S. 190 / Nr. 34 Register (d)

BGE 66 I 190

34. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. September 1940 i. S. Jos. Manner &
Comp. A.-G. gegen Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum.

Regeste:
1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Markensachen: Fristerstreckung gemäss
Bundesratsbeschluss vom 29. September 1939. Erw. 1.
2. Markenregister: Unsittlichkeit einer Marke, die geeignet ist, das Publikum
über die Beschaffenheit der Ware zu täuschen. Art. 14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG. Zurückweisung
einer internationalen Marke gemäss der Pariser Übereinkunft, Londoner Fassung
von 1934. Erw. 2.
1. Recours de droit administratif dans les litiges relatifs à des marques de
fabrique: Prolongation du délai de recours conformément à l'ACF du 29
septembre 1939. Consid. 1.
2. Registre des marques: Est contraire aux moeurs la marque propre à induire
le public en erreur sur la nature de la marchandise. Art. 14 de la Loi sur la
protection des marques de fabrique. Refus d'une marque internationale
conformément à la Convention de Paris, revisée à Londres en 1934. Consid. 2.
1. Ricorso di diritto amministrativo nelle controversie relative a marche di
fabbrica; proroga del termine di ricorso conformemente al DCF del 29 settembre
1939. Consid. 1.
2. Registro delle marche: È contraria ai buoni costumi la marca atta ad
indurre il pubblico in errore sulla natura della merce. Art. 14 della Legge
sulla protezione delle marche di fabbrica. Rifiuto d'iscrivere una marca
internazionale conformemente alla Convenziono di Parigi, riveduta a Londra nel
1934.

A. - Die Firma Josef Manner & Comp. in Wien liess am 6. September 1939 für
eine grosse Anzahl von Speisen und Getränken aller Art im internationalen
Register unter der Nr. 101925 eine Marke eintragen, welche das Bild

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der Wiener Stefanskirche und darüber die Worte «Chocolade Manner, Wien»
aufweist. Die gleiche Marke ist seit 1938/39 in der deutschen
Warenzeichenrolle eingetragen.
Durch Entscheid vom 17. Juli 1940 verweigerte das Eidgenössische Amt für
geistiges Eigentum die Zulassung der Marke zum Schutze in der Schweiz, soweit
sie für Waren bestimmt ist, die nicht mit Schokolade zubereitet werden, deren
Zubereitung mit Schokolade aber an sich in Frage käme.
B. - Gegen diesen Entscheid erhob die Firma J. Manner & Comp. A.-G. am 24.
August 1940 verwaltungsgerichtliche Beschwerde beim Bundesgericht mit dem
Begehren, die Marke sei uneingeschränkt zuzulassen.
Das beschwerdebeklagte Amt beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Aus den Akten geht nicht hervor, wann der angefochtene Entscheid der
Beschwerdeführerin zugestellt worden ist. Die Beschwerdefrist ist jedoch durch
Art. 1 Ziff. 7 des Bundesratsbeschlusses vom 29. September 1939 betr.
ausserordentliche Fristerstreckungen auf dem Gebiete des gewerblichen
Rechtsschutzes bis auf weiteres erstreckt, und diese Erstreckung gilt gemäss
Art. 3 des Beschlusses auch zu Gunsten von Ausländern, die im Ausland
niedergelassen sind, sofern ihr Niederlassungs- oder Heimatstaat den
Angehörigen der Schweiz Gegenrecht gewährt. Da Deutschland nach der Mitteilung
des beschwerdebeklagten Amtes Gegenrecht gewährt, ist die Beschwerde somit
nicht verspätet, auch wenn seit Zustellung des angefochtenen Entscheides mehr
als dreissig Tage (Art. 13 VDG) verstrichen sein sollten.
2.- Nach Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG hat das Amt die Eintragung einer Marke,
die gegen die guten Sitten verstösst, zu verweigern. Diese Bestimmung gelangt
auf Grund von Art. 6 litt. B Ziff. 3 der Pariser Übereinkunft

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in der Londoner Fassung vom 2. Juni 1934 auch zur entsprechenden Anwendung
gegenüber Marken, die in ihrem Ursprungsland regelrecht eingetragen sind.
Die Verwendung der Bezeichnung «Chocolade Manner» für eine Ware, die ihrer
Natur nach mit Schokolade hergestellt werden kann, ist ohne Zweifel geeignet,
beim Publikum den Eindruck zu erwecken, dass sie tatsächlich mit Schokolade
hergestellt sei. In Fällen, wo letzteres nicht zutrifft, besteht daher
offensichtlich die Gefahr der Täuschung. Warenzeichen, welche geeignet sind,
das kaufende Publikum über die Beschaffenheit der Ware zu täuschen, sind aber
nach ständiger Praxis im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen - 1 Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG unsittlich
(vgl. BGE 56 I 49 und 472; 63 I 93). Damit übereinstimmend erklärt die
angeführte Vorschrift der Pariser Übereinkunft ausdrücklich, dass als gegen
die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung verstossend namentlich
solche Marken zurückgewiesen werden können, welche geeignet sind, das Publikum
zu täuschen.
Das beschwerdebeklagte Amt hat demnach mit Recht die Marke mit den Wortzeichen
«Chocolade Manner» insoweit nicht zugelassen, als sie für Waren bestimmt ist,
die ihrer Natur nach mit Schokolade hergestellt werden können, in Wirklichkeit
aber nicht damit hergestellt sind. Ob im Lande Österreich die streitige
Bezeichnung für alle Erzeugnisse der Beschwerdeführerin geläufig ist, spielt
keine Rolle; massgebend ist die Täuschungsgefahr für das schweizerische
Publikum.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.