S. 202 / Nr. 43 Markenschutz (d)

BGE 65 II 202

43. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. September 1939 i. S. Kaiser's
Kaffeegeschäft A.-G. gegen Eberle.


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Regeste:
Markenverletzung, Warengleichartigkeit.
Klage wegen Markenverletzung gegen den Wiederverkäufer der mit der
angegriffenen Marke versehenen Ware, MSchG Art. 24 lit. o. Befugnis des
Wiederverkäufers zur Geltendmachung der Prioritätsrechte des Markeninhabers.
Warengleichartigkeit, MSchG Art. 6 Abs. 3, verneint für Hustenbonbons und
Kaffee.
Geschäftsbezeichnung, Verletzung des Individualrechts an einer solchen?
Violation du droit à une marque produite de même nature.
Action fondée sur la violation du droit à une marque et dirigée contre le
revendeur de la marchandise munie de cette marque, art. 24 lit. c LMF. Le
revendeur est fondé à se prévaloir du droit de priorité du titulaire de la
marque.
Les bonbons pectoraux et le café ne sont pas des produits de même nature, art.
6 al. 3 LMF.
Existence d'un nom-enseigne pour une maison de commerce?
Atteinte au droit individuel portant sur ce nom-enseigne?
Violazione del diritto ad una marca; prodotti affini.
Azione basata sulla violazione del diritto ad una marca e diretta contro il
rivenditore della merce munita di questa marea art. 24 lett. c LMF. Il
rivenditore ha la facoltà di prevalersi del diritto di priorità del titolare
della marca.
Le pasticche pettorali e il caffè non sono prodotti affini, art. 6 cp 3 LMF
Insegna commerciale; violazione del diritto individuale ad un'insegna
commerciale.

A. - Die Klägerin, Kaiser's Kaffeegeschäft A.-G. in Basel, ist Inhaberin der
seit dem 20. Januar 1904 beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum
hinterlegten und am 28. Dezember 1923 erneuerten Wortmarke «Kaiser's» für
verschiedene Waren, worunter Zuckerwerk und Konfekt.
Der Beklagte Eberle vertreibt in seiner Drogerie Hustenbonbons mit der
Bezeichnung «Kaiser's Biomenthol». Diese werden von der Firma T. Kaiser A.-G.
in Liestal hergestellt, welche die Marke «Kaiser's Biomenthol» am

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24. Oktober 1931 unter Nr. 76054 im schweizerischen Markenregister hat
eintragen lassen. Die Fabrikantin liefert den Wiederverkäufern, worunter dem
Beklagten, die Bonbons in fertig abgefüllten, die erwähnte Marke aufweisenden
Packungen, auf denen sie überdies die Firma der Wiederverkäufer aufdruckt.
Dieser Aufdruck ist schwarz, während die Marke «Kaiser's Biomenthol», sowie
die ganze übrige Ausstattung der Packung in den Farben Blau und Gelb gehalten
sind. Die Firma der Fabrikantin dagegen ist auf der Packung nicht angegeben.
B. - Die Klägerin erblickt im Verkauf dieser Packung durch den Beklagten eine
Verletzung ihrer Markenrechte. Sie hat daher Klage erhoben mit den folgenden
Rechtsbegehren:
«1. Es sei dem Beklagten zu verbieten, Bonbons unter der Bezeichnung
«Kaiser's» in Verkehr zu bringen.
2. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die vom Beklagten für
Eukalyptus-Menthol-Bonbons verwendete Bezeichnung «Kaiser's Biomenthol» eine
unzulässige Nachahmung der klägerischen Wortmarke «Kaiser's» darstellt.
3. Es sei dem Beklagten zu verbieten, die sub 2. hievor erwähnte Packung
weiterhin zu verwenden.
4. Es sei die Zerstörung aller beim Beklagten vorhandenen, die Markenrechte
der Klägerin verletzenden Verpackungen anzuordnen.»
Der Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt mit der Begründung, der Firma
T. Kaiser A.-G., die ihm den Gebrauch ihrer Marke gestattet habe, stehe
gegenüber der Klägerin das Recht der Priorität zu, da sie, bezw. ihre
Rechtsvorgängerin, die Firma Fr. Kaiser in St. Margrethen, seit 1899
Hustenmittel unter der Bezeichnung «Kaiser's» vertrieben habe.
Die Klägerin bestreitet dem Beklagten das Recht, sich auf allfällige
Prioritätsrechte der Firma T. Kaiser A.-G. in Liestal zu stützen, da er die
Marke durch Beifügung seiner Firma selbständig als Handelsmarke verwende.
Eventuell macht die Klägerin geltend, dass ein

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markenmässiger Gebrauch der Bezeichnung «Kaiser's» durch die Firma T. Kaiser
A.-G. und deren Rechtsvorgängerin nicht erwiesen sei, sowie, dass ihre
Rechtsvorgängerin, die offene Handelsgesellschaft Hermann Kaiser in Viersen
(Deutschland) schon 1896 das Warenzeichen «Kaiser's Kaffeegeschäft» für Kaffee
habe eintragen lassen.
C. - Das Appellationsgericht Basel-Stadt hat die Klage abgewiesen, im
wesentlichen mit der Begründung, der Beklagte könne sich auf die Markenrechte
der Firma T. Kaiser A.-G. berufen; dieser komme aber gegenüber der Klägerin
die Priorität zu, da der markenmässige Gebrauch der Bezeichnung «Kaiser's»
durch die Rechtsvorgängerin der T. Kaiser A.-G. vor der Eintragung der
klägerischen Marke vom Jahre 1904 nachgewiesen sei.
D. - Gegen das Urteil des Appellationsgerichtes vom 31. März 1939 hat die
Klägerin die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem erneuten Antrag
auf Schutz der Klage im vollen Umfang.
E. - Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Entscheides.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
3.- Die Klägerin legt das Hauptgewicht auf die Angabe der Firma des Beklagten
auf der Packung, weil sie daraus ableiten will, dass der Beklagte die Marke
«Kaiser's Biomenthol» als seine Handelsmarke führe und sich darum der Klägerin
gegenüber nicht auf allfällige Prioritätsrechte der Firma T. Kaiser A.-G.
berufen könne.
Diese Betrachtungsweise wird jedoch den Verhältnissen nicht gerecht. Der
Beklagte hat lediglich als Wiederverkäufer das markengeschützte Produkt der
Firma T. Kaiser A.-G. vertrieben. Wenn er dabei seine Firma ebenfalls auf der
Packung anbrachte, so hatte dies keineswegs die Wirkung, dass deswegen die auf
den Namen der Fabrikantin eingetragene und von dieser als Fabrikmarke
verwendete Bezeichnung zur Handelsmarke des Beklagten wurde. Der Aufdruck der
Firma, die damit

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als solche allerdings markenmässig verwendet wurde, ist vielmehr nicht anders
zu bewerten, als die Anbringung einer Etikette oder eines Schildchens mit der
Firma des Wiederverkäufers auf der Originalpackung einer Ware, wie dies häufig
geschieht, mit dem Zwecke, dem Kunden in Erinnerung zu rufen, dass er den in
Frage stehenden Markenartikel in einem bestimmten Geschäft erstanden habe und
ihn dort wieder beziehen könne. Dass die Firma des Wiederverkäufers
aufgedruckt und nicht bloss in Form einer Etikette oder eines Schildchens
aufgeklebt ist, ändert nichts hieran; denn aus der ganzen Aufmachung, nämlich
der Verwendung einer von der Packung im übrigen abweichenden Farbe, ist ohne
weiteres ersichtlich, dass es sich lediglich um die Angabe des
Wiederverkäufers und nicht etwa des Fabrikanten handelt, womit jede Gefahr
einer Irreführung des Publikums in dieser Richtung ausgeschlossen ist. Deshalb
ist es auch bedeutungslos, dass die Firma der Fabrikantin auf der Packung
überhaupt nicht angegeben wird.
Ob eine solche Anbringung der Firma des Wiederverkäufers nur mit Bewilligung
des Markeninhabers statthaft sei und daher nach den Grundsätzen über die
Markenlizenzen behandelt werden müsse, mag dahingestellt bleiben; denn auf
jeden Fall ist der Wiederverkäufer schon als solcher befugt, sich auf die
Rechte des Markeninhabers zu berufen, wenn er von einem Dritten angegriffen
wird, weil der von ihm vertriebene Markenartikel Markenrechte des Dritten
verletze. Diese Befugnis des Wiederverkäufers ist das notwendige Korrelat zu
der ihn nach Art. 24 lit. c
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 24 Genehmigung des Reglements - Das Reglement muss vom IGE genehmigt werden. Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 23 erfüllt sind.
MSchG treffenden Passivlegitimation sowohl für die
Unterlassungs-, wie die Schadenersatzklage.
4.- Kann sich somit der Beklagte auf die Rechte der Firma T. Kaiser A.-G.
berufen, so ist entgegen der Ansicht der Klägerin die Frage, welchem der
beiden Markeninhaber die Priorität in der Benützung der Wortmarke «Kaiser's»
zukomme, von ausschlaggebender Bedeutung.
a) In dieser Hinsicht hat die Vorinstanz in tatsächlicher

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Beziehung festgestellt, dass die Rechtsvorgängerin der T. Kaiser A.-G. schon
vor der im Jahre 1904 erfolgten Eintragung der klägerischen Marke Hustenmittel
unter dem auf der Packung angebrachten Namen «Kaiser's Brustcaramellen»,
«Kaiser's Brustbonbons» in den Verkehr gebracht habe. Zu dieser Feststellung
ist die Vorinstanz auf dem Wege der Beweiswürdigung gelangt: Sie schliesst die
Verwendung der Bezeichnung «Kaiser's» auf der Verpackung daraus, dass die
Rechtsvorgängerin der T. Kaiser A.-G. schon 1899 und vorher in Zeitungen
Hustenbonbons unter der Bezeichnung «Kaiser's Brustcaramellen» und «Kaiser's
Brustbonbons» angeboten und Bestellungen dafür entgegengenommen habe, sowie
dass auf Reklamezetteln aus jener Zeit eine Ansicht der Beutel in natürlicher
Grösse abgebildet worden sei, welche die Bezeichnung «Kaiser's Brustbonbons»
aufweise.
Diese Beweiswürdigung ist vom Bundesgericht nicht zu überprüfen, und ebenso
ist die darauf gestützte tatsächliche Feststellung der Vorinstanz über die
Anbringung der Bezeichnung «Kaiser's» auf der Verpackung der Ware für das
Bundesgericht verbindlich, womit der markenmässige Gebrauch der streitigen
Bezeichnung durch die Rechtsvorgängerin der T. Kaiser A.-G. ausser Zweifel
steht.
Die Klägerin wendet nun ein, die Argumentation der Vorinstanz sei unzulässig,
weil der Beklagte den vor 1904 erfolgten markenmässigen Gebrauch durch die
damalige Firma Kaiser selber gar nicht geltend gemacht habe. Dieser Einwand
kann jedoch nicht gehört werden, da beim Fehlen einer ausdrücklichen
materiell-rechtlichen Bestimmung die Frage, inwieweit ein von einer Partei
nicht geltendgemachter Rechtsstandpunkt von Amteswegen berücksichtigt werden
dürfe, vom kantonalen Prozessrecht beherrscht wird und daher vom Bundesgericht
nicht nachgeprüft werden kann.
b) Die Klägerin weist sodann darauf hin, dass ihre Rechtsvorgängerin, die
Firma Hermann Kaiser, offene Handelsgesellschaft in Viersen (Deutschland)
schon im

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Jahre 1896 in der deutschen Zeichenrolle das Warenzeichen» Kaiser's
Kaffeegeschäft» habe eintragen lassen. Nach dem im schweizerischen Recht
geltenden Universalitätsprinzip stehe ihr daher auf Grund dieser Eintragung
die Priorität gegenüber der Rechtsvorgängerin der T. Kaiser A.-G. zu, deren
Gebrauch nicht bis 1896 zurückweiche. Dass die Eintragung von 1896 nur für
Kaffee erfolgte, sei bedeutungslos, da Kaffee und Hustenbonbons nicht als
gänzlich voneinander abweichende Waren im Sinne von Art. 6 Abs. 3
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt.
MSchG zu
betrachten seien.
Auch dieser Einwand, der von der Klägerin schon vor der Vorinstanz erhoben,
von dieser aber nicht geprüft worden ist, erweist sich jedoch als
unbehelflich, weil entgegen der Auffassung der Klägerin Kaffee als
Genussmittel einerseits und Hustenbonbons als Vorbeugungs- und Heilmittel
anderseits zu verschiedenartige Dinge sind, als dass die Gleichheit der
Wortmarke zu der Annahme verleiten könnte, es handle sich um Produkte ein- und
desselben Unternehmens. Eine solche Täuschungsgefahr müsste aber bestehen,
damit die Verschiedenheit im Sinne von Art. 6 Abs. 3
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 6 Hinterlegungspriorität - Das Markenrecht steht demjenigen zu, der die Marke zuerst hinterlegt.
MSchG zu verneinen wäre
(BGE 62 II 64). Der Umstand, dass die Klägerin in der Folge ebenfalls zur
Fabrikation von Konfekt und Zuckerwerk überging und ihre Marke auch für diese
Waren schützen liess, lässt heute die Gefahr einer Verwechslung allerdings als
näherliegend erscheinen. Allein diese erst durch die nachträgliche Ausdehnung
des Schutzbereiches der klägerischen Marke verursachte Verwechslungsgefahr
darf bei der hier zu entscheidenden Frage der Priorität nicht in Betracht
gezogen werden. Für diese ist vielmehr ausschliesslich die im Jahre 1896
allein eingetragene Warenbezeichnung Kaffee massgebend. Dass das Warenzeichen
damals schon auch für Konfekt und Zuckerwerk geführt worden sei, behauptet die
Klägerin selber nicht. Übrigens wird auch für den heutigen Zustand die
Verwechslungsgefahr erheblich vermindert dadurch, dass die Produkte der
Klägerin, wie allgemein bekannt ist, ausschliesslich in deren Filialgeschäften
erhältlich sind.

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Ist der Berufung der Klägerin auf die deutsche Markeneintragung von 1896 schon
aus diesem Grunde der Erfolg versagt, so erübrigt sich eine Prüfung der Frage,
ob an dem von verschiedenen Seiten angefochtenen Universalitätsprinzip
festzuhalten sei.
5.- Zu Unrecht glaubt die Klägerin schliesslich, sich auf den in BGE 64 II S.
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ff. im Falle «Wollen-Keller» ausgesprochenen Grundsatz berufen zu können,
dass der Inhaber eines Geschäftes an einer bestimmten, allgemein
gebräuchlichen Geschäftsbezeichnung ein Individualrecht erlangen kann, kraft
dessen er jedem Dritten den Gebrauch der gleichen Bezeichnung sowohl als
Geschäftsbezeichnung wie als Marke und Firma zu untersagen befugt ist. Denn
der blosse Genitiv des Namens Kaiser dient nicht als Geschäftsbezeichnung für
den Betrieb der Klägerin und kann überhaupt nicht als solche dienen, weil ihm
die erforderliche Individualisierungskraft fehlt. Der Betrieb der Klägerin ist
vielmehr unter der Bezeichnung «Kaiser's Kaffeegeschäft» oder kürzer
«Kaiser-Kaffee» oder «Kaffee-Kaiser» bekannt, und nur eine solche
Zusammensetzung wäre als Geschäftsbezeichnung schutzfähig, so dass die Marke
«Kaiser's Biomenthol» auch nicht geeignet ist, Individualrechte der Klägerin
in diesem Sinne zu verletzen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationsgerichtes des
Kantons Basel-Stadt vom 31. März 1939 wird bestätigt.