S. 129 / Nr. 21 Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr (d)

BGE 66 I 129

21. Urteil des Kassationshofs vom 10. Juli 1940 i. S. Polizeirichteramt Zürich
c. Friedli.


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Regeste:
Art. 52 Abs. l MFV: Unter das Verbot fällt auch das Sitzen einer überzähligen
Person auf den Knien des Nebenmannes des Führers.
Art. 52 al. l RA: L'interdiction s'applique également au cas où une personne
supplémentaire s'assied sur les genoux de celle qui est à côté du chauffeur.
Art. 62 cp. l OrdCAV: Il divieto si applica pure al caso nel quale una persona
in più del numero normale si siede sulle ginocchia di quella che si trova
accanto al conducente.

Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich büsste den A. Friedli wegen Übertretung
der Art. 17 Abs. 2 MFG und 52 MFV mit Fr. 5.­, weil er am 29. Januar 1939 auf
einer Fahrt durch die Stadt mit seinem mit Linkssteuerung versehenen
Personenauto rechts neben sich auf dem Führersitz seinen 27jährigen Sohn und
seine 13jährige Tochter hatte, wobei letztere auf den Knien ihres Bruders
sass. Mit Urteil vom 5. März 1940 hat das Bezirksgericht Zürich den Gebüssten
freigesprochen mit der Begründung, nach Sinn und Zweck des Art. 52 MFV sowie
der ihm zugrundeliegenden allgemeinen Regel des Art. 17 Abs. 2 MFG seien diese
Bestimmungen nur verletzt, wenn durch das Vorhandensein einer überzähligen
Person auf dem Führersitz der Wagenlenker in der sicheren Führung behindert
werde, was hier nicht der Fall gewesen sei, weil das Mädchen nicht auf dem
Sitz direkt, sondern auf den Knien seines Bruders gesessen habe.
Gegen diesen Freispruch richtet sich die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde
des Polizeirichteramts mit dem Antrag auf Aufhebung desselben und Rückweisung
der Sache an die Vorinstanz zur Bestätigung der Busse. Friedli trägt auf
Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde an; das Bezirksgericht verzichtet auf
Vernehmlassung.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Art. 52 MFV, wonach neben dem Führer nicht mehr Personen Platz nehmen dürfen,
als Plätze vorhanden sind,

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trifft nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach seinem Sinn ­
Ausschluss einer Behinderung des Führers an der sicheren Führung ­ auf den
vorliegenden Fall zu. Eine Behinderung wird nicht nur durch die Beengung bei
Nebeneinandersitzen zu vieler Personen auf dem Sitze, sondern ebensosehr durch
das Sitzen einer überzähligen Person auf den Knien des Nebenmannes des Führers
bewirkt. Zur sicheren Führung gehört nicht nur seitliche Freiheit in der
Betätigung der Arme an Lenkrad, Armaturenbrett, Schalthebel und Handbremse und
der Beine an den Pedalen, sondern auch freie Sicht nach rechts und links durch
die seitlichen Fenster. Die Sicht nach rechts wird durch eine dem Nebenmann
auf den Knien sitzende, dessen Silhouette nach vorn und in die Höhe wesentlich
vergrössernde weitere Person auf alle Fälle beeinträchtigt. Aber auch vor
plötzlicher mechanischer Behinderung ist bei solcher Plazierung zweier
Nebenpersonen der Führer nicht sicher, indem die auf den Knien der andern
sitzende z.B. in einer Rechtskurve schwanken und gegen den Führer drücken, vom
Schosse herunterrutschen, oder bei ruckartigem Bremsen nach vorn gegen die
Scheibe geworfen werden kann usw. Selbst ohne mechanische Behinderung des
Führers ist jeder abnormale, plötzliche Bewegungsvorgang an seiner Seite
geeignet, seine Ruhe und Konzentration auf die Führung zu stören. Als nicht
unter das Verbot fallend könnte nur ein kleines Kind, das normalerweise noch
auf dem Schoss gehalten wird, weil es zu selbständigem Sitzen noch zu klein
ist, betrachtet werden, keinesfalls aber ­ und ohne Rücksicht auf seine
körperliche Grösse ­ ein 13jähriges Schulkind.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil
aufgehoben und die Sache zur Bestrafung des Verzeigten an die Vorinstanz
zurückgewiesen.