S. 17 / Nr. 5 Staatsverträge (d)

BGE 63 I 17

5. Auszug aus dem Urteil vom 5. März 1937 i. S. Böhm & Co. gegen
Glasmanufaktur A.-G.


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Regeste:
Art. 2 Ziff. 3 des Abkommens vom 2. November 1929 mit Deutschland über die
gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen
und Schiedssprüchen
Vorbehaltlose Einlassung im allgemeinen, und insbesondere durch Erhebung einer
Widerklage.

5. - Die Rekurrentin Böhm & Cie in Berlin will die vorbehaltlose Einlassung
der Rekursbeklagten Glasmanufaktur A.-G. in Schaffhausen auf das Verfahren vor
den deutschen Gerichten darin erblicken, dass die Rekursbeklagte den
Zuständigkeitsentscheid des Amtsgerichts Berlin-Mitte nicht weitergezogen und
vor diesem Gericht sogar noch Widerklage erhoben hat.
Das Bundesgericht hat bereits festgestellt, dass ein Vorbehalt im Sinne des
Art. 2 Ziff. 3 des Abkommens mit Deutschland jedenfalls dann nicht in der
Erhebung der Unzuständigkeitseinrede nach den Vorschriften der DZPO zu
bestehen braucht, wenn die deutschen Gerichte nach ihrem Landesprozessrecht
zur Beurteilung des Rechtsstreits zuständig sind - und zwar weil diesfalls die
Einrede gar nicht gutgeheissen werden könnte. Es genügt dann vielmehr, wenn
der Beklagte in gehöriger Weise vor oder gleichzeitig mit der Einlassung auf
die Hauptsache geltend macht, dass er nach dem Abkommen der Vollstreckung des
Urteils in der Schweiz sich widersetzen könne und das Recht dazu sich
vorbehalte (BGE 60 I 132; vgl. BGE 57 I 22 zum Abkommen mit Österreich, BGE 61
II 356
zum Abkommen mit Italien). Da die deutschen Gerichte ihre Zuständigkeit
hier vor allem aus § 29 DZPO abgeleitet haben (der Zwischenentscheid des

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Amtsgerichtes Berlin-Mitte beruft sich in erster Linie auf diese Vorschrift),
und da dieser landesrechtliche Zuständigkeitsgrund (der besondere
Gerichtsstand des Erfüllungsortes) unbestritten gegeben war, so hätte ein
Vorbehalt im angegebenen Sinne zweifelsohne auch hier genügt. Die
Rekursbeklagte hat es aber nicht einmal bei einem solchen bewenden lassen,
sondern sie hat die eigentliche Unzuständigkeitseinrede erhoben und darüber
einen besondern Zwischenentscheid erwirkt. Wenn sie dann diesen Entscheid
nicht mehr weiterzog, so geschah das offenbar aus der Einsicht heraus, dass
das vor § 29 DZPO aussichtslos wäre. Aber dass sie damit auch auf das Recht
verzichten wolle, sich nachmals der Urteilsvollstreckung in der Schweiz zu
widersetzen, ist hierdurch in keiner Weise zum Ausdruck gebracht worden. Dazu
müssten andere Umstände nachgewiesen sein, die vernünftigerweise nicht anders
denn als Verzicht auf den einmal erhobenen Vorbehalt ausgelegt w erden
könnten.
Als solcher anderer Umstand wird nun wohl eben die Erhebung einer Widerklage
vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte geltend gemacht. Allein die Erhebung der
Widerklage vor dem Richter, bei dem die Hauptklage angebracht ist, könnte nur
dann den Widerruf des diesem Richter gegenüber gemachten Vorbehaltes nach
Art.. 2 Ziff. 3 des Abkommens bedeuten, wenn die Erhebung der Widerklage nicht
anders ausgelegt werden könnte denn als Anerkennung des
Hauptklagegerichtsstandes. Das wäre aber höchstens dann der Fall, wenn die
Widerklageforderung die Hauptklageforderung überstiege, ohne dass für sie auch
bei selbständiger Geltendmachung der Gerichtsstand schon an diesem Ort gegeben
wäre. Denn übersteigt die Widerklageforderung die Hauptklageforderung nicht,
so bedeutet die Widerklage nur eine besondere Form für die Geltendmachung der
Verrechnungseinrede, die selbstverständlich erhoben werden darf, sobald man
sich auch nur «unter Vorbehalt» auf den Prozess eingelassen hat, und die je
nach dem positiven

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Prozessrecht vielleicht allein in dieser Form erhoben werden kann. Und
befindet sich der Gerichtsstand der Widerklage ohnehin da, wo die Hauptklage
eingereicht worden ist, so kann sie eben auch ohne Rücksicht auf diese hier
eingereicht werden. Bloss wenn sich die Widerklageerhebung an diesem Ort weder
als Geltendmachung der Verrechnungseinrede, noch als Klageerhebung am eigenen
Gerichtsstand verstehen lässt, könnte sie die Anerkennung des
Hauptklagegerichtsstandes bedeuten, weil dann der Gerichtsstand der Widerklage
notwendig den der Hauptklage hier zur Voraussetzung hat.
Die Widerklageforderung von M. 6100.- überstieg ursprünglich die der
Hauptklage, die erst nachträglich von M. 1000.- auf ebenfalls M. 6100.- erhöht
worden ist. Aber die Widerklageforderung hätte auch selbständig in Berlin als
dem Domizil der Beklagten Boehm & Cie eingeklagt werden können, da der
Wohnsitzgerichtsstand der Beklagten nach deutschem Recht (§§ 12 und 13 DZPO)
ebenfalls der allgemeine Gerichtsstand und als solcher auch durch den
besondern Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 DZPO) nicht ausgeschlossen
ist (vgl. BAUMBACH, Anm. zu § 12 DZPO).
Die Rekursbeklagte hat sich also weder so noch anders auf das Verfahren vor
den deutschen Gerichten vorbehaltlos eingelassen. Diese waren zur Beurteilung
der Forderungsklage der Rekurrentin gegen die Rekursbeklagte im Sinne von Art.
2 des Vollstreckungsabkommens mit Deutschland unzuständig, weshalb für die
Urteilsforderung in der Schweiz gemäss diesem Abkommen mit Recht die
definitive Rechtsöffnung verweigert worden ist.