie der Gemeinden in der Ordnung
der kommunalen Steuern als Richtlinie und Schranke setzt, oder ob die Regelung
mit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV vereinbar sei. Beschwerde ist nur erhoben wegen
Doppelbesteuerung. Eine Anfechtung aus jenen Verfassungsbestimmungen wäre auch
deshalb unzulässig, weil es an der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges
fehlt (nach Art. 31 KV wäre der Rekurs an den Kleinen Rat möglich gewesen),
welches Erfordernis für die genannten Beschwerdegründe gilt.
Aus dem Gesichtspunkt unzulässiger Doppelbesteuerung könnte nur eingeschritten
werden, wenn die Abgabe unter den erwähnten Umständen ihre Natur ändern, wenn
sie aus einer Kurtaxe zu einer Aufenthaltssteuer würde. Das kann aber doch
nicht gesagt werden. Wenn die Abgabe hier sich unbefriedigend auswirken kann,
so ist das eine Folge der konkreten Verhältnisse, denen die Regelung der
Kurtaxe oder die Anwendung der Regelung nicht genügend Rechnung trägt. Man hat
es doch nur mit Mängeln einer Kurtaxe und nicht mit einer ganz anders
gearteten

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Abgabe zu tun. Es würde ja auch die richtige Anwendung der zitierten
Abhilfebestimmung in Art. 3 genügen, um anstössige Ergebnisse zu vermeiden.
Eine solche Anpassung an besondere Umstände durch die Praxis ist eine
Einrichtung, die sich für eine Kurtaxe eignet, nicht aber für eine eigentliche
Aufenthaltssteuer. Und die Abgabe wandelt sich noch nicht zu einer solchen,
wenn die zuständige Stelle von ihrer diskretionären Gewalt nicht den zu
wünschenden Gebrauch macht. Man darf auch nicht übersehen, dass die Abgabe
nicht einfach und insgesamt als Aufenthaltssteuer erklärt werden könnte; im
Umfang gewisser Elemente würde sie doch Kurtaxe bleiben. Die Abgrenzung wäre
indessen höchst unsicher und schwankend und würde seitens des Bundesgerichts
ein Eingreifen im einzelnen in die Ordnung einer kantonalen Taxe bedingen, das
grundsätzlich Bedenken erweckt und praktisch schwer durchführbar wäre.
Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer unzulässigen Doppelbesteuerung zu
verneinen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.