S. 36 / Nr. 9 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 66 III 36

9. Entscheid vom 23. September 1940 i. S. Hofstetter.


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Regeste:
Rechtsstillstand für Wehrmänner (Art. 57
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG, Art. 16 der Verordnung vom 17.
Oktober 1939 über vorübergehende Milderungen der Zwangsvollstreckung): Wenn
der Militärdienst jeweilen nur einige Tage dauert und von längerer
dienstfreier Zeit unterbrochen ist, beschränkt sich der Rechtsstillstand auf
die Tage effektiven Dienstes.
Suspension des poursuites en raison du service militaire (art. 57 LP, art. 16
de l'ordonnance du 17 octobre 1939 atténuant à titre temporaire le régime de
l'exécution forcée): Lorsque le militaire accomplit à plusieurs reprises de
petites périodes de service de quelques jours, suivies de congés d'une durée
plus longue, la suspension des poursuites ne porte que sur les jours de
service effectif.
Sospensione degli atti esecutivi a motivo del servizio militare (art. 57 LEF,
art. 16 dell'ordinanza che mitiga temporaneamente le disposizioni
sull'esecuzione forzata, del 17 ottobre 1939): Se il milite presta, a più
riprese, servizio militare durante alcuni giorni e lo interrompe con congedi
di durata più lunga, la sospensione ha vigore soltanto pei giorni di servizio
effettivo

Der Gläubiger Hofstetter erhielt am 10. Juni 1940 vom Betreibungsamt den
Bericht, sein Betreibungs- bezw. Fortsetzungsbegehren könne gegenüber dem
Schuldner Meier bis auf weiteres nicht vollzogen werden, da dieser habe in den
Militärdienst einrücken müssen. Hofstetter führte Beschwerde mit dem Antrag,
das Betreibungsamt sei anzuweisen, die verlangten Betreibungshandlungen
vorzunehmen. Er brachte vor, Meier verreise jeweilen nach Ablauf von nahezu
drei Wochen auf einige Tage in Offiziersuniform, um so die Durchführung der
zahlreichen gegen ihn hängigen Betreibungen zu verhindern. Ein solches
Verhalten könne nicht geschützt werden. Die kantonalen Instanzen haben die
Beschwerde abgewiesen. Mit dem vorliegenden Rekurs hält der Gläubiger an
seinem Begehren fest.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Das Betreibungsamt hatte keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der
Schuldner wirklich zum Militärdienst

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einberufen werden war, und es ist denn auch amtlich bescheinigt, dass er seit
dem 28. August 1939 zu wiederholten Malen Militärdienst geleistet hat. Die
Unterbrechungen dauerten bisweilen mehr als drei Wochen; doch ist nicht
dargetan, dass das Betreibungsamt hievon durch einen Gläubiger oder von
anderer Seite unterrichtet worden wäre (vgl. das Kreisschreiben Nr. 27 des
Bundesgerichtes, BGE 65 III 65).
Sollten aber in Zukunft, wie nach der erwähnten Bescheinigung oft bisher, die
Dienstzeiten des Schuldners jeweilen nur wenige Tage betragen und die
dienstfreien Zeiten dagegen mehrere Wochen, so wird der Rechtsstillstand auf
die Tage effektiven Dienstes zu beschränken sein. Wenn Art. 16
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 16 - 1 Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest.
1    Der Bundesrat setzt den Gebührentarif fest.
2    Die im Betreibungs- und Konkursverfahren errichteten Schriftstücke sind stempelfrei.
der
Kriegsverordnung vom 17. Oktober 1939 den durch Art. 57
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG in dieser Weise
beschränkten Rechtsstillstand auf drei Wochen nach geleistetem Militärdienst
ausdehnt, so will diese Bestimmung der mit längerm Aktivdienst von
ununterbrochener Dauer verbundenen besondern Beeinträchtigung der privaten,
geschäftlichen Tätigkeit Rechnung tragen. Wer aus solchem andauerndem
Aktivdienst entlassen oder beurlaubt wird, braucht eine gewisse Zeit, um sich
im Privatleben wieder einzurichten; darum soll er nach der Verordnung noch
während drei Wochen nicht mit Betreibungsvorkehren behelligt werden. Ob es
sich um obligatorischen oder freiwilligen Militärdienst handelt, ist
gleichgültig (BGE 41 III 365, 42 III 450). Dagegen besteht kein Grund und kann
es nicht Wille der Verordnung sein, eine solche Verlängerung des
Rechtsstillstandes über die Dauer des Militärdienstes hinaus auch einem
Schuldner zu gewähren, der sich jeweilen nur kurze Zeit im Militärdienst
befindet, mit wesentlich längern Unterbrechungen, so dass er, von der
Dienstzeit selbst abgesehen, nicht erheblich an der Besorgung seiner Geschäfte
gehindert ist. Unter solchen Verhältnissen hat übrigens ein zahlungsfähiger
Schuldner an der Ausdehnung des Rechtsstillstandes, die in vielen Fällen zur
Verweigerung eines im übrigen begründeten

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Kredites führt, gar kein Interesse. Das Betreibungsamt und gegebenenfalls die
kantonalen Aufsichtsbehörden werden die Verhältnisse abzuklären haben, wenn
ein Gläubiger neuerdings die Vornahme von Betreibungshandlungen gegen den aus
dem Militärdienst zurückgekehrten Schuldner verlangt.
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.